Ohne Taucher geht es nicht! Erlebnisse und Erzählungen des Tauchers i.R. Joachim Höhns aus Uetersen Von Dieter Harfst Der Schiffszimmerer - den Beruf hatte „Jochen“ Joachim Höhns von 1957 bis 1960 bei der Stülckenwerft in Hamburg erlernt - fuhr ab 1961 bis 1965 als Zimmermann zur See. Von 1965 bis 1967 machte er seine Taucherausbildung bei der Firma „Ulrich Harms Beckedorf & Co, Hamburg“ (Tauchermeister Albers). Bis 1973 arbeitete er für diese Firma, um im gleichen Jahr bis 1981 für die Hamburger Firma „Taucher HEROS“ zu arbeiten. Ab 1981 bis zu seiner Verrentung im Jahr 2002 war Jochen für „Bugsier“ in Hamburg tätig.1 „Nebenbei“ war er auch Schiffsführer auf Taucherschiffen, wie man aus zahlreichen Gesprächen mit ihm erfahren konnte. Von links: Helmut Mowe, Joachim Höhns, stehend Jörg Behling, Dieter Harfst, Matthias Zölker, Norbert Willers und Christian Schuchmann So auch am 27. Juli 2019, einem sonnigen, heißem Tag. Christian Schuchmann und Matthias Zölker tauchten im Schlick des Hamburger Hansahafens, Australiastraße 50a, wo sie vor Publikum die Taucherei vorführten, wie sie „früher“ im Helmtauchgerät üblich war (Bild rechts). Nachdem Tauchermeister Christian Schuchmann unter Zuhilfenahme des in den 1970er Jahren von Tauchermeister Helmut Mowe, zweiter von links, erfunden- und entwickelten lufthydraulisch gesteuerte „Taucherkrageneinstiegshilfe“ in den Taucheranzug „gestiegen“ war, wurde dem interessierten Publikum der Vorgang erläutert. Hier erklärt Tauchermeister Dieter Harfst, auch vor weiblichem Publikum, die Bedeutung des Schrittriemens. Hierbei übernahm er auch die schon von dem Dräger-Ingenieur Hermann Stelzner in seinem Buch „Tauchertechnik“, so bezeichnete Beschreibung „Schwanzriemen“ (warum die Damen aus Paderborn dies zum Kichern veranlasste, konnte er sich allerdings nicht erklären - na ja, vielleicht, weil er auch erzählte, dass Taucher Christian als auch er selber „Linksträger“ seien). Weiter mit „Forschungsplattform NORDSEE 1977“2 Forschungsplattform NORDSEE 1977 Sie war stationiert im Dreieck Westerland/Sylt, Helgoland und Nordsee. Immer wieder wurde der kompakte Gründungskörper aus Beton, Umfang 78 m im Achteck und 4 m Höhe, in Sturm-Orkanen unterspült (ausgekolkt). Um das zu verhindern, wurden im Laufe der Jahre u.a. Stein-Netzbrooken3 mit größeren Steinen verlegt, um dann mit Colcrete-Beton4 im Pumpverfahren bis in ca. 30 m Wassertiefe verfüllt zu werden. Beauftragt für diese sehr speziellen Sicherungs- und Wartungsarbeiten unter Wasser war die Hamburger Taucherfirma „HEROS“5. Der schlankeste Taucher der HEROS-Crew war der Schotte David Steel. Darum sollte er am weitesten den Schlauch während des Pumpvorgangs zwischen Betonsockel und der Seesohle bringen. Taucher Jochen Höhns führte an der Außenkante des Fundamentes den Schlauch von David Steel. Der war schon ca. 10 m unter dem Fundamentboden mit der Verteilerspritze vorangekommen. Jochen stellte fest, dass der Beton anfing, sich sehr schnell zu verhärten (abzubinden). Über Telefon an Deck gab er Bescheid, dass David sofort zurückkommen muss, weil der Förderschlauch im Beton schon fest wurde. Er zog so fest wie er konnte und bekam David gerade noch rechtzeitig frei. Fast wäre er einbetoniert worden! In der von Jochen angefertigten, nachfolgenden Zeichnung und Beschreibung ist der Vorgang, gut nachvollziehbar. Im Sommer 1977 waren auf der Forschungsplattform „Nordsee“ Ingenieure und Forschungstaucher.6 Diese hatten, wie man aus Gesprächen erfuhr, eine Taucherausbildung als Sporttaucher. Die Taucher von der Firma „Taucher HEROS“ hatten diesen Leuten erklärt, dass in den KV- (Konstantvolumen-) Taucheranzügen7 an den Beinen Luftauslassventile eingearbeitet sind, und dass sie diese dichtgedreht hätten. Bei Spülarbeiten und sonstigen Dreckarbeiten würden sie sonst nasse Füße bekommen. Erklärt hatten sie auch, dass man dabei niemals über Kopf arbeiten dürfe, da sonst die Atemluft in die Beine schießen würde. Nun war es aber doch passiert. Ein Forschi hatte wohl nicht gut zugehört - nämlich genau das passierte ihm. Er hielt sich an einer Netzbrook fest. HEROS-Taucher Oskar Dobslaf, der sich in der Nähe befand, sah dies, schwamm sofort dort hin und stach mit dem Messer in die Luftblasen der Beine. Diese blitzschnelle Reaktion und Entscheidung von dem sehr erfahrenen Oskar Dobslaff vermied wahrscheinlich gesundheitliche Probleme für den Forschungstaucher (oder auch mehr). Der Forschungstaucher hatte schon so viel Auftrieb in den Beinen, dass er die Netzbrook, die zum Ausfüllen der ausgekolkten Löcher hinabgelassen war, anhob. Außer, dass er an den Beinen nass geworden war, ging alles gut. 1 „(Helm-) Tauchgeschichte (n) der besonderen Art“, am 14. Januar 2019. 2 Forschungsplattform „Nordsee“: Sie wurde 1974/1975 für 35 Millionen Mark im Auftrag des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT) entwickelt. Am 8. Juni 1975 wurde die Plattform etwa 75 km nordwestlich Helgoland auf ein Stahlrohrgestell über einer Wassertiefe von 30 m aufgesetzt. Die 26 m mal 26 m große, 1500-t-schwere Plattform enthielt Laborräume und Unterkünfte für acht Besatzungsmitglieder und maximal 14 Forscher. Die Plattform besaß ein Hubschrauberdeck, über das der Personalwechsel regelmäßig abgewickelt wurde, während Versorgungsgüter und Kraftstoff alle zwei bis drei Wochen mit einem Schiff gebracht wurden. Für die Stromversorgung standen drei Dieselgeneratoren zur Verfügung. Der Sicherheit der Besatzung diente eine Rettungskapsel. Um die Forschungsergebnisse nicht zu verfälschen, wurde besonderer Wert auf die Umweltverträglichkeit gelegt und kein Abwasser ins Meer geleitet. Der Forschungsbetrieb begann 1976. Während des 17-jährigen Betriebs wurde auf den Gebieten der Umwelt-, Unterwasser-, Klima- und Wehrtechnik geforscht, entwickelt und erprobt. Ein Teil der Erprobungen galt der Konstruktion selber, wobei die unterschiedlichen Belastungen der Plattform durch Seegang, Klima und Korrosion aufgezeichnet und untersucht wurden. Das Bundesministerium der Verteidigung beteiligte sich mit 30 % der Kosten an der FPN. Die Forschungsanstalt der Bundeswehr für Wasserschall und Geophysik forschte an der Unterwasserschallausbreitung. Dafür wurde nachträglich an der Westseite ein weiteres Bein an die FPN angebaut. An ihm waren akustische Sende- und Empfangsanlagen im Frequenzband 500 Hz bis 10 kHz in einer Halterung montiert, die von zwischen 5 m über dem Meeresboden bis an die Oberfläche und darüber hinaus bewegt werden konnten. Außerdem gab es für das gleiche Frequenzband eine akustische Langantenne am Meeresboden in 10,4 km Abstand von der Plattform, die mit ihr fest verdrahtet war. Die Plattform wurde 1993 auf offener See demontiert. Quelle: wikipedia 3 Netzbrooken sind Verladehilfen. Vor allem Postgut wurde in früheren Zeiten damit aus den Laderäumen der Schiffe be- oder entladen. Es sind netzartige Matten mit 4 Stroppen an den Ecken, die vor Befüllung flach ausgelegt wurden und dann nach dem Einpicken in den Kranhaken beim Hieven der Ladung darin hingen, so dass die Ladung nicht herausfallen konnte. 4 Dieser Spezialbeton verbindet sich außerhalb des Aufbereitungsvorgangs nicht mit weiterem Wasser, entmischt sich also auch nicht unter Wasser. Er besitzt eine hervorragende Fließ- und Pumpfähigkeit, ein gutes Haftvermögen und ist im erhärteten Zustand wasserundurchlässig. Der Colcrete-Mörtel ist meerwasserbeständig und damit als vielseitiges Baumaterial speziell für den Wasserbau geeignet, vor allem zum Verpressen und Verfüllen von Steinschüttungen (Steinberger, Steinverklammerung), als Injektionsbeton (Ausgussbeton) oder für Injektionen von Spalten und Rissen in Gestein, Mauerwerk und Beton. 5 „HEROS“. Herbert Richter und Oskar Dobslaff 6 In Taucherkreisen auch „Forschis“ genannt. 7 Siehe auch: „Tauchtechnik“ Band I, 1969, von Gerhard Haux, Springer-Verlag Berlin Heidelberg.