Vorbemerkung der Redaktion: Letztes Jahr stieß ich auf ein seltsames Relikt aus DDR-Zeiten, den Doppelrohr-Schnorchel, was er übrigens garnicht mehr war. Denn man hat ihn wieder- oder neuentdeckt und vermarktet ihn, siehe TH14. Jedenfalls war für uns Jungspunde damals in den 1960ern dieser Schnorchel mit dem Verein BONITO verknüpft. Wir sahen, wie sie ihn benutzten, und so zählten wir ihn zu dem sowieso schon Mythos BONITO hinzu ;-) Heimlich waren wir ein bisschen neidisch auf sie, sie arbeiteten zielgerichtet mit ihren Messungen und Aufnahmen, während wir nur so herumplanschten. Sie schienen unabhängig, während wir vormilitärisch von der GST gegängelt wurden. Sie waren auch Pfahl in unserem Fleische, weil sie uns zurechtwiesen oder verscheuchten, wenn wir die Natur unbedacht störten. Wir hatten sie im Verdacht, dass einige Tauchverbote auf ihren "überdrehten" Umweltschutz zurückgingen und sie nur alles für sich allein haben wollten. Letztes Jahr versuchte ich jedenfalls ohne große Hoffnung nach so langer Zeit, Kontakt zu BONITO bzw. Herrn Richter zu bekommen, um zumindest etwas über ihre frühe Tauchtechnik zu erfahren. Und siehe da, es gibt sie noch, und Herr Richter war sehr kooperativ und verlässlich und stellte die Unterlagen für diesen Artikel zusammen. Arbeit und Forschung von BONITO: t1p.de/rk8y Seit 1943/44 - BONITOs Unterwasser-Technik Zur Geschichte der hydrographisch-biologischen Arbeitsgemeinschaft BONITO e.V. Umwelt- und Heimatforschung für den Umweltschutz Von Wolfgang M. Richter (BONITO e.V.) Da unsere Fotos in Frankfurt (Oder) 1945 verloren gingen, mag man es glauben oder nicht: Wir fotografierten schon 1943 mit einer AGFA-Box für 4 Reichsmark unter Wasser! Diese 6x9-Rollfilm-Box erhielt man noch Anfang des Krieges für ganze 4 Reichsmark, wenn man mit Markstücken der Prägeorte A, G, F, A bezahlte - was natürlich ein Reklametrick der großen deutschen Filmfabrik war, um die Fotografie für den Hausgebrauch "fit zu machen". AGFA-BOX 6x9 für 4 RM (Reichsmark) Ein Holzgehäuse, welches uns ein Tischlerveteran gebastelt hatte, war unser erstes Unterwassergehäuse. Mit dessen und der AGFA-Box Hilfe, machten wir tatsächlich vor der pommerschen Ostseeküste, auch in einigen heimischen Seen Brandenburgs, unsere ersten Unterwasserfotos. Blende 8 und 11, dazu etwa 1/25 Sekunde Belichtungszeit grenzten den Anwendungsbereich - trotz bester Unterwassersicht - allerdings stark ein. Die von AGFA verwendete "Monokel-Linse" funktionierte als einfachstes Objektiv. Nicht nur damals, auch später nutzten wir immer mal wieder einen einfachen Guckzylinder. Immerhin, wir konnten die Kamera über den, mit einem Pipettengummi abgedichteten Drahtauslöser, zuverlässig auslösen. Da wir aber mit Stopfbüchsen noch nicht umgehen konnten, musste man nach jeder Aufnahme aus dem Wasser steigen, die Kamera öffnen, alles schön trockenreiben, und den Film ein Bild weiterdrehen. Abschließend wurde der Deckel mit seiner Fahrrad-Ventilgummi-Dichtung wieder aufgeschraubt! Obwohl wir es mehrmals versuchten, erst einige Jahre nach Ende des 2.Weltkrieges ließen die widrigen Umstände es zu, dass wir uns unserm Steckenpferd erneut zuwenden konnten. Wir bastelten uns - wie schon vor 1943 - allerlei Tauchzubehör "à la Hans Hass", und starteten damals (bei 12 Tagen Urlaub!), im viel kleiner gewordenen Deutschland zum Mecklenburgischen Fischland-Darß. Eine erste, selbst gebaute Unterwasserkamera für die Spiegelreflexkamera CONTAX, brachte unser Henning Sich (†) ein. Er hatte sie mit Hilfe von Mitarbeitern der ROW (damals: VEB Rathenower Optische Werke) während seines Praktikums bauen können. Der Selbstbau von Unterwasserkameras und -geräten war - zumindest für die Sporttaucher in der damaligen DDR - in den 1950er und 1960er Jahren meist die einzige preisgünstige Möglichkeit, an eine gewünschte "UW-Kamera" zu kommen. Der Selbstbau war aber auch mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Abgesehen einmal von den erforderlichen handwerklichen Fertigkeiten und keinesfalls geringen Werkzeuganforderungen, haperte es häufig an der Materialbeschaffung. Und so konnten wir auch nicht dem Bau eines Gehäuses nach dem sehr schönen, mit Schrägeinblick geplanten Meyerschen Gehäuse (EXAMARIN III von 1955, siehe Bild links), näher treten. Es hätte unsere Möglichkeiten sicherlich überfordert. Ich erinnere mich da an eines unserer ersten Gehäuse für die einäugige Spiegelreflexkamera EXA, die kleine Schwester der EXAKTA VAREX der Dresdner Ihagee, die bekanntlich mit ihren einäugigen Spiegelreflexkameras eine neue Aera der Fotografie einleitete. Für diese relativ billige EXA, die für uns DDR-Bürger anfangs keinesfalls immer zu haben war, gossen wir uns - mit Hilfe eines unserer Fotofreunde - in der örtlichen Schmiede ein Aluminium-Gehäuse, Material: Alte Zylinderköpfe. Von der Nacharbeit beim "Gußlöcherstopfen" und den Drehereiarbeiten, soll hier nicht die Rede sein, immerhin, es entstand so eine gebrauchsfähige Unterwasserkamera, mit der wir eine Reihe sehr ordentlicher Aufnahmen machten. Foto: Ingeborg Richter W.M. Richter und H.-J. Jordan (†) ca. 1959 am Feldberger Zansen,vorn das gegossene UW-Kameragehäuse für die EXA, hinten ein Blechgehäuse für die ADMIRA. Natürlich vergaßen wir damals nicht, ein Ventil in das Gehäuse einzubauen, denn durch Aufpumpen auf einen entsprechenden Innendruck merkten wir vorzeitig - durch austretende Luftperlen gewarnt - wenn undichte Stellen an unserm Prachtstück auftraten! Damals schleppten wir auch noch unseren, aus Kupferblech selbst gelöteten offenenTaucherhelm, so wie ihn etwa W. Beebe 1935 und H. Hass 1938 einsetzten, plus Schlauch und Pumpe mit herum. Das war per Fahrrad schon eine Kräfte zehrende Aufgabe. Die im Bild zu sehende TAUCHTAX der Fa. C.O. Curow, Dresden, die von Augenoptiker Harry Fippel mit konzipiert worden war, ist leider nicht mehr in unserm Besitz; sie ist wohl beim Ableben eines unserer Mitstreiter untergegangen. Wir gaben sie damals unseren jüngeren Mittauchern auch nicht gerne zum Gebrauch, denn allzu robustes Bedienen nahm das fein abgestimmte Zahnradwerk leicht übel. Wie erkennbar, machte uns also die Metallbearbeitung beim Bau von UW-Kameras einige Schwierigkeiten. Heureca! Da hatte einer von uns den Einfall: Bauen wir doch unsere Gehäuse aus Kunststoff, aus weichem PVC (Polyvinylchlorid)! Für unsere "Tiefen" reichte das doch immer! Der Uhrmacher in unseren Reihen, Bodo Hamann, war nun der gefragte Fachmann. Aus PVC-Druckrohren und PVC-Plattenmaterial (natürlich, und wie in der DDR üblich, mit Freundeshilfe "organisiert"), gingen wir ans Werk. Von da ab bauten wir eine Reihe von Unterwassergehäusen aus diesem Material - nicht nur für den eigenen Bedarf. Und unser Uhrmacher, versiert in der Berechnung und Fertigung der an den unterschiedlichen Objektiven für die Übertragung erforderlichen Zahnkränze, übertraf sich immer wieder selbst! Innenansicht der Tauchtax 1954/55 EXAKTA (Varex) mit Prismeneinsatz(oben), Lichtschacht (unten) So konnten wir auch die EXA, also die "kleine Schwester der damals so großartigen EXAKTA-Varex", brauchbar mit einem Unterwassergehäuse ausrüsten. EXA der Ihagee, später auch für den DDR- Markt, dann vom VEB Rheinmetall gefertigt. EXA-LIMNOFOT, wohl unsere 9. oder 10., mit dem, aus einem Retortenboden gefertigten "fisheye". (Man beachte die handgefertigten Zahnräder hinter der Frontscheibe!) Gewöhnliches Quellmoos (Fontinalis antipyretica), nicht so häufig im Breiten Luzin , fotograf. mit "fisheye-Eigenbau" Angeregt von einem Beitrag in der "POSEIDON", wagten wir uns auch an die Fertigung eines PVC-Gehäuses für die Pentacon-six. Wir erwarben einen Apparat aus der ersten Fertigungsgruppe, die, anfangs noch mit einigen Tücken belastet, für uns daher billiger wurde. Wir fertigten uns eine Schablone mit kreisrunder Ausnehmung aus Metall, schraubten auf beiden Seiten eine PVC-Platte (+ Dichtung) auf, und fügten ein Luftventil ein. In Mutters Gas-Backofen erwärmten wir dann - unter lebhaftem häuslichen Protest - dieses Paket soweit, dass wir Schritt für Schritt mit einer Autoluftpumpe Luft zwischen die Platten drücken konnten. Langsam wölbten sich diese dann auch so, wie wir es wünschten, zu einem mehr oder weniger kugeligen Oval. Mit Dichtung, Objektiv und Suchereinblick versehen, fand in diesem, etwa 40 cm im Durchmesser gehaltenem Gebilde die "einäugige" 6x6 Spiegelreflex-Kamera Aufnahme. Leider befindet sich dazu in unserm Archiv kein Foto, und wir können nur eine mit dieser UW-Kamera gemachten Aufnahme aus dem Scharteisen präsentieren. Auch für unsere Filmkameras - die mit den Schnürsenkelfilmen von 8 mm und Super-8 - entwarfen und bauten wir Unterwasser-Gehäuse aus PVC. Die Verformung der PVC-Rohre zum Oval, erfolgte natürlich wieder in Mutters Backofen. Quarz (UdSSR) Super-8 mm-Kamera mit reichhaltigem Zubehör Wir verwendeten aber auch - mit gutem Erfolg - das aus der Sprengstoffherstellung bekannte, aus Nitrocellulose und Campher synthetisierte (Brillen-) Celluloid für unsere Gerätschaften. Beispielsweise entstand schon 1965 daraus ein Gehäuse für die Super-8-mm-Kamera PENTAKA vom VEB Zeiss Ikon, die wir sogar mit einem Weitwinkelobjektiv ausrüsten konnten. Sie sollte unsere AK 8 ablösen. Gehäuse aus Celluloid H.-J. Jordan(†) beim Filmen an der steilen Scharkante SE des von uns nun schon über 60 Jahre beobachteten und untersuchten kleinen, durch Toteis entstandenen Kesselsees Scharteisen. Aber wir brauchten natürlich nicht nur Kameras... Da wir nicht der GST angehörten, zeitweilig sogar aus dem Kulturbund der DDR ausgeschlossen waren, bekamen wir auch nichts von den allerdings wenigen importierten Neoprenanzügen für den Kälteschutz ab. Also besorgten wir uns Schutzanzüge, die, mit der Marke PINGUIN als Trockenanzüge genutzt, von einer privaten Leipziger Firma für die Industrie gefertigt wurden. Es musste dazu Wollzeug auf dem Körper getragen werden, was isolierte und wärmte und das "Hautkneifen" des Gummianzuges durch den Wasserdruck verhinderte. Karl Brauns "Selbstgeklebter" kam hier bei der Schadensfeststellung an einem Aalfanggitter unserer Fischer zum Einsatz. Unsere, Anfang der 1960er Jahre genutzte MEDI-Nixe, als Kreislaufgerät mit den bekannten Gefährdungen des "Sauerstoffrausches" ab etwa 8 m Tauchtiefe behaftet, sortierten wir bald aus, auch wegen der schwierigen Beschaffung des Absorberkalks,. Es soll ja zu dieser Zeit Leute gegeben haben, die meinten, man könne gebrauchten Atemkalk wieder in der Bratpfanne tauglich machen ...! Richter 1964 mit Huffziger-EXA-Gehäuse am Altschweriner See Wir ergatterten eines der ersten MEDI-713-PTGs 2x3 Liter, ausgerüstet mit dem berühmten "Kochtopf" als Regler. Doch schließlich "organisierten" wir uns 7-Liter-Pressluftflaschen, ließen von einem Freund den französischen MISTRAL nachbauen, und konstruierten Tragegurte aus Treibriemen in der Art von Fallschirmgurtzeug. Die Gewichte an den Gürteln wurden aus Blei selbst gegossen und hatten herausnehmbare Stege fürs schnelle Wechseln. Ich, der ich dann schon lange nicht mehr "sporttauchte", nutzte das Tauchen (bis heute) ausschließlich für unsere damals begonnene limnologische Arbeit an den Feldberger Seen. Dabei schätzte ich über Jahrzehnte die oben gezeigte MEDI-Flosse. Sie war nicht nur angenehm im Tragen, sondern bescherte auch keine Muskelschmerzen für untrainierte Taucher! 1967 klappte es dann mit einem Kompressor für die Pressluftversorgung. Die Schinderei mit dem Heranfahren von 40-Liter-Flaschen aus Berlin-Oranienburg nach Feldberg, war zu Ende. AK150 mit Nachwuchs-Kompressorwart Wieder waren es Freunde, auch anderer Nationalität, die für uns einen Kompressor aus einer sowjetischen MIG 15 "zur Verfügung stellten". D.h.: Wir konnten diesen sehr einfach gehaltenen, aber leistungsstarken Kompressor, mit einem sehr großen Elektromotor montieren. Er pumpte uns, luftgekühlt, ohne Abgasgefahr, viele Jahre unsere PTG´s immer mit gut 150 atü auf. Weitere kleine Hilfen für unser Tauchen sind noch im Anhang zu sehen t1p.de/dge5 Das Tauchen in der DDR wurde immer beliebter. "Vater Staat", alles akribisch beobachtend, wollte nun einen Riegel vor das unorganisierte, meist Freizeit-Tauchen vorschieben. Die Angst des Staatsapparates, mit Hilfe des Tauchens könne man "an das andere Ufer zu gelangen", war ja auch durchaus berechtigt. Für die Ostsee wurden starke Einschränkungen eingeführt, was für uns aber unerheblich war, denn wir hatten uns seit 1959 ja bereits auf unsere spätere Wahlheimat konzentriert, auf die Feldberger Seenlandschaft in Mecklenburg. BONITO machte also weiter wie bisher. Wir verwiesen immer wieder darauf, "keine Sporttaucher zu sein", beantragten Sondergenehmigungen, und nahmen manche Kontrollen und "Unannehmlichkeiten" auf uns. Wir brachten zwar unsere "Lungenautomaten" zur vorgeschriebenen (GST-) Abnahme, ließen uns sonst aber kaum in die Karten gucken. Ich jedenfalls, heute im 92sten Lebensjahr stehend, denke gerne an die Zeit zurück, in der unsere Initiativen gefordert waren, um Ergebnisse erzielen zu können, die heute mit weiter entwickelter Technik und Elektronik fast als Kinderspiel erscheinen. Was mir aber heute fehlt? Nun, das ist unser damaliges gemeinschaftliches Planen, die gemeinsame Zielsetzung und das gemeinschaftliche Tun, welches uns, um mit den Worten von Prof. Dr. rer. nat. habil. Dietrich Uhlmann (†) zu sprechen, dem führenden Limnologen der DDR, zum Retter der Feldberger Seen werden ließ. bonitorichter@web.de Unser Autor ist Dipl.-Biologe Wolfgang M. Richter, genannt bonitorichter, 1987 ausgezeichnet mit der Leibniz-Medaille der Akademie der Wissenschaften der DDR und 2006 mit dem Verdienstkreuz am Bande der BRD und heute noch, mit 92 Jahren, 2. Vorsitzender des BONITO e.V., ABC-Taucher und UW-Fotograf im Dienste der Limnologie in den Feldberger Seen!