Prospekt von 1969 aus dem VEB GUB “Taucheruhren“ aus dem VEB Uhrenkombinat Ruhla Von Dr.-Ing. Lothar Seveke Ich möchte diese Uhren hier einheitlich als WD-Uhren bezeichnen, wasserdichte Uhren im Tauchdesign. Auch die Hersteller wechselten im relevanten Zeitraum, meist wegen Umstrukturierungen, ihre Bezeichnungen. Ich benenne sie hier der Einfachheit halber mit ihren Standorten Glashütte, Ruhla und Weimar. Geschichtlicher Hintergrund Uhrenproduktion war in Ostdeutschland, also nach dem II. Weltkrieg in der sowjetischen Besatzungszone, wesentlich an zwei Standorten angesiedelt, Glashütte im sächsischen Erzgebirge und Ruhla im Thüringer Wald. Die beiden Produktionen hatten durchaus unterschiedliche Wurzeln. Ferdinand Adolph Lange, Dresden, 1815-1875 Für das Erzgebirge suchte die Königlich Sächsische Regierung im 19. Jahrhundert nach dem Erliegen der Erzförderung krampfhaft nach Möglichkeiten zur Abwendung des sozialen Elends. Der wohlhabende Dresdener Uhrmachermeister Lange entschloss sich, seine ohnehin verfolgten Pläne zum Aufbau einer Uhren-Manufaktur in dieses Gebiet zu legen. Trotz dann doch sehr geringer Unterstützung durch die Regierung gingen er und seine „Nachfahren im Geiste“ die Sache sehr solide und strategisch an und bauten auf handwerklicher Uhrmacher-Basis im günstig gelegenen Glashütte eine erfolgreiche Manufaktur auf, zu der sich auch andere gleich ausgerichtete Firmen ansiedelten (1878 auch Gründung der Deutschen Uhrmacherschule DUS). Uhrmacher-Schule in Glashütte 1880 Dies führte bis über den I. und II. Weltkrieg mit Höhen und Tiefen zu einer weltweit anerkannten Uhrenproduktion von teils preiswerten Gebrauchsuhren und teils hochwertigen Liebhaberuhren. 1926/1927 hatten sich aus der Konkursmasse der Deutschen Präzisionsuhrenfabrik Glashütte e.G.m.b.H die Firmen UROFA (Uhren-Rohwerke-Fabrik Glashütte AG) und UFAG (Uhrenfabrik AG in Glashütte) gegründet [35]. Da die Werkstätten natürlich in die Rüstungsproduktion für den II. Weltkrieg involviert waren (Produktion von Zündern), wurden die Ausrüstungen 1945 größtenteils als Reparationsleistungen in die Sowjetunion abtransportiert und die Reste bis 1948 der Sowjetischen Militäradministration unterstellt (sequestriert). Die UROFA schaffte es aber schon 1946 unter diesen schwierigen Bedingungen, ein erstes eigenes Uhrwerk (Kal. 61) zu entwickeln und zu produzieren. Die traditionsreichen Uhrenhersteller A. Lange & Söhne, UROFA, UFAG u.a. wurden dann am 01.07.1951 zwangsweise zu den VEB Glashütter Uhren-Betrieben (GUB) zusammengeschlossen. Es begann wie überall in der DDR das wechselvolle Spiel von Vereinigungen, Enteignungen, Planerfüllung, Umstrukturierungen, Spezialisierung im RGW,… bis zur Wende 1989. Die GUB schafften es, mit beispielhaften Entwicklungen von Automatisierungsmaschinen die für Export und Inland dringend benötigte Massenproduktion von Armbanduhren aufzubauen, auch wenn die systembedingte „Störfreimachung“ von westlichen Importen viel Innovationskraft schluckte. Aber welcher DDR-Entwicklungsingenieur, egal aus welcher Branche, kennt das nicht? Nach der Wende hatten auch die 1967 in den VEB Uhrenkombinat Ruhla und dann 1978 in den VEB Kombinat Mikroelektronik Erfurt integrierten VEB Glashütter Uhrenbetriebe mit der nun Quarzuhrenproduktion ein Rentabilitäts- und Absatzproblem. Der Betrieb wurde von 1990 bis 1994 fortgeführt durch die von der Treuhand verwaltete Glashütter Uhrenbetrieb GmbH, anfangs mit Werken der Schweizer Firma ETA (Kal. 2428) und ab 1992 mit eigenen Werken (Kal. 10-30), und nach der Privatisierung 1994 durch die Firma Glashütte Original und andere kleinere Firmen, z.B. in [35] aufgeführt, die sich bemühen, „Glashütte“ im Namen zu haben, um von dem weltweiten Ansehen zu profitieren. In Ruhla entwickelte sich die Uhrenproduktion dagegen über den Maschinenbau in den Werken der Gebrüder Thiel, gegründet 1862 in dem damals 4.000-Seelen-Ort „hinter den Bergen“. Christian (+1879) und Georg Thiel Nach der dort üblichen Produktion von Pfeifen-Beschlägen und dann von funktionsuntüchtigen Kinder- und Bieruhren war ihre Zielstellung in den 1880er Jahren zunächst, sehr preiswerte Taschenuhren für Jedermann auf den Markt zu bringen. 1891 kam die Ruhlaer Taschenuhr auf den Markt, zum Ladenpreis von 3 Mark. Mit Hilfe von immer mehr Werktätigen aus der nahen und weiteren Umgebung dieses abgelegenen Tales wurde auch hier eine Massenproduktion mit erstaunlichen Stückzahlen aufgebaut (1897 4.000 Stück/Tag), die überwiegend in den Export gingen, z.B. in die USA. Daneben lief immer der Eigenbau hochwertiger Spezialmaschinen, die auch an andere Betriebe verkauft werden konnten, in Ruhla mehr ausgeprägt als in Glashütte. Durch die verlorenen Weltkriege wurde die Entwicklung wesentlich beeinträchtigt. Ruhla hatte seine Produktion für den I. Weltkrieg fast komplett auf Zeitzünder umgestellt und gut verdient. 1919 sollten daher sämtliche rüstungsbeteiligten Ausrüstungen zerstört werden, man konnte sie aber vorher verstecken oder auslagern. Am Ende des II. Weltkriegs waren dann auch wieder fast 10.000 Menschen in das Thiel'sche Kriegsgeschäft eingespannt [39]. Anfang 1945 wurden deshalb die Werke demontiert und zunächst die gesamte Belegschaft entlassen. Aber schon im Juli 1945 ging die Produktion wieder los. Mit „kleinen Brötchen“ fing man an, produzierte aber schon 1949 mehr als 1938. 1952 wurde Ruhla dann nach der Verwaltung durch die SMAD zum VEB und brachte es bis zum Leitbetrieb im VEB Uhrenkombinat der DDR (1967 gebildet). 1989 produzierte man täglich 30.000 Uhren! Die gesamte Entwicklung ist in [39] kurz dargestellt und im Uhrenmuseum Ruhla sehr anschaulich dokumentiert, das der Interessierte unbedingt besuchen sollte. Nach der Wende gab es auch hier eine wechselvolle Entwicklung mit Treuhandverwaltung, Herausgründung kleiner Firmen, Insolvenz und Neubeginn mit alten Partnern als Investoren. Man wird sehen… Der Dritte im Bunde war der VEB Feingeräte bzw. Uhrenwerke Weimar, der 1950 mit 24 Mitarbeitern aus dem Nichts heraus begann und später den anderen Partnern im 1967 gegründeten VEB Uhrenkombinat Ruhla vor allem Uhrgehäuse und anderes Zubehör lieferte, aber auch einfache Uhren wie Wecker selbst herstellte [55]. 1953 bis 1956 wurde der Betrieb in den VEB Carl Zeiss Jena eingegliedert, wodurch, wie auch schon bei anderen DDR-Betrieben, eine wesentliche technische und verwaltungsmäßige Qualifikation erfolgte. Die galvanische Hartvergoldung wurde entwickelt, um Importe aus dem Westen abzulösen, und man stellte die vergoldeten Uhrgehäuse für die DDR und den Export her. Auch andere Fournituren wie Zeiger, Zifferblätter, Aufzugskronen, Ringe für die Armierung von Gläsern und die meisten Gehäuse für Armbanduhren wurden hier zentral produziert. Dazu kam die Fertigung von hochwertigen Uhrgläsern. Ein wichtiger Zulieferer war noch der VEB Edelschmiede Zwickau, im VEB Kombinat Musikinstrumente Markneukirchen, der vergoldete Gehäuse für Damenuhren lieferte und der VEB (K) Sächsische Bijouteriewaren Gehringswalde, der Uhrengehäuse lieferte, bevor Weimar genügend leistungsfähig war. Das alles ist in den u.g. Quellen sehr gut dokumentiert, und wir können uns endlich unserem Kernthema zuwenden. Wasserdichtigkeit In den 1960-er Jahren war die Wasserdichtheit (heute meist Wasserdichtigkeit genannt) der modernen (Armband-)Uhr entsprechend der Entwicklung der Produktivkräfte zu einem wichtigen Merkmal geworden. Niemand behütete mehr im Alltag die vom Großvater ererbte Uhr in der schützenden Westentasche. Sie musste den rauen Arbeitsalltag, die sportlichen Freizeitaktivitäten und die wasserreiche Körperhygiene schadlos am Handgelenk überstehen. Das sportliche und das professionelle Schwimmtauchen hatten sich neben der immer bedürftigen militärischen Taucherei stark entwickelt, so dass man auch Uhren mit höherer Druckfestigkeit benötigte oder sie als Statussymbol für den coolen Typen gerne vorzeigte. In der Zeit war die mechanische Armbanduhr für „Jedermann“ auch weitgehend technisch ausentwickelt, wie Kal. 75 (Automatik) in Glashütte und Kal. 24 (Handaufzug) in Ruhla. Um konkurrenzfähig zu bleiben, musste man sich der Ausstattung der Uhr zuwenden, wozu auch die Wasserdichtheit zählt. Beispiele für Glas-Einbindungen Die „normalen“ Bemühungen, eine Alltagsuhr abzudichten (vorrangig gegen Wasser) waren oft nicht von langzeitigem Erfolg getragen. Man armierte die Gläser mit Metallringen, legte einen Nullring um die Kronenachse und einen Gummi (NBR)-Ring unter den verschraubten Deckel. Den besten Erfolg hatte man noch mit den Gläsern, die so bis etwa 5 atm Prüfdruck langfristig aushielten. Aber der Nullring an der Krone schwächelte schon nach kurzer Zeit durch die mechanische Belastung des täglichen Aufzugs, wenn er nicht so kräftig gewählt war, dass man die Krone kaum drehen konnte. Und die dünne Deckeldichtung härtete aus (flüchtige Weichmacher) und dichtete immer schlechter und wurde meist bei jedem Öffnen der Uhr so beschädigt, dass sie ausgetauscht werden musste. Beispiele für Kronendichtungen Aus diesen Erfahrungen resultieren auch die kurios anmutenden Zusammenhänge von Prüfdruck und Nutzbarkeit unter Druck in der DIN 8310 12/1984 (Wasserdichtheit von Kleinuhren; Begriff, Anforderungen, Prüfung, entspricht der internationalen Norm ISO 2281). Dort wird also gesagt, dass eine mit 20 bar druckgeprüfte Uhr maximal zum Schnorcheln und Tauchen ohne Gerät verwendbar ist. Den Prüfdruck in m Wassersäule umzurechnen und das dann als maximale Tauchtiefe zu deuten, wird explizit ausgeschlossen. Damit sind solche Angaben gesetzeswidrig, werden aber werbewirksam immer wieder verwendet. Man geht davon aus, dass eine so „normal“ gedichtete Uhr beim Verlassen des Herstellerwerkes zwar den angegeben Prüfdruck von beispielsweise 6 bar erträgt, nach einigen Jahren der Nutzung aber nur noch als „spritzwassergeschützt“ zu betrachten ist. Uhren ohne Angabe des Prüfdrucks sind von vorneherein nur wasserdichte und niemals „Taucheruhren“. Zusätzlich zur Verschleißproblematik der Dichtungen kommt noch, dass der reale dynamische auf die Uhr wirkende Druck in einer bestimmten Wassertiefe natürlich nicht nur dem hydrostatischen Druck entspricht, sondern durch schnelle Bewegungen und Stöße wesentlich über diesem liegen kann. Für die Benennbarkeit als “Taucheruhr“ ist die Einhaltung der DIN 8306 09/1983 (Taucheruhren; Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfung, entspricht ISO 6425) zwingend erforderlich. Deren zur Zertifizierung zu erfüllenden Kriterien sind umgangssprachlich formuliert folgende: - Prüfdruck von 20 bar standhalten (Gas-Diffusionsprüfung), ohne undicht zu werden, - Möglichkeit zur Vorwahl einer Zeitspanne mit Timer/Lünette, - deutliche Minutenmarkierungen auf Lünette und Zifferblatt, - ausreichende Sichtbarkeit von Lünette, Zeiger und Skalen bei völliger Dunkelheit in 25 cm Abstand, - Erkennbarkeit in völliger Dunkelheit, dass die Uhr läuft, - Einhaltung einer bestimmten Genauigkeit in einem starken Magnetfeld, - Einhaltung einer bestimmten Genauigkeit bei starken Stößen, - chemische Resistenz in Meerwasser, - bestimmte Festigkeit des Armbandes, - mittlere Gangabweichung maximal zwischen -4 und +6 Sekunden/Tag. System „Adorex“ Hier liegt zwischen dem normalen Schraubdeckel und dem Dichtring ein zusätzlicher sehr dünner Edelstahldeckel. Durch den Schraubdeckel wird jetzt nicht die Dichtung direkt angepresst, was oft zu ihrem Verwinden oder Ausweichen führt, sondern der Zwischendeckel drückt, ohne sich zu drehen auf den Dichtring, der deutlich breiter als sonst sein kann. Die Uhr kann also ohne Probleme oft geöffnet werden. Der breitere Ring härtet außerdem weniger aus. Bei normalen Uhrgehäusen bewirkt eine Erwärmung, dass Luft aus dem Gehäuse herausgepresst und beim Abkühlen Wasser in das Gehäuse hineingesaugt wird. Hier wirkt der dünne Zwischendeckel wie eine Membran, die sich verformt, ohne Luft hinaus und dann Wasser hinein zu lassen. Solche Gehäuse konnte aber die DDR-Uhrenindustrie nicht kaufen und wegen der Patentabsicherung auch nicht „nachempfinden“. Der Kauf wurde angeblich von dem ehemaligen Geschäftsführer der Urofa und der Ufag, Dr. Kurtz, hintertrieben, der 1945 enteignet worden war und in der Bundesrepublik eine neue Uhrenfabrik in „Glashütter Tradition“ betrieb. Eine bestimmte Wasserdichtigkeit zu erreichen und zu erhalten, wurde mit vielen weiteren Maßnahmen versucht. Beispielhaft soll das schon 1953 entwickelte Armbanduhrgehäuse nach dem Prinzip „Adorex“ der bundesdeutschen Firma Adolf Rapp erwähnt werden. Um eine deutlich höhere Druckfestigkeit als etwa 5-6 bar zu erreichen, muss man weitere aufwändige konstruktive Maßnahmen treffen. Undichtheiten sind möglich an: - der Verbindung von Glas und Gehäuse, - der Verbindung von Boden und Gehäuse und - an der Kronen-Durchführung. Dazu können noch kommen: - Diffusion durch das organische Glas (oft statt Silikat-Glas eingesetzt), - einsickern durch Haarrisse im organischen Glas und - einsickern durch gealterte Dichtungen. Der Beitrag [47] von 1973 stellt die damaligen Möglichkeiten dar. Zum Uhrenglas wird gesagt: Das organische Glas habe das Silikatglas wegen seiner Vorteile Unzerbrechlichkeit, Elastizität und Speichervermögen für Wasser weitgehend verdrängt. In 70% der wasserdichten Gehäuse wurden die Gläser nur eingesprengt, wobei die Anpresskraft vom Glas selbst aufgebracht wird. Wenn diese sich wegen Alterung oder mechanischer Einflüsse verringert, wird die Verbindung undicht. Wenn man aber zusätzlich passende Metallringe mit einpresst, sog. Armierungen, erhält man einen höheren und beständigen Anpressdruck. Die Verarbeitung, auch bei Reparaturen, ist aber sehr anspruchsvoll. Man hat auch begonnen, mit elastischen Dichtungsringen zu arbeiten, die entweder mit eingepresst oder durch einen zusätzlichen Überwurfring angedrückt werden. Das war damals wegen der unterentwickelten Dichtmaterialien noch nicht sehr erfolgreich, hat sich aber inzwischen durchgesetzt. Auch die Abdichtung der Kronenachse war nicht unproblematisch, da sie ja eine Hin- und Her- und eine Drehbewegung ausführt. Die Bilder zeigen verschiedene Lippen- und Stopfbuchsen-Dichtungen, die eine hohe Präzision und Aufwand in der Herstellung erfordern, dann aber sehr gut dichten und sich teilweise auch nachstellen lassen. Die Favoriten wurden aber mit der fortschreitenden Dichtwerkstoff-Entwicklung einfache und doppelte Nullringdichtungen in glatten Laufflächen, die billig und einfach montierbar sind. Sie haben sich überwiegend durchgesetzt. Eine noch höhere Druckfestigkeit wird mit einer zusätzlichen Schraubkappe über der Krone erzielt, die noch eine weitere Dichtung hat (siehe Ruhla-Quarz-Taucheruhr). Kronen-Dichtung der WD-Uhren von GUB Für den Gehäuseboden haben sich zwei grundsätzliche Verschlüsse herausgebildet, der Schraub- und der eingesprengte Boden. Der Schraubboden ist schnell geöffnet und mit neuer Dichtung (wenn nötig) wieder verschlossen. Man muss aber durch konstruktive Maßnahmen verhindern, dass sich die Dichtung mitdreht und dabei verkrempelt, was man u.U. nicht bemerkt. Der flache oder runde Dichtungsring wird also in eine möglichst weit umschließende Nut gelegt und die Deckellauffläche ist poliert, oder zwischen Schraubring und Dichtung wird ein feststehender Deckel eingepresst (wie oben bei Adorex). Der Sprengverschluss benötigt weniger Platz, muss präzise gearbeitet sein und ist für den Ungeübten schwerer zu öffnen und zu verschließen. Da er nicht eingedreht wird, bleibt die Dichtung sicher am Platz. Von den Dichtungen gibt es unzählige Varianten, die alle ihre technologischen und praktischen Vor- und Nachteile haben. Für die Glashütter wasserdichten Uhren wurde die im Bild gezeigte Version gewählt (bei der Taucheruhr mit geschraubtem Boden). Armbanduhren (AU) Folgende prinzipielle Entwicklungsphasen hat die AU durchlaufen: - AU mit Handaufzug, Antrieb über eine Spiralfeder, die über die Krone gespannt wurde, Zeitnormal ist die Unruh, In Deutschland löste die AU erst in den 1920er Jahren die Taschenuhr ab. Zunächst wurden auch nur Werke, meist aus der Schweiz, importiert und in deutsche Gehäuse gesetzt. - AU mit automatischem (Rotor)-Antrieb, handbewegter Rotor spannte kleine Feder, Zeitnormal Unruh, Die Gangreserve liegt bei preiswerten Automatikuhren zwischen 30 und 60 Stunden. - Bei einer elektromechanischen AU erfolgt die Zeigerbewegung getaktet über die elektromagnetisch angeregte Unruh, Übergangsphase zwischen mechanischer und Quarzuhr. Eine Batterie ist erforderlich. - Bei einer AU mit Quarz liefert eine Elektronik mit Quarz als Zeitnormal entweder die Schaltimpulse für einen Schrittmotor (Zeigeranzeige) oder die Anzeigeelektronik mit LED- oder LC-Display. Wegen ihres unterschiedlichen historischen Herkommens unterschieden sich die Produktionsprofile der zwei DDR-Hersteller von AU: GUB produzierte zunächst nur mechanische Uhren mit Handaufzug und ergänzte diese ab 1960 durch Automatikuhren (aus den Erfahrungen mit automatischen Taschenuhren). Nach deren Perfektionierung mit den Kalibern 75 und 11 stellte man ab 1976 Quarzuhren mit Zeiger- oder LC-Anzeige her. UMF hatte zunächst auch AU mit Handaufzug im Programm (bei sehr hohen Stückzahlen), das ab 1962 für eine Übergangszeit durch elektromechanische Uhren erweitert wurde, ohne automatische Uhren anzufassen. Die elektrischen wurden dann um 1977 von den Quarzuhren abgelöst. Wasserdichte Uhren aus der DDR-Produktion von 1960 bis 1990 Die Uhrenproduktion in der DDR, deren Automatisierung immer weiter fortschritt, war erstrangig auf den Massen-NSW-Export ausgerichtet (nichtsozialistisches Wirtschaftsgebiet). Der Uhrenverkauf gegen harte Währungen war ab Anfang der 1960er Jahre ein starker Faktor für die Beschaffung von Devisen und wurde entsprechend gefördert (eigener Außenhandel der VVB, Westimporte von Zubehör und Maschinen …). Die im NSW erhandelbaren Preise lagen trotz guter Qualität der Uhren meist deutlich unter den dort üblichen (oft nur ein Drittel erzielbar). Die tragfähigen Standardwerke Kal.75 der GUB und Kal.24 von UMF wurden in Riesen-Stückzahlen produziert (3 Mill. bzw. 130 Mill. Stück über die Artikellaufzeit) und in unzähligen Gestaltungsvarianten exportiert. Handaufzug-WD-Uhren der GUB Ungenügende Wasserdichtheit spielte solange keine Rolle, wie sie den Verkauf nicht negativ beeinflusste. Dies geschah aber. So wurde beispielsweise der Chronometer GUB 70.1 vom westdeutschen Importeur nicht abgenommen, weil er mit dem Weimarer Gehäuse nur „spritzwassergeschützt“ nach DIN 8310 war. Es mussten Gehäuse aus der Bundesrepublik importierte werden, damit er als 70.3 „wasserdicht“ verkauft werden konnte. So wurde es auch mit anderen Kalibern gehandhabt. Wenn durch die Ausstattungsvariante „wasserdicht“ oder noch druckfester gefordert war, kaufte man Spezialgehäuse aus westlicher Produktion zu, z.B. auch beim GUB 69.1. Das ist verständlich, da der Anteil der druckfesteren Uhren (Tauchdesign) relativ gering war und die Produktion der Standarddesigns schon am Limit lief. Für seitliche Arabesken blieb einfach kaum Raum (außer Zwänge durch LVO-Aufträge) [41]. Nach einigen Jahren, mit noch zwanghafterer „Störfreimachung“ (Vermeidung von Importen für harte Devisen) und sicher auch der Verbesserung der Dichtungsmaterialien änderte sich das etwas. Die WD-Uhren der GUB 74/75 (Spezimatic) und GUB 11 (Spezichron) kamen mit Messing-Gehäuse aus Weimar, Schraubdeckel und armiertem Glas auf 6 atm Druckfestigkeit, desgleichen die WD-Uhren aus Ruhla, denen man das teilweise sogar auf das Zifferblatt druckte. Selbst die Quarz-Kampfschwimmeruhr UMF 13-32 war nicht für mehr zugelassen, obwohl sie noch gehärtetes Panzeruhrglas und eine verschraubte Krone hatte. Damenuhr mit Aufdruck 6 atm = 60 m, 1972, Kal.24 (Handaufzug) Dazu ein nettes Detail: Von der UMF 13-32 gab Gardé, eine der Nachfolgefirmen, ab 2010 eine auf 1.000 Stück limitierte Replik heraus, die aus originalen Teilen wirklich baugleich produziert wurde. <-- Originale „Kampftaucher-Uhr“ 6 atm Sie bestand damit mühelos den 20-bar-Drucktest nach der heute üblichen Gasdiffusion-Messung [41]. Wie die Drucktests in den 1980er Jahren gemacht wurden, ist mir leider nicht bekannt. In [47] sind einige mögliche Verfahren aufgelistet. Diese Quarz-WD-Uhr aus Ruhla wurde nur an die NVA geliefert (Prägung „Eigentum der NVA“ auf dem Boden) und ging auch an die KSK18 der Volksmarine. Freunde, die dort gedient haben, bestätigten mir, dass sie klaglos ihre Aufgabe erfüllt habe und, soweit bekannt, nie Probleme mit Undichtheit machte. Es seien aber überdurchschnittlich viele dieser Uhren beim Einsatz verloren gegangen ;-). Der Import des Gehäuses war immer noch zwingend, wenn Edelstahlgehäuse verlangt wurden, da Weimar nur Messing-Gehäuse konnte. Das war also bei der GUB 75 RP TS200 der Fall, die laut des LVO-Auftrages, der ihre Entwicklung veranlasste, ein bis 20 bar druckfestes Edelstahlgehäuse haben musste. LVO (LandesVerteidigungsObjekt) rangierte noch vor Export, und so kam die Uhr in ein solches. Dadurch bedingt sind aber auch nur einige hundert davon produziert worden. Taucheruhr, 20 bar, GUB 75 RP TS200 (Automatik) Die beiden Uhren GUB 75 RP TS200 (Automatik) und UMF 13-32 (Quarz) kommen den Forderungen der DIN 8306 für Taucheruhren am nächsten, wenn man der letzteren den heute erzielten Prüfdruck von 20 bar zubilligt. Die erstere schafft mit -30…+50 s/d die geforderte Genauigkeit von -4 und +6 s/d nicht. Beide dürften Schwierigkeiten mit der Ablesbarkeit (vor allem der Lünette) und der Funktionskontrolle bei völliger Dunkelheit haben. Beide zeigen aber, dass die DDR-Uhrenindustrie technisch durchaus in der Lage war, arbeitsfähige Taucheruhren herzustellen. Leider konnte der gemeine Sporttaucher davon wenig profitieren. Export unter Phantasiemarken 41 - Zeichen für den Export (GUB) Meisteranker aus Ruhla ANKER aus Ruhla Meisteranker von GUB Die beiden folgenden Tabellen listen die WD-Uhren von GUB und UMF mit ihren relevanten Daten auf, wobei nicht alle möglichen Design-Versionen gezeigt werden. GUB 70.3 hat kein Taucherdesign und soll nur zeigen, dass auch an anderen Uhren Wasserdichtheit angestrebt wurde. Wasserdichte Armbanduhren aus Glashütte (GUB) Kaliber Werk Antrieb Besonderheit Produktion Bild 70.3 Chronometer kein Tauch-Design D 28 mm, H 4,6 mm, 17 Steine, Stoßsicherung Handaufzug wasserdicht, importiertes Gehäuse mit Staub- und Schraubdeckel, Herstellung 1964-73, überwiegend Export, ca. 59.000 Werke 75 (06-26) Spezimatic 1 „Taucheruhr-Design“ Werk: D 28 mm, H 5,05 mm, Uhr: 38 x 46 mm², 26 Steine, Stoßsicherung Rotoraufzug, bidirektional, Handaufzug möglich, -30…+50 s/d Datum, wasserdicht,druckfest 6 atm, verschr. Boden, Ms-Gehäuse, drehb. Lünette, Kunststoffglas, Armierungsring Herstellung 1964-79, ca.3 Mill. Werke [49], ab 1969 WD-Uhren, 280 versch.Modelle, 75 (06-26) Navimatic “Kommandeursuhr” wie Spezimatic 1, wie Spezimatic 1, spezielles Zifferblatt, Zwischendeckel, wasserdicht Produktion ab 1969, nur für NVA 75 (06-26) Spezimatic 2, „Taucheruhr-Design“ wie Spezimatic 1, Datum, wasserdicht, keine Druckangabe, Zifferblatt ohne Minutenteilung, Herstellung: 1968-75 verdeckte Bandanstöße, gedrückter Boden 75 (06-26) Spezimatic, „Taucheruhr“ RP TS200 wie Spezimatic 1 oder Spezimatic 2 Datum, 20 atm druckdicht, Edelstahlgeh., verschraubter Boden, Panzerglas, stark leuchtende Ziffern Herst. 1969-79, einige 100, da Gehäuse Westimport, schwarzes Zifferblatt, mit Minutenteilung, 11-26 Spezichron „Taucheruhr-Design“ D 25,6 mm, H 6,1 mm, 22 Steine, Stoßsicherung Rotoraufzug, unidirektional, Schwermetall, Handaufzug möglich, Gangres. 42 h 4-Hz-Schwinger -15…+25 s/d Datum, wasserdicht, druckfest 5 atm, problematisches Kalenderwerk aus Plaste, Herstellung: Werk: 1978-82 ca 290.000 Stück Uhr: 1978-88 11-27 Spezichron „Taucheruhr-Design“ wie 11-26 wie 11-26 wie 11-26, wasserdicht, Datum und Wochentag, Werk ca. 72.000 Stück Wasserdichte Armbanduhren aus Ruhla (UMF) Kaliber Werk Antrieb Besonderheit Produktion Bild 24-35 Chronograph „Taucheruhrdesign“ Stiftanker D 24,0 mm H 6,45 mm Handaufzug, 0 Steine, +4…-2 min/d wasserdicht, ohne Datum, Zentralsekunde Prod.: 1970-78 24-32 „Taucheruhrdesign“ Stiftanker D 24,6 mm H 6,0 mm Handaufzug 0 Steine Stoßsicher., +4…-2 min/d wasserdicht, ohne Datum, Zentralsekunde, sw Zifferblatt, Prod.: 1963-91 Familie 24: 130.000.000 Stück, große Ausstattungsbreite 26-03 war 25-82 25-12 26-02 „Taucheruhrdesign“ “Ruhla-Electric”, D 27,0 mm, H 7,1 mm Unruhmotor, 7 Steine, Stoßsicherung, Datum, wasserdicht, Beleuchtung möglich, gesprengter Deckel, drehb.Lünette Prod. 1969-75 (25-82 1962-…) 28-33 war 28-40 Quarz, „Taucheruhrdesign“ D 32,5 mm, H 7,6 mm Schrittmotor, Eigenentwicklung wasserdicht, Datum, ohne DatumSchnellkorr. Prod. 1977-80 13-32 Quarz „Taucheruhr“ Werk: D 25,6 mm,H 3,5 mm ! Uhr: D 45 mm H 15 mm Schrittmotor Lavet, 7 Steine, 24 Monate Laufzeit, +/- 2 s in 3 d druckdicht 6 atm, Ms-Gehäuse, ohne Datum, verschraubte Krone, Panzeruhrglas, Prod. 1986-89 Bodenprägung: „Eigentum der NVA“ 13-33 wie 13-32 „Taucheruhrdesign“ wie 13-32 wie 13-32, wasserdicht ? mit Datum, Datum-Schnellkorrektur Prod.: 1984-91 Quellen: Die hier aufgelisteten Quellen sind nur eine Kurzfassung. Das komplette Quellen-Verzeichnis kann erreicht werden unter: t1p.de/yufv [03] Hans-Georg Donner, www.glashuetteuhren.de ,Taucheruhren der GUB, t1p.de/ivg5 [17] Hans-Georg Donner, www.glashuetteuhren.de , Wasserdichtheit bei Gehäusen der GUB Uhren, t1p.de/tjfh [19] Bernhard Kranz, armbanduhr-deluxe.de, Der Taucheruhren-Standard, t1p-de/g0gz [35] Kurt Herkner, Glashütter Armbanduhren, Schriften des Hist.-Wiss. Fachkreises "Freunde Alter Uhren" in der Dt. Gesellschaft für Chronometrie, 31(1992), Seite 15-41, SLUB Y. 8. 5213-31.1992 [39] Artur Kamp, Klaus Mleinek, Rainer Paust, Die Geschichte der Technik der Ruhlaer Uhren und Maschinen, ISBN 978-3-00-037522-4, ThULB Jena 27$029278007 [41] Interview am 4.11.2019 mit Artur Kamp, Direktor F/E 1977-1990 im Ruhlaer Uhrenwerk, Vorsitzender des Museumsbeirates Uhrenmuseum und des Fördervereins Uhrentradition Ruhla e.V. [47] Krug, Mleineck, Wasserdichte Uhren, Uhren&Schmuck, 1973-03, SLUB 19 4 00283 0 0026 1 01 [55] Ing. G. Rösner KDT, 11 Jahre VEB Feingerätewerk Weimar, Monatsschrift Feinmechanik Optik 8/1961, SLUB: 01 4 02139 0 0077 2 01 t1p.de/gigu [63] Karl Strock, Wasserdichtigkeit von Armbanduhren, Neue Uhrmacherzeitung 1953, t1p.de/1724