Restaurieren oder „Verschlimmbessern“ eines Taucherhelmes Von Gottfried Keindl Grundsätzliche Überlegungen Das Objekt der Begierde, ob ein einzelner Taucherhelm für einen Tauchbegeisterten oder ein weiteres Stück für einen Sammler, war Jahrzehnte lang das wichtigste Teil einer Tauchausrüstung. Ein Gebrauchsgegenstand, der meist in sehr rauer Umgebung Verwendung fand aber heutzutage durch Leichttauchausrüstung bzw. durch spezialisierte Aufgabenstellung von hoch professioneller Tauchtechnik mit modernen Kunststoffhelmen abgelöst wurde. So landete mancher dieser alten Tauchausrüstungen zum Vergammeln in irgendeiner Ecke oder sogar auf dem Schrottplatz. Der Helm selbst wurde oft sandgestrahlt, hochglanzpoliert und fand als Lampe in der Kellerbar neue Verwendung. Taucherhelme in Museumsqualität sind sehr selten, zumeist dann sehr teuer oder noch schlimmer, wenn in zu guten Zustand, oft ein Fake. Was ist das Ziel: Das Augenmerk ist auf möglichst authentische Taucherhelme zu richten mit all den Spuren aus der Zeit ihrer Verwendung. Nun ist es naheliegend, diesen Teilen alter Handwerkskunst zu neuem Glanz zu verhelfen, entweder als schönes Dekostück, als Teil einer Sammlung, oder man will sogar einen sicheren Tauchgang damit unternehmen. Da beginnt schon der wichtigste Teil jeder Art von Reparatur oder Restauration bis hin von Ergänzung fehlender oder defekter Teile: Was will man erreichen und wieviel ist man bereit zu investieren. Dabei sind nicht nur Geld und Zeit Faktoren, notwendige handwerkliche Fähigkeiten und Werkzeuge zu prüfen, sondern vor allem die Recherche. Viele dieser Taucherhelme wurden dem technischen Fortschritt angepasst, hauptsächlich bei der Kommunikation und Luftversorgung. Zum Beispiel ein DM20-Lufthelm von Dräger wurde für England auf SiebeFrontfenster und -Telefonstecker umgebaut, oder bei älteren Exemplaren hat man den Sprachrohranschluss demontiert. Hier stellt sich immer die Frage, die Originalität wieder herstellen, wenn überhaupt möglich oder es zu belassen. Die gröbsten Fehler vermeiden: - immer passendes Werkzeug verwenden, Mit einem falschen Schraubendreher kann man in 5 Sekunden mehr kaputt machen als man in Stunden reparieren kann. - fotografische Bestandsaufnahme, Manche Baustellen dauern länger als man denkt. - angepasster Arbeitsschutz. Reinigung: Der Dreck muss runter, aber die Patina muss erhalten bleiben. Schulter-Teil eines Galeazzi-Helmes vor der Reinigung Was man allgemein als Patina bezeichnet, ist Kupfercarbonat, eine dunkelbraune, je nach Oberflächenbehandlung leicht matte Schutzschicht. Ursache ist das Zusammenwirken von Kohlendioxid und Sauerstoff in feuchter Umgebung. Bei hoher Konzentration und über einen Zeitraum von 8 – 15 Jahren kann die Oxidschicht wie bei Hausdächern ein leuchtendes Grün entwickeln. Grünspan dagegen wird fälschlicherweise als Patina bezeichnet, ist aber Kupferacetat, eine chemische Reaktion aus Kupfer und Essigsäure. Diese ist oberflächlich wasserlöslich und darunter erscheint eine meist fleckige schwarze Färbung. Blau-Grün-Färbungen sind starke Anhaftungen die, vorwiegend aus Karbonaten des Kaliums und Natriums mit unterschiedlichem Silikatgehalt, auf Kupfer entstehen und typisch sind für Taucherhelme aus dem Mittelmeerraum. Bei mechanischer Bearbeitung, wie Hochdruckstrahlen oder Ausbeulen platzen diese Anhaftungen mehr oder weniger leicht ab und es kommt eine rötlich matte Kupferoberfläche zum Vorschein. Vorsicht, hierbei ist wirklich die Entscheidung zu treffen „alles runter oder bestehen lassen“. Diese chemischen. Reaktionen verlaufen bei Bronze, Rotguss und Messing identisch ab, wegen des geringeren Kupferanteils nur etwas langsamer. Anmerkung: (Gut zu wissen) dunkle Patina ist unbedenklich, bei Grünspan ist Vorsicht geboten da giftig. Wie bereits erwähnt: Arbeitsschutz beachten, besonders bei Schleifarbeiten. - Taucherhelm komplett zerlegen (Fotos nicht vergessen), - Die Reinigung sollte dort erfolgen wo, möglichst heißes Wasser zur Verfügung steht. - Reinigungsmittel sind Spülmittel und flüssiges Waschmaschinenspülmittel, Haushaltsschwamm, Bürste und ein harter Pinsel (der Hochdruckreiniger bleibt in der Garage). - Viele, besonders deutsche Taucherhelme wurden ab Fabrik mit Zapponlack überzogen, der dieses Anlaufen über längere Zeit verhinderte und an Stellen mit wenig mechanischer Beanspruchung auch noch nach Jahrzehnten erhalten blieb. Daraus ergeben sich zwangsläufig farbliche Unterschiede. - säurehaltige Reiniger wie Essig- oder Zitronenreiniger sollten bei vollflächiger Verzinnung (z.B. Siebe Gorman), wenn auch nur Reste vorhanden sind, nicht verwendet werden. Die Säure reagiert auch mit Lötstellen sehr stark, und es entsteht eine weißlich matte Oberfläche. Behandlung von Funktionsteilen wie Luftablass, Rückschlagventil und Gewinde: - Kontrolle nach Beschädigungen wie z.B. eine verbogene Ventilachse und Fehlteile, - Nach dem Reinigen Dichtflächen und Ventilsitze mit 600 – 800er Nassschmirgelpapier bearbeiten (beim trockenen Schleifen setzt sich das Schleifpapier sehr schnell zu), aber die Kanten nicht verrunden. - Gewinde nachschneiden aber mit Vorsicht, Die Steigungen von damals sind oft nicht vergleichbar mit modernen Gewinden, egal ob englische oder deutsche Norm. Dräger hat zudem noch eine eigene Gewindenorm – also probieren, welche Gewindebohrer oder welches Schneideisen am besten passen. Kleinere Gewindeschäden, wie häufig am Frontfenster, lassen sich mit einer Gewindefeile beheben. Ausbeulen und Richten: Generell lässt sich Kupferblech gut verformen, und so lassen sich Beulen ohne scharfe Ränder leicht egalisieren. Dazu braucht man einen Treibhammer, einen kugeligen Handfäustel, Schonhammer und Ausbeulhammer, und ein bisschen Treffsicherheit im Umgang mit diesen Werkzeugen ist auch von Vorteil. Scharfkantige Beulen sind meist nicht 100-prozentig zu beseitigen ohne das Kupferblech auszuglühen – eher etwas für den Fachmann. Unabhängig davon ist das Ausbeulen an doppelwandigen Stellen, z.B. bei Luftkanälen nicht möglich, ohne die Luftkanäle auszulöten. Das bedeutet aber auch, dass alle Heißarbeiten am Kupferblech durch die entstehenden Anlassfarben die bestehende Patina in jedem Fall verändern. Verbeulter Helm Fenstergläser tauschen: Zwei wichtige Unterschiede in der Konstruktion der Fenster sind die Sicherung bzw. der Einbau der Fenstergläser. Dräger- wie auch französische und russische Helme haben einen gebördelten und verlöteten Fensterrahmen mit einem Gewindering außen, beim Frontfenster ist der Sicherungsring innen. Siebe Gorman und ähnliche Konstruktionen haben einen außen aufgesetzten Fensterrahmen mit durchgesteckten Bolzen mit innen liegenden Muttern. Gemeinsam ist, dass die Fenstergläser (bei Dräger nur bei älteren Modellen) eingekittet sind. Verwendung fand sog. Menninge-Kitt, ein Ölkitt der mit Bleimenninge vermischt wurde und hart austrocknete. Vorsicht, dieser Ölkitt ist an der orangen Farbe erkennbar. Er ist bleihaltig und deshalb auch am Markt nicht mehr erhältlich. (Arbeitsschutz). Der Gewindering lässt sich über die bestehende Rändelung meist nicht öffnen. Sichtbare Spuren am Ring, verursacht durch Hammer und Meißel, sind oftmals Zeugen dieses Unterfangens. Besser ist es, das Glas vorsichtig von der Mitte aus mit Hammer und Meißel nach innen einzuschlagen, die in den Kitt eingelegten Ränder des Glases mit der Wasserpumpenzange zu entfernen und dabei möglichst viel Kitt herauszulösen. Das ist eine große Schweinerei wegen der Glassplitter, funktioniert aber bestens mit einem darunter gelegten Karton. Der schont auch den Flansch während der Arbeiten. Danach Karton und Scherben zusammen entsorgen (Industriesauger, Schutzbrille, Handschuhe). Dann mit einem Ölfilter-Bandschlüssel Gewindering herausdrehen und Kitt vollständig entfernen. Ein Stück der alten Scheibe soll zur Dickenbestimmung, meist zwischen 8,5 bis 9,5 mm, dienen, um beim Glaser entsprechendes ZSG (Zweischeiben Sicherheitsglas) anfertigen zu lassen. Für die Remontage bietet sich als Kitt plastic-fermit an, der im Installationshandel erhältlich ist. Wer es absolut identisch haben möchte kann Farbpigmente in orange einkneten. Alternativ kann man passende Flachdichtungen zu schneiden, wie sie bei den neueren Helmen Verwendung fanden. Der Ausbau der Fenster bei Siebe Gorman oder ähnliche Typen erfolgt durch das Lösen der innenliegenden Muttern (oft drehen sich die Gewindebolzen mit heraus) und dem vorsichtigen Schlagen mit einem Schonhammer von innen nach außen. Fenster, ähnlich wie oben beschrieben, vom Rahmen trennen, Kittreste entfernen. Remontage wie oben beschrieben. Beim Frontfenster und manchen vergitterten Firstfenstern ist der Sicherungsring nur mit einem speziellen Hakenschlüssel zu lösen. Alternativ kann man aus einem Stück Bandstahl, der so zurecht gefeilt wird, dass er genau in die Aussparungen im Ring greift, einen kostengünstigen Ersatz schaffen. Nachfertigen und Aufarbeiten von Beschlagsteilen: Manche Ersatzteile werden in den bekannten online- Plattformen angeboten. Amerikanische (Desco) und italienische (Galeazzi)Taucherhelme werden auch heute noch als Replika hergestellt. Die oft fehlenden Andrückplatten kann man hier auch als Rohlinge bestellen. Wenn das alles nicht von Erfolg gekrönt ist, hilft nur noch der Nachbau. Auf die Möglichkeiten von „Profi-Bastlern“ will ich in diesem Artikel nicht eingehen, aber auch der beste Handwerker braucht eine Vorlage, und da es für Taucherhelme keine oder nur schwer zu beschaffende technische Zeichnungen gibt, bleibt nur das Kopieren von Originalteilen. Nemrod-Helm mit neuen Andruckplatten und Muttern Daher mein Appell an die Helmtaucher-Gemeinde: Unterstützen wir uns gegenseitig, nützen wir die Foren, um diese Exemplare alter Handwerkskunst möglichst authentisch zu erhalten! Unser Autor Gottfried Keindl, HTG, g.keindl@freenet.de ist begeisterter Sammler alter Helmtauchtechnik und aktiver Helmtaucher.