Le Scaphandre de Marseille Untersuchungen von Yves Clercin und Charles Daigneault Liebe Leser dieser Geschichte des „eisernen“ Marseiller Taucheranzugs, Sie haben ihn vielleicht einmal in der Handelskammer von Marseille gesehen, wo er mit der Angabe „Herkunft unbekannt“ ausgestellt wurde. Man zeigte ihn auch in dem großen Werk „L'Histoire de la Marine par l'Illustration“ in den Ausgaben von 1934 und 1939 mit Bild (siehe rechts), mit der Bezeichnung „Alter Tauchanzug aus Metall für große Tiefen, Zeit und Herkunft nicht bestimmt“ (Angabe aus dem Museum Altes Marseille, das 2009 seine Türen schloss). Der Taucheranzug wurde 1978 beim Centre d'Application de plongée industrielle et de travaux immergés (CETRAVIM, Zentrum für industrielle Tauchanwendungen und UW-Arbeiten) untergebracht, das 1974 eröffnet wurde und heute den Namen INPP trägt. 1987 wurde er dann in das Musée de la Marine et de l'économie im Palais de la Bourse verlegt, nachdem er durch Sandstrahlen von Schmutz und Oxiden befreit worden war. Das Sichtfenster und die rechte Handmanschette sind inzwischen verschwunden (kleines Bild). Wir nahmen mit dem Comité du Vieux-Marseille (Komitee Altes Marseille) Kontakt via Facebook auf und erfuhren: Der Taucheranzug gehört dem Musée du Vieux Marseille, er wurde bei der Handelskammer untergebracht und in der Ausstellung Mémoire à la Mer (Gedenken an das Meer) im Musée d'Histoire de Marseille vom 29. April 2016 bis zum 28. Mai 2017 gezeigt, darauf an die Handelskammer zurückgegeben, die dann beschloss, sich von ihren Sammlungen zu trennen. So hat die Stadt Marseille den Taucheranzug zurückerhalten, der sich jetzt in ihren Archiven befindet. Beschreibung des Taucheranzugs von Robert Sténuit, Taucher und Höhlenforscher, vom 22. November 1998: Der Anzug besteht aus vier Teilen, dem Unterkörper (Hose), dann dem Helm mit Brust- und Rückenplatte. Die anderen zwei Teile sind Gelenkstücke, die die Schulter mit einem Arm und jeweils eine der Seitenplatten umfassen. Die „Hose“, von der Oberkante der Taille bis zu den Zehen, besteht aus einem zusammenhängenden Stück mit den beiden Hüft- und Kniegelenken. Montage des Tauchanzuges Die Brust- und Rückenplatten werden an den beiden Seitenplatten mit 12 Befestigungsklammern (je 6 vorn und hinten) verschraubt, durch die jeweils eine Flügelschraube mit Mutter gesteckt ist. Der untere Teil wird etwas oberhalb des Taillenniveaus mittels zwölf ähnlicher Bolzen, gleichmäßig um den Körper herum verteilt, über zwei Flansche an Vorder-, Rücken- und Seitenteilen befestigt. Der Taucher steigt in das Unterteil mit den Füßen voran ein. Als nächstes wird der Helm mit Vorder- und Rückenteil auf den Kopf gesetzt, der mit dem Unterteil zu verschrauben ist. Die Seitenteile müssen noch auf jeder Seite verschraubt werden, und alles ist fest anzuziehen. Die Fugen wurden mit Lederstreifen abgedichtet, imprägniert mit Talg oder Guttapercha (Gummi aus Naturlatex, thermoplastisches Material, oxidiert an Luft und Licht, unlöslich in Wasser, Alkohol und Äther, weißliche leicht rosafarbene Farbe, Wärmeisolator, der durch Hitze weich wird). 1843 konstruierte Werner von Siemens eine Maschine zur Ummantelung von Lederkabeln mit Guttapercha, bevor er auf die Idee kam, Guttapercha zur Isolierung von UW-Telegrafenkabeln zu verwenden. Helm: Es gibt einen Lufteinlass an der oberen Helmrückseite mit einem Durchmesser von 3 cm und eine zweite Durchbohrung (Luftauslass?), kleiner im Durchmesser, an der Vorderseite des oberen Helmteils. Vielleicht handelt es sich um die Bohrung für ein Entlüftungsventil? Obwohl eine solche Entlüftung für einen atmosphärischen Hartanzug (Anzug, in dem der Normaldruck der Atmosphäre erhalten bleibt) keinen Sinn macht. Ich erteile meinem Kollegen Charles Daigneault, Modellbau-Ingenieur, das Wort: Meiner Meinung nach ist der Marseille-Anzug ein wichtiger Prototyp, aber sein Zustand lässt mich auch glauben, dass er tatsächlich verwendet oder zumindest real getestet wurde. Der mystische Anzug ist in der Tat sehr gut gemacht. Je weiter ich in der Entwicklung des Nachbau-Modells vorankomme, desto mehr überrascht mich die Komplexität dieses Artefakts. Das Design ist großartig für die Zeit. Die Hüftgelenke zum Beispiel, es lohnt sich, die Rückseite anzusehen, um zu erkennen, wie sie funktionieren. Und wieder erstaunt mich die Geometrie dieses Teils, die Kniegelenke scheinen sich mit denen der Hüften zu verbinden. Das Ganze ist auf den Vorderseitenfotos absolut nicht zu erkennen. Meiner Meinung nach ist das Foto von 1934/1937 (ganz oben) am aussagefähigsten. Wenn man sich das Sichtfenster mit seinem Gitter ansieht, sieht man zwei dünne Seile, die den Rahmen des Fensters mit einer Fixierung oberhalb der Schultern des Anzugs verbinden, und man kann die entsprechenden Löcher auf der Oberseite der Befestigungsbügel sehr gut erkennen, das Loch ist auf den Fotos auf beiden Seiten deutlich sichtbar. Bei Cabirol und Siebe Gorman war es anfangs üblich, das Sichtfenster mit den Helmen durch eine Schnur oder Kette zu verbinden, um zu verhindern, dass ungeschickte Seeleute diese Teile ins Meer fallen ließen, ich schließe daraus, dass dieses Bild das ursprüngliche Sichtfenster zeigt. Eine andere Beobachtung, das Verlöten oder Schweißen der Fensterbefestigung und anderer Teile des Taucheranzugs ist von der gleichen Art, wie sie ab 1860 bei der Herstellung der Helme von Siebe&Gorman und Cabirol war. Es hilft nicht viel bei der Bestimmung des möglichen Herstellungsdatums, aber diese Tatsache führt zu der Schlussfolgerung, dass der ursprüngliche Hersteller über diese Technik verfügte. War es der "Startup" eines ehemaligen Angestellten einer der damaligen Firmen, der das Abenteuer des Tauchanzuges versuchte? Wie Sie wissen, muss man einen Unterschied machen zwischen dem damaligen "pieds-lourds"-Anzug und einem Tauchanzug wie diesem, der unabhängig von der Tiefe bei 1 Atmosphäre Innendruck arbeitet. Das Vorhandensein eines Luftzufuhrschlauches schließt die Verwendung eines Atemgerätes mit geschlossenem Kreislauf aus, wie sie ab 1879 zum Tauchen eingesetzt wurden, so dass eine gute Gewissheit besteht, dass der Anzug vor diesem Datum hergestellt wurde. Aber ich kann es mir nicht aus dem Kopf schlagen, dass der ursprüngliche Hersteller für die damalige Zeit sehr fortschrittliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Technik und der Anzüge gehabt haben muss. Der kleine Luftauslass zum Beispiel, der Durchmesserunterschied zwischen Lufteinlass und -auslass zeigt einen Mangel an grundlegenden Kenntnissen der Gasphysik, was allem widersprechen würde. Und wenn es sich um ein Entlüftungsventil handelt, würde das bei einem SA (scaphandre atmosphérique - Tauchanzug) keinen Sinn ergeben. Aber ich bin mir nicht sicher, oder ob es eher der Lufteinlass bei 1 atm war? Dann würde der Unterschied im Durchmesser mit dem Auslass hinten am Helm keine Rolle spielen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir noch am Anfang der Untersuchungen stehen, also, Versuch und Irrtum. Wir können es auf den meisten Patentzeichnungen sehen, viele Bestandteile dieser Darstellungen sind unpraktisch oder völlig nutzlos, ev. zum Schutz der Erfindung vor Nachahmung. Rein hypothetisch hätten wir es mit einem Ingenieur zu tun, der mehr oder weniger fortgeschrittene Kenntnisse auf dem Gebiet des Helmtauchens hat, genug, um sich der Grenzen und Gefahren im Zusammenhang mit dem Druck bewusst zu sein, der zwischen 18xx und 1900 in Marseille lebt, der über Schmiede-, Schweiß- und Bearbeitungstechniken verfügt, der sich über den Fortschritt von Wissenschaft und Industrie auf dem Laufenden hält, der zweifellos der Gemeinschaft der Seeleute nahesteht, so dass er weiß, dass es Geschäftsmöglichkeiten in der Bergung von Schiffen und Wiederaufbau von Häfen und Reeden gibt. Dem Erbauer ist bekannt, dass das Recycling der Ausatemluft bei geschlossener Kreislaufatmung und die Entfernung von CO2 durch Kalilauge in Frankreich, England und Belgien seit 1849 bekannt ist. Stellen wir uns vor: 1870 beschließt unser Ingenieur, der sich der Wissenschaft und Technik seiner Zeit sehr wohl bewusst ist, seinen eigenen SA zu entwickeln. Er weiß, dass es in Frankreich ein Telefon gibt, Cyrille Duquet stellte 1878 eines her. Er plant ein Kreislaufgerät, entwirft Dreh- und Kugelgelenke, externe Manipulatoren, Zerlegung / Zusammenbau in 4 Teilen, die im Wesentlichen ein Panzer sind. Lässt er sich von Carmagnolle und all den anderen von ihm konsultierten Patentzeichnungen inspirieren (s.u.)? Oder erfindet er die ganze Sache von Grund auf neu? Das ist die Frage. Leider wird er nur einen Prototyp herstellen, das Atemgerät und das Telefon werden nie installiert werden, aber die Drahtverbindung des Telefons ist bereits auf der Oberseite des Helms angeschweißt. Warum ein Luftzufuhrschlauch, wenn es sich um einen SA mit einem Atemgerät mit geschlossenem Kreislauf handelt? Wer weiß, vielleicht eine Sicherheitsmaßnahme? Mit der Eliminierung von CO2 bewegen wir uns auf unbekanntem Terrain, sollte es jemals versagen, gibt es immer eine Verbindung zur Oberflächenluft durch ein Rückschlagventil..., das auch nie installiert werden wird. Natürlich ist das alles nur eine gewagte Vermutung. Was nun sein Schicksal betrifft: Ist es ein Bankrott? Ist der Erfinder auf dem Wege zum Erfolg gestorben? Gab es einen tödlichen Unfall oder "entkam" der Prototyp am Ende auf den Meeresgrund? Wie ist das Artefakt in dem Schuppen gelandet? Warum ist es so vernachlässigt und korrodiert, wohin ist das fehlende Bullauge verschwunden? Gab es Geldmangel oder einen Betrug? Oh ja, der mysteriöse Anzug trägt einen treffenden Namen. Ich stelle mir den nagelneuen Taucheranzug aus Marseille vor, kaum fertiggestellt, 3-mm-dicke Bronzelegierung, das Bullauge und sein Schutzgitter, die Rohre und die aus Messing genieteten Verbindungsverstärkungen, deren Methode durch das Foto der Innenseite des Helms gut veranschaulicht wird, die graue Bleilötung, die an den Verbindungsstellen der Platten und des Bullauges deutlich sichtbar ist, die Sicherungsseile des letzteren an ihrer Stelle. Die beiden abgedichtet durch die Manschetten geführten Klemmen sehen recht bedrohlich aus. Sie dienen der Aufnahme verschiedenster Werkzeuge wie der abgebildeten Greifzange, ausgewählt entsprechend der Arbeitsaufgabe. Die Hebeöse und ihre Befestigung sitzen oben auf dem Helm, der übrigens nicht gerade kugelförmig ist, die Klemmen mit ihren Flügelschrauben sind aus Messing mit roter Guttapercha zur Abdichtung. Charles' Spezialität ist die technische Seite des Anzugs, meine ist die Geschichte, die Sie in der nächsten Ausgabe der TH im Juni 2021 kennenlernen werden. Auch wenn dieser Taucheranzug eine unbekannte Herstellungszeit und Herkunft hat, erlaubt er durch seine Legierung, die verwendeten Schweißnähte, den Einbau der Bolzen in der damaligen Zeit eine Identifizierung. Hinweis: Das Musée du Vieux-Marseille, 1912 auf Initiative des Comité du vieux Marseille im Parc Chanot eingeweiht, wurde 1967 in das Maison Diamantée verlegt. Es schloss 2009 seine Tore. Seine Sammlungen können jetzt im Musée d'Histoire de Marseille (wiedereröffnet am 12. September 2013) besichtigt werden. Referenz : [01]„Histoire de la Marine par l'Illustration“, 1939 [02] Website Museum History of Diving t1p.de/j231 - M. Xavier Corré , Konservator des Museums Marseille - Véronique Raguséo, Archivarin, Abteilung AD 13 - Annie Philippon, Kuratorin Marseille, - Handelskammer Marseille Die Fotos oben stammen aus den Archiven des Museums von Marseille und der Handelskammer und von [02]. Weitere Artikel: Sven Erik Jørgensen: 1-bar dykkeapparater (panserdykkeapparater), DHT 39, 2010 (im Archiv der HTG verfügbar) Redaktion: Weitere Beispiele für Panzertauchanzüge: