Editorial Liebe Leserinnen und Leser, dieses Sonderheft der TauchHistorie sollte eigentlich im Sommer 2020 erscheinen, anlässlich des Internationalen Klassiktaucher-Treffens der HTG in Leipzig, wo damals das Jahr der Sächsischen Industriekultur begangen wurde. Leipzig hat ja große industrielle und wirtschaftliche Traditionen, unter anderem war die Stadt Sitz des einzigen Tauchgeräte-Herstellers der vergangenen DDR, des Kombinates Medizin- und Labortechnik, was für uns auch Motiv war, unser Treffen hier durchzuführen. Die Pandemie hat uns zwei Jahre gehindert, unser Treffen im üblichen Rahmen durchzuführen. Jetzt können wir endlich wieder antreten und die Freunde wiedersehen. Und die Industriekultur kann ja immer noch gewürdigt werden. Hartnäckig, wie wir sind, treffen wir uns wie vor zwei Jahren geplant in Leipzig. Es gibt Tauchtechnik-Hersteller in der Geschichte, die über lange Zeiträume, teilweise über hundert Jahre, die Entwicklung vorangetrieben und bestimmt haben. Das sind solche Firmen wie Heinke Siebe & Gorman in Großbritannien, Dräger in Deutschland, La Spirotechnique/Aqualung in Frankreich und U.S.Divers /Aqualung in den USA. Aber auch der VEB MEDI/MLW hat 40 Jahre in der DDR für Taucher gearbeitet, wenn auch vergleichsweise auf kleiner Flamme und abgeschottet von den westlichen Entwicklungen. In den letzten 8 Jahren haben wir in unseren Publikationen Tauchgeschichte Spezial und TauchHistorie einzelne Teilbereiche aus dem Produktionsprogramm erläutert und in die Technikentwicklung eingeordnet. Dieses Heft fasst alles zusammen, um ein Gesamtbild des Herstellers abzugeben und dem geneigten Leser einen schnellen Überblick zu ermöglichen. Produktionszeiträume, Stückzahlen, Artikelnummern, … der Produkte von MEDI sind im Anhang dargestellt. Ich hoffe, die Idee und die Beiträge finden Ihr Interesse. Dr.-Ing. Lothar Seveke Inhalt Seite Autor erschienen Titel 03 Dr. Seveke TGS01/2014 MEDI - eine (ost)deutsche Geschichte 36 Dr. Seveke TGS01/2014 Anhang MEDI 41 Üb. Rothbrust CD70/2014 VEB Medizintechnik Lpz. - a German Story (engl.) 46 Müller neu Ergänzungen O2-Kreislaufgerät MEDI-Nixe 711 51 Barthel TH12/2020 Helmtauchgeräte der DDR 63 Surani TH04/2015 Auf den Spuren des MEDI 713 in der CSSR 68 Müller neu Ergänzungen zum RG-UF/M 71 Editorial / Inhalt / Impressum Weitere Artikel über offiziell hergestelltes Zubehör zur MEDI-Technik (im Archiv der HTG): Barthel TH05/S.54 2016 Tauchermesser im Militärdienst der DDR Barthel TH07/S.62 2017 Tauchermesser der Organe der DDR Üb. Rothbrust IJDH11 2019 Diving knives for the military and other armed bodies of the GDR Florian TGS02/S.25 2014 Kommerzielle UW-Kameragehäuse in der DDR Mönke Poseidon 07 1962 Najade - Entwicklung einer Schwimmflosse Richter Poseidon 12 1962 Pinguin - richtig angezogen Dr. Seveke TH12/S.64 2019 Spezimatic RP TS 200 - 50 Jahre Glashütter Taucheruhr Dr. Seveke TH13 2020 „Taucheruhren“ aus dem VEB Uhrenkombinat Ruhla Impressum Herausgeber: Redaktion: Druck: Histor. Tauchergesellschaft e.V. Dr.-Ing. Lothar Seveke Saxoprint Dresden Villenstraße 6, 67433 Neustadt Schnorrstraße 70, 01069 Dresden https://htg.tauchhistorie.eu th@historische-tauchergesellschaft.de Alle Artikel in diesem Heft sind urheberrechtlich geschützt. Jegliche Verwertung, auch auszugsweise, ist ohne schriftl. Zustimmung des Herausgebers unzulässig. ---------------------------------------------------------------------------------------------- Tauchtechnik von MEDI* Leipzig – eine (ost)deutsche Geschichte * MEDI wird hier synonym für die wechselnden Bezeichnungen des Betriebes verwendet. Inhalt Vorbemerkung 1. Vorgeschichte und Gründung des Betriebes 2. Entwicklung des VEB Medizintechnik Leipzig 3. Tauchtechnik bei MEDI 3.1. Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe 3.2. Schlauchtauchgerät STG 721 3.3. Pressluft-Tauchgerät MEDI 713 3.4. Pressluft-Tauchgerät MEDI Hydromat 3.5. Vollgesichtsmasken 3.6. Sauerstoff-Kreislauf-Tauchgerät RG-UF(/M) Vorbemerkung Alte Technik hat es gegenüber alter Kunst schwer! Tauchtechnik von MEDI aus der ehemaligen DDR ist heute in den Kreisen von Interessierten an al­ten Tauchgerätschaften immer präsent, trotz der schmalen Palette von nur fünf Grundgeräten und der kurzen produktionsaktiven Zeit von etwa 20 Jahren. Sammler in ganz Europa, Asien, Amerika und Australien haben MEDI-Geräte und interessieren sich für ihre Provenienz. Der überwiegende Teil der Produkte ist trotz der schwierigen industriellen Entwicklungsbedingun­gen von ingenieurmäßig guter Qualität, muss den Vergleich mit zeitgleichen Produkten anderer Hersteller nicht scheuen und kann auch heute noch zum Tauchen verwendet werden [42]. Wegen des lange abgekapselten Wirtschaftssys­tems der DDR in Richtung NSW (Abkürzungsver­zeichnis im Anhang) ist den meisten Liebhabern dieser Technik nicht allzu viel über das Herkom­men und die Einordnung ihrer Sammlerstücke be­kannt. Dies trifft aber selbst auf diejenigen zu, die mit dieser Technik das Tauchen erlernt und lange betrieben haben. Der Autor hat ehemalige Mitar­beiter von MEDI und andere Zeitzeugen befragt und im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig alte be­triebliche Unterlagen durchsucht, um die Tauchtechnik-Entwicklung und -Produktion von MEDI vorzustellen. Es wird auch versucht, die Produkte zeitlich und mengenmäßig einzuordnen, was aber wohl noch ein längerer Prozess im Dialog mit anderen Interessierten sein wird. Das VEB Kombinat MLW mit seinem Stammbetrieb MEDI kam 1989/90 an die Treuhandanstalt zur Abwicklung und wurde dadurch zu einem staatseigenen Betrieb. Dem verdanken wir den glücklichen (gesetzlich bestimmten) Umstand, dass alle betrieblichen Dokumente in das Sächsische Staatsarchiv, Zweigstelle Leipzig, gelangten, wenn auch nicht sehr vollständig und verständlicherweise lustlos geordnet und aufbereitet. Damit ging zumindest die Geschichte dieses für uns bedeutungsvollen Herstellers nicht klanglos unter, wie es zur Wende bei vielen Betrieben der Fall war, die zunächst von privaten Eignern übernommen und dann von diesen geschlossen wurden. Die Aufbereitung der Dokumente hat ihre Zeit gebraucht und dauert auch noch an. Vieles ist aber schon nutzbar, wenn uns auch die Frauenförderungspläne und der Stand der Werbung für die DSF-Mitgliedschaft nicht so interessieren. 1. Vorgeschichte und Gründung des Betriebes Tauchtechnik wurde in der 1949 aus der sowjetischen Besatzungszone des Kriegsverlierers Deutschland gegründeten DDR in Leipzig unter den Firmenmarken MEDI bzw. später MLW hergestellt. Typisch für die nicht markt- sondern planwirtschaftlich orientierte Volkswirtschaft der DDR war, dass solche Produkte mit wenig Bedeutung und geringen Bedarfs nur von einem einzigen Hersteller kamen. Kapitalistische Konkurrenz sollte durch sozialistische Kooperation und Spezialisierung ersetzt werden. Nur sehr wenige Zubehör- und Zulieferteile für die Tauchtechnik produzierte man in anderen Betrieben der DDR oder später des RGW. In der DDR gab es keine direkten Traditionen auf diesem Gebiet. Der dominierende Hersteller von Tauchgerätschaften in Deutschland vor dem zweiten Weltkrieg war Dräger in Lübeck gewesen [60]. Und diese Firma gehörte nach der Teilung Deutschlands zur BRD, die 1949 schon vor der DDR aus den Zonen der westlichen Besatzungsmächte gebildet worden und auf einmal ein anderer Staat war. Die DDR bemühte sich, von der aufblühenden westdeutschen Wirtschaft, die von "ihren" Siegermächten wirksam unterstützt wur­de, unabhängig zu werden und wollte/musste dabei weitgehend ohne Importe, auch von Tauchtechnik, aus dem "Westen" auskommen. Dies geschah einerseits aus ökonomischen Gründen, man hatte nicht genug ''harte Devisen'' für den Import. Andererseits hatte diese Technik eine gewisse militärische Bedeutung und unterlag damit dem im Kalten Krieg von den Westmächten verordneten Lieferembargo von militärisch und entwicklungsmäßig relevanten Produkten. Tauchtechnik wurde innerhalb des sozialistischen Lagers auch nicht von anderen Ländern angeboten, zumindest nicht in ausreichender Menge und Qualität [66]. Also musste man in der DDR selbst etwas aus dem Boden stampfen, zunächst natürlich vorrangig für den militärischen und professio­nellen Bedarf. Feinmechanische und medizintechnische Traditi­onen gab es in Leipzig. Am 1. Juli 1948 wurden mehrere solcher Vorkriegsfirmen, die nach dem Volksentscheid vom 30.6.1946 zu Gunsten des Landes Sachsen enteignet worden waren und unter Zwangsverwaltung oder für Reparations­leistungen unter Verwaltung der SMAD standen, durch staatliche Verordnung zu VEB zusammengeschlossen. Zwischen Kriegsende und diesem Zeitpunkt (1948) hatten die Werktätigen dieser Firmen Kriegsschäden notdürftig beseitigt, die wertvolls­ten Einrichtungen demontiert, um sie als Repara­tionsleistungen in die Sowjetunion zu schicken, und schon begonnen, die dringendsten Nach­kriegsbedürfnisse der Bevölkerung zu befriedi­gen, z.B. nach Kochtöpfen und anderen Haus­haltsgegenständen. Auch eine Fräse für Zahnboh­rer hatte sich angefunden, und kleines Zubehör für Zahnarztpraxen fand reißenden Absatz. Dies und der Zufall, dass der neu ernannte Betriebsdirektor, der ehemalige Sequestor der Anschütz GmbH. (s.u.), Herr Bormann, früher in einer Medi­zintechnik-Firma gearbeitet hatte, führte zu dem stolzen Namen des neuen Betriebes, VEB Medi­zintechnik Leipzig. Die beiden wichtigsten Firmen dieses Zusammen­schlusses, auf deren Fachpersonal und allerdings weitgehend leeren Produktionsstätten man zu­rückgreifen konnte, waren die Anschütz GmbH (ursprünglich Nitzsche AG) in der Eisenacher Straße in Leipzig und die Körting & Mathiesen AG in der Leipziger Franz-Flemming-Straße. Die Nitzsche AG geht auf die 1903 gegründete Leipziger Firma Johannes Nitzsche, Kinematographen und Filme, zurück, die u.a. kinematographi­ sche Apparate fabrizierte. Nitzsche (1879-1947) konstruierte selbst Filmprojektoren (Vitagraph, Saxonia, Matador) und stellte sie mit seiner Firma her (ab 1921 Nitzsche Apparatebau AG). 1933 musste Nitzsche wegen finanzieller Probleme an den Konkurrenten Zeiss Ikon aus Dresden verkau­fen. 1938 kaufte die Kieler Anschütz GmbH die Firma. Nach der Enteignung 1946 erfolgte dann die Sequestrie­rung, da man in der Eisenacher Straße kriegs­wichtige Geräte (u.a. Krei­selkompasse) hergestellt hatte. Die Firma Kört­ing & Mathies­en AG wurde 1889 als Bogen­lampenfabrik in Leipzig gegründet (späteres Markenzeichen KANDEM). Auch sie wurde 1946 enteignet wegen der Her­stellung von Flak-Suchscheinwerfern. Teile von Grundmitteln und Belegschaft der Nachfolge­firma VEB Leuchtenbau kamen erst 1962 zu MEDI. Das waren dann also die "Traditionen" der Tauchtechnik-Produktion in der DDR, genauer in Leipzig. Bild 03: Hauptgebäude des Kombinates MLW mit MEDI als Stammbetrieb in der Franz-Flemming-Straße 43-45, das inzwischen rekonstruiert ist. 2. Entwicklung des VEB Medizintechnik Leipzig In den Folgejahren kamen immer mehr Aufgaben der Atemschutztechnik und später der medizini­schen Beatmungstechnik in den weit und breit einzigen Medizintechnik-Betrieb. Der für den Auf­bau der Wirtschaft wichtige Bergbau im sächsi­schen Raum, die Feuerwehren und Rettungen in der wachsenden chemischen Industrie verwende­ten fast ausschließlich Vorkriegstechnik von Drä­ger, Gm30, die als SM 30 bzw. SM 38 weiter ge­nutzt wurden, und auch noch Heeresatmer [41],[45]. Dafür wurden zunehmend Ersatzteile benötigt, die man wegen der Valutaknappheit nicht ausrei­chend von Dräger importieren konnte. MEDI ent­wickelte und baute diese Teile und, wie ein Zeit­zeuge sagte, wenn man alle Teile nachgebaut hat, kann man auch das Komplett-Gerät liefern [01]. In der medizinischen Beatmungstechnik verlief die Entwicklung ähnlich über den Ersatzteilbau zur Projektierung eigener Geräte. So wurde Atem(schutz)technik für Industrie, Feu­erwehr, Grubenrettung und Medizin in breitem Umfang hergestellt. Atemschutzmasken für die bewaffneten Organe und den Zivilschutz impor­tierte man aus dem SW [41]. 1952 wurde der VEB Medizintechnik der Haupt­verwaltung Feinmechanik-Optik unterstellt, even­tuell im Gefolge der Bildung von 15 Be­zirken aus den fünf Ländern auf dem Territorium der DDR im gleichen Jahr. Der VEB verwendete bis 1969 das Logo MEDI. 1958 - 1967 war MEDI der VVB Mechanik zuge­ordnet, in der Carl-Zeiss-Jena Leitbetrieb war und es nach [01] als wohl organisierte Starfirma der DDR sehr ernst nahm, den jungen Betrieben bei der Organisierung der Verwaltung und anderer Prozesse zu helfen. So stellte man beispielsweise 1965 von dreistelli­gen auf fünfstellige Artikelnummern um. Geräte mit nur dreistelliger Nummer sind also die vor 1965 produzierten, z.B. Nixe 711, MEDI 713. Ge­räte mit zwei Nummern wurden über 1965 hinaus produziert, Schlauchtauchgerät 721 bzw. 61001, und Geräte mit nur 5-stelliger Nummer nur nach 1965, Hydromat 66 62017. 1967 - 1969 kam MEDI zur VVB Medizin-, Labor- und Wägetechnik, und 1970 bildete sich dann der VEB Kombinat Medizin-, Labor- und Wägetechnik (bis zur Abwicklung 1990), und das Logo änderte sich 1970 auch zu MLW. In diesem Jahr 1970 waren auch die letzten, bis­her noch privaten bzw. halbstaatlichen, überwie­gend leistungsfähigen Betriebe dem volkseigenen Sektor angegliedert worden, mit sanftem bis ge­waltsamem Druck. Die Eigentümer wurden be­scheiden entschädigt, konnten in ihrem Betrieb weiter arbeiten oder wurden hinausgedrängt. Der VEB Medizintechnik wurde der sog. Stamm­betrieb dieses Kombinates. Die Wägetechnik ver­schwand später aus der Bezeichnung, das Logo blieb aber MLW. Medizin- und Atemschutztechnik bildeten weiter­hin die Schwerpunkte der Produktion des Kombi­nates, tauchtechnische Artikel waren immer nur ein Nebenzweig. Heeresatmer Atemschutzgerät von MEDI Sauerstoff-Retter 1965 hatte der Betrieb 1050 Beschäftigte, davon 90 Entwickler [06], 1974 waren es schon 1200 Be­schäftigte, von denen 120 in der Entwicklung arbeiteten [02]. 1969 - 20 Jahre MLW Die Produktionsstätten von MEDI waren nahezu aus­schließlich in Leipzig in der Franz-Flemming-Straße 43-45 untergebracht, in dem langgezogenen Produk­tionsgebäude (Bild 11/12) hinter dem Vorderhaus aus der Gründerzeit direkt an der Straße (Bild 03), ehemals Körting & Mathiesen. In diesem Vorderhaus saß überwiegend die Verwaltung des Kombinates MLW, dessen Stammbetrieb MEDI war. Die Entwicklungsabteilung von MEDI nahm den gesamten Komplex in der Eisenacher Straße 72 ein, ehemals von der Nitzsche AG erbaut. Dort hatte man mit der Zeit eine einfache Infrastruktur geschaffen, die für die Entwicklung von Tauch- und vor allem auch Atemtechnik nötig war. Es gab ein gefliestes 5-m-tiefes Tauchbecken, einen gro­ßen Überdruckkessel bis 5 atü und eine Kompres­soranlage mit Speicherflaschen und Schutzkam­mern zum Prüfen von Druckflaschen [01]. Tests mit Tauchgeräten wurden auch in den Gewässern um Leipzig durchgeführt [24]. Die Tauchausrüs­tung dazu, einschließlich Trockentauchanzügen, baute man in der Versuchswerkstatt kurzerhand selbst, da auf dem Markt nichts verfügbar war. 1960 geriet MEDI in eine DDR-typische Wachs­tumskrise [08]. Die gewachsene Volkswirtschaft und die Außenwirtschaft verlangten nach immer mehr Atemschutz- und Medizintechnik, und die Produktion platzte in der Franz-Flemming-Straße aus allen Nähten. In den Gebäuden waren noch zwei andere größere Firmen, der VEB Leuchten-bau und der VEB Starkstrom-Anlagenbau, und zwei Berufsschulen untergebracht. MEDI lagerte Material und Fertigprodukte frei zu­gänglich auf den Gängen. Die Endmontage von Medizingeräten fand zeitweise im Speisesaal statt. Außerdem gab es eklatant zu wenige Ar­beitskräfte für die gestiegenen Aufgaben aus dem Volkswirtschaftsplan. Das führte zu einem Qualitätseinbruch bei den Endprodukten, der über Eingaben der frustrierten Nutzer selbst Walter Ulbricht, den damaligen Staatsratsvorsitzenden der DDR, zum Eingreifen zwang. Atemschutztechnik musste zeitweise wie­der für harte Devisen importiert werden, was im­mer ein druckvoller Auslöser für Veränderungen war. Also wurde MEDI zum Schwerpunktbetrieb erklärt, und der VEB Leuchtenbau musste seine Räumlichkeiten und 210 Mitarbeiter an MEDI ab­treten [04]. Diese Entwicklung dauerte bis 1962. Dass man in der Zeit keine großen Fortschritte für die Tauchtechnik erzielen konnte, sollte klar sein. In den erfolgreicheren Folgejahren bis zur "Wende" 1989 wurde die Produktion von Atem-, Atemschutz- und vor allem Medizintechnik bei MEDI auch von der Qualität her ständig gestei­gert. Der Betrieb entwi­ckelte sich zu einem führenden Hersteller im SW, und es wurde auch in Entwicklungs­länder und das NSW ex­portiert [16]. In die 60er bis 70er Jahre fällt auch die wohl beste Entwick­lung und Produktion von Tauchtechnik bei MEDI, die des modula­ren Presslufttauchgerä­tes Hydromat. Wohl aus Gründen der Ressourcenknappheit und Spezialisierung im RGW. Tauchtechnik sollte in der Deckung des notwendigsten Bedarfs wurde der UdSSR und teilweise in Ungarn und der CSSR diese erfolgreiche Entwicklung ersatzlos 1974 ab-weitergeführt werden. gebrochen. Formal erfolgte das aufgrund der Ergebnisse dieser "Spezialisierung" sind in der Tauchszene der DDR aber nie angekommen. Erst 1976 nahm man unter der Koordinierung durch MEDI als VD-Sache wieder eine RGW-weite Kon­zeption zur arbeitsteiligen Herstellung kompletter modernster Tauchtechnik in Angriff, die Rebreather, Mischgastauchgeräte, modernen Käl­teschutz, Scooter usw. umfasste [02]. Nach unbe­friedigenden Aufwands- und Ressourcen-Ab­schätzungen wurde dieses Vorhaben aber schon 1980 wieder begraben. Gebäude der Entwicklungsabteilung von MEDI in der Eisenacher Straße 72 (einschließlich der Neben­gebäude links und rechts), heute u.a. Sitz der MedServ GmbH www.medserv-leipzig.de. Bild 11: Hintere Produktionsgebäude in der Franz-Flem­ming-Straße, heute eine Industriebrache, Foto: www.rottenplaces.de Ab etwa 1981 gab es übrigens ein Koope­rationsprojekt zwischen Dräger und MEDI [01]. Man entwickelte und produ­zierte eine Vollgesichtsmaske für Dräger, betreut von dem MEDI-Entwickler Wal­ter Görner. Die Produktion lief wohl bis 1989, die Masken wurden in der DDR nicht verkauft. Die politische Wende mit der Angliederung der DDR an die BRD brachte auch für MEDI den wirt­schaftlichen Zusammenbruch, da die Produkte wegen der ungenügenden Arbeitsproduktivität auf dem jetzt offenen Weltmarkt nicht unmittel­bar konkurrenzfähig waren und auch die Bezie­hungen zu den früheren in- und ausländischen Abnehmern wegen der chaotischen Wende- Bild 12: Inneres der hinteren Produktionsgebäude in der Franz-Flemming-Straße heute Foto: www.rottenplaces.de Verhältnisse, die auch im gesamten sozialisti­schen Lager herrschten, zerbrachen. Tauchtechnik bei MEDI betraf das schon nicht mehr, da die Produktion ja bis auf die des RG­UF/M bereits 1974 eingestellt worden war. Dieses Gerät wurde aber offiziell nur im Bereich der NVA eingesetzt und war wegen der Außerdienststel­lung der Panzer der Nationalen Volksarmee 1990 überflüssig geworden. Alle Lagerbestände auch älterer Tauchtechnik wurden verschrottet bzw. containerweise an Inte­ressierte verramscht. Die ehemaligen VEB standen für die Abwicklung des Volkseigentums unter dem Kuratel der sog. "Treuhand". Wohl für den Bereich der VVB MLW wurde 1991 eine Deutsche MED-LAB GmbH Leipzig (HRB1225) unter Führung von westdeut­schen Managern gegründet, die in den "orientie­rungslosen, lethargischen Ostbetrieben aufräu­men sollten" [50]. Diese Firma dirigierte über Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge die Nachfolgebe­triebe von MLW, so u.a. die Medizin- und Atem­schutztechnik GmbH Leipzig (früher MEDI), die Prüfgeräte-Werk Medingen GmbH, die Medizin­möbel GmbH Torgelow, die Dentaltechnik Pots­dam GmbH und entließ zunächst 2.400 der 4.000 Mitarbeiter [50]. MEDI war 06/1991 ebenfalls zu der Medizin- und Atemschutztechnik GmbH Leipzig mit einem Stammkapital von 10 Mill. DM und etwa noch 300 Angestellten [02] umgebildet worden (HRB1226), die jedoch 1992 schon wieder aufgelöst wurde. Die Liquidation zog sich aber noch bis 2002 hin. Auch die stolze MED-LAB GmbH war 1997 schon wieder verschwunden. 1992 gründete Claus Plättner, der schon Prokurist der kurzlebigen Medizin- und Atemschutztechnik GmbH gewesen war, mit wenigen ehemaligen Mitarbeitern von MEDI die MedServ GmbH (HRB 3844). Diese sitzt heute noch (2014) in der Eisen­acher Straße 72 in Leipzig, dem ehemaligen Platz der Entwicklungsabteilung von MEDI, und be­schäftigt sich mit Service an medizinischen Gerä­ten Ebenfalls 1992 übernahm der ehe­malige Konkurrent von MEDI, die Drägerwerk AG, den Bereich Atem­schutz der Medizin- und Atem­schutztechnik GmbH (ehem. MEDI). Man wollte dort weiter Atemschutz­geräte bauen und eine neue Selbstretter-Generation entwickeln und produzieren [51]. Es sollten zu­nächst etwa 35 Mitarbeiter beschäf­tigt werden. Geleitet wurde diese Abteilung von Dipl. Phys. Walter Görner, der zuvor schon die Zusam­menarbeit MEDI -Dräger für eine Vollgesichtsmaske koordiniert hat­te. Mit Dräger Leipzig wollte man auch der Service der noch vorhande­ nen MEDI-Atemschutztechnik absi­chern. Nach [52] war beabsichtigt, etwa 5 Mill. DM zu investieren und perspektivisch 150 Arbeits­plätze einzurichten. Ob diese Pläne in der Dräger Medizin System Technik GmbH (laut B2B-Markt­platz Vertrieb von Praxisbedarf, Ärztebedarf, Krankenpflegeartikeln, Krankenhausbedarf) in­zwischen aufgegangen sind, scheint fraglich. 1999 stellte die Fraunhofer-Gesellschaft in einem Gutachten im Auftrag der Sächsischen Regierung fest: Die Medizintechnik besitzt in Sachsen traditionsgemäß einen hohen Stellenwert. Bis zum Jahre 1990 wurde der Industriezweig wesentlich durch Großbetriebe wie Transformatoren- und Röntgenwerk (TUR) Dresden, Medizin- Labor- und Wägetechnik (MLW) Leipzig und Meßgerätewerk Zwönitz mit insgesamt mehr als 10.000 Beschäftigten geprägt. 1991 betrug die Anzahl der Betriebe in der Medizintechnik knapp 20, bei einer Anzahl von insgesamt 4.200 Beschäftigten. In den fol­genden Jahren bis 1995 ist die Anzahl der Beschäftig­ten auf etwa 1.800 zurückgegangen. Im Anschluss an die Phase von Privatisierung, Aus- und Neugründungen entwickelte sich die Medizintechnik bis zum gegenwär­tigen Zeitpunkt zu einer mittelständischen Struktur, die durch Kleinbetriebe getragen wird. Erstes Tauchgerät von MEDI, das Sauerstoff-Kreislaufgerät Medi-Nixe 3. Tauchtechnik bei MEDI 1954 - 1959 Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe 711 (siehe Anhang 3) 1954 - 1969 Schlauchtauchgerät (Helmtauch-) STG 463/721 bzw. 61001 1957 - 1965 Pressluft-Tauchgerät MEDI 713/713A 1965 - 1974 Pressluft-Tauchgerät Hydromat 62004 1965 - 1974 Taucher-Vollgesichtsmasken AT 01...03 13023...26 1970 - 1974 Einschlauchregler Hydromat 66 62017 1970 - 1989 Sauerstoff-Kreislaufgerät RG-UF(/M), 62015/62115 Die erste Jahreszahl ist die des echten Produkti­onsstarts. Die Entwicklung und damit der Muster­bau liefen teilweise schon ein bis drei Jahre vor­her. Die zweite ist die der offiziellen Produktions­einstellung. Lagerbestände bei MEDI und den gro­ßen Bedarfsträgern wie MdI und NVA wurden of­fensichtlich noch viel länger Nutzern als Neuge­räte übergeben. Das führte zu dem Eindruck, dass z.B. die Hydromat-Serie bis 1988 produziert worden sei (siehe z.B. Bild eines GST-Tauchge­räte-Passes mit "Baujahr 1981" weiter unten). Außerdem habe ich bei den Nachforschungen im Archiv originale Zeichnungssätze von überarbeite­ten Komponenten des Hydromat-Systems mit dem Datum 1988 und den Namen bekannter MEDI-Entwickler gefunden, die es dann auch wirklich gegeben hat (z.B. MD-Anschluss). Meine beiden Zeitzeugen [01] und[02] wussten davon je­doch nichts. Das ist eigentlich nur so zu erklären, dass MEDI als Erfahrungsträger zwar diese Kon­struktionen gemacht hat, die Produktion dann aber in anderen Betrieben lief, hauptsächlich für den Bedarf von Sicherheitsorganen, der Staatli­chen Plankommission bekannt oder nicht. 3.1. Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe 711 Ähnlich wie schon früher bei der Atemschutztech­nik, wenn auch in wesentlich geringerem Umfang, entstand Anfang der 50er Jahre in der DDR zuneh­mend der Bedarf nach leichter und schwerer Tauchtechnik, da die Vorkriegsgeräte verschlissen und zu wenige waren. Durch Devisenschwäche begrenzte Importe konnten den Bedarf der neu gebildeten Seestreitkräfte (1950 Hauptverwal­tung Seepolizei, 1952 VP-See, 1960 Volksmarine) und Landstreitkräfte (1952 KVP, 1956 NVA), der professionellen Taucherei und der sich auch ent­wickelnden Sport- und Forschungstaucherei nicht ausreichend decken. Da man bei MEDI neben den Schutzmasken auch schon Sauerstoff-Retter für den Atemschutzbe­reich, Grubenrettung, Industrie und Medizin, baute, ging man 1953 an die Entwicklung eines Sauerstoff-Kreislaufgerätes für das Schwimmtau­chen, der MEDI-Nixe 711. Bilder aus dem Prospekt 1954 Auch die Reklame wurde selbst gemacht: Heinz Pelz, Leiter der Versuchswerkstatt, als Helfer und die Tochter des Foto­grafen als Modell Durch die Vermarktung des Pressluft-Tauchreglers von Gagnan/Cousteau seit 1945 und seine 1953 schon breit erfolgte Durchsetzung für das professionelle und Sporttauchen war eigentlich der Wettbewerb zwischen Sauerstoff-Kreislaufge­räten nach Hass/Dräger und Pressluft-Behälterge­räten entschieden. In der Atemschutztechnik hatten sich die Behäl­tergeräte aber noch nicht etabliert, da sie noch zu schwer und von zu geringer Nutzungsdauer wa­ren, was allerdings für das Tauchen nicht so be­deutsam gewesen wäre. Ein Kreislaufgerät war außerdem relativ einfach herzustellen und wenig materialaufwändig (machbare geringe Flaschengröße), was der im­mer angespannten Versorgungssituation in der DDR entsprach. Kleine Gasflaschen waren noch aus Heeresbeständen genügend verfügbar, grö­ßere Flaschen (>7 l), tauglich für PTG, konnten noch nicht selbst produziert werden, wie man so­gar später noch für die Hydromaten schmerzlich feststellen musste. Sauerstoff gab es überall, da man ihn zum Autogenschweißen brauchte. Press­luft in Atemqualität hätte die zeitgleiche Entwick­lung von Kompressoren mit entsprechenden Fil­tern oder wieder unakzeptierte Importe erfor­dert. Vorbilder wie das Kreislauf-TG Leutnant Lund II (1950) oder das Schwimmtauchgerät Modell 138 (1952) von Dräger waren vorhanden, und mit den Erfahrungen aus der Sauerstoff-Retter-Produk­tion bei MEDI stellte die Geräteentwicklung selbst kein großes Problem dar. Für die Trimmung wan­derte der Atemsack (Gegenlunge) auf den Rücken, die schwere Flasche war ja schon auf den Bauch. Mit diesem Gerät, der MEDI-Nixe, wurde auch in der DDR der Übergang vom aufrecht stehenden und laufenden Taucher zum schwimmenden Tau­cher vollzogen. Ein neues Problem für die DDR-Entwickler stellte das Regenerationsmittel dar, was das Kohlendi­oxid aus der Ausatemluft beseitigt. In den nicht im Wasser genutzten Kreislaufgeräten für die Gru­benrettung usw. wurde Natriumhydroxid (Ätznat­ron) eingesetzt (in sog. Alkalipatronen). Das rea­giert bereitwillig und effektiv mit feuchter Atem­luft, sodass die Patronen klein und leicht sein kön­nen, was den Einsatz in tragbaren Geräten wie Rettern förderte [62]. Aber das NaOH bildete bei einem Wassereinbruch ätzende Natronlauge, was für den Nutzer sehr gefährlich werden konnte [65]. Deshalb hatte u.a. Drä­ger für Unter­wassergeräte einen granu­lierten Atem­kalk entwi­ckelt, der zu etwa 75% aus Kalziumhydroxid (gelöschter Kalk), nur 5% NaOH und Wasser bestand. Ca(OH)2 ist nur gering in Wasser löslich und so bei Wassereinbruch nicht gefährlich. Es bindet auch kein Wasser wie das Ätznatron, so­dass die Luft feucht bleibt, wärmt die Luft aber auch nicht durch eine stark exotherme Reaktion wesentlich an, wie das Ätznatron. Die Aufnahme von Kohlendioxid durch Na(OH)2 ist massebezo-gen geringer als die von Ätznatron, die Patronen sind also größer und schwerer, was für den UW-Einsatz aber nicht so bedeutsam war. Solch ein Atemkalk wurde in der DDR nicht herge­stellt und musste für die ersten Nixen importiert werden. Um diese Valuta-Ausgaben abzulösen, wurde ab 1957 im VEB Chemiewerk Greiz-Dölau (heute Akzo Nobel) Atemkalk entwickelt [40]. Die eifrigen Erprobungen des Kalks MN 701 mit der MEDI-Nixe führten übrigens zur Bildung eines der ersten Tauchsportclubs in der DDR, der heute noch existiert (TC Greiz) [40]. Der wiederbefüllbare Absorberbehälter der MEDI-Nixe ist aus verchromtem Messingblech und kann so dem feuchten Kalk einigermaßen standhalten. Die Trageweste wird mit einem Bauch- und einem Schrittgurt am Taucher befestigt. Das Mundstück lässt sich über einen Drehschieber oder einen Exenterhebel (spätere Ausführung) verschließen, um das Eindringen von Wasser an der Oberfläche zu verhindern, siehe Bilder 21 & 22. Kreislauf-TG Medi-Nixe, demontiert und als Schema, Foto: M. Müller [48] Das Tauchgerät besteht aus folgenden Hauptteilen: 1. Atembeutel (8 l) mit Absorber für 1 kg Atemkalk und Sicherheitsventil, 2. Sauerstoff-Stahlflasche 1 l, 150 bar (noch aus Heeresbeständen), 3. Regler (150 auf 4 bar) mit Hand-Injektorventil, 4. zwei Atemschläuche mit Mundstück und Rückschlagventilen. Der Konstantfluss von Sauerstoff (0,9 l/min) in Atemsack zurück [22]. Damit kann man etwa 1 h den Atembeutel kann bei Bedarf über ein Injek-tauchen. Die Maximaltiefe war 1954 mit 15 m an-torventil direkt am Sauerstoffregler ergänzt wer-gegeben, heute hat man diese für reinen Sauer-den. Man atmet durch den Einatemschlauch aus stoff auf 7 m begrenzt. dem Atemsack und durch den Absorber in den Die MEDI-Nixe wurde komplett für das Schwimm­tauchen geliefert, mit Flossen, einer zweiglasigen Tauchbrille und einer Nasenklemme. Dieses Zube­hör wurde auch direkt bei MEDI Leipzig nur für die Nixe hergestellt. Erst nach Produktionsende der Nixe wurden diese Gummiprodukte an den VEB Degufa Berlin übergeleitet, auch separat angebo­ten und dort weiterentwickelt. Die Hülle der Nixe wurde übrigens nicht direkt bei MEDI sondern nach dem Entwurf durch die MEDI-Entwickler von den Leipziger Gummiwaren-Fabri­ken gefertigt, ab 1968 VEB ELGUWA. Die Firma wurde schon 1879 in Leipzig gegründet (Richard Flügel) und nahm einen ähnlichen Entwicklungs­weg wie MEDI [48]. Von der MEDI-Nixe wurden etwa 90 Stück/Jahr produziert und zur Rettung und Bergung und leichte Unterwasserarbeiten an die militärischen, behördlichen und auch professionelle Nutzer aus­geliefert. Etwa 200 Stück sollen an die GST und private Sporttaucher (für 625 MDN) gegangen sein [23]. Zu diesen Zeiten des Kalten Krieges interessierte sich sogar die US-Navy für die Nixe. Sie beauf­tragte 1955 mit dem VD-Brief 588-025/1955 die NEDU (Navy Experimental Diving Unit), das Gerät zu untersuchen [53]. So gibt es ein kurioses Bild: Navy seal mit MEDI-Nixe In einem 49-seiti­gen Bericht mit Analysen und Tests kam die NEDU zu dem Ergebnis, dass die Nixe ein inte­ressantes Gerät für das Sporttauchen aber für den militä­rischen Einsatz ohne weitgehende Umbauten nicht geeignet sei. Bei der MEDI-Nixe gab es im Laufe der fünf Produktionsjahre einige kleine Veränderungen, die wesentlichste betraf wohl das Mundstück [48]. Erstes Mundstück der Nixe, Foto M. Müller [48] Spätere Ausführung, Foto U. Busch Die erste Version der Nixe hatte ein Mundstück eingesetzte konische Drehschieber schon bei mit einem Drehschieber zwischen den Schlauch-leichter Verschmutzung verklemmte und nicht anschlüssen und dem Bissstück, wie es auch im mehr dicht zu schließen war. Prospekt zu sehen ist. Dadurch wurde der Ab-Die bald verbesserte und meist produzierte Aus­stand zu den Schläuchen relativ groß, und das führung funktioniert mit einem Exenterhebel und Mundstück war schlecht zu tragen. Membrane zum Verschluss des Mundstücks und Außerdem gab es schon früh viele Anwenderre-ist deutlich kleiner und bequemer. klamationen, da sich der ohne Gummidichtung Eine weitere Variation, die aber nach [01] nicht von MEDI stammte, betraf die Halterung der Sauerstoff-Flasche. Die Flasche liegt bei der MEDI-Entwick­lung nur in einer Stoffschlaufe und wird durch den Anschluss und eine Bandschlaufe dort ge­halten. Das war einigen Anwen­dern wohl nicht sicher genug, und so fügte man in die Stoff­schlaufe eine Verschnürung ein, die die Flasche fester hielt. Diese Änderung entsprach auch den Dräger-Vorbildern. Wie die größeren Bedarfsträger die meisten MEDI-Geräte nach ihren speziellen Bedürfnissen selbst modifizierten, wurde nach [48] auch die Nixe von den Kampfschwimmern der KSK für bessere Atemeigenschaften verändert. Sie erhielt z.B. Atemschläuche mit einem größe-unerfahrenen oder mutwilligen Tauchern mit ren Durchmesser (22 mm statt 18 mm) und Glim-Sauerstoff als Atemgas gegeben hätte. Auch das merventile am Mundstück, und den Regler blasenfreie Untertauchen von Grenzsicherungs-tauschte man wegen höherer Zuverlässigkeit geanlagen zwischen der BRD und der DDR spielte gen den des russischen Kreislaufgerätes ISA-M48 noch keine Rolle, da die Grenze ja bis 1961 einigermaßen offen war. Auch für das Mundstück wurde das des ISA M48 Viele Unterwasserfotografen, die ohne Blasen- eingesetzt und noch um eine Ausblasöffnung er- wirbel tauchen wollten, und Taucher in den hei­ gänzt. Auch die KSK brachte an der Flaschen- mischen Gewässern, für die eigentlich nur der schlaufe die Verschnürung an. Flachbereich interessant war, hätten das Sauer- Solche wegen immer fehlender Kapazitäten nicht stoff-Kreislauf-Gerät gern weiter im Angebot ge- vom Hersteller vorgenommenen Umbauten sehen. Aber solche Vielfalt konnte sich die DDR- durch die Nutzer sind typisch für DDR-Technik Volkswirtschaft nicht leisten, jeweils ein Geräte- und erschweren heute Sammlern oft die Einord- typ musste genügen. Erst etwa 10 Jahre später nung.Das Kleintauchgerät 711 (Nixe) wurde bis war bei MEDI wieder ein O2-Kreisel in Produk­ 1959 produziert und dann durch das PTG MEDI tion, der Panzerretter RG-UF, den es offiziell na ­713 abgelöst. türlich nicht gab. Aber der war über eine eigene Nach [01] wurde die Produktion übrigens nicht S chiene, die LVO-Produktion für militärisch wich- eingestellt wegen vieler Unfälle, die es von tige Objekte, initiiert worden. Tauchtechnik von MEDI Leipzig 3.2. Schlauchtauchgerät STG 463/721 Von einem schweren Helmtauchgerät in der Produktpalette von MEDI habe ich erst vor wenigen Jahren erfahren. Sporttauchern war diese Pro­duktion in Leipzig meist unbekannt. Aber MEDI hat ab 1953 solche Geräte entwickelt und mit allem notwendigen Zubehör bis 1969 selbst produziert [68]. Der Auslöser dafür, nicht der alleinige Grund, war nach [01] wieder ein DDR-spezifischer. Die DDR musste als Reparationsleistung Fisch-Fang- und -Verarbeitungs­schiffe für die Sowjetunion bauen. Entsprechend einer Forderung der sowjetischen Abnehmer gehörte zu jedem dieser Schiffe eine schwere Tauchausrüs­tung für Wartungs- und Havarie-Arbeiten. Helm STG 721 Helm STG 53 (externer Name) bzw. STG 463 (bei MEDI) Schuh zum STG Die Schuhe sind aus Gusseisen, nicht etwa aus pflegeleichterer Bronze, die so kurz nach dem Krieg in der DDR nicht zur Verfügung stand. MEDI hat den Guss nicht selbst ausgeführt, sondern eine andere Leipziger Firma damit beauftragt. Taucherautomat des STG 721 Nach Informatio­nen eines Sammlers soll der Guss bei LES (Leipziger Eisen und Stahl) erfolgt sein. Re­cherchen im Bereich 1957-67 im Sächs. Landesarchiv haben dafür aber bisher keine Anhaltspunkte erbracht. Für den Automaten habe ich eine Einstellvorschift von 1953 gefunden [71] Gesamte Helmtauchausrüstung Handhebelpumpe zum STG721 Brustgewicht zum STG 721 Importe wären wieder nur aus dem westlichen Ausland möglich gewesen und devisenmäßig zu teuer. Dazu kam natürlich der Bedarf, der mit dem Ersatz der verschlissenen Vorkriegsgeräte in der DDR-Wirtschaft und vor allem mit der Bildung von Pioniertruppen und Volksmarine entstanden war. Also machte man sich bei MEDI daran, die kom­plette Ausrüstung zu entwickeln und zu fertigen. Wegen des Zeitdrucks wurde zunächst auf Vorbil­der zurückgegriffen, in diesem Falle auf Dräger-Helmtauchausrüstungen. 3-Bolzen-Helm aus Kupfer, Anzug aus gummier­tem Gewebe in drei Größen, Schuhe, Brust­gewicht, Schläuche und Handhebelpum­pen 73x entstanden im eigenen Hause, nur die Sprechanlage importierte man. Der Helm des ersten Typs, des STG 463, war seinem Dräger-Vorbild so ähnlich, dass man z.B. in der Volksmarine Ersatzteile wechselweise einsetzte [43]. Der einzige Unterschied zum Drä­ger-Vorbild war der Pressluftanschluss, gefräster Messing-Körper bei MEDI, Messing-Gussteil bei Dräger. Die Helme wurden anfangs sogar ohne MEDI-Logo auf dem Brustschild ausgeliefert. Erst später entschloss man sich, dort das Logo MEDI einzuprägen. Dieses Plagiat musste man dann doch langsam durch eine eigene Entwicklung ab­lösen, denn die Wirtschaften der beiden deut­schen Staaten waren um 1955 noch relativ eng verbunden. Für den Helm war also zunächst eine kugelför­mige Ausführung gebaut worden (STG 463, bei den Pionieren der NVA STG 53 genannt [44], sehr ähnlich zum Dräger 3b) und in der nachfolgenden Entwicklung dann eine mehr elliptische Form (STG 721), offiziell, um das Volumen zu verklei­nern [43], aber ev. auch, um den Patent- und Ge­brauchsmusterschutz von Dräger zu umgehen. In den Beschreibungen eines Sammlers [44] habe ich weitere Bezeichnungen von Ausführungsfor­men gefunden, STG 53 und STG 713 (kurzer Hals), die sich in mir zugänglichen MEDI-Unterlagen ne­ben STG 463/721 aber nicht wieder fanden. 53 kann keine Artikelnummer von MEDI sein, da diese 3- oder 5-stellig waren. Eventuell ist es ein Kürzel für das Herstellungsjahr. Die Nummer 713 wurde für das PTG MEDI 713 verwendet. Auch nach [01] gab es bei MEDI keine anderen offiziell produzierten Teile als 463 bzw. 721. Es könnte sich also um interne Bezeichnungen von großen Bedarfsträgern handeln (STG 53 z.B. im Pionier-einsatz bei der NVA). Wegen der Wichtigkeit als Reparationsleistung und für das aufzubauende Militär wurde sogar der Buntmetallbedarf für die Ausrüstung geschul­tert. 1969 hatte man zur Abmilderung noch einen Helm aus glasfaserverstärktem Polyester entwickelt, den man aber nicht mehr produzie­ren konnte, weil die Produktlinie durch staatliche Weisung 1969 überraschend eingestellt wurde. Insgesamt wurden nach [01] in den 15 Jahren etwa 150 Ausrüstungen gebaut (etwa 80 Hand­hebelpumpen 734, bei Parallelschaltung von zwei Pumpen bis 40 m einsetzbar), die heute bei Sammlern einigermaßen gefragt sind. Engagierte Sammler, die auch selbst recherchiert haben, schätzen diese Zahl höher ein, etwa 250 bis 350 Stück. Exakte Produktionszahlen ließen sich bis­her leider nicht ermitteln. Die Helme als Kernstü­cke der Ausrüstungen wurden von MEDI nicht mit fortlaufenden Seriennummern versehen. Sie er­hielten erst bei den jeweiligen Bedarfsträgern ei­gene Nummern, die auch erst danach in den be­gleitenden Gerätepässen auftauchten. 3.3. Pressluft-Tauchgerät MEDI 713 Das PTG MEDI 713 folgte 1957 für den allgemei­nen Bedarf uberlappend auf das Sauerstoff-Kreis­laufgerät MEDI-Nixe 711. Dieser Übergang hing wohl nur mittelbar mit der internationalen Entwicklung von Tauchtechnik zusammen, in der Pressluft-Tauchgeräte gegen­über Kreislaufgeräten jetzt eindeutig dominier­ten. Aber auch in der Atemschutztechnik, die ja das Hauptfeld von MEDI war, hatten sich Behäl­tergeräte durchgesetzt und überall dort die Rege-nerationsgeräte verdrängt, wo nicht unbedingt sehr lange Nutzungsdauer und geringes Gewicht erforderlich waren (nur noch Bergretter, Höhenatmer und Medizinbeatmung) [63]). 1958 war bei MEDI noch der Sauerstoff-Selbstretter 852 bis zum Prototypen entwickelt worden, wurde dann Kleiner Kompressor mit Elektroantrieb aus Gera Feuerwehren und andere Rettungskräfte setzten wegen der einfacheren Handhabung und den inzwischen leichteren Gasflaschen (3...4 l) Behältergeräte mit Pressluft ein. Auch erste für Atemluft notwendige Kompressoren waren entwickelt worden (VEB Geraer Kompressorenwerk, heute Kaeser Kompressoren, siehe Bild). So lag es nahe, dass man bei MEDI die Erfahrungen aus dem Bau von Behältergeräten auch in ein Tauchgerät mit Pressluft umsetzte. Dem MEDI 713 merkte man dann auch an, dass die Konstrukteure vorher Atemschutzgeräte entwickelt hatten. MEDI 713 aus dem Prospekt Es hatte nur zwei 3-l-Flaschen, obwohl das höhere Gewicht von 4- oder gar 7-l-Flaschen unter Wasser nicht bedeutsam gewesen wäre. Vielleicht war aber auch die mangelnde Verfügbarkeit von Stahlflaschen in der DDR schuld an der Beschränkung. Zunächst wurden für das MEDI 713 IWK-Flaschen aus der BRD importiert. Dann produzierte man im Stahlwerk Apolda (seit 1957 Flaschenproduktion, heute eurocylinder systems) auf Basis einer von der Sowjetunion gekauften Fertigungsstraße Stahlflaschen aus sowjetischen Rohren. Da die Rohre von schlechter Qualität waren, waren es auch die Flaschen [01]. Nachdem einige Flaschen zerknallt waren, wurde jede angelieferte Flasche bei MEDI in einer in der Versuchswerkstatt selbst gebauten Testanlage geprüft. Auch dem Regler merkt man an, dass da nicht bei La Spirotechnique oder Dräger abgeguckt worden war. Es standen keinerlei Vergleichsgeräte körperlich zur Verfügung, es gab höchstens einige bunte Messeprospekte und wenig instruktive Zeitschriftenartikel zu der westlichen Technik. Ohne die Druckverhältnisse beim Atmen in Schwimmlage zu berücksichtigen, wurde der Regler zunächst servicegünstig, aber eine hohen Atemwiderstand erzeugend, nach hinten ragend am Gerät montiert, siehe Bild rechts. Die Faltenschläuche waren sehr lang. Man musste erst mühsam die Erfahrungen sammeln, die später zur erfolgreichen Entwicklung des Hyd­romat 62004 führten. Das MEDI 713 wurde dann doch noch ein benutz­bares Tauchgerät, weit verbreitet bei professio­nellen und militärischen Nutzern, der GST und so­gar bei Bruderorganisationen anderer sozialisti­scher Länder [66]. Es hatte einen großen einstufigen Regler, der im­mer in dem Rufe stand, ziemlich schwergängig zu sein (genannt der "Saugnapf"). Das Gerät war angenehm tragbar, erlaubte aber wegen des geringen Luftvorrates (2x3 l, 150 bar) keine größeren Tiefen oder längere Tauchzeiten. Da aber zumindest für die Sporttaucher zunächst auch keine wirksamen Kälteschutzanzüge verfüg­bar waren und die Nutzung nur in heimischen Ge­wässern erfolgen konnte, tauchte man sowieso nicht lange und tief (für das MEDI 713 hersteller-seitig 15 m zugelassen). MEDI 713A Foto: D. Surani MEDI 713A mit Auftriebskörper, Foto: M. Müller [48] Nach einigen Jahren wurde das MEDI 713 noch etwas zum 713A modernisiert und erhielt 200­bar-Flaschen, Schwimmkörper aus PVC-Schaum (aus Platten ausgesägt) und ein 2-Wege-Mund­stück (Ventil nur im Einatemschlauch). Eine noch frühere Veränderung war die am Tragegestell, das zunächst komplett aus Rohren bestand und dann als Lendenstütze ein U-Profil erhielt. Zu welchen Ergebnissen die mangelnden Erfahrungen bei der Reglerentwicklung und die fehlenden eigenen Verbindungen zum Tauchen neben dem etwas skurrilen aber doch nutzbaren MEDI 713 auch führen konnten, zeigt der Entwurf eines Reglers, den ein Konstrukteur bei MEDI in Eigen­initiative ausführte. Der Konstrukteur, der wohl aus der Feinmecha­nik kam, hatte einen so komplizierten Regler ent­worfen, dass der unter Praxisbedingungen nie funktioniert hätte und deshalb auch nicht offiziell entwickelt wurde. Hans Pelz [01], ehemals Leiter der Versuchswerkstatt bei MEDI, hat mir gegenüber immer bemängelt, dass die Reglerentwicklung bei MEDI, auch die der Regler in der Atem- und Atemschutztech­nik, aus Zeit- und Kapazitätsgründen nie genügend wissenschaftlich durchdrungen war. Man beobachtete immer nur das (fehlerhafte) Verhalten und Effekte bei den Erprobungen und versuchte, die Regler empirisch zurecht zu basteln. Das ist in ganz Europa aber wohl nicht besser gewesen. Man findet von Spirotechnique, Po­seidon, Apeks, Dräger, … keine wissenschaftlich untermauerten Arbeiten zum dynamischen Verhalten von Tauchreglern aus dieser Zeit. Hat man überall nur nach "Versuch & Irrtum" entwickelt? Pelz strebte deshalb eigentlich eine Dissertation an einer TH zu diesen Problemen an, sammelte auch schon Material aus seiner Praxis dazu, scheiterte aber dann am Desinteresse der Verantwortlichen. Die heutigen rechnergestützten Testverfahren und Prozess-Simulationen waren damals natürlich nicht denkbar, aber es fehlte auch der Anspruch, diese nicht ganz so wichtige Sache ausreichend zu durchdringen....jeht doch, oder? Romantischer Prospekt im Zeitgeschmack für das Hydromat-System 3.4. Pressluft-Tauchgerät MEDI Hydromat 62004 und 62017 Schon um 1960 wurde auch bei MEDI klar, dass das PTG MEDI 713 (seit 1957 in Produktion) we­gen der geringen Tauchzeit und der beschränkten Tauchtiefe die weiteren Anforderungen trotz der 1960 erfolgten Überarbeitung (200-bar-Flaschen, 2-Wege-Mundstück,…) nicht mehr erfüllen konnte. Man ging diesmal eine Neuentwicklung entspre­chend den bescheidenen Möglichkeiten (personell und von verfügbaren Informationen her) etwas fundierter an. Der Konstrukteur Karl-Heinz Lange erstellte bis 06/1961 einen „Studienentwurf über die zweck­mäßige Konstruktion von DTG“ [12], der Grund­lage für die Entwicklung des modularen PTG Hyd­romat 6200x wurde. Lange kam in der Studie zu dem Schluss, dass das neue Gerät einen zweistufigen 2­Schlauch-Regler und eine „Rück­zugswarneinrich­tung“ (Reserve­schaltung) haben solle und dass das Gerät entspre­chend seiner je­weiligen Arbeits­aufgabe leicht aus ein bis drei 7­l-Flaschen konfigurierbar sein müsste. Als einziges reales Refenzmodell stand nur ein Mistral von La Spirotechnique zur Verfügung, der auf dubiosen Wegen nach Leipzig gelangt war und für dessen ausführliche Prüfung man extra ein Tragegestell anfertigte. Alle anderen Informationen stammten nur aus wenig detailrei­chen Prospekten und Tauchzeitschriften, die kaum konstruktive Details und wissenschaftlich abgesicherte Erkenntnisse vermitteln konnten. Auf westliche Patente hatte man keinen Zugriff. Der Mustermangel lag nicht mal an den paar hundert DM, die man dafür hätte aufbringen müssen, sondern an dem Export-Embargo, dass die NATO-Staaten für militärisch potenziell interessante Ausrüstungen verhängt hatten. Und für die kom­plizierten Wege, die der Bereich Kommerzielle Koordinierung (BKK), kurz KoKo, für besondere DDR-Vorhaben ging, waren Tauchgeräte schlicht nicht wichtig genug. Man machte sich diesmal die Entscheidung nicht leicht und baute extra einen einstufigen Mistral-Klon, rechts im Bild. Wenn man den Zeichnungsdaten glauben darf, geschah dies allerdings erst 1963, als die Entwicklung des 2-stufigen Hydromaten schon kurz vor dem Abschluss stand, selt­ Muster eines 1-stufigen Reglers zur Entscheidungsfindung Vielleicht war man wegen des starken Markter­folges, den der französische einstufige Mistral hatte, doch unsicher geworden und suchte noch­mal eine Bestätigung der Entscheidung von 1961. Der einstufige Regler wurde schließlich wegen des steigenden Atemwiderstandes bei sinken­dem Flaschendruck und des kurzzeitig hohen An-atem-Widerstandes bei Nutzung des Venturi-Ef­fektes abgelehnt. Der „deutsche Ingenieur“ hatte vielleicht auch ein gewisses Misstrauen gegen die minimalisti­sche geniale Konstruktion von Gagnan. Ein 1-Schlauch-Regler missfiel wegen der Sichtbe­hinderung durch Blasen. Auf eine Reserveschaltung wurde trotz des vor­handenen Finimeters erstaunlich viel Wert ge­legt. Sie wurde während der Produktionslaufzeit sogar nochmal grundlegend umkonstruiert (Bil­der 64...67). Diese Schlussfolgerungen wurden 1961 gezogen und gingen in das Pflichtenheft für die Entwick­lung ein. Die Produktion begann jedoch erst 4 Jahre danach, 1965, als man eventuell schon an­ders über moderne Regler dachte und den Erfolg des einstufigen Mistral in Westeuropa gesehen hatte. Lange forderte in der Studie auch, dass unbedingt auch weiteres Tauchzubehör wie Anzüge, Mas­ken, Messer, Gewichtssysteme, Uhren Tiefen­messer,…, Kompressoren, Druckkammern zu ent­wickeln sei, was leider nie wirklich in größerem Umfang umgesetzt wurde. Hier wird aber ein grundlegender Mangel bei die­ser spezifischen Entwicklung erkennbar. Klassisch ausgebildete Maschinenbauingenieure bearbeiteten ein Projekt, das eigentlich tiefge­hende Erfahrungen in dem Fall auf dem Gebiet des Tauchens erforderte, die sie nicht haben konnten. Es gab aber in der DDR durchaus andere Ingenieure, die erfahrene Taucher waren und so etwas leisten konnten. Beispielhaft seien hier ge­nannt der einstufige Zweischlauchregler SW 63 von Karl-Heinz Werner, der vom DAMW der DDR positiv begutachtet wurde [66], und später die Einschlauchregler der CEMA-Reihe von Peter Scharf [67], der in privaten Kleinserien eine weite Verbreitung fand. Der SW63, ein fachgerecht konstruierter, zertifizierter und erprobter Regler, der von MEDI nicht akzeptiert wurde. Diese Geräte waren den MEDI-Entwicklern durchaus bekannt und wurden mit ihnen auch diskutiert. Sie konnten aber wohl nicht über ihren Schatten springen und die Leistungen der "Dilet­tanten" (die sie ja wirklich nicht waren) akzeptie­ren. Und die Gründung eines "Start Up" durch die Er­finder war in der DDR schlicht nicht möglich. Also produzierten sie, geduldet, wie die POSEIDON-Klons von Horst Pastor in Brandenburg für die Orientierungstaucher der DDR, oder "schwarz" wie die CEMA6 bis 8 vom Kollegen Saupe, entwi­ckelt von Scharf/Zimmermann, gute Regler für ihre Sporttauch-Freunde. Das Material und die Maschinenkapazitäten da­für wurden irgendwo abgeknapst und waren also vorhanden, "Privat geht vor Katastrophe". Dieses Prinzip an sich, aber nicht besonders die Tauchregler-Produktion, hat wohl schon zum Un­tergang der DDR beigetragen. Übrigens meint man ja immer, dass in der DDR für den Verteidigungsbereich alles getan wurde. Die Geschichte des sog. KSK18-Reglers stützt das nicht [31]. Die Kampfschwimmer der KSK18 der Volksmarine, damals ausgestattet mit MEDI713 und sowjetischen Tauchgeräten, konnten mit diesen Geräten ihre Aufgaben nicht erfüllen, vor allem, was Tauchdauer und -Tiefe betraf. Sie gin­ Der KSK18-Regler, Eigenbau der Kampfschwimmer Sie brachten einen soliden, einfachen Regler zu­stande, der ihre Zwecke erfüllt hätte. Kurz vor Be­ginn der Kleinserie brannte die Werkstatt mit den Mustern und Werkzeugen ab. Die Entwicklung des Hydromat-Systems bei MEDI, unter der Leitung von Karl-Heinz Lange (Leiter F/E Rudolf Köcher, Mitarbeiter Hendrik Korn, Walter Görner, Hans Pelz,…), lief dann bis zu Stufe ÜK11 im Juni 1964. Es wurden 2 Funkti­onsmuster, 2 Fertigungsmuster und 10 Nullseri­engeräte zum Test bei Hauptanwendern gebaut [13]. Die Erprobungen verliefen zufrieden stel­lend, so dass die Überleitung in die Produktion freigegeben wurde. Prototy aus der Entwicklung im Vergleich zur endgültigen Ausführung Der Hydromat 62004 v1 wurde bereits zur Frühjahrsmesse 1964 in Leipzig vorgestellt, die ersten Geräte sollten Anfang 1965 ausgeliefert werden. Dies scheiterte aber an fehlenden 7-l-Leichtstahl­flaschen, die der DDR-Zulieferer VEB Stahlwerk Apolda eigentlich lie­fern sollte [40]. Also mussten zunächst Leichtstahlflaschen von IWK importiert werden. Die ersten kamen 12/1965… Sie wurden dann Ende 1966 von Flaschen aus Apolda abgelöst. Zu den Hydromat-Geräten sind übri­gens immer mal wie­der Leichtstahlfla­schen im Umlauf, die zur Vermeidung von Innenkorrosion mit einem Kunstharz-An­strich versehen wur­den, was heute zur Ablehnung durch den TÜV führt. Nach [01] stammt dieser An­strich nicht von MEDI und muss wohl wie­der in Eigeninitiative von einem der Haupt­anwender Volksma­rine, Feuerwehr,… eingebracht worden sein. Zur Vermeidung von Außenkorrosion hat man zeitweise bei MEDI mit Beschich­tungen aus glasfaser­verstärktem Polyes­ter experimentiert, solche Flaschen aber dann doch nicht aus­geliefert. Hydromat-Geräte kamen in drei Ausführungsfor­men zum Anwender, als: - 1-Flaschengerät mit einer Trageschale aus glasfaserverstärktem Polyester, - 2-Flaschengerät mit zwei Doppelschellen und einer Brücke mit Abgang (häufigste Form) oder - 3-Flaschengerät mit 2 Dreifachschellen, einer Rohrbrücke und einer mit Abgang. Dazu gab es auch Umbausätze für die Mehrflaschengeräte. Basisteil ist immer die Flasche mit dem Ventil mit Reserveschaltung (Zugstange) und einem Anschluss für das Hochdruckmanometer und des Reglers bzw. der Brücke. Die dritte Fla­sche des 3-Flaschengerätes ist mit einem Ventil mit zwei Abgängen ausgestattet. Die 7-l-Leichtstahlflaschen sind mit grauem, ein­gebranntem Hammerschlaglack versehen und haben einen konvexen Boden ohne Standfuß. Die auch von MEDI hergestellten Ventile (Bilder 61...63) mit zentrischer Spindel haben ein klein-konisches Gewinde, das zunächst mit Bleihüt­chen, später mit Teflonband gedichtet wurde. Zum Gerät, das in einer stabilen Holzkiste gelie­fert wurde, gehören weiterhin der 2-Schlauch-Regler, das Manometer mit Hochdruckschlauch und eine Bebänderung aus polyesterverstärkter Baumwolle. Bei den Mehrflaschengeräten sind die Gurte (Schulter-, Bauch- und Schrittgurt) an den Fla­schenschellen befestigt. Hier kann man auch Auftriebskörper aus PUR-Schaum-Platten zwischen den Flaschen anbringen, da ja noch überwiegend ohne Auftriebshil­fen getaucht wurde. Die Kombinierbarkeit und Austauschbarkeit der einzelnen Komponenten, später dann noch er­gänzt durch einen 1-Schlauch-Regler, macht für mich, neben dem leistungsfähigen und sehr ro­busten Zweischlauch-Regler, den technischen Wert des Hydromat-Systems aus. Dies lässt sogar heute noch die problemlose Nut­zung von Teilen daraus zu. Trotz eingeschränkter Möglichkeiten ist MEDI damit ein guter Wurf ge­lungen. V1 1965: Erste Ausführung des Hydromat-Zweischlauch 62004 G01 V2 1966: Zweite Ausführung Hydromat-Zweischlauch, Logo MEDI und ab 1970 MLW V3 1973: Dritte Ausführung Hydromat mit MD-Anschluss, neuer HD-Dichtung u. Gummi-Handrad Vom 2-Schlauch-Regler 62004 G01 des Hydro­mat-Gerätes wurden drei Entwicklungsstufen ge­fertigt. Die erste 1965 (v1) hatte hochglanzver­chromtes Gehäuseschalen mit dem eingeprägten Logo MEDI. Aufgrund von Reklamationen nach Dauernutzung, auch in Salzwasser, musste man diese Stufe 1966 umkonstruieren. Der Kolben der 2. Stufe verklemmte sich schon bei geringer Korrosion in seiner Führung. Diese neue Bauform war auch etwas matter verchromt und behielt bis 1970 das Logo MEDI. In diesem Jahr wurde dann das Logo im Deckel auf MLW umgestellt und der Chromüberzug war noch etwas grobkörniger. Eine Dichtung aus Makrolon ersetzte die schneller verschleißende aus Hartgummi [15]. Für die nächsten Verbesserungen ab 1973 wurde dann, obwohl seit zwei Jahren schon der Hydro­mat 66 produziert wurde, noch mal eine nomi­nelle Entwicklung durchgeführt (09/1969 – 12/1972 ÜK11, 1970 mit 2,9 VbE [10]). Durch diese erhielt der 2-Schlauch-Regler V3 endlich einen Mitteldruckabgang, leider nicht mit dem heute üblichen Anschlussgewinde. Dies war vor allem dem Einsatz des Trockentauchanzuges Unisuit von Poseidon bei einigen militärischen Tauchern Anfang der 70-er Jahre geschuldet, der einen Anschluss mit Mitteldruck für den Druck­ausgleich und die Tarierung erforderte. Dieser importierte Anzug löste teilweise den Anzug Pin­guin aus DDR-Produktion ab, der keinen Druck­ausgleich ermöglichte und deshalb nur für ge­ringe Tiefen geeignet war (Barotraumen der Haut). Auch das HD-Ventil wurde nochmals verän­dert. Der Kolben mit der eingepressten Dichtung wurde ersetzt durch ei­nen kegligen Ganzme­tall-Kolben, der in einen eingelegten Teflon-Ring drückte. Auch alte Reg-lerkörper mit Ventilkrater konnten damit problemlos nachgerüstet werden. Nur der Kolben war auszutauschen und der Teflon-Ring einzusetzen. Als kleine Fehlerkorrektur wurde noch der Zapfen der Membranplatte in der 1. Stufe verlängert, da dieser bei impulsartigen Belastungen wie z.B. dem schlagartigen Öffnen des Flaschenventils manchmal aus seinem Loch sprang. Auch das konnte bei älteren Exemplaren nachgerüstet werden. Man ersetzte auch den dünnen verbiegbaren Membranring der 1. Stufe durch einen steiferen, der die HD-Membran sicher vor dem Herausrut­schen bewahrte. Außerdem wurde bei der neuen Reglerversion V3 noch das Handrad mit einer Gummiauflage ver­sehen. Das Gehäuse blieb mattverchromt (noch etwas grobkörniger) und mit dem Logo MLW versehen. Leider hatte aber der wohl wenig vorgebildete Konstrukteur, wahrscheinlich, um einen günsti­geren Platz für den Mitteldruckabgang zu finden, einen relativ schwerwiegenden Fehler begangen und das Ventil der zweiten Stufe vom Einatem­stutzen um etwa 120° weg gedreht, was den leichten Venturi-Effekt entfallen ließ und damit zu einem merkbar höheren Einatemwiderstand führte. Nach einiger Zeit versuchte man, dies durch ein verändertes Mundstück zu kompensieren. Die Durchmesser der Einwegventile und der Mund-stück-Kammer wurden vergrößert, um den Eina­temwiderstand wieder zu verringern. Diese etwa nur noch ein Jahr produzierte Ausfüh­rung V3 des Hydromat-Reglers wurde angeblich nur an das MdI (Feuerwehr, Polizei,…) ausgelie­fert und ist heute nur noch schwer zu finden. Der Regler wurde meist mit dem alten Mund­stück und ohne MD-Abgang gefertigt. Der sehr robuste Regler kann prinzipiell auch heute noch eingesetzt werden, z.B. von Fotogra­fen, die vorn keine Luftblasen mögen. In moder­ner Umgebung benötigt er aber 1-2 MD-Abgänge und ev. einen HD-Abgang für das Finimeter. Das lässt sich relativ einfach nachrüsten, wie in [42] und [48] beschrieben. Die Hauptverschleißteile Hauptmembran und En­tenschnabelventil kann man in Silikonausführung kaufen u.a. bei [46]. Der Regler wird damit aber nicht CE-konform, da die entsprechende EU-Norm keine Zweischlauchregler umfasst. Man taucht also auf eigene Verantwortung damit. Mundstück für die letzte Hydromat-Version Demontiertes neues Mundstück Vergleichbare Mundstücke von Dräger oder USD sind wesentlich leichter und kleiner. Hervorzuheben ist für den Hydromat auch noch, dass wie schon beim MEDI 713 Ein- und Ausatem-stutzen am Reglertopf gegenüber den meisten Reglern aus dem NSW vertauscht sind. Der Eina­temstutzen befindet sich bei standardmäßiger Montage (Logo im Deckel senkrecht) an Back­bord. Mundstücke anderer Hersteller lassen sich also nicht ohne weiteres am Hydromat nutzen. Mein Bestreben ist es, meine Zweischlauchregler, problemlos mit allem Zubehör, Mundstücke, VGM,... zu kombinieren. Dazu lässt sich das MEDI-Mundstück einfach modifizieren wie im Bild gezeigt. Dabei kann man die kleineren MEDI­Flatterventile gegen größere z.B. von USD aus­tauschen, um den Fluss zu vergrößern. Außerdem wird bei dieser Konstruktion der Totraum des Mundstücks deutlich verkleinert. Um das Mundstück leicht gegen eine Vollge­sichtsmaske austauschen zu können, sind die Schlauchstutzen mit Schraubringen versehen, die auch helfen, die Schläuche nach Gebrauch wie­der auszutrocknen. Aber ausgerechnet am Ausa­temstutzen, wo das aus empfindlichem Gummi gefertigte Ausatemventil sitzt, fehlt der Schraub­ring, und der Schlauch ist nicht einfach entfern­bar. Überhaupt erscheint der Ausatembereich wenig durchdacht und hat sich auch zu einer Hauptschwachstelle des ansonsten sehr robus­ten Reglers entwickelt. Die Faltenschläuche sind neben der Abbindung mit Takelgarn ursprünglich noch mit Gummikle­ber auf den Stutzen befestigt, was bei einer er­neuten Montage nach einer Wartung aber nicht unbedingt wiederholt werden muss, da sie durch die Sicke ausreichend fest sitzen. Die Fixierung mit Takelgarn ist zwar ungewöhnlich, erscheint aber akzeptabel, da sie wegen der Verschraub­barkeit der Schlauchstutzen eigentlich nur zum Austausch der Schläuche gelöst werden musste. Ungünstige Ausnahme ist hier auch wieder der Schlauchanschluss am Ausatemventil. Um das Ventil zu reinigen oder zu trocknen, ist die Abbin­dung zu lösen und dann neu zu erstellen. In [42] werden für die heutige Nutzung deshalb Änderungsmöglichkeiten genannt. Eine erstaunlich fortschrittliche Eigenschaft des Hydromat-Systems war die Modularität. 1-, 2- und 3-Flaschen-Geräte konnten problemlos zu­sammengebaut werden. Der Einsatz des Zwei­schlauch- oder des Einschlauchreglers war bei al­len möglich. Die Ventile und Brücken dazu waren verfügbar. Flaschenventile des Hydromat-Systems, Fotos von www.medi-leipzig.de Bild 64/65: Reserveventil mit Anschluss für Hochdruckmanometer (1. Ausführung) Viel Wert wurde schon von der Entwicklung her auf eine wirksame und gut bedienbare Re­ serveschaltung gelegt, obwohl alle Gerätevarianten mit einem robusten Manometer ausgestattet waren. Dies resultierte wohl aus dem Einsatz für Arbeits- und Bergungsaufgaben, wo entsprechende Arbeitsschutzanforderungen standen. Beim Einsatz zum Sporttauchen wurde oft nicht mit Reserveschaltungen gearbeitet. Die Reserveschal­tung wurde von MEDI um 1967 herum nochmal konstruktiv verändert, um sie noch zuverlässiger zu machen. Bild 66/67: Reserve- ventil (2. Ausführung) 3.4. 1-Schlauchregler Hydromat 66 62017 Parallel zum 2-Schlauch-Regler wurde 1970 ein 1-Schlauch-Regler bei MEDI in die Produktion eingeführt, der Hydromat 66 (62017, Konstrukteur Hendrik Korn) [26]. Seine erste Stufe ist quasi identisch mit der des 2-Schlauch-Reglers. Die zweite Stufe ist leicht, für den heutigen Geschmack etwas groß, einfach aufgebaut und zu warten. Das Kipphebel-Ventil ist mit dem Druck dichtend und bedarf deshalb eines Überdruckventils am Mitteldruck-Kanal, das beim eigenständigen H66 an der 1. Stufe angebracht ist. Sticker H66 1. Stufe des Hydromat 66, (coloriert von www.medi-leipzig.de ), Foto: U. Barthel Wenn man nur die 2. Stufe als Zweitregler am 2-Schlauch-Hydromaten einsetzt, wofür sie sich natürlich anbietet, ist kein Überdruckventil erfor­derlich, da die zweite Stufe des Kompaktreglers ja gegen den Druck dichtend arbeitet. Eine kleine Besonderheit des originalen Reglers ist der einfache Mitteldruckschlauch aus durchsichti­gem gewebeverstärkten Kunststoff, der wohl auch wieder der Nichtverfügbarkeit von Atemgas zugelassenen Hochdruckschläuchen in der DDR geschuldet war (siehe auch den grobschlächtigen Hochdruck-Hydraulikschlauch am Manometer). [67] vertritt die Meinung, dass zwischen H66 und dem später (um 1979) erschienenen Dräger Secor 200 vor allem intern sehr große Ähnlichkeiten bestehen und hier mal der seltene Fall vorliegt, dass von Ost nach West kopiert wurde. Der Hydromat 66 konnte den älte­ren 2-Schlauch-Regler am Gerät problemlos ersetzen und wurde so zu einem weiteren Bestandteil des modularen Systems. Modulares Hydromat-System mit Einschlauch­regler Hydromat66 oder 62004 1-Schlauchregler Hydromat 66 (Werksfoto) Zweite Stufe Hydromat66 (coloriert von www.medi-leipzig.de) 3.6. Vollgesichtsmasken 13023...26 Passend zum Anschlussgewinde des Mundstücks des 2-Schlauch-Hydromat wurden ab 1965 (Muster schon 1964) bzw. 1969 zwei Vollgesichtsmasken, AT01 und AT03, aus schwarzem Gummi produziert, letztere mit Klappfenster. Dazu gab es ab 1965 noch die AT02, die mit Rundgewinden 40 x 1/7" für die Nutzung mit den 2x4-l-Atemgeräten 1600 bzw. 85105 versehen war, das auch zum Tauchen zugelassen war (z.B. Einsatz bei der Wasserwacht und Feuerwehr). Die Masken sind mit planem Verbundglas versehen und tragen sich mit der 5-teiligen Gummi-Kopf-band-Spinne sehr angenehm. Zwischen der Scheibe und den Mündungen der Schlauchstutzen ist eine Gummimanschette, die Nase und Mund abdeckt und das Beschlagen der Scheibe verhindern soll. Vollgesichtsmaske AT01 Vollgesichtsmaske AT02 für Zweischlauch-Hydromat für Atem-/Tauchgerät 85105 Kurioserweise wurde die Maske AT01 kurzzeitig so produziert, dass die Schlauchmündungen zwischen Frontscheibe und Gummimanschette lagen. Beim Ein­atmen presste sich so die Manschette über Mund und Nase, so dass der arme Taucher immer kurz vor dem Ersticken war. Darauf sollte man schon achten, wenn man jetzt so eine Maske erwirbt, um mit ihr zu tauchen. Fehlentwicklung mit Atemstutzen vor der Manschette Die ersten Masken AT01 sind noch nicht mit Richtungsventilen ausgestattet, so dass Gefahr der Pen­ delatmung besteht. Bei heutiger Verwendung sollte man solche Ventile unbedingt nachrüsten [42]. Die AT03 hatte wohl überwiegend Richtungsventile im Schlauchstutzen und vor allem einen geschlossenen Luftverbindungskanal mit Mundstück, was wegen des geringeren bewegten Volumens ein besseres Atmen ermöglichte. Auch von der AT03 gab es mindestens ein Update. Die Lippendichtung für das Klappfenster war zunächst aus deutlich weicherem hellem Latex-Gummi und später aus dem gleichen schwarzen Gummi wie der gesamte Maskenkörper. Vollgesichtsmaske AT03 mit Klappfenster Vollgesichtsmaske AT03 mit zwei Richtungsventilen mit integrierter Dichtlippe, ... und Luftkanal mit Mundstück 3.5. Sauerstoff-Kreislauf-Tauchgerät RG-UF/M 62015 Bei MEDI hatte man 1959 mit Kreislauftauchgeräten aufgehört (MEDI Nixe). Aber Ende der 60er Jahre entstand der unwiderstehliche Wunsch (LVO), wieder ein Kreis­laufgerät zu entwickeln und zwar als Rettungsgerät für Unterwasserfahrten von Pan­zern. Die DDR importierte all ihre Panzer T54...T72 aus dem Bruderstaat Sowjetunion. Da es zur strategischen Aufgabe dieser Panzer zählte, auch Flüsse zu durchqueren, ge­hörte zur Ausstattung ein Rettungsgerät für Unterwasserfahrten, für den Fall, dass der Panzer dabei geflutet wurde [47]. Die sowjetischen Hersteller lieferten dazu ein Atemgerät, das bei Wassereintritt auf chemischen Wege Sauerstoff erzeugte. Leider lief dieser Prozess erst nach einer ge­wissen Zeit und ab 24°C mit ausreichender Kapazität. Da Reklamationen unter Brüdern nicht "üblich" waren, ging man in der DDR, also bei MEDI, daran, selbst ein wirksames Rettungsgerät zu entwickeln. Auf Beschluss der Staatlichen Plankommission wurden 1974 die Arbeiten zur Tauchtechnik, die nicht LVO-Aufgaben waren (wie RG-UF/M) relativ abrupt und unerwartet bei MEDI eingestellt. Der notwendigste militärische und professionelle Bedarf war eini­germaßen gestillt, und die begrenzten Kapazitäten von MEDI wur­den für exportträchtige Medizin- und Atemtechnik gebraucht. Offizielle Begründung war die Spezialisierung im RGW, Tauchtech­nik sollte in anderen Ländern hergestellt werden. Offensichtlich hatte man aber auch noch viele Neugeräte und Er­satzteile am Lager, um die nächsten Jahre noch liefern zu können, oder die Hauptbedarfsträger hatten vorgesorgt. Deshalb besteht bei vielen Nutzern heute der Eindruck, die Hydromat-Geräte seien bis in die 80er Jahre von MEDI produziert worden. Produktion scheint es bis etwa 1988 wirklich noch gegeben zu ha­ben, sogar noch mit kleinen Verbesserungen, nur eben nicht bei MLW. Zumindest ließ sich im Sächs. Staatsarchiv keine Spur davon finden und meine Zeitzeugen [01/02] verneinten das ausdrücklich. Tauchgerätepass der GST für ein "neues" PTG mit Baujahresangabe 1981 Das RG-UF (RettungsGerät-UnterwasserFahrt, später /M modifiziert) wurde ab 1970 produziert, und man stellte bis 1989 600 bis 900 Geräte pro Jahr her. Diese erstaunliche Stückzahl ist eigentlich nur erklärbar, wenn auch in das SW exportiert wurde, wo­rüber mir aber nichts bekannt geworden ist. In der MLW-Preisliste 1971 ist das Gerät auch als Tauchergerät 62015 deklariert und wird beschrieben als: "Kreislaufgerät mit Drucksauerstoff und Regeneration der Ausatemluft durch Kalkabsorberpatrone, 0,8-l-O2-Flasche 200 bar, 2 h in 10 m Wassertiefe, Masse 7 kg". Als Preis wird IAP 600,00 M + 15% GHS genannt, das Gerät stand für den privaten Kauf nach meinem Wissen aber nie zur Verfügung. Nach der Wende 1990 fanden die großen Restbestände aber guten Absatz bei den Liebhabern des blasenfreien Tauchens im Flachbereich. Zum Einsatz als Sporttauchgerät wird von findigen Sporttauchern der Kalkbehälter wiederbefüllbar ge­macht, die Gegenlunge vergrößert und ... [46]. Die Restbestände werden bis heute weltweit als relativ preiswertes Einstiegsmodell in das Rebreather-Tau­chen von Privatleuten verkauft. Wegen der Konzipierung als Rettungsgerät im Panzer gab es für die Entwickler gegenüber der MEDI Nixe doch einige andere Anforderungen. Das RG musste kompakt und gut tragbar sein, die Kalk­füllung sollte lange haltbar und schnell austauschbar sein, was für geschlossene Patronen sprach. Die chemische Zusammensetzung war eine andere als in Atemschutzgeräten [62]. Daran wäre die Überlei­tung in die Produktion fast gescheitert. Der Atemkalk für das Tauchgerät (75% Kalzi­umhydroxid, 2,5% NaOH, 15% H2O, 1% KOH) kam aus dem VEB Chemie­werk Greiz-Dölau und wurde im VEB Spree-werk Lübben in Patro­nen konfektioniert. Dort benutzte man aber wie für den Atem­kalk der Atemschutzge­räte (Natriumhydroxid) Patronen aus dünnem lackierten Stahlblech. Diese Hülle war für die Lagerung von Kalziumhydroxid je­doch völlig ungeeignet, da die nicht absorbierte Feuchtig­keit die Patronen durchrosten ließ. Die von der NVA im Pflichtenheft der Entwicklung geforderte Standzeit von mindestens 2 Jahren (zunächst sogar 3 Jahre) wurde bei weitem nicht eingehalten. Nach vielen Versuchen mit Beschichtungen (die verchromten Messing-Behälter der Nixe wären zu teuer und zu schwer gewesen) gab man auf und importierte Polycarbonat für die Patronen. Das RG besteht aus einem auf der Brust zu tra­genden Kunststoff-Behälter 370 x 350 x 140 mm³, der die nicht nachfüllbare 1-kg-Atemkalk­patrone, eine 0,8-l-Sauerstoff-Flasche 200 bar und den Sauerstoff-Druckminderer und Dosierer enthält. Daran befestigt sind die relativ kleine um den Hals liegende Gegenlunge und die Faltenschläuche zum Ein- und Ausatmen mit dem Mundstück. Das Ganze wiegt im Einsatzzustand nur 7 kg. Zur Ausrüstung gehörte noch eine einfache Tauchermaske. 1979 wurde das Gerät leicht überarbeitet, als RG-UF/M (modifiziert) erhielt es u.a. ein neues Mundstück und eine Gegenlunge aus schwarzem Gummi. Dann lief die Produktion wohl bis 1989. Für die Befüllung der O2-Flaschen verwendete man bei der NVA, wie schon für die der Atemschutzgeräte, Speicherfla­schen und extra entwickelte hand- oder motor-betriebene O2-Pumpen. O2-Umfüll-pumpe 521A/63010 von MEDI, wie man sie heute noch bei e.ay kaufen kann. Motorgetriebene Sauerstoff-Umfüllpumpe Panzerbesatzung vor der Unterwasserfahrt, Foto von www.kotsch88.de -------------------------------------------------------------------------------------------- Anhang 1: Abkürzungen ASL Andere Sozialistische Länder (neben der Sowjetunion), Atü alte Maßeinheit für Druck, Atmosphären Überdruck, entspr. bar über 1 bar Normaldruck, CEMA Kunstwort aus den Namen von Peter Scharf und Claus Zimmermann, den Erfindern der Reglerreihe CSSR Tschechoslowakische Sozialistische Republik, heute Tschechien und Slowakei, DAMW Deutsches Amt für Messwesen und Warenprüfung (Zertifizierungsstelle der DDR), später ASMW, GHS Großhandelsspanne, abhängig von der Produkt-Kategorie, hier 15%, GST Gesellschaft für Sport und Technik, vormilitärische Jugendorganisation für Amateurfunk, Segelfliegen, See- und Tauchsport, usw., GVS Geheime Verschlusssache, IAP Industrieabgabepreis, IWK Industriewerke Karlsruhe, Druckflaschen-Lieferant, KSK Kampfschwimmer-Kompanie, KVP Kasernierte Volkspolizei (Vorgänger der NVA 1956), 1952 gegründet, LHM Leipziger Herbstmesse, in Leipzig fanden alljährlich die Frühjahrsmesse LFM (Industrie) und die LHM (Konsumgüter) statt, LVO Landes-Verteidigungs-Objekt, Sonderstatus für militärisch wichtige Produkte, M Mark (der DDR), Währungsbezeichnung in der DDR 1968-89 MA Mitarbeiter, MdI Ministerium des Innern, MDN Mark der Deutschen Notenbank, Währungsbezeichnung in der DDR 1964-67, MfS Ministerium für Staatssicherheit, NfD Nur für den Dienstgebrauch (Stufe der Geheimhaltung), NSW Nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet, NVA Nationale Volksarmee (der DDR), 1956 aus der KVP gegründet, PTG Pressluft-Tauchgerät, RGW (Länder aus dem Verbund) Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, SBZ Sowjetische Besatzungszone, SMAD Sowjetische Militäradministration, SW Sozialistisches Wirtschaftsgebiet, TG Tauchgerät, UdSSR Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken (Sowjetunion), ÜKx Stufe entsprechend einer (meist betriebsspezifischen) Pflichtenheft-Nomenklatur zur Erreichung von Entwicklungsleistungen oder Überführung in die Produktion ÜK11 fertigungsreife Konstruktionsunterlagen und Nachweis der Freigabe für Produktion, VbE voll beschäftigte Einheiten, Arbeitskräfte VDS Vertrauliche Dienst-Sache VEB Volkseigener Betrieb, VP Volkspolizei der DDR, VP-See Vorläufer der Volksmarine, 1952 aus der Hauptverwaltung Seepolizei (seit 1950), VRP Volksrepublik Polen, VVB Vereinigung volkseigener Betriebe, VVS Vertrauliche Verschluss-Sache (Geheimhaltungsstufe), WTZ Wissenschaftlich-technisches Zentrum, bei MEDI gab es wie in vielen Großbetrieben der DDR ein WTZ, das die Verbindungen zwischen Forschung (Uni, Akademie usw.), Entwicklung und Produktion herstellen und optimieren sollte. Anhang 2: Relevante Artikelnummern 463 Schlauch-Tauchgerät, Dräger-Nachbau, kugelförmiger Helm, 466/67 Taucherautomat für Schlauchtauchgerät (STG, Helmtauchgerät), 511 Sauerstoff-Handumfüllpumpe SUH, 521 A Sauerstoff-Handumfüllpumpe (neu 63010), 522 A Pressluft-Handumfüllpumpe (neu 63012), 711 Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe, 713 Behälter-Tauchgerät 2x3 l, 1-stufiger Regler, 713A zweite Version des MEDI 713, 716 2-Schlauch-Regler Hydromat (neu 62004), 721 Schlauchtauchgerät = Helmtauchgerät (neu 61001), eiförmiger Helm, 731 Schalttafel für Taucherluftversorgungsanlage (neu 63014), 2 Taucher mit Umschaltventil, 732 Schalttafel für Taucherluftversorgungsanlage, 3 Taucher mit 2 Umschaltventilen, 733 Schalttafel für Taucherluftversorgungsanlage, jeder Automat mit 2 Anschlüssen/Absperrventil, 734 Taucherhebelpumpe (neu 63017), max. 25 m, Parallelschaltung möglich, 762 Maske für Tauchgeräte, 1960 an VEB Degufa übergeleitet, 852 Sauerstoff-Selbstretter, Prototypen 1958, nicht hergestellt ------------------- Umstellung etwa 1965 auf 5-stellige Nummern-------------------------------- 13023 Taucher-Gesichtsmaske AT01 für 62027...29, 13024 Taucher-Gesichtsmaske AT02 2x Rundgewinde 40x1/7", für 16004, 13025 Atemschutzmaske AA01 Rundgewinde-Anschluss 40x1/7", für 85105, 13026 Taucher-Gesichtsmaske AT03 Klappfenster, für 62027...29, 16004 Behältergerät, Druckluft-Atemgerät (später 85105), 16005/06/15/16 Behältergerät 1 Flasche, ca. 1982 bis 1992, 16205/06/15/16 Behältergerät 2 Flaschen, Prädikat "Gutes Design" LHM 1983, 61001 Schlauchtauchgerät (Helmtauchgerät, alt 721), 62004 G01 2-Schlauch-Regler Hydromat (alt 716), 62004 Druckluft-Tauchgerät "Hydromat 1" 1. Ausführung, 62005 Druckluft-Tauchgerät "Hydromat 2" 1. Ausführung, 62006 Druckluft-Tauchgerät "Hydromat 3" 1. Ausführung, 62010 Aufbauteile Hydromat 1 auf Hydromat 2, 62011 Umbauteile Hydromat 2 auf Hydromat 1, 62012 Aufbauteile Hydromat 2 auf Hydromat 3, 62015 RG-UF Produktion 1970-1979, 62115 RG-UF/M Produktion 1979-1989, 62145 Kalkabsorber für RG, 62017 1-Schlauch-Regler Hydromat 66, 62024 1-Flaschengerät mit Hydromat 66 1-Schlauch, 62025 2-Flaschengerät mit Hydromat 66 1-Schlauch, 62026 3-Flaschengerät mit Hydromat 66 1-Schlauch, 62027 1-Flaschengerät mit Hydromat 62004 G01 2-Schlauch, 62028 2-Flaschengerät mit Hydromat 62004 G01 2-Schlauch, 62029 3-Flaschengerät mit Hydromat 62004 G01 2-Schlauch, 63010 Sauerstoff-Handumfüllpumpe SUH (alt 521 A), 63011 Druckluft-Hand-Umfüllpumpe PUH, 63012 Pressluft-Handumfüllpumpe PUH (alt 522 A), 63014 Schalttafel für Taucherluftversorgungsanlage (alt 731), 63017 Taucherhebelpumpe (alt 734), 63018 Sauerstoffumfüllpumpe, 85105 Druckluft-Atemgerät 2x4 l, 2-stufig getrennt, Mundregler mit Rollgewinde, auch zum Tauchen zugelassen: max. Tauchtiefe 15 m, Anhang 3: Übersicht MEDI-Tauchtechnik 1954 bis 1989 MEDI-Nixe 711 1954 - 1959 Entwicklung ab 1953, ÜK5 IV/1954 [43] Chefkonstrukteur: Kurt Nossing MEDI 713 1957 - 1960 ÜK5 IV/1956, Konstrukteur: Kurt Nossing [43] 1956 schon 75 Geräte geplant, etwa 900 St. insgesamt hergestellt, IAP 625,00 MDN + 15% GHS MEDI 713A 1960 - 1965 Schaum-PVC-Schwimmkörper, 2-Wege-Mundstück, 200-bar-Flaschen [01] Helmtauchgerät 721 1954 - 1969 STG 721, insgesamt etwa 150 Stück [01], IAP: 751 MDN VGM 1302x Vollgesichtsmasken, IAP: 200,00 MDN, 2.000 St./a geplant 13023 1965 - 1974 AT01 für 62027...29, Hydromat 2-Schlauch,IAP: 97 MDN 13024 1965 - 1974 AT02 für 16004, dann 85105, Druckluft-Atemgerät 2x4 13026 1969 - 1974 AT03 Klappfenster, ÜK 11 02/1969, Bearb.: Barthel RG-UF 62015 1970 - 1979 600 bis 900 Stück/Jahr, IAP: 650 dann 600 M, RG-UF/M 62115 1979 - 1989 leichte Änderungen, neues Mundstück, schwarze Gummi-Gegenlunge, Hydromat 62004 G01 2-Schlauch-Regler für 1-, 2- und 3-Flaschen-Gerät, etwa 600 St./Jahr geplant, IAP: 525,00 bis 700,00 MDN Konstrukteure: Karl-Heinz Lange, Hendrik Korn Mitarbeiter: Walter Görner, Hans Pelz Typ1 1965 - 1966 MEDI Hochglanz, Entw. 1961-64 ÜK11, LFM1964 vorgestellt, 1/65 Prod.aufnahme, Auslieferung erst 1/66 (Flaschen fehlten) Typ2 1966 - 1970 MEDI matt, 2. Stufe verändert gegenüber Typ1 1970 - 1973 MLW matt, IAP: 1.255 MDN, Typ3 1973 - 1974 MLW matt, MD-Anschluss, gummiertes Handrad, Entw. 9/69-12/72 ÜK11, Lieferung nur an MdI, Ende der Produktion bei MLW,- 1988 Zeichnungen von MLW bekannt, Produktion außerhalb MLW für Sicherheitsorgane u.ä., Produktionsstätte unbekannt Hydromat 66 62017 1970 - 1974 1-Schlauch-Regler, Konstrukteur: Hendrik Korn 1970 100 Komplettgeräte 62024...29 geplant, MEDI Beschäftigte davon Entwickler 1965 1050 90 1974 1200 120 1990 300 ? 1992 35 ? (Dräger) Notwendige Bemerkungen Die Daten und Stückzahlen lassen sich kaum verifizieren, da Plan- und Ist-Zahlen stark voneinander abweichen. Die prognostische Planung und Bedarfsermittlung waren immer sehr optimistisch, um in der Kontingentierung für Ma­terial und Arbeitskräfte ausreichend berücksichtigt zu werden. Geräte standen teilweise erheblich später dem Anwender zur Verfügung als in den Pflichtenheften angegeben, da Produktionskapazitäten, Werkstoffe und Zulieferungen fehlten. Andererseits wurden Vor- und Fertigungsmuster u.U. von Anwendern schon als Produktion gewertet. Durch häufige Umstrukturierungen und die Losproduktion in großen Abständen wurden Seriennummern nicht synchron vergeben, so dass daraus kaum Rückschlüsse auf Stückzahlen und zeitliche Einordnung gezogen werden können. Die Geräte wurden in ihrer Laufzeit nicht kontinuierlich sondern losweise produziert, so dass sie in einigen Jahren überhaupt nicht im Plan standen. Copyright-Hinweis: Die Daten wurden durch uns durch aufwändiges Quellenstudium erarbeitet. Wenn sie diese in eigene Veröffentlichungen ver­wenden möchten, fügen Sie bitte folgenden Hinweise dazu: Copyright by www.altes.tauchen.seveke.de Anhang 4: Quellennachweise [01] Interviews 2013 & 2014 mit H. Pelz, 1949-1985 bei MEDI, viele Jahre Leiter der Versuchswerkstatt [02] Interview 2013 mit D. Baumann,1974-1989 Entwicklungsleiter bei MEDI [3a] Protokolle zur Planerfüllung 1962-63 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-488 [04] Umstellungen 1961-62 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-804 [05] Jahresbericht 1963 der F/E-Stelle Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-1118 [06] Grundkonzeption Atemschutz 1965 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-1124 [07] Volkswirtschaftsplan 1965 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-1219 [3b] Prospekte VEB MEDI 1957-66 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-1308 [3c] Konsumgüterproduktion 1958-1961 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-1401 [08] Probleme 1959-1961 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-1417 [3d] Abschlussberichte F/E 1963-68 Sächs. Staatsarchiv Lpz. 20893-1626-1651 [09] F/E-Perspektive für Atemgeräte 1967 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20893-1722 [10] Berichte zu F/E-Themen 1969 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-139 [3e] Berichte zu F/E-Themen 1970, Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-140 [11] Jahresberichte 1954, 55, 60 der F/E-Stelle Sächs. Staatsarchiv Lpz. 20894-157 Chefkonstrukteur Kurt Nossing 1954 [3f] F/E-Plan 1969 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-221 [12] Studie Druckluft-Tauchgeräte 1961 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-233 Karl-Heinz Lange, 30.6.1961 [3g] Lungenautomat 1959-61 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-281 [13] Abschlussberichte 1962-66 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-288 Abschlussbericht Entwicklung des DTG 62004/6, Karl-Heinz Lange [14] Überprüfungen/Reklamationen 1965-69 Sächs. Staatsarchiv Lpz. 20894-290 [15] Jahresplanung VEB MEDI 1970 -Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-323 [3h] Entwicklung VEB MEDI 1959 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-359 [3i] Weltstandsvergleiche 1981, 82 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-861 [16] Produktionspläne 1971, 1982 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-897 [3j] Konzeption F/E 1974 Sächs. Staatsarchiv Leipzig 20894-900 Die Quellen 3a...3j ergaben nur kleine Details zum Thema, sollen aber trotzdem erwähnt werden, um bei Nachfolgearbeiten ev. vernachlässigt werden zu können. [20] Hinweise zum Gebrauch des Schlauchtauchgerätes 721, Volkspolizei See, Blatt 6-19 mit Arbeitsschutzbestimmung STG 721 vom 2.12.1952, Blatt 20-32 [21] Das Schlauchtauchgerät STG 53, Dienstvorschrift 45/9 Volkspolizei See [22] Bedienanleitung MEDI-Nixe 711, DI Friedrich Högner (1956 für Einsatz in GST) t1p.de/0oe0 [23] Tauchzubehör-Made in GDR, DI Friedrich Högner & Uwe Högner, TGS Sonder V, 2022, S. 19... t1p.de/zkbh [24] Prospekt MEDI-Nixe 711, VEB Medizintechnik Leipzig, 1954, t1p.de/d1fga [25] Hydromat - Ein neues Tauchgerät des VEB Medizintechnik Leipzig, Ing. Karl-Heinz Lange, Dipl.-Phys. Walter Görner, Hans Pelz, POSEIDON 1964, H. 2 S. 32-35, t1p.de/yhpa [26] Hydromat 66, Hendrik Korn, VEB Medizintechnik Leipzig, POSEIDON 4/1970, S. 166-167 t1p.de/vmf48 [28] Benutzungsanweisung Druckluft-Tauchgerät "Hydromat" 62024-62029 VEB Medizintechnik Leipzig 1970, t1p.de/xe68 [29] Erfahrungen beim Umgang mit dem Tauchergerät „Hydromat", Jörg Zimmermann, POSEIDON 11+12/1971, t1p.de/f3r5 [30] Anleitung A 051/1/304 Rettungsgerät RG-UF/M für die Unterwasserfahrt mit Panzern, Verlag NVA d. DDR, Chef d. Verwaltung Panzerbewaffnung, 1972, 01. 04. 1981, t1p.de/09gk [31] Eigenbau eines Reglers im KSK 18 der DDR-Marine, L. Seveke, TH09/53, t1p.de/ghcep [40] Am Anfang stand der Forschungsauftrag, Gunter Viehhäuser, www.tc-greiz.de [41] DDR-Atemschutz, Hubert Pinick, www.atemschutzddr.de 40 Tauchtechnik von MEDI Leipzig Quellen TauchHistorie S01 06/2022 [42] Altes Tauchen, Dr. Lothar Seveke, www.altes.tauchen.seveke.de [43] Portal der Volksmarine der DDR, versch. Autoren, www.vierte-flottille.de [44] Helmtauchausrüstungen, Jean Gilbert, www.pieds-lourds.com [46] MEDI Leipzig, Martin Klokosch, www.medi-leipzig.de [47] Unterwasserfahrt von Panzern, Stefan Kotsch, t1p.de/p4ikj [48] Oxydiver, Michael Müller, www.oxydiver.de [49] Divescrap, David Dekker, www.divescrap.com [50] Ostaufsichtsräte / Keine Zeit für Zauderer, Wirtschaftswoche, Managementwissen Nr. 06 vom 1.6.1991, S. 60 [51] Drägerwerk AG / Investitionen in "Millionenhöhe", Neue Produktion in Leipzig, Handelsblatt 10.2.1992 [52] Fertigung in Leipzig, Handelsblatt, 9.6.1992 [60] Die Entwicklungs- und Nutzungsgeschichte der Tauchretter des Drägerwerkes: Michael Seydel, Inauguraldissertation Universität Lübeck 2011 [61] Ist reine Sauerstoffatmung im Kreislaufgerät gesundheitsschädlich? Dr.-Ing. Franz Hollmann, Drägerheft 216, Mai/Juli 1950, Seite 4635 ff. t1p.de/srjmt [62] Alkali oder Kalk zur Entfernung der Kohlensäure in Kreislaufgeräten? Dr. Gerhard Stampe, Drägerheft Nr. 218, Januar/März 1951 Seite 4675 ff. t1p.de/rn3qx [63] Preßluftatmer: Dr.-Ing. Franz Hollmann, Drägerheft 223, Mai/Juli 1950, Seite 4774 ff. t1p.de/2qcwq [64] Tauchen mit Pressluftgeräten: Obering. Hermann Tietze, [65] Drägerheft 226, Okt. 1954/März 1955, Seite 4845 ff. t1p.de/9koq Über Gefahren beim Tauchen mit Sauerstoff-Schwimmtauchgeräten: Dr. med. Claus-D. Moslener, Drägerheft 235, Okt. 1958/März 1959, Seite 5150 ff. t1p.de/e7t80 [66] Auf den Spuren des MEDI713 in der CSSR, Dusan Surani, TauchHistorie H4, Dez.2016, Seite 58 ff, (in diesem Heft) [67] George Kamarinos, t1p.de/2j7ae [68] Werner, Karl-Heinz, SW63-Die Geschichte eines Reglers oder Lungenautomaten nicht gefragt?, POSEIDON, t1p.de/bi8t0 [69] Blum/Richter; Eine Legende-der Saupe-Regler, TauchHistorie 09, S. 79-80, t1p.de/frlm9 [70] Barthel, Ulf, Geschichte der MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen der DDR, TauchHistorie 12 2019, S. 16-27 (in diesem Heft) [71] Justieranweisung für Taucher-Automaten, MEDI 1953, t1p.de/3rutk [72] Prüfanweisung Hydromat66, MEDI 1966, Korn, t1p.de/2eqdm [73] Preßlufttauchgerät 713A, Bedienungsanleitung, MEDI Leipzig, t1p.de/ckqbo ----------------------------------------------------------------------------------------- Ergänzungen zum Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe 711 Von Michael Müller Bild02: Kleintauchgerät Dräger 138, aus Dräger-Bedienanleitung Die Ursachen und Randbedingungen für die Entwicklung und Produktion eines Kreislauf-Tauchgerätes bei MEDI wurden im vorigen Beitrag erläutert. Vorbilder wie das Schwimmtauchgerät Modell 138 oder das Kreislauf-TG Leutnant Lund II von 1950 von Dräger waren vorhanden, und mit den Erfahrungen und Teilen aus der Sauerstoff-Retter-Produktion konnte man mit relativ geringem Risiko bei MEDI an die Arbeit gehen. Zu diesen Zeiten des Kalten Krieges interessierte sich sogar die US-Navy für die Nixe. Sie beauftragte 1955 mit dem VD-Brief 588-025/1955 die NEDU (Navy Experimental Diving Unit), das Gerät zu untersuchen (nach [53]). So gibt es ein kurioses Bild "Navy seal mit MEDI-Nixe". In einem 49-seitigen Bericht mit Analysen und Tests kam die NEDU zu dem Ergebnis, dass die Nixe ein interessantes Gerät für das Sporttauchen aber für den militärischen Einsatz ohne weitgehende Umbauten nicht geeignet sei. Bild05: Zusammenfassung des Abschlussberichtes der NEDU Es wurde also, quasi von „höchster Stelle“, bestätigt, dass die Nixe ein ordentliches Gerät war, das seinen gewünschten Zweck erfüllte. Vergleich des Dräger-Kleintauchgerätes 138 mit der MEDI-Nixe Das Dräger Kleintauchgerät 138 wurde vom Drägerwerk in Zusammenarbeit mit Hass ab 1942 entwickelt und für Amateurtaucher etwa ab 1952 in den Verkauf gebracht. Es hat vom prinzipiellen Aufbau also sicher als Vorlage für die MEDI-Nixe gedient. Nicht zu vergessen ist der enorme Bekanntheitsgrad dieses Gerätetyps durch die Filme von Hans Hass, die auch in der DDR im Kino liefen. Bild07: Links Kleintauchgerät 138, rechts MEDI-Nixe Trotzdem ist die MEDI-Nixe kein Clone des 138, man ging durchaus eigene Wege, die einerseits sicher der Materialsituation in der DDR aber auch den Voraussetzungen aus der vorhandenen Medizintechnik geschuldet waren. Außerdem wurden einige Schwachstellen des 138 beseitigt, aber auch neue geschaffen. Die MEDI-Nixe wurde auf der Leipziger Messe auf jeden Fall stolz vorgestellt. Bild09: Vorstellung auf der Leipziger Messe Die weiteren Firmennamen auf dem Messefoto scheinen sich auf den Tauchanzug „Pinguin“ zu beziehen, auf jeden Fall VEB Pouch. Atemkalkbehälter Der Atemkalkbehälter des 138 besteht aus massivem Metallguss (Bronze oder Messing?) und vereinigt beide Schlauchanschlüsse, die Richtungsventile und das Überdruckventil (Öffnungsdruck 230mm Ws). Das hat den Vorteil, dass dadurch der Auftrieb des Atembeutels etwas mehr kompensiert wird und das weniger Öffnungen im Atembeutel abgedichtet werden müssen. Dazu dient bei der Nixe ein einziger massiver Rahmen, der mit vielen M4-Schrauben in die Gegenlunge eingeschraubt ist. Es gibt im Gegensatz zum 138 auch nur eine Flachdichtung. Diese Einheit wird mit zwei M6-Vierkantschrauben gasdicht mit dem Atembeutel verspannt. Dies ist etwas umständlicher als beim 138, dort wird ein zentraler Spannbügel verwendet. Bild 11 & 12: Anschluss des Atembeutels bei Nixe und Modell 138 Die Tragweste und der Atembeutel de Nixe bestehen aus einseitig gummiertem Bauwollstoff. Die Gummierung ist von so hervorragender Qualität, dass alle dem Autor bekannten erhaltenen Geräte auch heute noch gasdicht und tauchfähig sind. Beim Dräger-Kleintauchgerät 138 verhärtete der Gummi mit den Jahren, brach und zerbröselte. Bild 13: Stempel ELGUWA auf dem Atemsack der Nixe Hersteller war der VEB "ELGUWA" Leipzig, zu dessen Geschichte hier noch etwas hinzugefügt werden soll, da von dort auch andere Tauchtechnik-Komponenten kamen. Die Firma wurde 1879 von Richard Flügel in Leipzig gegründet. 1882 stieg Hans Polter in die Geschäfte ein (Flügel & Polter KG, 1933 dann Flügel & Polter GmbH, Gummiwarenfabrik Leipzig). Ab 1934 war Dr. Fritz Ries persönlich haftender Gesellschafter. Er übernahm 1937 das Unternehmen. In der Folge baute er es im Rahmen von Arisierungen und weiteren Übernahmen zur Ries-Gruppe aus. Die entwickelte den 120-Mann-Betrieb zu einem Konzern mit über 1.000 „Gefolgschaftsmitgliedern“, viele davon Zwangsarbeiter. 1947 ging Flügel & Polter in das Eigentum des Landes Sachsen über und änderte seinen Namen in Leipziger Gummiwarenfabriken. Von 1968 an nannte sich der Betrieb VEB ELGUWA Leipzig und war an mehreren Standorten in Leipzig vertreten. Sauerstoff-Regler Der Atemregler der MEDI-Nixe ist eine Weiterentwicklung auf Basis des Medizinreglers des MEDI-Sauerstoff-Inhalationsgerätes SIK 723. Das Original-Hand-Einstellrad für den Sauerstoff-Durchfluss wurde entfernt und der Durchgang wasserdicht verschlossen. Hinzugefügt wurden eine Düse und ein manueller Zuschussknopf. Der Zwischendruck des Reglers beträgt etwa 3 bar, wodurch sich an der Oberfläche ein Durchfluss von etwa 0,9 l/min einstellt. Dieser Druck sinkt mit zunehmender Tauchtiefe und geht bei 30 m gegen Null. Bild 15: Düse für den Konstantfluss Die Regelmembran besteht aus konzentrisch gewelltem Bronzeblech. Dem Dauereinsatz ist dieses Material offenbar nicht sehr gut gewachsen, der Autor musste bereits mehrere partiell gebrochene Membranen reparieren. Ein Finimeter zum Ablesen des Flaschendruckes gibt es ebenso wie beim 138 nicht. Der Sauerstoff Vorrat galt für eine Stunde Tauchzeit als ausreichend, Indikator war das Geräusch des Zuschussknopfes. Hier sind außer dem grundsätzlichen Prinzip überhaupt keine Ähnlichkeiten mit dem Regler des 138 erkennbar. Dieser ist mechanisch aufwändiger mit einem Doppelhebelsystem ausgestattet, was eine genauere Druckregelung gewährleisten soll. Bilder 16 17 19 21 Mundstück, Schläuche, Ventile Die Atemschläuche stammen ebenfalls aus der Medizintechnik und haben einen Innendurchmesser von nur 18 (20) mm, ebenso die Richtungsventile, die einen Ventilkörper aus Vollgummi mit einem freien Querschnitt von nur 2,2 cm² haben. Zusammen mit dem Mundstück (zwei Varianten aus Messingblech, siehe vorigen Beitrag) trägt das zu einem mäßigen Atemkomfort bei. Für den anspruchsvollen Einsatz im militärischen Bereich, z.B. in der KSK 18 der DDR-Volksmarine, versuchte man deshalb (außerhalb von MEDI), die Nixe zu verbessern, z.B. durch den Einsatz von Mundstücken aus sowjetischen Kreislauf-Geräten. Bild23: Richtungsventil aus dem Mundstück Dräger setzte bei ähnlichen Schlauchquerschnitten auf ein massives Messingguss-Mundstück und leichtgängige Glimmerventile. Das Dräger Kleintauchgerät 138 ist vom Atemkomfort besser als die Nixe (subjektiver Eindruck des Autors). Auch hier sind also keine Gemeinsamkeiten zu erkennen. --------------------------------------------------------------------------------------------- Geschichte der MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen der DDR Von Ulf Barthel Anfang des Jahres 1953 ergab im Berliner Wirtschaftsministerium der DDR eine Analyse von Führungskadern der Wirtschaft, Offizieren der Streitkräfte und Parteikadern der Regierung folgendes ernüchternde Bild: 1. Auch 8 Jahre nach Kriegsende bestehen immer noch immense Kriegsschäden an Häfen, Schleusen, Brücken, Kanälen und anderen wasserbaulichen Anlagen. Versenkte Schiffe versperren Hafeneinfahrten, Kanäle und Flüsse, und verminte Gewässerbereiche bereiten der Fischerei und Schifffahrt große Probleme. Im Resultat bedeutet es, dass noch ein gewaltiger Umfang von Taucherarbeiten erforderlich ist. 2. Die Sowjetunion stellt hohe Reparationsforderungen, denen man im Rahmen des Friedensvertrages, des sozialistischen Aufbaus und in brüderlicher Verbundenheit nachkommen muss und will. Im Rahmen dieser Kriegsentschädigungen müssen auch sehr viele Schiffe gebaut werden. Vertraglich war unter anderem vereinbart, dass auf diesen Schiffen ab einer bestimmten Brutto-Register-Tonnage eine Helmtaucher-Ausrüstung vorzuhalten ist [01]. 3. Spätestens mit dem Aufbau der Kasernierten Volkspolizei und der Seepolizei war der militärischen Führung klar, dass dringend spezielle Tauchereinheiten in den Land- und See-Streitkräften aufgestellt werden müssen. Durch eskalierendes politisches Auseinanderdriften der beiden deutschen Staaten und mit Blick auf den sich abzeichnendem Aufbau militärisch konträrer Blöcke in Ost und West wurde realistisch eingeschätzt, dass durch eine eventuelle Embargopolitik ein Bezug von Tauchtechnik aus der BRD kurz- und mittelfristig nicht mehr möglich sein würde. Zusätzliche andere bewaffnete Organe, Behörden und Sicherheitsdienste (MfS, Polizei, Grenzschutz, Feuerwehr), die ebenfalls mit Tauchausrüstungen versorgt werden mussten, deklarierten darum gleichermaßen ihre Forderungen nach schwerer Tauchtechnik. 4. Forschungseinrichtungen, Fischerei- und Hydrobiologische Institute, mit einem vergleichsweise geringen Bedarf an Taucherarbeiten, meldeten den dafür notwendigen Technikbedarf jedoch auch konsequent „nach oben“. Alle genannten Bedarfsträger hatten große Probleme, die anfallenden Taucherarbeiten personell und vor allem mit entsprechender Technik abzusichern. Die nach Kriegsende bis zu diesem Zeitpunkt ausgeführten Taucherarbeiten wurden zu 99 % mit Altbeständen an Tauchtechnik ausgeführt. Man verwendete dazu die vorhandene Technik einiger weniger Berufstaucher oder die Helmtauchergeräte aus militärischem Restbestand der deutschen Kriegsmarine bzw. des Heeres. Da es in der Ostzone vor dem Krieg jedoch keine großen Taucherfirmen, wie z.B. in Hamburg (Fa. Beckedorf, Fa. Harms u.a.), gegeben hat, war dementsprechend auch kein nennenswerter Stock an Material vorhanden, auf den man zugreifen konnte. Da die Helmtauchtechnik durch den extremen Einsatz schnell verschliss, wurden Reparaturen, der Austausch ganzer Baugruppen bzw. Neuanschaffungen unabdingbar. Nachweisbar ist hierfür der Verkauf von Helmtauchgeräten der Lübecker Dräger-Werke in die Ostzone/DDR [07]. Wie bereits in meinen Darlegungen zu Entwicklung und zum Bau der DDR Helmtauchermesser [08] gesagt, hatte die junge DDR spätestens durch die Währungsunion und den damit bedingten Wechselkurs ein fundamentales Problem mit einem Import der teuren Dräger-Tauchtechnik. Diesen Zustand und die daraus resultierenden Folgen erkannte man in Regierungskreisen sehr schnell. Um hohe wirtschaftliche Folgeschäden zu verhindern, aber gerade, um in erster Linie den Aufbau der wichtigen Spezial-Tauchereinheiten der Landesverteidigung zu sichern, galt es zu handeln. Entgegen heutigen Gepflogenheiten in Politik und Wirtschaft bei der Vergabe von Staatsaufträgen fackelte man 1953 nicht lange, sondern es wurde gehandelt. Und wie so oft bei großen, geschichtlich wichtigen Ereignissen stand auch hier das Wort, in diesem Fall das (Macht-)Wort der Staats- und Parteiführung. Mit dem Segen der SED beauftragte das Wirtschaftsministerium 1953 den VEB Medizintechnik Leipzig (im weiteren MEDI) mit der Entwicklung und der Produktion von DDR Helmtauchgeräten. Später wurde übrigens aus dem 1948 gegründeten MEDI-Betrieb das Kombinat MLW (Medizin-, Labor und Wägetechnik). Den Auftrag an dieses Werk zu vergeben, machte Sinn, wenn man weiß, dass MEDI schon seit Gründung am 01.06.1948 generell mit dem Bau von Atemschutztechnik beauftragt worden war und den größten Teil der ostdeutschen Produktion an Gasschutzgeräten, Grubenrettern, Sauerstoff-Inhalations- und Beatmungsgeräten sowie diverser anderer medizintechnischer Geräte produzierte. Bild B01 Helm des Schlauchtauchgerätes MEDI 463, 1954 bis 1958 30-40 Stück produziert (Codebezeichnung in den bewaffneten Organen: STG-53) , ©U. Barthel MEDI 463 - die erste Generation von Schlauchtauchgeräten bei MEDI Die Helmtaucher-Ausrüstung MEDI 463 hat eine interessante Geschichte. Dass es dieses Equipment, das nur in einer sehr, sehr kleinen Serie gebaut wurde, tatsächlich gibt, ist dem illustren Kreis der Tauchtechnik-Interessierten und Tauchhistoriker erst seit wenigen Jahren wirklich bewusst. Zum einen ist es die sehr geringe Stückzahl, in der diese Helmtauchausrüstung gebaut wurde, und zum anderen die hochinteressante Geschichte der Entwicklung, der Produktion, der Besonderheiten und der Verwendung. Es gilt als gesichert, dass 1954 Helmtauchgeräte MEDI 463 erstmalig produziert wurden. Diese Ausrüstung definiert damit den Anfang der eigenständigen Produktion von Taucherausrüstungen für den militärischen und professionellen Tauchdienst in der DDR. Es gibt kein Tauchgerät in der MEDI-Historie, welches eine niedrigere Artikel-Nummer hat. Die interne Code-Bezeichnung STG-53 durch die kasernierte Volkspolizei weist darauf hin, dass in der militärischen Führungsebene der Entschluss und Auftrag zum Bau dieser Ausrüstung bereits 1953 erfolgte. Nach Auftragserteilung durch das Wirtschaftsministerium stand das kleine Entwicklerteam von MEDI von Beginn an unter starkem Zeit- und Erwartungsdruck. Dieses Projekt konnte zu damaliger Zeit nur in Angriff genommen werden, weil die für Entwicklung und Bau notwendigen Fachkräfte und Rohstoffe (im Besonderen Buntmetalle wie Messing und Kupferbleche), Werkzeuge und Spezialmaschinen durch Sonderzuweisung aus Mitteln für ein LVO (Landes-Verteidigungs-Objekt) freigegeben wurden. Trotzdem war es schwierig und herausfordernd, schon allein, weil es bei MEDI keinerlei Kenntnisse und Erfahrungen zum Bau und die Entwicklung von Tauchgeräten gab. Für erste theoretische Grundlagen musste Stelzners „Tauchtechnik“ herhalten. Objektstudien an vorhandenen alten Helmtaucher-Ausrüstungen machten langwierige Tests und Erprobungen im Entwicklungsstadium nahezu überflüssig. Für tauchpraktische Hinweise holte man sich flugs aus den Reihen alter, erfahrener Berufstaucher Kenner der Materie (z.B. die Tauchermeister Otto Lechner und Karl-Heinz Hoffmann). Weil es darum ging, schnell vorzuweisen und abzuliefern, machte man sich jedoch den Prozess der „Entwicklung“ wirklich sehr einfach und baute fromm und frei das vollständige Dräger-Schlauch-Tauchgerät T-2810 in der Standardausführung nach. Dieser „Diebstahl geistigen Eigentums“ war in der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich. Dräger musste in Folge des Kriegsausgangs alle Patente freigeben. In dieser rechtsfreien Zeit durfte also, wer wollte, jegliche Dräger-Teile oder komplette Geräte 1:1 kopieren. Ehemalige Mitarbeiter von MEDI geben unumwunden zu, dass es durchaus gang und gebe war, so „eigene“ Produkte herzustellen [01]. Erst ein paar Jahre später gelang es den Dräger-Werken, seine Patente zurück zu erlangen und damit eventuell auch, seine Patentrechte neuerlich und nachhaltig geltend zu machen. Woran kann man nun eine Helmtaucherausrüstung MEDI 463 von der geläufigen Dräger-Ausrüstung unterscheiden? Bei der Analyse einer Helmtaucher-Ausrüstung fällt der Blick naturgemäß zuerst auf den Taucherhelm. Der MEDI-Helm ist in Abmaßen, Funktion, Anzahl und Anordnung der Fenster, Anschlüssen, Flanschverbindung zum Schulterstück usw. dem Dräger-Helm T-2215 sehr ähnlich. Der Nachbau dieses Helms fällt so gut aus, dass damals kaum ein Taucher im ersten Moment merkte, dass er statt des gewohnten Dräger- einen MEDI-Helm vor sich hatte. Aber es handelt sich um einen eigenständigen Taucherhelm. Da auch andere Komponenten dieser schweren, schlauchgestützten Helmtaucher-Ausrüstung Änderungen an und in verschiedenen Details aufweist, ist diese Ausrüstung also ein Nachbau in Anlehnung an das Original, es kann nicht von einer Kopie gesprochen werden! Ein wichtiger und auffälliger Unterschied ist beispielweise auch das fehlende Logo auf dem Schulterstück. Es gibt jedoch viele weitere interessante und unterscheidende Details. Betrachten wir darum also die einzelnen Bauteile genauer: Bild B05 Der Helm des MEDI 463, ©U. Barthel Beginnen wir beim wichtigsten Ausrüstungsteil, dem Helm. Bei gut erhaltenen Helmen erkennt man die Produktionsweise der Helmkugel. Der MEDI-Helmrohling wurde manuell gedrückt. Das funktionierte folgendermaßen: Auf einer Metalldrückbank, ähnlich einer langsam drehenden Drehmaschine, wurde der Rohling auf eine Form gedrückt. Die Form entsprach in ihrer Ausformung und den Außenmaßen exakt dem Helminneren. Beim Drücken selbst wurde eine große kupferne Ronde (Scheibe) mit einem Durchmesser von ca. 800 mm bei geringer Drehzahl der Maschine, mit Hilfe eines Druckstocks, unter sehr starkem Anpressdruck manuell um die Helmform gedrückt. Um den notwendigen Druck kraftvoll ausüben zu können und sich andererseits nicht selbst von der Maschine weg zu schieben, hat sich der Arbeiter dazu mit einem speziellen Stützgeschirr (starker, breiter Ledergurt) direkt an der Drückbank eingeklinkt. Bearbeitungsbedingt hinterlässt beim Drücken der Andruckstock auf dem blankem Kupfer der Außenseite des Helms umlaufende Druckriefen. An diesen unregelmäßig ausgeprägten, schwach sichtbaren Riefen ist erkennbar, dass der Anpressdruck manuell erfolgte. Da MEDI nicht über eine Metalldrückbank in erforderlicher Größe verfügte, wurden diese Arbeiten in einer Werkstatt in der Nähe von Halle/Saale ausgeführt. Die Dräger-Helme im Gegensatz dazu sind unter hohem Druck in einer Form geblasen (späte Serien) oder von Hand getrieben (frühe Serien) worden. Da die Halsöffnung der Helm-Kugel natürlicherweise einen kleineren Durchmesser als die Kugel hat, musste die Form aus mehreren Teilen bestehen [01]. War der Helm fertig geformt, wurde zuerst der Mittelteil, der Kern, entfernt, dann konnten nach und nach alle weiteren Formteile aus dem Hohlkörper entnommen werden. Ein markanter, gut sichtbarer Unterschied ist der Übergang des Taucherhelm-Halses ab Oberkante Helmflansch in die Rundung der Kugelform. Der Hals des STG-463-Helms geht schon nach ca. 10 mm steil in seine tatsächlich runde Helmform über. Der „Hals“ des Dräger Helm ragt hingegen wesentlich höher (ca. 30 mm) über den Flansch hinaus, bevor er in Kugelform übergeht. Bild B02 Bis auf Logo und Höhe des Halses äußerlich fast identisch (links MEDI 463, rechts Dräger T2215, ©U. Barthel Der geringe Abstand zum Flansch beim MEDI-Helm macht sich aber beim Verschrauben der Muttern der drei Flanschbolzen negativ bemerkbar, das Handling ist schlechter. Wichtige Unterschiede zu dem äußerlich sehr ähnlichem Dräger-Helm sind außerdem die Größe der Helm-Anschlüsse für das Telefonkabel und das Gewinde des Anschlusses für den Schlauch des Pressluft-Brustgewichts. Daran passt weder die Überwurfmutter der Schläuche des Dräger-Pressluft-Brustgewichtes, noch der Anschluss der späteren Brustgewicht-Reserveflasche MEDI 721. Erfreulich, dass wenigstens der Ausgang aus der Brücke des Reservegeräts einen standardisierten 5/8“-Druckluft -Innengewindeanschluss aufweist. Ein weiteres auffälliges Merkmal ist der mit 30 mm sehr große Durchmesser der Öffnung für den Telefonstecker. Der mitgelieferte einmauliger Schraubenschlüssel mit einer Schlüsselweite von 50 mm (!) ist nötig, um die Überwurfmutter des Telefonkabels bzw. die Blindkappe zu befestigen. Die Steckverbindung der Telefoneinheit zum Telefonkabel wird im Helminneren mit drei kleinen Messingschrauben befestigt. Damit ist ein schneller Ein-/Ausbau der Helmtelefon-Einheit allerdings nicht wirklich möglich. Bild B16 Größenvergleich der Telefon-Helmeinheiten Dräger / MEDI 463 / MEDI 721 (von links nach rechts, ©U. Barthel) Das kupferne Schulterstück dagegen ist in guter alter Manier und 1:1 in den Abmaßen zum Dräger-Schulterstück in Handarbeit getrieben worden. Wie bereits anfangs erwähnt, fehlt das Logo auf dem Schulterstück. Warum diese erste Serie noch kein Logo hatte, ist einfach erklärbar. MEDI prägte Produkte erst viel später. So sind zum Beispiel auch auf den medizinischen MEDI-Regenerationsgeräten 494 und 495, die als nahezu identische Nachbauten ähnlicher Dräger-Geräte in diesem Zeitraum entstanden, keine äußeren Prägungen oder Symbole zu erkennen. Bei dieser Art von „Plagiat-Produktion“ hätten die Dräger-Werke ein MEDI-Logo als absoluten Affront gewertet. Klugerweise verhielt sich MEDI also hier recht vorsichtig und reizte die tatsächlichen Erfinder und Entwickler nicht, wie es heutzutage in China gang und gebe ist. Interessant ist die Nummerierung der Helme. Alle dem Autor bekannten MEDI 468 haben dreistellige Nummern. Diese sind frontal, zentriert auf beiden Flanschteilen, mit 4-mm-Ziffernhöhe manuell eingeschlagen. Es sind keine ein- oder zweistelligen Nummern bekannt. Die dreistellige Nummerierung ist allerdings irreführend. Die fortlaufende Nummerierung begann bei 100. Da keine Helme MEDI 463 mit Nummern unter 110 und über 150 bekannt sind, muss davon ausgegangen werden, dass vermutlich nur zirka 40 dieser Helme angefertigt worden sind. Es ist bekannt, dass diese Nummern auch auf dem Frontfenster, den Blindmuttern der Helmanschlüsse, dem Werkzeug und den Schlauchverbindungsstücken zu finden sind. Bild 04 Das Pressluft-Brustgewicht des MEDI 463 ©U. Barthel Extrem selten zu finden und wirklich nahezu unbekannt war/ist das Pressluft-Brustgewicht des MEDI 463. Wie bei dem großen Dräger-T-2080 Brustgewicht des DM-40-Tauchapparates enthält dieses zwei vertikal hängende 1-Liter-Flaschen. Warum man sich damals für zwei 1-Liter-Flaschen entschieden hat, ist nicht eindeutig geklärt. Bekannterweise wurde im Tauchwesen der DDR von Beginn an Sicherheit und Arbeitsschutz große Bedeutung beigemessen und darum eventuell einem höheren Reserveluft-Volumen der Vorzug gegenüber den üblichen zwei 0,6-Liter-Doppelflaschen anderer schlauchgestützter Helmtauchergeräte gegeben. Dem gegenüber wird jedoch in der Dienstvorschrift für das STG-53 gesagt: „…Im Bedarfsfall können auch zwei Rückengewichte (statt Pressluftbrustgewicht) benutzt werden. …“ [06]. Dieser Widerspruch zeigt, dass es in dieser Entwicklungsphase starke Differenzen zwischen Theorie und Praxis und wohl auch noch Bezug auf Tauchmethoden längst vergangener Zeit gegeben haben muss. Bekannt ist auch, dass der damalige ostdeutsche Druckbehälter-Hersteller arge Probleme mit dem Bau von kleineren Sauerstoff-/Druckluftflaschen hatte und es in dieser Zeit massive Produktionsschwierigkeiten für größere Stückzahlen gab. Bei der Detailanalyse an vier verschiedenen Brustgewichten des MEDI 463 hat der Autor wohl auch deshalb sehr verschiedene Flaschenchargen gefunden. Ein wirklich deutlicher Unterschied gegenüber dem Dräger Brustgewicht ist gut zu erkennen, das MEDI-Brustgewicht ist beidseitig offen. Die beiden Flaschen ragen also oben und unten heraus. Vorbild für diese Bauform könnte das Pressluft-Brustgewicht des russischen GKS-3M- Helmtauchgerätes gewesen sein. Hier sind eindeutige Parallelen zu erkennen. Nach Aussage von [01] ist die Bauform auch so gemacht worden, um zügiger und problemloser produzieren zu können. Die wenigen Gießereien in Leipzig und Umgebung hatten Personal-, Material- und vor allem Qualitätsprobleme. Die Oberflächen der großen MEDI-Gussteile sind meist von minderer Qualität, grob nachbearbeitet, oft mit offenporigen Oberflächen. Auffallend ist der breite Achsabstand des Brückenventils der beiden 1-Liter-Flaschen. Bei der Dräger-Brücke (wird gleichermaßen für das große T-080- und das kleine T-1476-Brustgewicht verwendet) beträgt der Abstand 112,5 mm. Für die MEDI-Brücke wurde ein Maß von 125,1 mm ermittelt. Dieser Unterschied ist im Gegensatz zu allen anderen Abmaßen der Flaschenbrücke so signifikant, dass es wohl mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Fehler beim Kopieren der entsprechenden „Dräger-Vorlage“ gekommen sein muss. Ein weiterer kleiner, aber feiner Unterschied findet sich an den Karabinern der Brust- und Rückengewichte: Dräger-Karabinern haben viereckige Löcher während in allen MEDI-Karabinern runde Löcher sind. Bild 06 Detail MEDI-Haken mit rundem und Dräger-Haken mit eckigem Loch, ©U. Barthel Das Rückengewicht ist durch die markanten, außenstehenden Ösen-Aufnahmen gut von dem Dräger-T-280-Rückengewicht zu unterscheiden. Die teilweise erheblichen gefundenen Gewichtsunterschiede der Pressluft-Brust- und Rückengewichte sind in einer Tabelle unter Zusatz-Link dargestellt. Auf der Vorderseite des Pressluftgewichts ist eine Messingplatte aufgeschraubt. Darauf sind zwar Füllmedium, Volumen und Fülldruck eingraviert, jedoch kein Verweis auf MEDI als Hersteller. Zum Befestigen des Schrittgurts ist an der Vorderfront eine typische 40-mm-Rollschnalle montiert. Im unteren Bereich des Rückengewicht ist an einem kurzen Riemen eine identische Messing-Rollschnalle befestigt. Dadurch reicht für den Schrittgurt ein einfacher, derber Riemen aus 4-mm-starkem Kernleder, der beidseitig gelocht ist. Ein Sitzgewicht wurde selbstredend auch nach Dräger-Vorbild hergestellt und ist im Lieferumfang der Ausrüstung enthalten. Eine schöne Episode ist die Herstellung des ersten MEDI-Taucheranzugs. Ein Leipziger Herren-Maßschneider wurde beauftragt, einen Musteranzug zu schneidern. Ohne Ahnung von der Materie zu haben, nahm der Meister der Haute Couture bei einem Testtaucher Maß, legte los und lieferte auch pünktlich einen Anzug ab. Nachteilig war nur, dass dieses Modell so eng geschneidert war, dass der Testtaucher auch mit viel Hilfe und bestem Willen nicht hineinkam. Der Schneider hatte schlicht und ergreifend viel zu wenige Maß-Zuschläge eingearbeitet. Kurzerhand wurde daraufhin ein alter Dräger-Anzug zerlegt und als grobe Schnittmustervorlage verwendet [01]. Wie beim Vorbild Dräger wurden drei Konfektionsgrößen offeriert. Nach [06] sind diese jedoch für kleinerer Körpergrößen geschnitten, siehe Tabelle über Zusatz-Link. Für die Manschetten der Anzüge wurde ein roter Naturgummi verwendet. Genau dasselbe Material wurde, korrekt volkswirtschaftlich handelnd, auch für die große Dichtung des Frontfensters, die Flanschdichtung, die Armmanschetten und viele hunderttausende DDR-Einweckglas-Gummis verwendet. Dieses Material war jedoch so fest, dass es bei den ersten Anzug-Chargen große Probleme beim Dehnen der Halsmanschette zum Einstieg des Tauchers und an den Armmanschetten gab [05]. Den Tauchern, welche die ersten Anzüge tragen durften, starben fast die Hände ab, so fest drückten die Manschetten auf die Handgelenke. Zeitzeugen berichten, dass danach lieber der alte Dräger-Tauchanzug zigmal geflickt wurde, als wieder in den MEDI-Anzug steigen zu müssen. Die mitgelieferte Garnitur Wollzeug bestand aus einem Rollkragenpullover, zwei langen Unterhosen, zwei Paar langen Strümpfen, zwei Paar Fingerhandschuhen, einem Wollschal, einer Wollmütze und drei paar Filzfüßlingen. Die Taucherschuhe entsprechen in Form und Aufbau den bekannten Dräger-Helmtaucher-Schuhen. Auf Anregung Tauchermeister Lechners wurde allerdings ein zusätzlicher dritter Gurt über den Spann des Fußes gelegt. Die Eisengießer waren nicht in der Lage, dafür durch die gesamte Breite der Sohle einen entsprechenden Schlitz einzubringen. Kurzerhand wurde also dieser Riemen zerschnitten und die beiden Teile links und rechts unter Zuhilfenahme von Messing-Klemmplatten an den Metallschuh angeschraubt. Bild B24 Die Klemmplatte, mit deren Hilfe der 3. Riemen am MEDI Schuh befestigt wurde, ©U. Barthel Dieses charakteristische Merkmal wurde forthin das Erkennungsmerkmal der MEDI-Schuhe. Sogar Dräger-Schuhe, die noch im Bestand waren, wurden so „nachgerüstet“. Ebenfalls typisch für die Taucherschuhe Made- in-GDR ist das grobporige, gelbe oder rote Hackenleder. Interessante Informationen zur Geschichte der Helmtauchermesser MEDI 463 habe ich bereits in der „Tauchhistorie 07/2017“ dargestellt. Dort kann der interessierte Leser mehr und ausführlich zu diesem speziellen Thema lesen. Das MEDI-Tauchertelefon ist keine Entwicklung der Leipziger MEDI-Tauchtechniker. Vielleicht ist es gerade darum in Form, Ausstattung und Aufmachung wirklich anders als die Dräger-Telefonanlage. Es sieht moderner, technischer und werthaltiger als das schlichte Dräger-Telefon aus. Das batterielose MEDI-Tauchertelefon, in der offiziellen Nomenklatur als „Kopffernsprechgerät Typ SFK/“ bezeichnet, wurde vom „Mechanik Apparate Bau“ (MAB) in Caputh bei Potsdam hergestellt. Dieser Betrieb hatte sich unter anderem auf die Produktion von Schiffsfernsprechern spezialisiert. Die Funktion und der prinzipielle Aufbau einer Wechselsprechanlage zwischen Taucher und Signalmann wurde in diesem Gerät jedoch genau wie bei Dräger umgesetzt. Der batterielose Betrieb des Gerätes (Detektoranlage) wird der Mangelwirtschaft Ostdeutschlands wesentlich entgegengekommen sein. Der hölzerne Telefonkasten enthält ein Headset mit Kopfhörer und ein vor die Brust zu hängendes Mikrofon. Bild B07: Die Taucher-Telefonanlage des MEDI 463, Kasernierte Volkspolizei DV 45-9 Rein zufällig ;-) passt an diese Landstation natürlich auch der landseitige 3-polige Dräger-Telefonkabelstecker. Das MEDI-Telefonkabel ist 60 m lang und entspricht damit der Gesamtlänge der 3x 20-m-Schlauchlängen. Die Spulen für die MEDI-Sprech- und Hörkapseln sind jedoch anders als bei Dräger aufgebaut. Das führte zu einer bedeutend schlechteren Sprach-/Hörqualität im Dialog zwischen Taucher und Signalmann. In der Praxis nützte daher der Komfort und das Design der Landstation wenig – wenn die Verständigung zu schlecht war, stieg man konsequent auf die gute alte Kommunikation per Signalleine um. Und warum eigentlich Telefon? Ein Rostocker Berufstaucher aus jenen Tagen hat, genervt nach mehrmaligen, unwichtigen telefonischen Fragen seines jungen Signalmann mal im besten Plattdeutsch so nach oben geantwortet: „Jung, ick bin taun arbiten unner Water. Hier ward man förd düken betalt, nich för snacken.“ („Junge, ich bin zum Arbeiten unter Wasser. Hier wird man für´s Tauchen bezahlt, nicht für Gequatsche“). Im Lieferumfang wurde weiterhin eine 30-m-Signalleine ausgeliefert, die im Notfall auch als Rettungsleine verwendet werden konnte. Der Widerspruch der verschiedenen Tragkräfte (200 kp Signal- und 300 kp Telefonleine) kann durch die generelle damalige Festlegung von Tragkräften für Rettungsgeräte erklärt werden. Bild B08 Der Taucher-Automat MEDI 466, ©U. Barthel Natürlich wurden auch die Taucher-Handpumpe und der Taucherautomat MEDI 466 bzw. MEDI 467 nach Dräger-Orginalen gut kopiert. Während die ersten Chargen des Taucherautomaten MEDI 466 ohne sichtbaren Verweis auf Dräger nachgebaut wurden, sind in den letzten Produktionsjahren Taucherautomaten mit MEDI-Schriftzug auf dem Handrad zur Auslieferung gekommen. Völlig anders im Aussehen als das Dräger-Original aber dafür annähernd gleich in der Funktion, sind auch MEDI-Automatentafeln, die für den Einsatz von zwei oder drei Tauchern geeignet waren, hergestellt worden. Die 20-m-Luftschläuche des MEDI 463 sind durch ihre weiße Farbe und das weiche, elastische Biegeverhalten sehr einfach zu identifizieren. Produktionsbedingt sind jedoch auch Chargen mit variablen Längen zwischen 15 m und 20 m ausgeliefert worden. Warum man diese Schläuche aus hellem Gummimaterial hergestellt hat, kann nicht mehr geklärt werden. Ich bin jedenfalls sehr froh, für meinen MEDI 463 noch einen originalen Satz weiße (jetzt eher schmutzig-beige) Schläuche zu besitzen. Selbstredend sind auch die zwei Ausrüstungskisten in Größe, Abmaß und innerer Aufteilung wiederum nahezu identisch mit den Dräger-Kisten. Richtig stolz kann sich der Sammler schätzen, der das originale Werkzeug zu seiner MEDI-Taucherausrüstung besitzt. Auch in den Werkzeugen einiger Ausrüstungsätze ist die Nummer des Helms nachgewiesen worden. Da es sich hierbei jedoch um eingeschlagene Zahlen mit größerern Ziffern als auf den Messingteilen des Taucherhelms handelt, besteht die Vermutung, dass dies durch den jeweiligen Besitzer (und sicherlich nur im militärischen Einsatz) zu einem späteren Zeitpunkt gemacht wurde. Die Gussteile, also Schuhe, Pressluft-Brust-/ und Rückengewicht, sowie die Transportkisten wurden in militärisch grüner Farbe gestrichen bzw. gespritzt ausgeliefert. Für diesen Beitrag wurden sechs Helme MEDI 463 begutachtet und analysiert. Dabei ist der meist sehr gute Zustand der Helme auffallend gewesen. Das deutet auf eine sehr kurze Einsatzdauer hin. Die typischen ausgeschliffenen Stellen dort, wo die Messingkarabiner des Brustgewichts auf dem gebördelten Rand des Schulterstücks scheuern, sah man nur minimal . Starke Dellen, Schrammen, Abschläge bzw. ausgebesserte oder geflickte Stellen wurden nicht gefunden. Das macht umso mehr stutzig, wenn man bedenkt, dass Helme der „ersten Stunde“ ja eigentlich einen langen, harten Lebenszyklus hinter sich haben müssten. Der raue Arbeitsalltag, der Einsatz als Arbeitsmittel, Salz- oder Schmutzwasser, Dreck, ein manchmal achtloser Umgang, das schafft eine Patina auf den Taucherhelmen, die der Autor bei diesen Helmen nicht finden konnte. Da die erste und einzig bekannte gedruckte Dokumentation [06] dieser Helmtaucher-Ausrüstungen, sowie die „Fundorte“ einiger noch vorhandener Helme oder ganzer Ausrüstungen in ehemaligem militärischem Umfeld lagen, muss davon ausgegangen werden, dass der MEDI 63 tatsächlich vordergründig militärisch eingesetzt wurde. Die Bedürfnisse der sich erst entwickelnden militärischen Grundstrukturen der DDR sprechen auch für die geringe Stückzahl dieses Typs. Die Phase des Aufbaus der Streitkräfte, mangelndes Fach-Personal sowie eine ungenügende bzw. fehlende materiell-technische Infrastruktur der Anwender werden sicherlich auch Ursache für diese geringe Nutzung sein. Jeden Sammler freut es jedenfalls, wenn er solch eine Pretiose in nahezu unbenutztem Zustand in seiner Sammlung hat. An dieser Stelle wird es jedoch in der MEDI-Helm-Historie plötzlich wirklich spannend. Völlig konträr zu den wenig genutzten Helmen sowie der Gründe für Entwicklung und Bau der Serie des MEDI 463 steht der Nachweis, dass die DDR im Jahr 1959 vier DM-20-Tauchausrüstungen und zwanzig T-2810-Standard-Helmtaucher-Ausrüstungen von den Dräger-Werken kaufte [07]. Dafür muss es verschiedene, gravierende Gründe gegeben haben. Die Taucherhelm-Produktion erfolgte bei MEDI nicht laufend sondern sporadisch, eben wenn die Produktionskapazitäten es zuließen. Noch weniger als die Dräger-Werke konnte es sich aber MEDI erlauben, für 10 oder 20 Tauchausrüstungen die wichtige Produktion der Atem-, Medizin- und Gasschutz-Technik zu vernachlässigen bzw. zu blockieren. Diese war in ihrer Wichtigkeit für die Landesverteidigung sowie im Produktionsvolumen, Umsatz, Gewinn und vor allem für den Export um ein Vielfaches höher zu bewerten als ein paar wenige Taucherhelme. Außerdem mussten ja ab 1954 noch das Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe und ab 1957 das Druckluft-Tauchgerät MEDI 713 in der relativ kleinen Abteilung Tauchtechnik gebaut werden. Die sich in diesem Zeitraum zuspitzende prekäre wirtschaftlich Situation der DDR-Volkswirtschaft mit einem akuten Mangel an Rohstoffen, Arbeitskräften, Arbeitsmitteln, Maschinen usw. usw. wird ein weiterer Grund dafür gewesen sein. Ob eventuell tatsächlich Patentrechtsverletzung zu einem Rechtsstreit zwischen Dräger und MEDI in dieser Zeit und damit dem abrupten Ende der Produktion der 463-Helme führte, konnte bisher nicht nachgewiesen werden und ist damit als ungesicherte Information nicht verwertbar. Tendenzielle Hinweise, dass es zu schweren Tauchunfällen durch fehlerhafte MEDI-463-Ausrüstung gekommen sei und diese darum aus dem Verkehr gezogen wurde, können gleichfalls nicht bestätigt werden. Im Moment kann also nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, was damals der bestimmende Grund für diesen Großeinkauf an Helmtaucher-Technik bei Dräger, den man ja eigentlich umgehen wollte, gewesen ist. Sicherlich wird es eine Summe verschiedener Faktoren gewesen sein, dass bis Ende 1958 so wenige Helme bei MEDI gebaut wurden, so dass 1959 ein Tauchtechnik-Import für harte Devisen unumgänglich wurde. Die Tatsache, dass die Produktion der MEDI 463 abrupt endete und eine erhebliche Erhöhung an Devisenausgaben für den Zukauf von Dräger-Tauchtechnik notwendig wurde, steht jedoch in unmittelbarem Zusammenhang damit, dass nur kurze Zeit später eine neue, ganz anders aussehende MEDI-Helmtaucher- Ausrüstung konzipiert und gebaut wurde. Wesentliche Änderungen in Design und Detail lassen die Vermutung zu, dass eine zu große Angleichung an die Dräger-Helmtaucher-Ausrüstung nicht mehr gewünscht bzw. gestattet war, durchaus plausibel erscheinen. MEDI 721 - die neue Generation Schlauchtauchgeräte Bild B09 Helm des Schlauchtauchgerätes MEDI 721-1 mit rundem Schulterstück, ©U. Barthel Bild B10 Helm des Schlauchtauchgerätes MEDI 721-2 mit spitzem Schulterstück, ©U. Barthel Vorab möchte ich darauf verweisen, dass bis heute keine Unterlagen bekannt sind, die nachweisen, dass die STG-Ausrüstung MEDI 721 in zwei verschiedenen Varianten hergestellt wurde. Sachlich richtig ist, dass es zwei Helmtaucher-Ausrüstungen gibt, die sich vordergründig nur durch die Form des Schulterstücks unterscheiden. Zur besseren Definition und Darstellung bezeichne ich diese als: MEDI 721/1 STG frühe Version, flaches, rund auslaufendes Schulterstück, Bild 02, MEDI 721/2 STG späte Version, hohes, spitz auslaufendes Schulterstück, Bild 03. Das MEDI 721-1-Schlauchtauchgerät Bild B11 Der Helm des MEDI 721-1, ©U. Barthel Die Entwicklung dieses schweren Helmtauchgerätes begann 1953/54, und es wurde bis 1969 produziert [10]. Ich möchte nun die Veränderungen des STG MEDI 721/1 zum STG 463 herausstellen. Der neue Helm hat äußerlich so gar keine Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger mehr. Die Form des Helms ist nun ellipsoid und gleicht so mehr den Siebe-Gorman-Helmen der 40er bis 60er Jahre. Die Helmrohlinge für diese Bauart wurden ebenfalls auf einer Handdrückbank manuell gedrückt. Das Firstfenster ist mit einem Messingdraht-Doppelkreuz vergittert. Bei dieser Version sind Helme mit und ohne Seitenfenster-Vergitterung nachgewiesen. Dieser Typ Helm hat, wie auch sein Vorgänger und der später folgende MEDI 721/2, eine First-Öse. Eine wesentliche Veränderung am Helm, neben der Form, ist die für deutsche Taucherhelme untypische Verwendung metrischer Gewinde der Bauteile. Dass für das Frontfenster ein gröberes metrisches Gewinde als beim Vorgänger gewählt wurde, hat noch einen gewissen Charme. Das Frontfenster lässt sich damit leichter und schneller ein-/ausdrehen. Die neuen metrischen Fein-Gewinde an den helmseitigen Lufteinlässen des Schlauchs des Pressluft-Brustgewichts und des kurzen Helmschlauchs hingegen treiben im Arbeitsalltag zusätzliche Schweißperlen auf die Stirn. Mühseliges, ganz exaktes Ansetzen und ja kein Dreck oder Schmutz in den Gewindegängen – sonst war es aus mit den empfindlichen Messinggewinden. Der Umstieg auf metrische Gewinde ist einfach erklärbar. Dräger verwendete schon immer neben Zollgewinde auch eine werkseigene Gewindenorm, diese wurde und wird bis heute ziemlich geheim gehalten. Der Nachbau von Dräger-Bauteilen-/Baugruppen wird eben echt schwer gemacht. Der Umstieg auf die metrische Gewindenorm war außerdem insoweit sinnvoll, da in den Ostblock-Staaten im Rahmen einer sich entwickelnden Zusammenarbeit generell die metrischen Gewinde als Norm verankert wurden. Sogar die drei Bolzen des Helmflansches bekamen nun ein sozialistisch-normiertes, metrisches Gewinde. Als wirklich positiv anzusehen ist hingegen die veränderte Form der Flansch-Blöcke, an die am Helm das Telefonkabel und der kurze Helmschlauch angeschlossen werden. Schlauch und Kabel konnten nun dichter und direkter am Rücken des Tauchers bis zum Leibgurt (Verbinder Helmschlauch/Schlauch) bzw. durch den Schritt nach vorn geführt werden. Auch das Schulterstück bekam nun (leider) eine absolut andere Form. Während das Schulterstück des 468er noch im Rückenbereich die typische „Arsch-Form“ hatte (man verzeihe die Ausdrucksweise, aber so wurde und wird von Helmtauchern und Sammlern die herzförmige Ausprägung der Rückseite von alten Dräger-, Flohr- und Hagenuk-Helmen nun mal genannt), ist diese jetzt vorn und hinten halbrund. Die breiteste Stelle des Schulterstücks ist auf Höhe der Schulterauflage. Von dort aus läuft die Form, vorder- und rückseitig, in Maß und Radius identisch aus. Betrachtet man den Helm von der Seite, fällt weiterhin auf, dass auch das Seitenprofil des Schulterstücks bis zum Flansch einen nahezu gleichmäßigen Radius aufweist. Dadurch stehen Vorder- und Rückseite ungewöhnlich weit und gleichmäßig nach außen ab. Die identische Höhe der Schulterstück-Vorder- und Hinterseite fällt beim 721/1 wesentlich flacher als bei seinem Vorgänger aus. Dass dieses neue Maß nahezu exakt der Fronthöhe alter Schulterstücke der Dräger-Bubikopf-Helme entspricht, ist sicherlich ein reiner Zufall gewesen ;-). Das Schulterstück in dieser Form herzustellen, kann sicherlich keinen großen Aufwand gemacht haben. Man braucht dazu nur ein elliptisch geformtes Kupferblech, das einmal unspektakulär radial verformt wird, danach mittig den „Hals“ manuell treiben und den äußeren Rand zubördeln. Wenn es dann noch mit dem Flanschstück verlötet wird, ist es schon fertig. Die Veränderung der Form wird sicherlich den Zeitaufwand der Produktion dieses Schulterstücks erheblich gesenkt haben, führte aber dazu, dass der Helm nicht ordentlich auf der Taucherschulter saß. Der Helm rutscht mit diesem Schulterstück ständig nach vorn oder nach hinten. Der Gebrauchswert beim Arbeiten unter Wasser tendierte damit „gegen Null“. Außerdem führte es im Alltagsgebrauch dazu, dass der Helm beim Abstellen leicht kippt und auf das Fenster der linken oder rechten Seite fällt. Böse Zungen behaupten, dass dies der Grund für die Vergitterung der Seitenfenster war. Neu und unübersehbar hingegen ist die Prägung des MEDI-Logo mittig auf dem Bruststück. Diese neue, damals futuristische (aber eben leider unbrauchbare) Kreation wurde dann auch entsprechend deutlich und eindeutig nach Außen als von MEDI deklariert. Das Gewichtssystem wurde ebenfalls gründlich überarbeitet. Ein großes Alleinstellungsmerkmal beider Schlauchtaucher-Ausrüstungen MEDI 721 ist das Brustgewicht mit seiner horizontal liegenden 1-Liter-Druckluft-Reserveflasche. Bild B12 Das Pressluft-Brustgewicht zum MEDI 721 wurde für 721-1 und 721-2 verwendet, ©U. Barthel Tauchapparate ähnlich des Dräger-DM40 waren nicht geplant. Die dafür notwendigen großen Spül-,Tarier- und Reserveluftmengen musste man also auch nicht beachten. Die durchschnittlich flachen Tauchreviere in Ostdeutschland erfordern ebenfalls keinen besonders hohen Reserveluftvorrat. Diese Erkenntnisse, gepaart mit dem Druck der immer notwendigen Einsparungen von Produktionskapazitäten und Rohstoffen, wird im Ergebnis zur Entwicklung des neuen Pressluft-Brustgewichtes geführt haben. Allein der Verzicht auf eine der zwei 1-Liter-Flaschen erzeugte bei 100 Ausrüstungen ein erhebliches Einsparpotential. Dass nun statt der aufwändig zu fertigenden, breiten Doppelflaschenbrücke das verchromte kleinkonische MEDI-Standard-Druckluftventil ausreichte, brachte nochmal eine ordentliche Ersparnis. Durch eine massive Ausprägung des Gehäuses erreichte man trotzdem das stattliche Gewicht von 15,8 kg und hatte somit immer noch genug Gewicht am Taucher zu hängen. Auch das 13,5-kg-schwere Rückengewicht wurde überarbeitet und angepasst. Bild B13 Das Rückengewicht zum MEDI 721 wurde für 721-1 und 721-2 verwendet, ©U. Barthel Sehr sinnvoll und clever ist die Befestigung der Messingkarabiner an den neuen Brust- und Rückengewichten. Die Ringe, welche die Messingkarabiner mit dem Gewicht verbinden, werden mittels einer starken Messing-Schraube fixiert. Muss ein Karabiner, der immer mal defekt gehen kann, ersetzt werden, so wird einfach die Schlitz-Schraube herausgedreht, ein Ersatzkarabiner samt des Messingrings eingesetzt, zugeschraubt und weiter geht es. Bild B14 Schraube zum Befestigen der Ösen/Karabiner an den MEDI-Gewichten, ©U. Barthel Auch die an der Unterseite von Brust- und Rückengewicht befindlichen Rollschnallen für den Schrittgurt können durch Herausschrauben solcher Schrauben gewechselt werden. Dieses Verbinden von Bauteilen, wie man es sonst vom Schäkel her kennt, funktioniert am MEDI 721 sehr gut. Die Schuhe wurden nur leicht geändert. Die leicht gerundete Hackenform der Schuhe des MEDI 463 erhielt jetzt eine normierte, ordentlich gerade Form. Die Geradlinigkeit einer sozialistischen (UW-) Arbeiterpersönlichkeit, musste wohl bis in die Fußspitzen manifestiert werden ;-). Bild B15 Links MEDI 721, rechts MEDI 463, deutlich zu erkennen die Klemmplatten für den 3. Riemen, ©U. Barthel Auch das Telefon des MEDI 721wurde gründlich aufgewertet. Die klobige, hohe Form des kompakten Telefon-Helmteils der 463er Version ist verschwunden. Die neue Telefon-Helmeinheit sieht nun dem Dräger-Gegenpart plötzlich sehr ähnlich, sie ist aber flacher. Bild B23 Links Telefon-Helmeinheit MEDI 463, rechts MEDI 721, ©U. Barthel Damit die neue Helmeinheit zu Wartungsarbeiten schnell ein bzw. ausgebaut werden kann, erhielt sie einen zylindrischen Messing-Adapterstecker, der (wie bei Dräger) in die Buchse des am Helm angeschlossenen Telefonkabels gesteckt werden kann und dort mit einer Messingschraube gesichert wird. Allein durch dieses Merkmal ist die Helmeinheit äußerlich jetzt relativ einfach zu identifizieren. Zusätzlich zu dem im Telefonkasten enthaltenen bekannten Headset wurde ein Telefonhörer beigelegt. Der Signalmann hatte damit die Möglichkeit, zwischen beiden Varianten zu wählen. Bild B20 Die Telefonanlage MEDI 721, zwischen Handhörer und Headset kann gewählt werden, ©U. Barthel Der Durchmesser der helmseitigen Telefonkabelstecker-Durchführung verringerte sich bei diesem Typ beträchtlich im Durchmesser auf nur noch 22,5 mm. Telefonkabel-Anschluss bzw. Blindverschlussmutter können fortan mit einem Maulschlüssel SW41 verschraubt werden. Wissenswertes über die neue Variante des Tauchermessers und den Messergurt kann wiederum in [08] nachgelesen werden. Als Kälteschutz für dieses Tauchgerät wurde ein gestrickter, dunkelbrauner Overall aus dicker Wolle mitgeliefert. Beim einteiligen Wollanzug passierte es nicht mehr, dass beim Anziehen des Tauchanzuges der Pullover aus den langen, wollenen Unterhosen gezogen wurde. Allerdings wurde damit auch die Nierengegend nur noch von einer, statt bisher zwei Lagen dicker Wolle vor Kälte geschützt. Die angesetzten Socken hatten zwar den Vorteil des leichteren und schnelleren An-/Ausziehen der Ausrüstung, führten jedoch bei nassen Füßen (durch leichte Leckage o.ä.) dazu, dass dann der gesamte Overall gewechselt werden musste. Auch die drei verschiedenen Konfektionsgrößen der dunkelgelben Taucheranzüge aus Köperstoff wurden angepasst (T2). Berichte ehemaliger Militär- und Berufstaucher lassen gerade am Schulterstück des 721/1 kein gutes Haar. Es muss sich, wie beschrieben, sehr unangenehm getragen haben, das Arbeiten damit war beschwerlich und anstrengender als mit den gewohnten Schulterstücken. Da half auch das Tragen des mitgelieferten Schulterpolsters wenig. Nach sehr kurzer Zeit wurde der Stein des Anstoßes, das Schulterstück, nochmals verändert. Es entstand die letzte, endgültige Version des DDR-Taucherhelms. Das Schlauchtauchgerät MEDI 721/2 Bild B18 Der Helm des MEDI 721-2, ©U. Barthel Diese Schlauchtaucher-Ausrüstung in Bild10 ist die am häufigsten produzierte. Der eiförmige Helm, jetzt mit geändertem Schulterstück, ist DAS Markenzeichen für MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen schlechthin. Prinzipielle gravierende Veränderungen am Taucherhelm wurden nicht vorgenommen. Kleinere Verbesserungen erhöhten die Performance und die Sicherheit der Ausrüstung. Um beispielsweise das Auslassventil sehr leichtgängig und sicher zu machen, wurde bei den allerletzten Helmen in die drehbare Ventilkappe des Helmventils eine auswechselbare Buchse eingelassen, die als exakte Führung für den Ventilschaft fungiert. Beide Helmtypen des MEDI 721 haben ein geändertes helmseitiges Pressluft-Brustgewicht-Anschlussgewinde bekommen, natürlich mit neuen Abmessungen, natürlich metrisch und natürlich mit Feingewinde. Nachweisbare weitere kleine Veränderungen, wie z.B. der Versatz der Seitenfenster um wenige Millimeter nach vorn, sind wohl unkomplizierte Anpassungen auf Erfordernisse, Anregungen oder Wünsche der Taucher für den Einsatz. Die wesentliche, tatsächliche Verbesserung liegt in dem neuen Schulterstück. In der damaligen Zeit war es noch möglich, Fehler schnell und unkompliziert zu korrigieren. Nachdem der Unmut über das fehlerbehaftete, unbequeme 721/1er Schulterstück schnell die Runde gemacht hatte und die Kritik daran in die Ohren der Entscheidungsträger drang, wurde kurzerhand eine andere Form dafür konstruiert. Die Vorderseite des Schulterstückes MEDI 721/2 hat nun wieder die Höhe des MEDI 463 bzw. des Dräger-T215. Es liegt flacher an der Brust des Tauchers an. Die Vorderseite läuft markant in spitzer Rundung aus. Der Radius von Vor- und Rückseite unterscheiden sich. Da sich die Entwickler bei der Rückseite des Schulterstücks wiederum nicht für die „Arschform“ entscheiden konnten oder wollten, blieb es jedoch dabei, dass auch dieser Typ Helm nicht alleine stehen kann und auf die Seite fällt. Meist verhindern dann tatsächlich der vorstehenden Messingrahmen und die nun serienmäßig eingebauten Messingdraht-Gitter des Fensters, Clips der Fenstergläser, tiefere Dellen oder Schrammen. In der Tauchpraxis sehr angenehm, macht sich dafür bemerkbar, dass die Form der Rückenpartie des Schulterstücks, nahe am Helm und dicht am Rücken, nach unten geführt wird. Sind Brust- und Rückengewicht nun ordentlich straff durch den Schrittgurt verzurrt, sitzt der Helm sicher und fest auf den Schultern. Durch den geringeren Durchmesser des eiförmigen Helms gelangt der Taucher zudem besser mit dem Kopf an den Teller des Auslassventils und an die Ohrmuschel der Telefon-Helmeinheit. Dass die Ösen zum Einhängen der Gewichte auf dem Schulterstück in einem sehr ungünstigen Winkel angebracht sind, macht leider das Ein- und Aushängen von Brust- und Rückengewicht manchmal nicht ganz einfach. Bild B22 Die Taucherschuhe MEDI 721 (20,8kg) wurden für 721-1 und 721-2 verwendet, ©U. Barthel Grundsätzlich wurden bei den letzten Chargen der MEDI-STG-Schuhe und -Gewichte in steingrau ausgeliefert. Man verwendete dafür dieselbe Farbe wie für die Stahlhelme der NVA. Die STG-463- und STG-721/1-Helme sind innen elfenbeinweiß gestrichen/gespritzt, der STG-721/2 im typischen hellen steingrau. Die Außenseite der Kupferhelme wurde durch eine Schutzschicht aus Zaponlack geschützt. Einige wenige Helme sind außen mit weißem Schutzlack versehen worden. Diese Schutzschicht hatte aber bei weitem nicht die Qualität der Schutzbeschichtung der weißen Dräger-Helme. Das MEDI 721/2-Equipment wurde nur noch mit 15-m-langen, schwarzen Schläuchen ausgeliefert. Da die MEDI 734 (63017)-Taucherhebelpumpe nur bis zu einer Tauchtiefe bis maximal 20 m zulässig war und sowieso ab 10-12 m Tauchtiefe parallel geschaltet werden sollte/musste, wurden verschiedene Druckluft-Verteilertafeln konstruiert und gebaut. Bild B19 Die Taucher-Automatentafel MEDI 731 für die Luftversorgung von 2 Tauchern, ©U. Barthel Typ MEDI 731 [09] war eine gewöhnliche Taucherluft-Versorgungsanlage für zwei Taucher mit einem Umschaltventil. Die Taucher-Versorgungsanlage MEDI 732 konnte drei Taucher versorgen und verfügte über zwei Ventile zum Umschalten von Speicherflaschen auf Taucherpumpe. Die Luftversorgungsanlage MEDI 733 war wiederum für zwei Taucher ausgelegt. Die darin verbauten Taucherautomaten verfügten jedoch über zwei Anschlüsse und ein Absperrventil. Alle genannten Anlagen wurden im Zeitraum von 1953 bis 1969 konstruiert und in minimalen Stückzahlen produziert. Da sie bei Ersatz oder Neuanschaffung gnadenlos der Verschrottung zum Opfer fielen, gelten die wenigen noch existierenden Stücke unter Sammlern als absolute Pretiosen mit sehr hohem Sammlerwert. Weitere Änderungen gegenüber dem MEDI 721/1 gibt es nicht. MEDI hat mit der Version 721/2 den Zenit der ostdeutschen Konstruktion und Produktion von schlauchgestützten Helmtauchgeräten erreicht. Anerkennend muss man sagen, dass sich die Qualität der Helme von den ersten 463er bis zu den letzten 721/2er Helmen sehr verbessert hatte. Die produktionsbedingte Maßhaltigkeit der einzelnen Bauteile, die Oberflächenverarbeitung und Behandlung, Lötstellen, Nähte der Anzüge usw. sind zuletzt in einer exzellenten Ausführung erfolgt. Wenn man die Geschichte und Entwicklung der MEDI-Helmtaucherausrüstung verfolgt, wird klar, dass es ziemlich schnell gelungen war, einen akzeptablen Taucherhelm und das weitere notwendige Zubehör zu entwickeln und sich so theoretisch von Importen von den Dräger-Werken unabhängig zu machen. Die jetzt endgültige Form von Helm und Schulterstück fand nun auch größtenteils die Akzeptanz der Taucher. Weitere Veränderungen an dieser Ausrüstung waren nicht mehr möglich. Die Entwickler, Konstrukteure und Arbeiter von MEDI waren schon mit anderen Projekten betraut worden. Wie aber sah die Realität im praktischen Tauchbetrieb jener ersten Jahre aus? Helmanschlüsse für die Pressluft-Brustgewichte, die kurzen Helmschläuche sowie Telefonleitungen waren untereinander nicht kompatibel. Einzig die langen Luftschläuche bis zum Anschluss an das Winkelstück des kurzen Helmschlauchs konnten untereinander getauscht werden. In den ersten Jahren sorgten nun unterschiedlichste Ausrüstungsteile von Dräger, MEDI 463, MEDI 721/1 und MEDI 721/2 stellenweise für ein Chaos in der Taucherlast. Diverse Helm- und Pressluft-Brustgewichtschläuche, Adapter, unterschiedliche Muttern für die Bolzen der Helmflansche, Telefonkabel mit nicht kompatiblen Anschlüssen und Frontfenster mit verschiedenen Gewinden waren Grund für Ärger, Nichteinsatzfähigkeit, Ausfälle oder zumindest hohe Zeitverzögerungen. In den militärischen Einheiten wurden daraufhin rigoros ganze STG-Sätze ausgetauscht und gegen einheitliche Ausrüstungen ersetzt. Durch Mangelwirtschaft und unzureichenden Nachlieferung kam jedoch ein großer Teil der auszumusternden Ausrüstung, statt konsequenter Weise in die Verschrottung, erst einmal und vorsichtshalber in rückwärtige Materialdepots und Arsenale und wurde dort langzeitkonserviert (ein großes Glück für Tauchhistoriker und Sammler von Taucherhelmen). Der Autor hat selbst erlebt, dass in der Truppe die MEDI STG 721/2 benutzt wurden, während in der Staatsreserve noch die MEDI 463 STG auf ihren großen Einsatz warteten. Bild B25 NVA-Pioniertaucher-Gruppe mit komplettem MEDI 721-2-Schlauchtauchgerät Mitte der 70er Jahre, Fotoarchiv von Ulf Barthel Insgesamt war es den MEDI-Angehörigen tatsächlich gelungen, in relativ kurzer Zeit eine brauchbare Helmtaucherausrüstung zu produzieren. Bis zum Ende der DDR 1989 wurde diese Helmtaucherausrüstung nun von Militär- und Industrietauchern genutzt. Über die Anzahl der ausgelieferten Ausrüstungen gibt es unterschiedliche Meinungen/Aussagen. Die Zahlen variieren zwischen minimal 150 und maximal 250 Stück. Die Verifizierung der Herstellung von maximal 30-40 Stück Helmen MEDI 468 und einer ungefähren Menge von 150 Stück MEDI 721/1 & 721/2 (in Summe) [01] ist auf Grund der gar nicht bzw. nur fragmentarisch erhaltenen Produktionszahlen-Nachweise von MEDI zurzeit nicht möglich. Obwohl bisher kein Helm mit einer Nummer über 250 nachgewiesen werden konnte, ist eine Produktionsmenge von ca. 200 Stück als realistisch zu betrachten. Die Nummerierung auf den Helmen darf jedoch keinesfalls als Anzeiger für die Produktionsstückzahl verwendet werden. Sie entsprechen in keiner Weise den Produktionszahlen und spiegeln weder die tatsächlichen Einsatzmengen noch die Verfügbarkeitsmenge in den militärischen Verbänden wider. Diese Nummern wurden ausschließlich im militärischen Einsatz verwendet und dienten in erster Linie dem Nachweis der durchgeführten Wartungs-/Inspektionsarbeiten der Einsatzhelme [04]. Die Nummerierungen von Helmen sind unlogisch vergeben worden. Eine komplette Ausrüstung MEDI 721/2, die sich der Autor direkt aus Militärbestand beschaffen konnte, wies im damaligen, unbenutzten Zustand z.B. keine Nummerierung auf. Weitere MEDI 721/2 ohne Nummerierung aus dem Bestand der Volksmarine sind bekannt. Im Zuge von Austausch (z.B. Tausch von 721/1er gegen 721/2-Schulterstücke), Ausmusterungen bzw. Teil-Instandsetzungen, wurden im Alltag immer wieder Helme und Schulterstücke untereinander ausgewechselt. Nach [03] haben MEDI-STG, die im Bestand der VEB Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei Rostock angeschafft wurden, keine Nummerierungen bei Übernahme gehabt. Sammler, die Helme mit den begehrten gleichen Nummern auf Helm und Schulterstück besitzen, wissen daher um die Wertsteigerung solcher Helme, die allein auf dieser Tatsache beruht. Auf Grund der Befürchtung, dass Helmtaucherausrüstungen eventuell zur Republikflucht genutzt werden konnten, mussten ausgemusterte Taucherhelme spätestens ab Anfang der 70er Jahre unbrauchbar gemacht werden. In der Praxis wurden dazu mit der Spitze eines Zimmermann-Hammers alle Scheiben und der Helm mehrfach durchlöchert, natürlich erst, nachdem alle demontierfähigen, brauchbaren Ersatzteile entfernt worden waren [03]. Wie schön, dass einigen Helmen dieses unwürdige Ende erspart blieb und sie stattdessen, wie auch immer, den Besitzer wechselten, um forthin, liebevoll gehegt und gepflegt, ihr Dasein bei einem pensionierten Berufstaucher, Tauchenthusiasten oder Helmsammler zu fristen. Obwohl die MEDI-721-Geräte im Jahr 1965 eine neue Teile-Nummer bekamen (jetzt MEDI-61001), wurde die Produktion im Jahr 1969 eingestellt. Das erklärt sich unter anderem durch die Veränderung im Bereich der Tauchtechnik. Die schweren Helmtauchgeräte wurden auch in der DDR immer mehr von leichten schlauchgestützten Tauchgeräten bzw. autonomen Pressluft-Tauchgeräten, KV-Anzügen und Vollgesichtsmasken abgelöst. Durch die sich schnell verändernde Tauchtechnik wurde der grundsätzliche Bedarf an Helmtauchertechnik in der DDR jedoch in keiner Weise sofort bedeutungslos. So wurde beispielsweise in den Produktionsvorschlag für den Zeitraum 1966-1970 immerhin noch ein Produktionsvolumen von 400 (!) MEDI 721/2 bzw. dessen Nachfolgeentwicklung aufgenommen [09]. Auch wenn die sozialistischen Planer hier einen unrealistisch hohen Bedarf angemeldet haben, um dann im Endeffekt wenigstes tatsächlich Material und Arbeitskapazitäten für 25%-30% dieser Menge (also 100-120 STG) zu erhalten [01], spricht das für eine vorhandene Nachfrage. Natürlich wurde, immer mit einem Auge über den Zaun (in diesem Fall wohl eher die Mauer) schauend, wahrgenommen, dass in den USA und auch bei Dräger an der Entwicklung leichter Taucherhelmen aus Kunststoff gearbeitet wurde. Es ist bestätigt, dass bei MEDI Leipzig 1967 mit der Planung und 1968 mit dem Bau von Taucherhelmen aus Kunststoff (GFK/Epoxidharz) begonnen werden sollte. Das war eine logische Entwicklung, denn in der DDR, dem „Land der Plaste und Elaste“, wurde in diesen Jahren sehr viel versucht, um mit Kunststoffen und Produkten daraus am Weltmarkt wettbewerbsfähig zu werden. 1969 hat man bei MEDI tatsächlich mit der Entwicklung von GFK-Taucherhelmen begonnen, diese jedoch kurz darauf abrupt auf Staatsanweisung eingestellt. Vermutlich wird wiederum die Unwirtschaftlichkeit der großen Bindung von Ingenieursleistung, Arbeitskräften, Material und Produktionskapazitäten für eine minimale Stückzahl an Plaste-Taucherhelmen dafür den Ausschlag gegeben haben. Auf Grund der weltweiten Entwicklung wurde jedoch gerade von Seiten des Militärs und der Sicherheitsorgane, aber auch der Forschung, immer wieder auf die Beschaffung neuer, moderner Helmtauchertechnik gedrängt. Im Rahmen der Militär-Kooperation der Staaten des Warschauer Vertrages wurde Anfang der 80er Jahre die damalige CSSR mit der Entwicklung einer neuen Generation Helmtaucher-Ausrüstungen beauftragt. Die dort entwickelten schlauchgestützten Taucherausrüstungen mit Kunststoff- Taucherhelmen sollten den gesamten Bedarf des SW (sozialistisches Wirtschaftsgebiet) absichern. 1989 erhielt dann die NVA auch die ersten tschechoslowakischen SPP-50-Helmtaucherausrüstungen. Kurze Tests durch Dienststellen der NVA erwiesen aber schnell eine massive Praxisuntauglichkeit. Durch die einsetzenden politischen und militärischen Veränderungen musste sich damit jedoch niemand mehr über oder unter Wasser groß auseinandersetzen. Mit Auflösung der DDR am 30.09.1989 endet die kurze aber interessante Geschichte der ostdeutschen Taucherhelme. Man kann darüber streiten, ob durch MEDI nun im Zeitraum von 1954 bis 1969 drei oder zwei Typen Schlauchtauchgeräte und eine davon in zwei Varianten hergestellt worden ist. Richtig ist, dass es nur zwei verschiedene Artikelnummern, 463 und 721 (61001) gibt. Zu einer tatsächlichen Variantenunterscheidung durch Artikelnummer, wie bei den ersten Drucklufttauchgeräten MEDI 713 und MEDI 713A, ist es nicht gekommen. Die Darstellung der drei Varianten dient vordergründig der sowieso schon vorhandenen prinzipiellen Unterscheidung dieser DDR-Schlauchtauchgeräte durch Tauchtechnik-Experten und Tauchhistoriker. Die äußerlich stark auffallende Änderung der Form des Schulterstücks und die damit einhergehenden Funktionsunterschiede im Gebrauch, sowie eine nicht unerhebliche Anzahl von angefertigten MEDI 721/1, rechtfertigen daher die in diesem Beitrag aufgezeigte Untergliederung in drei Typen. Bild B26 Autor mit kompletter MEDI 721/2 Anfang 1993 im Tauchturm der Marinetaucher in Stralsund/Dänholm, Foto: Ansgar Kompaß Alle mit ©U. Barthel gekennzeichneten Bilder sind Eigentum des Autors. Sie dürfen nur mit seiner Zustimmung anderweitig, egal in welcher Form, gezeigt werden. Quellen: [01] Pelz, Hans, Ltr. der Versuchswerkstatt MEDI Leipzig, diverse Interviews [02] Michaelis, Ulrich, Militär- u. Berufstaucher, Interview [03] Reichert, Jürgen, Tauchermeister BBB-Rostock, Interview [04] Schulz, Otto, Oberstleutnant i.R., stv. Leiter Tauchdienst TLE-40, Interview [05] Winkler, Hermann, Forschungstaucher Institut Hochseefischerei Rostock, Interview [06] Kasernierte Volkspolizei der DDR, Dienstvorschrift DV45-9 1954 [07] Dräger Werke Lübeck, handschriftliche Helmnummern-/Lieferliste [08] Barthel, Ulf, Tauchermesser der Organe der DDR 2, Tauchhistorie 7/2017, S.62 [09] Barthel, Ulf, Sächsisches Staatsarchiv / www.altes.tauchen.seveke.de, eigene Recherchen [10] Seveke, Lothar, MEDI - eine (ost)deutsche Geschichte, Tauchgeschichte Spezial 1/2014, S. 23 [11] Wesenigk, H., Schutz-, Rettungs- und Taucherwesen Teil II, 1966 ----------------------------------------------------------------------------------------------- Auf den Spuren des MEDI 713 in der Tschechoslowakischen Republik Autor: Dušan Šuráni (Übersetzung aus dem Tschechischen, Original-Artikel unter www.htg-th.eu/th4/m713.pdf) Es ist einzigartig und hat etwas Besonderes... Obwohl es sich jetzt unter einer imaginären Staubschicht verbirgt, erntet es weiter große Bewunderung aller Insider. Lernen Sie es kennen, dieses erste in der Tschechoslowakischen Republik eingesetzte industriell produzierte Presslufttauchgerät Medi 713, bei uns damals in der CSSR "Medina" genannt (CSR - Tschechoslowakische Republik (1948–1960), danach CSSR, S für sozialistisch). Das Licht der Welt hat es in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in der damaligen DDR erblickt, genauer im VEB Medizintechnik in Leipzig [Sev1]. Bald darauf war das Phänomen „Medina" auch bei uns in der Tschechoslowakei angekommen und wurde in den sich gerade gründenden Sporttaucher-Clubs und im Rahmen der SVAZARM (Svaz pro spolupráci s armádou - Verband für Zusammenarbeit mit der Armee) genutzt. Wie hat eigentlich die Geschichte des Gerätes in der CSSR begonnen? Die Anfänge des Sporttauchens In den Jahren 1955-58 entstanden erste Tauchgruppen und Clubs im Land, es gab aber keine tschechoslowakische Industrieproduktion von Tauchausrüstungen. Der heimische Markt bot damals keine Tauchregler, Sauerstoffgeräte oder Presslufttauchgeräte mit offenem Kreislauf an, die zum Sporttauchen geeignet gewesen wären. Deshalb bastelten einige Enthusiasten in diesen ersten Tauchgruppen sich selbst verschiedene „technische Ausrüstungen" und Regler, die es ihnen zumindest für eine kurze Verweilzeit ermöglichten, unter die Oberfläche von Seen, gefluteten Steinbrüchen und Flüssen zu sehen. Zweischlauchregler aus Flugzeug-Sauerstoffreglern KP-14 (KP-18), z.B. aus dem Düsenjäger MIG-15, Einschlauchregler in Gehäusen von Autohupen (auch dort wurden Flugzeugregler genutzt) - das alles kam aus ihren bemerkenswerten „Werkstätten" [SeSu1]. Erst 1958 wurden auf Weisung des Zentralkomitees der SVAZARM die ersten Taucher zu einem Kurs in die DDR geschickt. Vladimír Král aus Karlovy Vary erinnert sich, dass Dipl.-Ing. Jaroslav Dvo?ák aus Prag, Viktor Zají?ek aus M?lník, Dr. med. Karol Macoun aus Prag und Kpt. Stanislav T?šinský von der Pioniertruppe des Volksverteidigungsministeriums für den Tauchkurs ausgewählt wurden. Diese Männer sind dann mit der Berechtigung zum Tauchen mit einem Presslufttauchgerät zurückgekommen, die die GST (Gesellschaft für Sport und Technik der DDR) erteilt hatte. Danach hat Vladimír Král im September 1958 im Leipziger VEB Medizintechnik an einer Schulung zum Sauerstoff-Kreislaufgerät Medi-Nixe teilgenommen. Im folgenden Jahr kamen dann zehn Medi 713 und fünf Geräte Medi-Nixe über die Grenze zu uns. So waren die ersten industriell hergestellten Tauchgeräte da und konnten in Tauchklubs und Tauchgruppen eingesetzt werden. Tschechoslowakische Geschichte der „Medina" Nun verbreiteten sich die Tauchgeräte schlagartig. Noch im Jahre 1959 wurde in Mšeno bei M?lník ein erster Tauchkurs für Tauchausbilder organisiert, an dem zwanzig Auszubildende aus der ganzen Republik teilnahmen - die Brüder Beránek, Milan K?íž aus Ostrava, Bohuslav Zíka aus Pilsen, Vladimír Král aus Karlovy Vary, Josef Mergl, Václav Rott aus Prag und andere, die heute Legenden und Zeitzeugen des tschechoslowakischen Tauchens sind. Es fehlte nicht einmal ein Oberstleutnant Gazdík, damals der Sekretär die Tauchsektion des Zentralkomitees der SVAZARM. Bei diesem Tauchkurs wurden natürlich Presslufttauchgeräte Medi 713 eingesetzt, und sie wurden so zu Leitgeräten für das organisierte Tauchen. 1960 hat die SVAZARM aus der DDR weitere etwa hundert Medi 713 eingekauft (die genau Anzahl ist heute nicht mehr feststellbar) und zehn Sauerstoff-Kreislaufgeräte Medi-Nixe. Diese Geräte wurden schrittweise an die entstehenden Tauchklubs und Tauchgruppen der SVAZARM abgegeben. Aus verschiedenen Bezirken nahmen weitere 25 Interessenten an einem nächsten Tauchkurs teil, der an einem gefluteten Steinbruch bei H?ím?ždice stattfand. Ähnliche Tauchkurse führte man dann auch an anderen Orten durch. An die Tauchklubs und Gruppen, in die die Absolventen der Kurse gingen, wurden ein oder zwei Presslufttauchgeräte Medi 713 vergeben. Nachweislich haben sich über die Medi 713 die Mitglieder des Prager Tauchklubs, die Sporttaucher in ?eské Bud?jovice, Písek und T?ebo? gefreut. Ein oder zwei Geräte kamen in die Slowakei nach Tren?ín. Ich habe selbst 1961 mit dem Tauchen in Šurany in der Slowakei begonnen, aber zu der Zeit habe ich vom Medi 713 nichts gewusst. Erst später, als ich ein Heft der DDR-Zeitschrift Poseidon in die Hände bekam, habe ich gelesen, dass ein solches Gerät existiert. Die Nutzung der Medi 713 war in den Tauchergruppen der SVAZARM ziemlich umkämpft. Der Gründer des Tauchklubs Neptun in Ceské Budejovice und einer der ersten Tauchlehrer in Südböhmen, Vlastimil Blažek, erzählte auch davon. „Zehn Taucher teilten sich ein Gerät", erinnerte er sich. „Wenn sie Ausbildung in der Schwimmhalle gemacht haben, musste der Taucher nach wenigen Minuten schon wieder auftauchen, da schon der nächste Schüler auf das Gerät wartete.“ Auch daraus ist zu hören, dass es wohl eher eine Tauchertaufe als eine Ausbildung war. Man könnte auch mal darüber reden, dass das Tauchen mit dem "Medina" immer sicher war. Warum? Das Pressluft-Manometer war direkt am Regler angebracht, man konnte es also nur paarweise gegenseitig kontrollieren. Das einzigartige Tauchgerät Halten wir uns einen Moment bei den technischen Parametern auf. Das Tauchgerät Medi 713 ist von dieser Seite her ein wirkliches Unikat - einerseits deshalb, weil der Regler mit dem Tragegestell fest verbunden ist, und andererseits, weil die Flaschen zum Füllen abgeschraubt werden müssen. Bei anderen Pressluft-Tauchgeräten (z.B. russischer oder später tschechoslowakischer Produktion wie PL-40) kann man die Flaschen über einen separaten Anschluss füllen. Die Stahlflaschen werden an die Hochdruck-Verbindung mit dem Lungenautomaten und dem Manometer geschraubt. An der Rohrkonstruktion und dem Reglergehäuse waren Gurte für das Tragen und die Befestigung am Taucher angebracht. Es gab mehrere Prototypen des Gerätes, bei denen sich jeweils immer etwas verbesserte. Im Mundstück der ersten Ausführung des Modells 713 waren noch keine Richtungsventile. Das Atmen unter Wasser war damit ziemlich erschwert - beim Atmen mit einem Partner aus einem Gerät zur Lösung einer Krisensituation lief Wasser in die Schläuche. Daher wurde in die Einatmungsseite des Mundstücks ein Ventil eingebaut. Die Konstruktion und der Austausch eines verschlissenen Ventils waren kompliziert (Anmerk. d. Redakt.: Es ist ungeklärt, ob das noch im alten Mundstück erfolgte oder erst in dem des 713A.). Seit 1960 wurde das Modell 713A hergestellt. Dafür hat man das Tragegestell stark überarbeitet, vor allem im unteren Teil. Die Konstruktion des ganzen Mundstücks war auch einfacher, sodass man ein verschlissenes Ventil leicht austauschen konnte. Der zugelassene Flaschenfülldruck wurde zum Modell 713 A von 150 bar auf 200 bar erhöht. Die maximale Tauchtiefe blieb auch bei diesem neuem Model Geräte 713A 15 m. Im Jahre 1965 wurde die Herstellung des Medi713A beendet. Zum Gerät wurde eine Tragetasche geliefert, die außer dem Pressluft-Tauchgerät folgendes enthielt: Schwimmflossen, eine Tauchmaske mit Nasenklemme, eine Pressluft-Umfüllarmatur, ein Schraubenschlüssel SW 32, Dichtringe und die Bedienungsanleitung. Das Gerät ist mit einem einstufigen, gegen den Druck dichtenden Regler ausgestattet (upstream). Auch das macht ihn besonders, denn die üblichen einstufigen Regler (nach dem Modell des französischen „Mistral") oder die ersten Stufen zweistufiger Zweischlauchregler dichteten meist mit dem Druck (downstream). Medi 713 und 713A gab es in den Farben grau, Hammerschlag grün und matt verchromt, je nach "Kundenwunsch". Der Dezember-Ausgabe 1962 der Zeitschrift "Arbeiter der SVAZARM" (Pracovník Svazarmu) zufolge hat man das Gerät bei uns für 1.800 KC (etwa 600 Mark der DDR) verkauft. Schema des Pressluft-Tauchgerätes „Medi 713“ aus [KliKü1]: Bild 11 1. Regler, 2. Stahlflasche, 3. Einatemschlauch, 4. Ventilstück, 5. Mundstück, 6. Ausatemschlauch, 7. Flaschenventil, 8. Tragegestell, 9. Manometer, 10. Anschluss-Schraube, 11. Tragegurt, 12. Haltegurt, 13. Leibgurt, Gewicht: Gewicht des Gerätes ohne Flaschen: 3,5 kg Gewicht des Gerätes mit gefüllten Flaschen: 11,7 kg Gewicht des kompletten Gerätes mit Tragetasche und allen Zubehör: 14,0 kg Das Zahlenspiel Und wie es ist mit den Seriennummern der einzelnen Modelle des „Medina", in denen Lücken und Wiederholungen sind - ein Rätsel? Nein, die Erklärung ist letztendlich ganz einfach... Zwischen den einzelne Prototypen des Presslufttauchgerätes gab es bei der Herstellung die Nullserien. Die Seriennummern wurden wieder neu vergeben und einige Serien wurden sogar niemals hergestellt. Nach Schätzungen wurden etwa 900 Geräte 713/713A ausgeliefert. Eines der letzten produzierten Geräte hatte allerdings die Seriennummer 1357. Das Modell 713 wurde bis 1959 gebaut. Davon produzierte man etwa 210 Stück. Im folgenden Jahr hat die Herstellung des Modells 713A begonnen, die bis 1965 lief. Bis 1968 wurden noch Geräte ausgeliefert, die allerdings aus Lagerbeständen kamen. Bewachtes „Juwel" Jetzt in der Tschechischen Republik ein Gerät „Medina" zu bekommen, ist ziemlich unmöglich. Nur einige Liebhaber alter Tauchertechnik bewachen in ihren Sammlungen ein MEDI 713 oder Teile davon, also den eigentlichen Regler, ein Tragegestell mit den Flaschen oder das ganze Presslufttauchgerät. Die Sammlung des Nationalen Technikmuseums hat ein komplettes Presslufttauchgerät MEDI 713. In den Jahren 1962 bis 1963 ist das Gerät langsam in Vergessenheit geraten, da es durch das Pressluft-Tauchgerät Rekord mit dem Regler AV-1, später AV-2 ersetzt wurde. Das ist aber schon eine andere Geschichte... Nachwort des Autors So ein Pressluft-Tauchgerät Medi 713 wollte ich gern in meiner Sammlung haben, auch, um mit ihm zu tauchen. Aber selbst Dokumentationen oder Bilder waren 55 Jahre nach seiner „Geburt" schwer zu finden, nicht nur bei uns, auch in Deutschland. Ich habe mich an einige deutsche Freunde gewandt, hiesige Zeitzeugen gesucht und Dutzende E-Mails geschrieben, in denen ich um Informationen zu dem Gerät gebeten habe. Nach mühsamen Nachforschungen ist es mir schließlich gelungen, ein „Medina" von einem Sammler in Deutschland zu bekommen, vollständig und in gutem Zustand. Eine kleine Überholung hat gereicht und nach mehr als einem halben Jahrhundert seiner Existenz war es voll funktionsfähig. Zum ersten Mal konnte ich das MEDI 713 in offenem Wasser bei einem gemeinsamen Tauchen mit Jarda Klepal in einem gefluteten Steinbruch Bozená Hora bei Sedljany ausprobieren. Es goss wie aus Kannen, aber das konnte uns von der Wiederbelebung der Vergangenheit nicht abschrecken. Jarda nahm eine 7-l-Flasche mit einem Saturn, einem alten Regler aus tschechoslowakischer Herstellung, ich das Tauchgerät Medi 713, und ab ging es in das Wasser. Ich erwartete, dass das Atmen unter Wasser leichter würde. Aber den Regler des Gerätes ist nicht mit einem Injektor zur Reduzierung des Atemwiderstandes ausgestattet. Das Tauchen war ähnlich wie mit den ersten Reglern aus tschechoslowakischen Herstellung. So oder so, ich habe mir einen meiner großen Wunsche erfüllt... Danksagung Jede Information über das Pressluft-Tauchgerät Medi 713 war für mich sehr wertvoll. Deshalb möchte ich den deutschen Freunden Franz Rothbrust aus Neustadt/Wstr., Friedrich Högner aus Ludwigsfelde und Dr.-Ing. Lothar Seveke aus Dresden danken. Vor allem gilt mein Dank den langjährigen Tauchern Vladimír Král aus Karlovy Vary, Dipl. Ing. Josef J. Dvorázek aus Ostrava, Petr Katz aus Sydney, Dipl. Ing. Oldrich Lukš aus Neratovice, Dipl. Ing. Jirí Slabý aus Tábor und Vlastimil Blažek aus Ceské Budejovice, die viel für das Sporttauchen in der Tschechoslowakei getan haben. Literaturnachweis: [Dvo1] Josef J. Dvorázek, Geschichte des Tauchen in Tschechien und der Slowakei (Dejiny potápení v eských zemích a Slovenska), Moravapress, s.r.o., 2013 [Kat1] P. Katz, Potápecské prístroje a automatiky, CD, privates Archiv Katz [KlKü1] Klingbeil/Kühlman, Sporttauchen, Verlag Sport und Technik, Berlin 1958, S. 113 -115 [MEDI1] VEB Medizintechnik Leipzig, Prospekt „Medi Pressluft-Tauchgerät 713“, Leipzig [SeSu1 L. Seveke, D. Šuráni, Saturn - die Zweischlauch-Legende aus der CSSR, Tauchhistorie 04/2015 [Sev1] L. Seveke, Tauchtechnik bei MEDI Leipzig, Tauchhistorie Spezial, 02/2014 Fotografien aus den Archiven des Autors, V. Blažek, J. J. Dvorázek, J. Slabý und Petr Katz. Der Autor Dušan Šuráni wurde 1946 geboren und taucht seit 1961. Er ist Mitglied der Historischen Tauchergesellschaft der Tschechischen Republik. Fünfundzwanzig Jahre lang war er Tauchlehrer und hat sich neuen Tauchern in Klubs in Ceské Budejovice, Tábor und Olomouc gewidmet. Zur Zeit beschäftigt er sich besonders mit Unterwasserfotografie. Er interessiert sich auch für die Tauchgeschichte und Hersteller von alter Tauchtechnik aus der ehemaligen Tschechoslowakei und aus aller Welt. Er ist Sammler von Tauchtechnik, speziell von Tauchreglern. Die gefundenen Informationen editiert er mit sehr guten Technikfotos auf seiner Webseite www.vsc-ds.cz. --------------------------------------------------------------------------------------------- Technische Ergänzungen zum RG-UF/M Von Michael Müller Das RG-UF/M ist als Rettungsgerät zum kurzzeitigen Austauchen aus geringer Tiefe, z.B. aus Fahrzeugen, konzipiert. Es gibt aber wohl technisch versierte und entsprechend ausgebildete Nutzer, die das Gerät auf eigenes Risiko zum Tauchen verwenden. Da es für diesen Zweck nicht hergestellt wurde, gibt es auch keine geeigneten Beschreibungen dazu. Nachfolgend geben wir einige technische Informationen, Daten und Erfahrungen dazu, um lebensgefährliche Fehler bei der Nutzung zu vermeiden. Wir weisen aber ausdrücklich darauf hin, dass das Gerät kein Tauchgerät ist und nicht als solches zu verwenden ist. Den Nutzern, die mit dem RG-UF tauchen, ist das grundsätzliche Prinzip eines Sauerstoff-Kreislaufgerätes bekannt, so dass hier nicht weiter darauf eingegangen wird. Atembeutel/Gegenlunge Der Atembeutel besteht aus doppelseitig gummiertem Gewebe wie es bei Schlauch- oder Faltbooten als Außenhülle genutzt wurde. Vermutlich wurde es auch bei dem bekannten DDR-Hersteller POUCH hergestellt. Das Volumen der Gegenlunge beträgt nur 3 +-0,5 Liter. Auf den ersten Blick erscheint das recht wenig. Der Beutel besitzt ein Glimmer-Überdruckventil, welches bei etwa 60 mm Ws reagiert. Manche Nutzer verschließen dieses vollständig. Da bisher keine Entwicklungsdokumente zu Verfügung stehen, kann man auch nur mutmaßen, warum das so ist. Plausibel scheint dem Autor die Erklärung, dass man bei unerfahrenen Nutzern eine Hypoxie (Sauerstoffmangel) vermeiden wollte. Da das Atemvolumen eines erwachsenen Menschen in der Regel größer oder gleich 3 Liter ist, würde selbst bei schlecht gespültem Kreislauf und hohem O2-Verbrauch das Zusammenfallen des Atembeutels anzeigen, dass Sauerstoff manuell nachgefüllt werden muss. Das muss dann durch das Zusatzventil erfolgen, da der Taucher sonst nicht mehr voll einatmen kann. Mundstück und Atemschläuche Das Mundstück besteht aus leichtem Plastik-Material und besitzt nach sowjetischem Vorbild integrierte Glimmer-Richtungsventile mit einem freien Durchmesser von 17,9 mm mit Anschlussmutter M36x1,5. Das mitgelieferte Mundstück hat extrem große Ausmaße im Vergleich zu einem heute normalen Sporttauchmundstück. Zusammen mit der äußeren Dichtungslippe wollte man wohl vermeiden, dass das Mundstück aus dem Mund fällt und so Wasser eindringt. Der Verschluss des Kreislaufs erfolgt durch einen passenden Gummistopfen. Die Faltenschläuche sind 320 mm lang und haben einen Durchmesser von 22 mm. Die Gummiqualität ist sehr gut, die Schläuche weisen auch nach vielen Jahre keine Risse, wohl aber Verformungen auf. Das Gasverteilerstück, welches über eine gelochte Gummidichtung mit einer M8-Flügelschraube mit dem Kalkbehälter verbunden wird, ist aus Plastik und relativ bruchanfällig. Hier betragen die Innendurchmesser der Schlauchstutzen nur 17,6 mm. Am Gasverteilerstück ist auch der O2-Schlauch mit einer Überwurfmutter M14x1 angeschlossen. Der Sauerstoffschlauch selbst ist klarer PVC Schlauch. Ein weiterer Schlauchanschluss dient zur Verbindung mit der Gegenlunge. Sauerstoff Regler, Beschreibung und Fehlerquellen Der Regler des RG-UF/M ist eine komplette Neuentwicklung und basiert nur vom Prinzip her auf vorangegangenen Medizinreglern von Medi Leipzig. Der Sauerstoffdruck wird also vom Hochdruck der Flasche auf ca. 3,2 bar (gemessen) herabgemindert und strömt im Konstantflow über eine kleine Düse mit etwa 0,9 l/min in den Kreislauf. Zusätzlich gibt es den Bypassknopf der auf 50 l/min eingestellt ist. Der Reglerkörper ist aus massivem vernickelten Messingguss. Die Hauptregelmembran, bestehend aus einer runden Scheibe aus gummierten Gewebe, ist (soll) zusammen mit dem Federraum komplett nach außen, also gegenüber dem Wasserdruck, abgedichtet sein. Diese Abdichtung erfolgt mittels 2 Dichtungen, einmal an der großen Verschraubung der Membran und einmal an der Verschraubung der kleinen Verschlusskappe. Diese Dichtungen sollte man kontrollieren, dort ist beim Autor bereits mehrmals (Salz-) Wasser eingedrungen, was zur inneren Korrosion führte. Die Einstellung des Flow erfolgt nach Öffnen der kleinen Verschlusskappe mittels Stiftschlüssel über den Mitteldruck durch Verstellen der Federvorspannung. Der Regler besitzt ein Überdruckventil. Die Gummidichtungen dieses Ventils verhärten mit der Zeit, das Ventil wird dann undicht und bläst ab. Dementsprechend sollten sie kontrolliert und ggf. ersetzt werden. Ein weiterer Grund für das Abblasen des Überdruckventils ist ein schleichender Druckanstieg. Das liegt meist am mangelhaft dichtendem Hochdruck-Ventilstein. Dieser besteht aus hartem durchsichtigen Plastikmaterial. Kenner überarbeiten diesen Stein dementsprechend oder bauen sich eine weichere Teflondichtung im Ventilstein ein. Der Mittelduck lässt sich mit einem passenden Manometer messen, welches an Stelle des Überdruckventils in die dann freie M8 Gewindebohrung eingeschraubt wird. Der Gasaustritt aus dem Regler erfolgt über einen Gewindenippel mit Überwurfmutter. Beim Manipulieren an diesem Anschluss ist mit Vorsicht vorzugehen, denn der Nippel ist nur weich eingelötet und kann bei stärkerer Kraftanwendung herausbrechen. Der Anschluss an der Flasche erfolgt mittels ¾-Zoll-Überwurfmutter und Vulkanfiberdichtung. Dementsprechend ist beim Festziehen mit dem Maulschlüssel ein hoher Kraftaufwand nötig. Will man dies vermeiden, legt man eine passende „Usit“-Dichtung ein oder lässt sich von einem Dreher einen O-Ring einstechen. Hier ein Bild nach kompletter Revision. Sauerstoffflasche Zum Einsatz kommt eine normale 0,8 Liter/200bar Stahlflasche. Diese fasst dementsprechend 160 Liter Sauerstoff. Die Flasche ist innen gegen Korrosion lackiert. Das Sauerstoffventil ist eine Spezialausführung. Neben dem normalen Medi-Ventil mit ¾-Zoll-O2 Anschluss besitzt es einen Anschluss mit Rückschlagventil, welcher dazu dient, den Flaschendruck zu kontrollieren. Der Anschluss hat Gewinde M22x1. Es soll Nutzer geben, die hier mittels eines passenden Adapters die O2-Flasche füllen. Dazu braucht diese nicht aus dem Gerät ausgebaut zu werden. Kalkbehälter Der Kalkbehälter ist ein Einwegprodukt aus Plastikmaterial (Polycarbonat, Polystyrol?). Er ist komplett verklebt und enthält etwa 1 kg Atemkalk, welcher auf die zur Verfügung stehende Sauerstoffmenge abgestimmt ist. Die Kalkfüllung ist mittels zentralem Federblech gegen Lockerung verspannt. Im Inneren befindet sich ein zentrales Rohr mit ca. 23,5 mm Durchmesser. Es leitet das Ausatemgas zuerst auf eine wasserabsorbierende Einlage und dann durch den Atemkalk zurück zum Taucher. Es soll Nutzer geben, die den Kalkbehälter zur Wiederbefüllung umbauen, dazu wird der Boden abgesägt und mittels verschiedener Methoden wieder lösbar verschlossen. Gehäuse Das Gehäuse besteht aus Plastikmaterial und ist sehr bruchanfällig. Es nimmt den Kalkbehälter, die Sauerstoffflasche und den Regler auf. Es wird mit einer zentralen Rändelmutter verschlossen. Rückseitig ist die Gegenlunge mit M4-Schrauben verschraubt und ein Bauchgurt aus Baumwolle angebracht. Manche Nutzer befestigen die Gegenlunge etwas höher, um ein angenehmeres Tragegefühl zu erreichen. Fazit Alles in allem ist heute das RG-UF/M ein gutes Gerät zur Demonstration der Funktionsweise eines Sauerstoff-Kreislaufgerätes über Wasser. Wer es tatsächlich zum Tauchen benutzt, tut dies auf eigenes Risiko, eine Empfehlung dafür kann hier nicht gegeben werden und wird ausdrücklich ausgeschlossen. ------------------------------------------------------------------------------------