Tauchen im Dienst der Wissenschaft Exkurs zur archäologischen Unterwasserforschung in der DDR, Teil 1 von Dr. Roger Blum Vom Einbaum über vorgeschichtliche und mittelalterliche Siedlungsreste, Brückenanlagen bis hin zu neuzeitlichen Schiffs- und Flugzeugswracks liegen alle möglichen Relikte der Vergangenheit auf dem Grund unserer Gewässer. In den 1950-er und 1960-er Jahren wurde in der DDR mit der Bestandserfassung archäologischer Fundplätze in den Binnenseen und der Ostsee begonnen. Da die Gewässer auf dem Gebiet der DDR archäologisch zum größten Teil noch unerforscht waren, bot sich für Archäologen und Taucher ein reiches Betätigungsfeld. Mancher Siedlungsplatz, von denen die Wissenschaft nichts wusste, wurde von Sporttauchern entdeckt. Es gab einige aufsehenerregende Forschungskampagnen, die wertvolle Informationen über die Siedlungsgeschichte des nordostdeutschen Raumes erbrachten. Der folgende Beitrag stellt anhand von Beispielen die Entwicklung der Zusammenarbeit zwischen Berufsarchäologen und Sporttauchern in der DDR dar. Erste unterwasserarchäologische Forschungsexkursion (Remusinsel, 1956) Sehr früh erkannte der Archäologe Joachim Herrmann (geb. 19.12.1932, gest. 25.2.2010) den wissenschaftlichen Wert und das Potential des Einsatzes von Tauchern. 1955 hatte er seine Tätigkeit bei der Deutschen Akademie der Wissenschaften (AdW) am Institut für Vor- und Frühgeschichte aufgenommen. Ein Schwerpunkt seiner Forschungen waren die vor- und mittelalterlichen Wehranlagen im nordostdeutschen Gebiet. Im Sommer 1956 unternahm Herrmann eine Exkursion auf die Remusinsel im Rheinsberger See bei Warenthin. Auf der Insel befinden sich die Überreste eines slawischen Burgwalls. Weiterhin war eine wüst gefallene slawische Siedlung an der Nordspitze der gegenüberliegenden Buberow-Halbinsel bekannt. Zwischen Insel und Festland wurde eine einstige Brückenverbindung vermutet. Die Suche nach den Überresten dieser Brücke war das Ziel dieser ersten unterwasserarchäologischen Forschungsexkursion in der DDR. An den Arbeiten nahm auch Gerhard Kapitän (geb. 23.4.1924, gest. 25.11.2011) teil. Er hatte von 1950 bis 1953 an der Humboldt-Universität in Berlin (HUB) Archäologie studiert und war nach dem Studium als freier Mitarbeiter bei verschiedenen Berliner Kulturorganisationen tätig. Kapitän gilt als einer der Pioniere der Unterwasserarchäologie. Blick auf die Remusinsel im Rheinsberger See Die wissenschaftliche Leitung der Forschungsexkursion wurde Joachim Herrmann übertragen, die tauchtechnische Leitung Fritz Reusrath (geb. 23.9,1915, gest. um 1986). Letzterer war Leiter der ersten Berliner GST-Tauchsportgruppe. Reusath hatte eine Gruppe junger, stark motivierter Menschen um sich versammelt, die sich für die verschiedensten Gebiete und Techniken der Unterwasserforschung interessierten. Die Gruppe nannte sich „Nautilus“. Im „Haus der jungen Talente“ in der Berliner Klosterstraße hatten sie einige Räume bezogen. Fritz Reusrath (Foto: Archiv Sporttauchermuseum Wendenschloss) Die Unterwassererkundung an der Remusinsel erfolgte am 6. Mai 1956. Die Taucher der „Nautilus“-Gruppe sollten unter Wasser Pfähle suchen und den Verlauf der Brückentrasse möglichst genau beschreiben. Regler–Eigenbau Fritz Reusrath / Günter Netzel (1956) Das Wasser im Rheinsberger See war Anfang Mai noch recht kalt und die Sichtweite mit unter 1 m außerordentlich schlecht. Die gut ausgebildeten Taucher konnten sich im Untersuchungsgebiet kaum orientieren. Anfangs schwammen sie in Kreisen herum und tauchten oft auf. Daraufhin begann Reusrath, die Suche zu systematisieren: Jeweils zwei Ruderboote nahmen einen Taucher in Schlepp. So konnte eine bestimmte Schnittlinie abgesucht werden, die von den Ruderern eingehalten wurde. Es wurde auch das Abschwimmen eines zuvor auf dem Seeboden verlegten Gittersystems erwogen. Für den Rheinsberger See kam dieses Verfahren aufgrund der schlechten Sichtverhältnisse aber nicht in Betracht. Letzlich konnten zwischen Remusinsel und Buberow-Halbinsel keine Brückenreste lokalisiert werden. Allerdings meldete einer der Taucher nach dem Auftauchen, dass er im schlammigen Seeboden einige kleine „Hügelchen“ gesehen habe. Die Abstände waren unregelmäßig und die Lage zueinander konnte er nicht überblicken. Was hatte der Taucher gesehen? Es ist zu vermuten, dass er Pfahlreste entdeckt hatte, denn an der Südostspitze der Remusinsel ragen im Tiefenbereich zwischen 2 bis 4,5 m Wassertiefe kleine, teils kegelförmig verwitterte Pfahlstümpfe aus dem Seegrund. Diese wurden im Jahre 2003 vom Verein für Unterwasserarchäologie Berlin-Brandenburg e.V. lokalisiert. Auch Balken und Bohlen liegen auf dem Grund. Dazwischen Scherben und Gefäßteile aus spätslawischer Zeit, Tierknochen sowie Netzsenker aus Ton. Ob es sich aber um die Überreste einer Brückentrasse handelt, ist Gegenstand neuer Forschungen. Pfahlstumpf an der Südostspitze der Remusinsel Dass die Exkursion 1956 so wenig erfolgreich verlief, wurde zum einen auf die ungünstigen Sichtverhältnisse und zum anderen auf die damals noch recht unzureichende Tauchausrüstung zurückgeführt. Auch zwei weitere, ebenfalls 1956 durchgeführte unterwasserarchäologischen Exkursionen konnten keine wissenschaftlich bemerkenswerten Resultate ergeben. Die Forschungsexkursionen waren der Anfang im Sammeln methodischer Erfahrungen und der Zusammenarbeit zwischen Berufsarchäologen und Sporttauchern. Gründung der Kommission und Arbeitsgemeinschaft für Unterwasserforschung Eine besondere Herausforderung der Unterwasserforschung war vor allem die damals noch unzureichende Tauchtechnik. Zudem waren die Wissenschaftler nur Zuschauer, die die geborgenen Stücke in Augenschein nahmen. Sie waren nicht in der Lage, in die Arbeiten unter Wasser bestimmend einzugreifen. Dieses Problem sollte durch die Gründung einer Kommission für Unterwasserforschung der AdW gelöst werden. Die Kommission nahm seit 1959 die Koordinierung der Anwendung des autonomen Tauchens in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen wahr. Joachim Herrmann wurde Mitglied der neugegründeten Kommission und ihr erster Sekretär. Die Kommission stand unter dem Vorsitz des Präsidenten der AdW Prof. Dr. Werner Hartke. Ihr gehörten aus dem Bereich der Altertumskunde auch Prof. Dr. Paul Grimm und Prof. Dr. Johannes Irmscher an. Joachim Herrmann im Stadtbad Friedrichshain (1966) Unterstützt wurde die Kommission bei der Lösung wissenschaftlicher und technischer Aufgaben durch die Arbeitsgemeinschaft (AG) für Unterwasserforschung. Ihr oblag die praktische Durchführung und Unterstützung der wissenschaftlichen Taucharbeiten. Die AG setzte sich im Wesentlichen aus Wissenschaftlern, Ingenieuren, Technikern und Ärzten sowie aus Mitarbeitern der AdW und der HUB zusammen, die teils im Rahmen ihrer beruflichen Arbeit, teils als besonderes Interessengebiet Unterwasserforschung durchführten. Es gab die Fachgebiete Archäologie und Geologie, Biologie und Hydrologie, Medizin, Physik und Technik. Die Mitarbeiter der Fachgebiete trafen sich regelmäßig, und es wurden Vorträge gehalten. Die AG arbeitete nach einem von der Kommission bestätigten Jahresplan. In ihr fand die Unterwasserarchäologie eine organisatorische Grundlage. Forschungen am Pfahlbau von Altenhof im Werbelinsee (1957 – 1959) Eine aufsehenerregende archäologische Unterwasserforschung erfolgte von 1957 bis 1959 am Werbellinsee. Prof. Dr. Paul Grimm vom Institut für Vor- und Frühgeschichte der AdW zu Berlin und Gerhard Kapitän untersuchten in Altenhof ein Pfahlfeld, das Anfang des 20. Jahrhunderts erstmals im Zusammenhang mit Funden frühgeschichtlicher Scherben erwähnt wurde. Kapitän war Teilnehmer der unterwasserarchäologischen Exkursion, die 1956 an der Remusinsel im Rheinsberger See durchgeführt worden war und gehörte von 1958 bis 1961 der AG für UW-Archäologie der AdW an. Gerhard Kapitän widmete sich besonders den Kemladen, einem spätmittelalterlichen Burgentyp, der auf pfostentragenden Holzplattformen in Seen errichtet wurde. Eine Erkundung im Juni 1957 ergab, dass es sich um etwa 200 Eichenpfähle handelt, die im flachen Wasser nordöstlich der Fischerei stehen. Die Aufnahme eines Lageplans des Pfahlfelds erfolgte im Juli und August 1957. Die UW-Arbeiten wurden im Wesentlichen mit einfacher ABC-Ausrüstung durchgeführt. Kapitän legte über der Fundstelle ein Gitternetz aus. Entsprechend der Sichtweite unter Wasser, die anfangs 5 m betrug, hatte er die abgesteckte Fläche in 25 Quadrate von je 5 m Seitenlänge unterteilt. So konnten die Taucher die exakte Position jedes Pfahls und der übrigen Funde bestimmen. Das Vermessen der Pfähle geschah mit Hilfe einer 2 m langen Messlatte, die mit einer übersichtlichen farbigen Maßeinteilung versehen war. Die Lage der Pfahlreste und ihre jeweiligen Entfernungen zu den Quadratseiten wurden unter Wasser mit Bleistift auf Kunststofftafeln eingetragen. Die Aufzeichnungen ließen sich nach dem Auftauchen gut sichtbar abfotografieren und auf Millimeterpapier übertragen. Aufzeichnung der Vermessung des nördl.Teils des Pfahlfeldes Der Lageplan der Pfahlreste zeigt, dass sich in Altenhof ein nahezu quadratisches Bauwerk befand, dass von einer bogenförmigen Palisade geschützt war. Im Laufe der Arbeiten, die insgesamt sechs Sonntage in Anspruch nahm, ist der Seegrund im Bereich der Pfahlsetzungen und der näheren Umgebung auch nach Kulturhinterlassenschaften abgesucht worden. Es wurden jedoch nur wenige datierbare Funde gemacht. Pfostenplan des Pfahlbaus von Altenhof auf der Grundlage von Kapitän/Grimm mit Ergänzungen aus den Jahren 2018/2020 Im darauffolgenden Jahr wurden die Forschungen fortgesetzt. Grimm fand bei einer Geländebegehung im März 1958 am ufernahen Hang mehrere frühmittelalterliche Scherben. Im Sommer wurden auch die Unterwasserarbeiten wieder aufgenommen. Kapitän wurde von befreundeten Tauchern unterstützt. Zu ihnen gehörte auch Dr. Helmut Wolff, der von 1966 bis 1975 Präsident des Tauchsportklubs der DDR war. Die Untersuchungsergebnisse wurden 1958 von Grimm und Kapitän in der Zeitschrift „Ausgrabungen und Funde“ des Akademie-Verlages Berlin publiziert. Kapitän stellte die Ergebnisse auf dem II. Internationalen Kongress für Unterwasserarchäologie vor, der vom 19.6.1958 bis zum 2.7.1958 im italienischen Albenga stattfand. Die Forschungen am Pfahlbau von Altenhof wurden 1959 fortgeführt. Die Datierung aller Funde ergab, dass es sich um einen Pfahlbau aus dem 13./14. Jahrhundert handelt. Durch die Tauchgänge am Pfahlbau von Altenhof wurde die Bedeutung von Unterwasserforschungen deutlich und das Institut für Vor- und Frühgeschichte der AdW Berlin bat um weitere Hinweise auf Beobachtungen von „Pfahlbauten“ auf dem Gebiet der DDR. Fortsetzung der Kemladenforschung Der Kemladen-Forschung wurde in der DDR besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dieser Burgentyp war vor allem in Mecklenburg verbreitet. Meist hatte sich eine Sage von einem im See versunkenen Schloss erhalten. Eine derartige Sage gab es auch von einem Schloss im Werbellinsee. Die Wossidlo-Forschungsstelle Rostock, die dem Institut für deutsche Volkskunde der AdW zugeordnet war, hatte eine umfangreiche Liste von „untergegangen Schlössern“ erstellt und übergab diese an den Schweriner Heimatforscher Willy Bastian, der bereits mehrere untersuchte Pfahlsetzungen in den mecklenburgischen Seen als Überreste von Kemladen gedeutet hatte. Kapitän erhielt 1959 ebenfalls eine Liste und wurde beauftragt, in den dort bezeichneten Gewässern zu forschen. Den besten Erfolg hatte er im Cambser See bei Schwerin. Gemeinsam mit Tauchern der AG für UW-Forschung der AdW erforschte er dort ein Pfahlfeld in den Jahren 1960 und 1961. Gerhard Kapitän (rechts) am Cambser See (1961) Nach den Erfahrungen im Werbellinsee hatte Kapitän die Arbeitstechnik verbessert. In vergleichsweise wenigen Tauchstunden konnte der Grundriss der Cambser Kemlade erarbeitet werden. Mit dem Ufer war die Anlage offenbar durch einen Steg verbunden. Eine Umzäunung wie beim Pfahlbau von Altenhof konnte allerdings nicht festgestellt werden. Neben einer exakten Vermessung der Anlage wurden verschiedene Gegenstände aus dem 14. Jahrhundert gefunden: Keramikscherben, Armbrustbolzen, Messer, eine Klinge usw. Zu den bedeutendsten Funden zählt ein Messer mit gut erhaltenem Ledergriff und Wappen auf der Heftplatte. Kapitän entwickelte sich zu einer Koryphäe der UW-Archäologie und durfte sogar zu Ausgrabungen ins nichtsozialistische Ausland reisen. Mit Hinrich Hartke und Gisela Grimm, ebenfalls Mitglieder der AG für UW-Forschung, erforschte er ab 1959 im Auftrag der AdW gemeinsam mit Archäologen aus Italien, Frankreich und Großbritannien archäologisch interessante Fundstellen vor Sizilien. Als 1961 in Berlin die Mauer errichtet wurde, kehrte Kapitän nicht mehr in die DDR zurück. Er blieb auf Sizilien. Kapitäns Nachfolger als wissenschaftlicher Sekretär der AG für UW-Forschung wurde Martin Rauschert. Erforschung der slawischen Brücken im Oberuckersee (1962 – 1965) Im Jahre 1962 bat Joachim Herrmann, mittlerweile wissenschaftlicher Oberassistent an der AdW, Martin Rauschert und Klaus Hamann, die Möglichkeiten einer größeren UW-Forschung am Oberuckersee zu prüfen. Das Gebiet gehörte zum Kerngebiet der slawischen Ukranen. Bekannt war, dass von der Halbinsel Seehausen eine Brücke zur Fergitzer Burgwallinsel führte. Herrmann interessierte sich vor allem für den Bereich zwischen der Insel und dem westlichem Seeufer bei Fergitz. In diesem Bereich wurde eine weitere Brückenverbindung vermutet. Die Suche nach Brückenresten war erfolgreich. Rauschert und Hamann konnten die Existenz von Pfählen zwischen der Burgwallinsel und der Seehausener Halbinsel als auch zwischen der Burgwallinsel und dem Fergitzer Ufer nachweisen. In den Jahren 1963 bis 1965 wurde das Brückensystem dann eingehend erforscht. An der Forschungskampagne nahmen neben Joachim Herrmann, Martin Rauschert, Klaus Hamann, Klaus Wachtel und dem Grabungstechniker Manfred Graffenberg vom Institut für Vor- und Frühgeschichte auch die Taucher der AG für UW-Forschung Alfred Kupke, Walter Richter und Peter Scharf teil. Joachim Herrmann (ganz rechts) leitete die Forschungsarbeiten am Oberuckersee Wolfgang Fischer, Klaus Wachtel, Klaus Hamann, Walter Richter und Alfred Kupke (von links nach rechts) Eine Herausforderung war es, die vielen Pfähle einem System zuzuordnen. Es war nicht einfach, die schlammbedeckten und mit Wasserpflanzen überwucherten Pfahlreste über 2 km unter Wasser zu verfolgen. Vermessung von Pfahlresten im Oberuckersee bei Prenzlau Bei der Vermessung halfen Messbänder und -latten weiter. Die Koordinaten der einzelnen Pfähle hielten die Taucher auf Schreibtafeln fest und übertrugen sie anschließend auf Millimeterpapier. Die Markierung der Pfähle erfolgte durch Bojen. Dadurch konnte der Verlauf der Trasse sichtbar gemacht und von Land aus eingemessen werden. Auf diese Weise ließ sich das scheinbare Durcheinander der Pfähle entwirren. Auch zwischen Fergitz und der Burgwallinsel trafen die Taucher selbst an der tiefsten Stelle auf Brückenpfosten, die wiederum mit Bojen markiert wurden. Es bestand kein Zweifel: Vom westlichen Seeufer führte über eine Länge von über 400 m eine etwa 3,6 m breite Brücke zur Burgwallinsel durch den dort fast 20 m tiefen See. Von dort gelangte man über die zweite Brücke zum nordöstlichen Ufer des Oberuckersees bei Seehausen. Die Brückenbauten überspannten eine Länge von etwa 2,6 km. Ein derartig ausgedehntes Brückensystem war bis dahin nicht bekannt gewesen. Die beiden Brückenanbindungen bieten einzigartige Einblicke in die Bau- und Ingenieurskunst der damaligen Zeit. Mit ihren außergewöhnlichen Dimensionen gehören sie zu den eindrucksvollsten Denkmalen der Slawenzeit in Nordostdeutschland. Bergung eines Balkens Geborgene Konstruktionsteile der Brücken im Oberuckersee (1965) Wracksuche an der Ostseeküste Joachim Herrmann bat Martin Rauschert, etwa ein halbes Dutzend vielversprechender Fundplätze unter Wasser zu sondieren. Dazu gehörte auch eine Wrackerkundung vor Hiddensee. Martin Rauschert fuhr mit Klaus Hamann zu einer Vorerkundung an die Ostsee. Es wurden Fischer und Einheimische nach vielversprechenden Fundstellen befragt. Hinweise der Fischer und des Dünenmeisters ergaben Anhaltspunkte, dass an der Halbinsel Gellen mehrere Holzwracks lägen. Martin Rauschert besorgte die Genehmigungen zum Tauchen im Grenzgebiet und für das Campen im Schutzgebiet. Teilnehmer der Hiddensee-Tauchexkursion waren Martin Rauschert, Peter Scharf, Walter Richter und Klaus Hamann. Am 2. Juni 1966 wurde mit der Wracksuche begonnen. Die Taucher schwammen mit einer 600 m langen Leine parallel zum Ufer. Das Tauchgepäck wurde auf Hiddensee mit einem Pferdefuhrwerk transportiert Peter Scharf am Kompressor, Hiddensee (1966) Bereits einen Tag später konnte das erste Wrack lokalisiert werden. Es lag nur in 20 m Entfernung vom Strand im knietiefen Wasser. Im Bereich der Fundstelle wurde einige Jahre später ein Eichenspant angespült, der sich mittels C14-Datierung auf das Jahr 950 +/- 50 Jahre bestimmen ließ. Peter Scharf mit vor Hiddensee geborgenem Stockanker (1966) Der Spant könnte möglicherweise zu dem Schiff gehören, das mit dem Fund eines wikingerzeitlichen Goldschmucks vom Hiddensee im Zusammenhang steht. Weitere Wracks wurden in 3 bis 4 m Tiefe rund 200 m, in 5,5 m Tiefe 450 m vom Ufer sowie in 6 m Tiefe rund 600 m vom Ufer entfernt gefunden. Im Umfeld des letzten Wracks lagen Schiffshölzer und Teile der Deckslast. Die Taucher bargen Stücke der Takelage, des Ankerspills und einen Stockanker, die den Schluss zuließen, dass es sich um ein Wrack aus dem 19. Jahrhundert handelte. Bei der Wracksuche fiel den Tauchern eine regelmäßige Ansammlung von Kalksteinplatten auf. Es handelte sich bei den Steinen möglicherweise um die Reste der Ladung eines gestrandeten Schiffs. Insgesamt wurden fünf Wrackfundplätze am Gellen erfasst. Leider konnten die Wracks aufgrund des Zeitmangels nicht näher untersucht und vermessen werden. Die systematische Untersuchung von Schiffswracks an der Ostseeküste wurde in den darauffolgenden Jahren fortgesetzt. 1968/1969 ist die Sektion für UW-Archäologie am Schifffahrtsmuseum Rostock gegründet worden, die mit der Registrierung von Unterwasserfundstellen begann. Einen wichtigen Meilenstein für die Erforschung von Schiffswracks stellten auch die Ausgrabungen von vier slawischen Booten des 10. Jahrhunderts bei Ralswiek auf Rügen dar. Sie wurden 1967 durch Peter Herfert begonnen und von Joachim Herrmann fortgesetzt. Joachim Herrmann (rechts) leitet die Ausgrabungen in Ralswiek „Rethra“-Suche am Breiten Luzin bei Feldberg (1966/1967) 1966 haben Martin Rauschert, Peter Scharf, Walter Richter und Klaus Hamann einen weiteren Fundplatz aus Joachim Herrmanns Liste sondiert – den Breiten Luzin bei Feldberg. Auf dem “Schlossberg” am Breiten Luzin befand sich einst eine slawische Höhenburg. Nach den hier gefundenen Keramikresten wurde der “Feldberger” Stil slawischer Keramik benannt. 1924 kam der Archäologe Carl Schuchhardt nach Untersuchungen vor Ort zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Burganlage auf dem Schlossberg um das lange gesuchte Slawenheiligtum Rethra handeln müsse. Diese Annahme wurde allerdings zunehmend in Frage gestellt. Joachim Herrmann wollte durch eine neue Ausgrabung einer Klärung näherkommen. Da der Breite Luzin den Schlossberg auf zwei Seiten umgibt, war anzunehmen, dass die ehemaligen Bewohner ihre Spuren auf dem Seegrund hinterlassen haben. Daher lag es nahe, bei der Vorbereitung der Untersuchungen in Feldberg auch an den Einsatz von Tauchern zu denken. Peter Scharf zeigt während der Voruntersuchung gefundene slawische Keramik (1966) Die Grabungsarbeiten erfolgten 1967. Begleitend zur Feldgrabung wurden die Tauchuntersuchungen durchgeführt. Bei einer Voruntersuchung im Jahre 1966 war bereits slawische Keramik gefunden worden. Die Unterwasserarbeiten wurden der AG für UW-Forschung unter der tauchtechnischen Leitung von Martin Rauschert übertragen. Die Tauchergruppe bestand wieder aus Martin Rauschert, Peter Scharf, Alfred Kupke, Walter Richter und Klaus Hamann. Martin Rauschert, Peter Scharf, Alfred Kupke und Walter Richter am Breiten Luzin Durch die Anlage mehrerer Schnitte auf dem Seegrund mit Hilfe einer Druckpumpe gelang es den Tauchern in etwa einem halben Meter Tiefe Reste der Bau- und Brandschicht der Burg zu finden. Die Funde lagen im Wesentlichen in einer Bucht nördlich der Burg. Diese Bucht diente wahrscheinlich als natürlicher Hafen. Die Taucher fanden dort auch das Unterteil eines Einbaums. Der Einbaum war aus einem Eichenstamm von ungefähr einem halben Meter Durchmesser und einer Länge von 3,5 m hergestellt worden. In etwa gleicher Tiefe wurden Reusenreste gefunden. Die Taucharbeiten bildeten eine beachtliche Ergänzung der Landgrabungen und trugen zur Erkundung der Lebens- und Produktionsbedingungen der Bewohner der Stammesburg bei. Die Ausgrabung führte letztlich zu dem Ergebnis, dass es sich um die Überreste einer im 8. oder frühen 9. Jahrhundert zugrunde gegangenen slawischen Stammesburg handelte. Rethra existierte dagegen im 10. bis 11. Jahrhundert, also in einer Zeit, als die Burg auf dem Schlossberg bereits verödet war. Die Rethra-Hypothese war damit widerlegt. Forschungen am Teterower See (1968) Im Juli 1968 führte das Institut für Ur- und Frühgeschichte zusammen mit der AG für UW-Forschung der AdW erneut eine archäologische Unterwassererkundung durch. Auf einer Insel im Teterower See befand sich im 9. Jahrhundert eine erste unbefestigte Inselsiedlung. Später entstand eine zweigliedrige Burganlage, die im 11./12. Jahrhundert eines der bedeutendsten slawischen Burgzentren in Mecklenburg war. Es war bereits bekannt, dass die Insel in dieser Zeit von Süden her durch eine etwa 750 m lange Brücke mit dem Festland verbunden war. Die Taucher sollten der Frage nachgehen, ob es eine zweite Brücke zur Burgwallinsel gab. Bis dahin wurde eine Fährverbindung zum westlichen Seeufer angenommen, da hier der Teterower See etwa 6 m tief ist und ein Brückenbau über eine derartige Tiefe als unmöglich angesehen wurde. Doch hatten die oben beschriebenen Forschungen im Oberuckersee gezeigt, dass zur Slawenzeit selbst Wassertiefen von über 15 m durch Brücken überwunden werden konnten. Daher wollte Herrmann die Möglichkeit einer Brückenverbindung zum Westufer überprüfen. Die Tauchergruppe bestand erneut aus Martin Rauschert, Klaus Hamann, Alfred Kupke und Peter Scharf. Die Zusammenarbeit hatte sich bereits bei den Forschungen am Oberuckersee und am Breiten Luzin bewährt. Martin Rauschert wurde wieder die tauchtechnische Leitung übertragen. Die Taucher trafen auf dem Seegrund auf eine dicke Schlammschicht. Die Arbeit in dieser Schicht führte zu einer erheblichen Wassertrübung, woraufhin eine von Peter Scharf konstruierte Sauganlage zum Einsatz kam. Diese arbeitete nach dem Prinzip eines Luftinjektors. Doch auch mit ihr konnte nur eine geringe Besserung der Sicht erreicht werden. Nur durch Ertasten wurden die Pfahlreste in dem zu untersuchenden Bereich festgestellt. Dabei konnten Pfahlstümpfe und große Mengen Balken und Bohlen festgestellt werden. Bewährt hat sich eine von Peter Scharf konstruierte Luftversorgungskonstruktion über einen langen Schlauch (sog. Nargileh-Tauchgerät). Damit konnten die Taucher ohne sperrige Ausrüstung auf dem Rücken besser agieren. Außerdem waren deutlich längere Tauchzeiten möglich. Diese Methode des Tauchens bewährte sich auch bei archäologischen Erkundungen von Brunnen oder beim Höhentauchen. Peter Scharf mit Nargileh-Tauchgerät am Teterower See (1968) Die Taucher konnten eine Brückenanbindung von der Westseite der Insel zum Festland nachweisen. Bei den Tauchgängen im Teterower See wurden zahlreiche Waffen, u.a. Bart-äxte, eine davon mit Silbertauschierung, Lanzenspitzen (teilweise noch mit Holzschäften), Tongefäße, eine Pferdetrense, Sichelfragmente, ein kleines hölzernes Daubengefäß, hölzerne Schlägel sowie Schädelknochen von Pferd und Rind geborgen. Die Waffenfunde weisen auf Kämpfe um die Brücke hin. Die ertasteten Pfähle und Funde wurden jeweils markiert und so ließ sich eine genaue Abgrenzung der Lage der Bauteile sowie der Fundverteilung erreichen. Mit dem Nachweis der zweiten Brückentrasse, der Einmessung der Bauteile und Fundstücke war das Ziel der Unterwassererkundung erreicht. Akademiereform In den Jahren 1968 bis 1972 wurde die Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin (seit 1972: Akademie der Wissenschaften der DDR) eingehend umgestaltet. Die Ziele und Aufgaben der wissenschaftlich-technischen Arbeit sollten prinzipiell aus den Erfordernissen der volkswirtschaftlichen Entwicklung abgeleitet werden. Die Akademiereform unter dem damaligen Präsidenten Hermann Klare führte zu einer völligen Neugestaltung der Organisationsstruktur der Akademie. Das Institut für Vor- und Frühgeschichte wurde ins Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie (ZIAGA) eingegliedert. Joachim Herrmann wurde Direktor des neugegründeten Zentralinstituts. Er war 1969 mit gerade einmal 36 Jahren zum Professor ernannt worden. Bis zur wendebedingten Auflösung blieb Joachim Herrmann Direktor des Instituts. Unter seiner Führung wurde das Zentralinstitut für Alte Geschichte und Archäologie zum wichtigsten Forschungsinstitut der DDR in Bezug auf alle Altertumswissenschaften. Herrmann verwies stets auf die gute Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Vor- und Frühgeschichte und der AG für Unterwasserforschung der AdW. Mit der Akademiereform wurden die Bedingungen für Unterwasserforschungen aber deutlich schwieriger. Den Tauchern wurde eine besondere Qualifizierung, Pflichttauchstunden, regelmäßige Lehrgänge mit Prüfungen beim Taucherleitbetrieb Rostock sowie häufige umfangreiche tauchmedizinische Untersuchungen abverlangt. Zusammenarbeit zwischen Sporttauchern und Berufsarchäologen Immer wieder zeigte sich, dass gerade archäologische Forschungen bei vielen Sporttauchern besonderes Interesse fanden und oftmals der Wunsch bestand, selbst an solchen Arbeiten teilzunehmen. Bereits 1966 hatte Dr. Joachim Herrmann in einem Interview in der DDR-Taucherzeitschrift „Poseidon“ Anregungen gegeben, wie sich interessierte Sporttaucher an archäologischen Arbeiten beteiligen könnten. Er hoffte, dass sich eine ähnliche Zusammenarbeit zwischen der staatlichen Organisation der Bodendenkmalpflege und Tauchsportlern herausbilden könnte, wie sie bereits zwischen der Bodendenkmalpflege und verschiedenen Fachgruppen der Natur- und Heimatfreunde im Deutschen Kulturbund bestand. Herrmann regte die Anlage einer Kartei an. Darin sollten alle Gewässer oder Gewässerteile erfasst werden, in denen archäologische Hinterlassenschaften vorhanden oder zu vermuten waren. In der Kartei sollten folgende Kategorien erfasst sein: Inselsiedlungen, Spuren von alten Kommunikationssystemen wie Brücken, Dämme und Furten, Spuren von alten Hafenbauten sowie Wrackpositionen. Der Aufruf ermutigte vereinzelte Tauchsektionen zur Mitarbeit bei der archäologischen Forschung. So sagte die GST-Tauchportgruppe Güstrow zu, in Zusammenarbeit mit Fischern eine Kartei über die Seen anzulegen, die durch Burgwälle, Siedlungskeramik und Sagen für eine nähere Untersuchung in Betracht kämen. Die Güstrower Taucher hatten bereits im Sommer 1966 den Inselsee bei Bölkow nach den Resten einer slawischen Brücke abgesucht. Die Aufnahme von Unterwasserbefunden ist allerdings eine mühevolle Arbeit. Diese Erfahrung machten auch die Taucher aus Güstrow. Die Schwierigkeiten systematischer archäologischer Unterwasserforschungen hatte letztlich zur Folge, dass bis Anfang der 1970-er Jahre in der DDR nur sehr wenige Untersuchungen mit greifbaren Ergebnissen durchgeführt wurden. Positiv zu erwähnen ist hier eine systematische Erfassung von Wracks durch Rettungsschwimmer vor dem Fischland-Darß, die Anfang der 1970-er Jahre erfolgte. Schließlich wurde am Institut für Volkskunde der AdW der DDR eine Wrackdatei angelegt. Der unbefriedigende Zustand der Zusammenarbeit zwischen Berufsarchäologen und Sporttauchern war auch dem Umstand geschuldet, dass aufgrund der 1965 vom Ministerrat der DDR erlassenen „Anordnung über die Durchführung und Ausübung des Tauchsports in der DDR“ das Tauchen nur noch innerhalb der GST gestattet war. Deren Auftrag war klar: Jugendliche auf den Dienst in der Nationalen Volksarmee vorzubereiten und Wettkampfsportler zu trainieren, um international Erfolge zu erzielen. Neben der Tauchausbildung gab es Übungseinheiten im Schießen, Handgranatenweitwurf oder Laufen auf der Sturmbahn. Andere Betätigungsfelder wie Unterwasserarchäologie galten als „Hobbytauchen“ und nicht besonders förderungswürdig. Die Haltung des Zentralvorstandes der GST wie auch aller nachgeordneten Vorstandsebenen gegenüber dieser „Hobbytaucher“ war eher distanziert. Auf der anderen Seite befürchteten die „Hobbytaucher“, von der GST kontrolliert und gegängelt zu werden. Günter Schmidt beklagte 1970 in der DDR-Taucherzeitschrift „Poseidon“: „Eine straff organisierte und zielgerichtete Archäologie unter Wasser besteht faktisch nicht. Es ist aber allgemein bekannt, welche Bedeutung die UW-Archäologie für das Geschichtsbild auch in unserer Republik hat. (…) Und wir haben eine große Zahl archäologisch interessierter Tauchsportler und Laienforscher – es sind also alle Voraussetzungen für eine gute Arbeit in der Archäologie unter Wasser vorhanden. Es hat schon viele Versuche gegeben, jedoch ohne anhaltenden Erfolg. Der Impuls aber kann nur von den Wissenschaftlern selbst kommen, wir Tauchsportler bieten unsere Hilfe an (…)“. In den 1970-er Jahren kam es zu einer allmählichen Annäherung zwischen Archäologen und örtlichen GST-Tauchgruppen. Herbert Kucher vom Zentralvorstand der GST machte den Vorschlag, neben dem Wehr- und Wettkampfsport eine dritte Säule des DDR-Tauchsports, die „Interessengebiete“ in der GST zu etablieren. Aufgrund seiner Initiative konstituierte sich 1974 die neue AG „Interessengebiete“. Sie bestand aus engagierten und kompetenten Sporttauchern aus den Fachbereichen UW-Fotografie und –film, Archäologie, Biologie, Geologie sowie Höhlentauchen. Durch die Arbeitsgruppe konnte eine zielgerichtete Arbeit in den Fachbereichen organisiert und eine größere Breitenwirksamkeit des Tauchsports neben dem Wehr- und Wettkampfsport erreicht werden. So erhielten auch die UW-Fotografen und –filmer, Archäologen, Geologen, Biologen, Brunnen- und Höhlentaucher einen gleichberechtigten Stellenwert in der GST. Die Arbeitsgruppe „Interessengebiete“ an der Heimkehle-Höhle in Uftrungen (1976) Im März 1977 tagte die AG „Interessengebiete“ in Warnitz am Oberuckersee. Entsprechend der jährlichen Verfahrensweise stand ein spezielles Interessengebiet im Mittelpunkt der Beratung, verbunden mit einem dazu passenden Tauchgang. 1977 wurde sich ganz der UW-Archäologie gewidmet. Am ersten Beratungstag erfolgte zu nächst ein informativer Film- und Diavortrag von Martin Rauschert über die archäologischen Arbeiten am UW-Fundplatz. Nach dem Vortrag unternahmen die Teilnehmer einen Tauchgang an der tiefen Brücke zwischen Burgwallinsel und Fergitz. Der zweite Beratungstag gehörte ganz der theoretischen Arbeit. Es wurde über die Gründung einer AG „Archäologie“ beim Kulturbund der DDR informiert. Grundlage dafür war eine Vereinbarung zwischen der GST und dem Kulturbund. Die wissenschaftliche Anleitung der AG erfolgte durch das Institut für Ur- und Frühgeschichte Haale/Saale. Quartalsweise sollte ein Arbeitsblatt herausgegeben werden und alljährlich ein Bericht über ihre Tätigkeit. Es war ein gutes Beispiel einer wissenschaftlichen Betätigung von Tauchsportlern der GST mit Unterstützung des Kulturbundes und eines wissenschaftlichen Instituts. Ende des 1. Teiles, Fortsetzung in der TauchHistorie 17 Zusammenfassung Der Beitrag zeigt, wie Sporttaucher wichtige Helfer der archäologischen Unterwasserforschung in der DDR wurden. Vor allem bei der Ortung und Meldung neuer Fundplätze war die Mithilfe der Sporttaucher erforderlich, denn solange die Fundstellen unbekannt waren, konnte keine systematische Forschung erfolgen. Auch bei der Erforschung und Dokumentation bekannter Fundplätze sowie der Fundbergung waren die Archäologen aufgrund begrenzter Ressourcen häufig auf die Hilfe der Sporttaucher angewiesen. Andererseits bestand die Befürchtung, dass Fundstellen und Fundzusammenhänge durch eine unsachgemäße Bergung der Funde unwiederbringlich zerstört würden. Bis in die 1970-er Jahre wurde daher im Wesentlichen auf die Taucher der AG für Unterwasserforschung zurückgegriffen. Danach wurden auch immer mehr interessierte GST-Taucher eingebunden. Die Archäologen konnten auf gut ausgebildetes Personal und in der DDR schwer beschaffbare, meist im Eigenbau hergestellte technische Hilfsmittel wie Tauchgeräte und Fotokameras zurückgreifen; die Sporttaucher konnten unter Anleitung der Wissenschaftler anstatt planloser, letztlich auf für sie unbefriedigender Fundbergungen, ihrem Hobby nachgehen. Die Kooperation war beiden Seiten von Nutzen. Der Ansatz Kooperation statt Konfrontation hatte sich bewährt. Durch Informationsvermittlung, Koordination und Integration wurde ein wichtiger Beitrag zur Erforschung und zum Schutz der Denkmale unter Wasser geschaffen. Dank des Autors Der Autor dankt Prof. Dr. Felix Biermann, Steven Blum, Dr. Peter Carl, Dr. Thomas Förster, Helmut Günzel, Klaus Hamann, Dr. Albrecht Herrmann, Klaus Hörnicke, Peter Scharf (verst. 2020), Jan Seifert, Günter Netzel, Hans-Jürgen Schulz, Dietmar Steinbach, Dr. Martin Rauschert und Dr. Helmut Wolff für ihre zahlreichen Informationen, Anmerkungen und Hinweise sowie die Bereitstellung von Bildmaterial. Alle Literatur-Hinweise befinden sich am Ende des zweiten Teiles diese Beitrages in der TauchHistorie 17 06/2022.