TH12 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, für unsere Beschäftigung mit Tauchgeschichte, zum eigenen Vergnügen oder auch für die Vorbereitung von Artikeln und Vorträgen, sind wir meist gezwungen, Literatur zu wälzen oder im Internet zu recherchieren. Besonders interessant und ergiebig wird es aber dann, wenn man mit Zeitzeugen oder auch Spezialisten auf engen Gebieten direkt sprechen und seine Probleme klären und menschlich ausschmücken kann. Dafür sind wir auf die Zugänglichkeit und aktive Bereitschaft solcher Leute angewiesen. Ihr Mitwirken erweckt dann doch oft den Eindruck, dass es ihnen Freude macht, über die alten Zeiten und ihre Leistungen damals zu reden und man ist natürlich auch ein bisschen stolz da rauf, dass sich dafür noch jemand interessiert. Dieses Empfinden hatte ich oft, wenn ich mit alten Mitarbeitern von MEDI oder anderen Produzenten oder Taucherbastlern aus grauer Vorzeit gesprochen habe, aber auch bei Kuratoren von Archiven wie dem Sächsischen Staatsarchiv, die ja genau dafür arbeiten, dass andere ihre Schätze nutzen. Und dafür ist man als Autor auch sehr dankbar. Neulich hatte ich allerdings ein Negativerlebnis bei solchem Bemühen, mit dem Uhrenmuseum Glashütte. Ich hatte zuvor eine Führung mit einem sehr kompetenten Gästeführer mitgemacht, der früher selbst leitender Mitarbeiter in der Uhrenfabrikation dort gewesen ist. Ich fragte später als Redakteur der TauchHistorie im Museum an, ob man mir den Kontakt zu diesem Mitarbeiter vermitteln könne, um noch Fragen zur Geschichte der Taucheruhren in Glashütte klären zu können. Daraufhin teilte man mir mit, man sei auf die Pauschalkräfte für die Gästeführungen angewie sen und sie stünden für derlei (?) nicht zur Verfügung. Außerdem wisse der Kollege nichts zu meinen Fragen (die ich ja noch gar nicht gestellt hatte). Punkt, keinerlei Hinweise auf vielleicht andere Anlaufpunkte oder Informationen. Ich war etwas frustriert, habe aber leider nicht weiter insistiert. Als gemeinnützige Stiftung, wie die, die das Museum betreibt, sollte man schon bereitwilliger auf Anfragen in öffentlichem Interesse eingehen. Ich bin aber sicher, dass ich an anderen Stellen wieder auf freundliche und auskunftswillige Menschen treffen werde. Ihr Dr.-Ing. Lothar Seveke Titelbild: Taucherschlitten des Instituts für Hochseefischerei der DDR 1959 im Roten Meer. Beitrag S. 10 VERZEICHNISSE ALLER ARTIKEL VON TH01 – TH12 • nach Heften: goo.gl/uXn1Ar Kurzbiografien aller bisherigen Au• nach Autoren: t1p.de/zk8j toren (erstmalig immer jeweils unter • nach Kategorien: t1p.de/n7mh dem Artikel): t1p.de/zs7a Sollten Kurzlinks in diesem Heft nicht funktionieren, finden Sie hier die normalen Links: www.htg-th.eu/th12/kurzlinks.pdf Inhalt Editorial Denkmal für den Helmtaucher in Italien Erich Wasmund erster wissenschaftlicher Taucher in Deutschland Über die Erprobung eines Taucherschlittens Geschichte der MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen der DDR Dräger-Tauchgeräte für „Meereskämpfer“ Teil 4 Die Chiemsee-Ringkanal-Abwasserleitung Renaissance der Zweischlauch-Regler? Der Argonaut Kraken 1958 ... das Venturi-Jahr Flaschenbrücke für Zweischlauchregler Der Nullring Spezimatic RP TS 200 Hans-Hass-Expeditionen im Spiegel der Presse Teil 4 Der unermüdliche Erfinder Ernest Bazin „Welcome to the Swedish Historical Diving Society” Berichte zu Treffen 2019: Internationales Treffen der HTG Jahrestreffen der HDS Nachrichten: Jubiläum 5 Jahre Sporttauchmuseum Berlin Impressum .......................................................................................................................................... 6 Erich Wasmund – First scientific diver in Germany – Marine research made tremendous progress after scientists set out to descend to the seabed themselves. However, this development took some time. In Germany, Erich Wasmund was the first of this new generation of researchers. Erich Wasmund – Premier plongeur scientifique en Allemagne – La recherche marine a fait d‘énormes progrès lorsque les scientifiques ont décidé de descendre eux-mêmes dans les fonds marins. Cependant, cette évolution a pris du temps. En Allemagne, Erich Wasmund fut le premier de cette nouvelle génération de chercheurs. Helmut Winkler ........................................................................................................................................ 10 Testing of a diving sledge – The task of the research group was to create a device for certain research assignments that would allow divers to observe and film towed fishing tackle while working in the open water. The trials of the test pattern have shown that such a device is usable and fully met the demands required by the technical diving side. L‘essai d‘un traîneau de plongeur – Le groupe de recherche avait pour tâche de créer, pour certaines tâches de recherche, un dispositif permettant aux plongeurs d‘observer et de filmer les articles de pêche remorqués tout en travaillant en eau libre. Les essais du modèle de test ont montré qu‘un tel dispositif est utilisable et répond pleinement aux exigences du plongeur technique. Ulf Barthel ....................................................................................................................................... 16 Helmet diving equipment of the GDR – Complete helmet diving equipment was built In the German Democratic Republic. Here is a systematic presentation arranged in time line. Scaphandres pieds lourdes en RDA – En République Démocratique Allemande, les équipements complets pour la plongée à pieds lourdes, on les a construit également. Ici, ils sont systématiquement présentés et rangés dans le temps. Helmut Knüfermann ....................................................................................................................................... 28 Timeline of closed circuit oxygen rebreathers by Draeger (part 4) – Military closed circuit oxygen rebreathers are subject to very special requirements for the intended purpose. They differ in some construction details from civil diving devices of the same function. This is a timeline of historical, no longer built device types of Draeger. Chronologie des recycleurs d‘oxygène en circuit fermé par l‘entreprise Draeger (partie 4) – Les appareilles militaires de plongée à l‘oxygène avec un circuit fermé sont soumises à des exigences très spéciales pour l‘usage prévu. Ils diffèrent dans certains détails dans leur construction des dispositifs de plongée civile de la même fonction. Il s‘agit d‘une histoire de développement des types non plus produits du Draeger. Dieter Harfst ........................................................................................................................................ 43 Impossible without divers – Waste water channel around Lake Chiemsee 1986 Impossible sans plongeurs – Canal d‘eaux usées autour du lac Chiemsee 1986 Dr. Lothar Seveke ....................................................................................................................................... 46 Renaissance of the double hose regulators? – The Argonaut Kraken – The company “Vintage Double Hose” (VDH) from the USA manufactures spares and parts for the modernization of double hose regulators, they now build a complete new regulator “Argonaut Kraken”. Renaissance des détendeurs à deux tuyaux? – Le Argonaut Kraken – La société américaine VDH fabrique des pièces de rechange et des pièces pour la modernisation des détendeurs à doubles tuyaux et maintenant aussi le détendeur complet Argonaut Kraken. Stéphane Eyme .........................................................................................................................................52 1958 … and then came Venturi – An essential component of dive regulators that has achieved a breakthrough in performance – the Venturi nozzle – is introduced and recognized for its importance. 1958 … l‘année Venturi – Un composant essentiel des détendeurs de plongée qui a réalisé une percée en termes de performances – la buse Venturi – est introduit et reconnu pour son importance. Franz Rothbrust ........................................................................................................................................ 59 Manifold for double hose regulators – Even such a common part can be improved, adapted to the needs of double hose regulator divers. Embout des bouteilles pour détendeur à deux tuyaux Même une telle partie commune peut être améliorée, adaptée aux besoins des détendeurs à double tuyau. Philippe Rousseau ........................................................................................................................................ 60 An invention that revolutionized the world of diving – the O-ring – It is so small and yet so important for the design of diving equipment – the O-ring. Its development history is now documented. Une invention qui a révolutionné le monde de la plongée – le joint torique – Il est devenu si petit et pourtant si important pour la conception de l‘équipement de plongée – le joint torique. Son histoire de développement est écrite. Lothar Seveke ........................................................................................................................................ 64 Specimatic RP TS 200 – This diver‘s watch made by VEB Glashütter Uhrenbetriebe, was developed 50 years ago –It has been the only real diver’s watch made in the DDR and brought into the market in 1969. It was an automatic watch with stainless steel case, approved for a pressure of 20 bar. Specimatic RP TS 200 – Cette montre de plongée a été développée il y a 50 ans à Glashütte – En 1969, les VEB Glashütter Uhrenbetriebe ont mis sur le marché la seule véritable montre sous-marine produit en RDA. Il s‘agissait d‘une montre automatique avec boîtier en acier inoxydable, approuvée pour une pression de 20 bar. Michael Kranzler ....................................................................................................................................... 68 Hans-Hass-Expeditions in the View of the Press, part 4 – In 1950 Hans Hass led his second expedition to the Red Sea. There he was able to take unique underwater photographs and film shots. The extraordinary result of this movie was indebted a good deal to nice and brave Lotte. Subsequently newspapers and magazines all over the world reported – detailed but not always right – on the Austrian „Undersea Stars“, exemplified by articles from Europe, the USA, Australia, Egypt and the Lebanon. Hans-Hass-Expéditions dans le miroir de la presse – En 1950, Hans Hass a fait sa deuxième expédition à la mer Rouge. Là, il a fait des photos et films uniques sous l’eau. Grâce à Lotte, belle et courageuse, le film a eu du succès exceptionnel. En conséquence, des journaux et magazines dans le monde entier ont fait des rapports détaillés – mais pas toujours exacts – sur les deux «stars sous-marins» de l’Autriche que démontrent des articles d’Europe, des États-Unis, d’Australie, d’Égypte et du Liban. Yves Clercin ........................................................................................................................................80 The perpetual inventor Ernest Bazin L‘inventeur perpetuell Ernest Bazin #################################################### Denkmal für den Helmtaucher Denkmal für den Helmtaucher in Italien Von Faustolo Rambelli Auf dem Platz des MAS (National Museum of Underwater Activities) in Marina di Ravenna - Italien wurde das «Denkmal für den Hard Hat Diver» errichtet. Die Einweihung fand am Samstag, dem 15. Juni 2019, statt. Nach dem Vorbild der HDS UK und der HDS USA, die 1990 bzw. 1992 gegründet wurden, wurde die HDS Italien 1994 in Ravenna gegründet. Nur vier Jahre später, 1998, wurde das MAS (National Museum of Underwater Activities) eröffnet. Hier ist auch das originale Gipsmodell des bekannten «Christus des Abyss» von Professor Guido Galletti aus dem Jahr 1954 zu sehen, dessen Bronzestatue in der Bucht von San Fruttuoso steht. Im Jahr 2016, während einer Sitzung des Vorstands der HDSI, wurde die Idee geboren, ein Denkmal für den Hard Hat Diver zu errichten, um diese mythische Figur des «Toiler of the Sea» zu ehren, wie Victor Hugo ihn in seinem Roman von 1866 nannte. Nach der Erstellung des Denkmalprojekts, der Einholung der erforderlichen Genehmigungen und der Suche nach den Sponsoren wurde der Bau der Statue Alberto Muro Pelliconi übertragen, einem weltberühmten Unterwasserfotografen, der sie als Sponsor kostenlos zur Verfügung stellte. Da das MAS das einzige italienische Museum für Unter-wasseraktivitäten und eines der wenigen weltweit ist, wird das «Monument to the Hard Hat Diver» das einzige in Italien und scheint das achte in der Welt zu sein. Die Entstehung des Denkmals ist hier nachzulesen: t1p.de/gn5q DIE WICHTIGSTEN TECHNISCHEN DATEN DES DENKMALS Die wichtigsten technischen Daten des Denkmals sind bei einer Gesamthöhe von 3,80 m: Eine runde Basis (Ø 1,15 m x h 1,00 m) aus beschichtetem Mosaik, in der vier verschiedene Tauchsysteme dargestellt sind, nämlich die • von Mariano di Jacopo mit der Bezeichnung Taccola von 1433 (narghilè), • von Gulielmo da Lorena von 1531 (offener Helm), • von Niccolò Tartaglia von 1551 (Glocke) und • von Giovanni A. Borelli von 1680 (freier Taucher). Darüber befindet sich die 2,30 m hohe Bronze-Statue des Hard Hat Diver. Erich Wasmund 1902-1945 Erster wissenschaftlicher Taucher in Deutschland Von Michael Jung Als Startpunkt der wissenschaftlichen und systematischen Meeresforschung gilt die Weltreise des englischen Forschungsschiffes „Challenger“. Die Challenger-Expedition, die in den Jahren 1872 bis 1876 unter der Führung von George Nares und Charles Wyville Thomson stand, führte das Schiff rund um die ganze Erde, wobei es insgesamt etwa 130.000 Kilometer zurücklegte. Sie war die erste globale Seeexpedition, die nur zu Forschungszwecken konzipiert worden war. Die Auswertung der Ergebnisse dauerte 20 Jahre, und es wurden 50 Ergebnis- bände (29.000 Seiten, 3.000 Tabellen und Diagramme) zusammengestellt. Die Expedition brachte erstmals wichtige Aufschlüsse über die geologische und zoologische Beschaffenheit des Ozeanbodens. Diesen ersten Erkundungen der Tiefsee folgte bald die systematische Aufnahme ganzer Ozeanräume, unter anderem des Südat lantiks durch das deutsche Forschungsschiff „Meteor“ zwischen 1925 und 1927. Die Meteor war ein 1915 als Kanonenboot für die deutsche Kaiserliche Marine gebautes, aber nicht fertiggestelltes Schiff, das nach Umbau als Forschungsschiff der deutschen Reichsmarine eingesetzt wurde. Es verfügte über die modernsten Messgeräte seiner Zeit. Die Meteor bereiste vom 16. April 1925 bis zum 2. Juni 1927 den Atlantik und wurde bekannt für die im Rahmen der „Deutschen Atlantischen Expedition“ durchgeführte Vermessung des Atlantischen Ozeans, bei der 13 Lotprofile zwischen Afrika und Südamerika mit 67.000 Echolotungen angelegt wurden. Die Gesamtfahrtstrecke für die Vermessung betrug 125.000 Kilometer, was mehr als dem dreifachen Erdumfang ent spricht. Die wissenschaftliche Leitung hatte bis zu seinem Tod Alfred Merz, Professor am Institut für Meereskunde in Berlin, danach der österreichische Meteorologe und Ozeanograph Albert Defant. Die von Defant herausgegebenen 16 Ergebnisbände erschienen bis 1941. Von 1926 bis 1945 war er Professor für Ozeanographie an der „Friedrich-Wilhelms-Universität“ (später Humboldt-Universität) und Direktor des Instituts und Museums für Meereskunde in Berlin, der damals führenden deutschen Meeresforschungseinrichtung. Einer seiner Studenten war 1942 bis 1944 der Tauchpionier Hans Hass. Prof. Dr. Erich Wasmund Das Schiff war auch noch nach der Expedition im Einsatz. 1938 nahm es beispielsweise an der „Deutschen Nordatlantischen Expedition“ teil. Damals begann eine neue, bis heute dominierende Phase: die Meeresforschung in internationaler Arbeitssteilung und Zusammenarbeit. Bei der Nordatlantik-Expedition arbeiteten deutsche, norwegische und französische Schiffe und Institute nach abgestimmtem Plan zusammen. Diese Art der internationalen Meeresforschung ist seit dem Wiederaufbau der deutschen Meeresforschung in den 1960er Jahren die einzig sinnvolle und dem Thema Meer angemessene Art der Forschung. An einer dieser Fahrten der Meteor nahm der Geologe Erich Wasmund teil. Er gehörte einer neuen Generation von Forschern an - nämlich solchen, die sich nicht nur Hilfsmitteln wie Dredschen (Schleppnetz in einem schweren Rahmen) und Bodengreifern bedienten, um von Deck oder Land aus Informationen über die Unterwasserwelt zu erhalten, oder oftmals widersprüchliche Informationen von Berufstauchern interpretierten, sondern selbst tauchten, um Antworten auf ihre wissenschaftli chen Fragen zu finden. Wasmund war von 1930 bis 1936 als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hydrobiologischen Anstalt der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft in Plön tätig. In der Philosophischen Fakultät der Universität Kiel lehrte er Anfang der 1930er Jahre hydrografische Limnologie und Geologie, bevor er 1936 dort als Professor fest angestellt wurde. Wasmund erprobte vielerlei neue, innovative Forschungsmetho den. Eine bestand beispielsweise darin, Luftbildaufnahmen für die Seenforschung nutzbar zu machen. Während einer langen Flugreise, die ihn vom Bodensee bis zur Nordsee, von dort über Dänemark bis Moskau und wieder zurück zum Bodensee führte, stellte er Flugbeobachtungen über mittel- und osteuropäischen Gewässern an. Er schilderte in einer Veröffentlichung von 1930 das Bild der limnologischen Verhältnisse für die verschiedenen überflogenen Landschaften, wie es sich ihm vom Flugzeug aus darbot. Vom Flugzeug aus konnte er in klaren Gewässern die geologi schen Verhältnisse der Uferbereiche gut erkennen, allerdings blieb ihm noch verborgen, wie der weitere Verlauf vom Ufer Schiffstaucher-Lehrgang der Marine in Kiel bereich in größere Tiefen aussah. Um die geologischen Verhältnisse im tieferen Unterwasserbereich wissenschaftlich zu untersuchen, und ihre Bedeutung für die Hydrologie und die gerade aufkommende Wehrgeologie einzuschätzen, wollte er sich selbst durch Tauchen ein unmittelbares Bild der Situati on „in situ“ verschaffen. Aus diesem Grund absolvierte er eine Tauchausbildung. Wasmunds Vater war Marineoffizier in Kiel und ermöglichte ihm den Zugang zu einem Taucherlehrgang der Marine. Wasmund wurde dem Taucherschulboot „TAUCHER“ zugeteilt und bewältigte von dort aus im Sommer 1935 in der Kieler Bucht einen dreimonatigen Lehrgang als Schiffstaucher. 1936 und 1937 hatte er dann an Bord der „METEOR“ und des Kreuzers „KARLSRUHE“ Gelegenheit, im Seegebiet der Darsser Schwelle (Mecklenburger Bucht), vor Arkona (Rügen) und erneut in der Kieler Bucht (Innenförde) mit dem Helmtauchgerät und schlauchlosem DrägerTauchgerät DM40 zu tauchen. Wasmund gewann durch seine Tauchgänge in der Förde ein Bild der dortigen Verhältnisse auf dem Grund, und publizierte sie 1937. Insbesondere untersuchte er die sogenannte „Wittlingskuhle“ im Kieler Hafen. Daneben erprobte er technische Apparaturen, mit denen man von Schiffen aus Bodenproben entnehmen konnte (Lot, Greifer, Dredsche). Er beobachte die Funktionsweise dieser Geräte am Meeresgrund und gab Ratschläge, wie die Mechanismen verändert werden sollten, damit sie noch effektiver waren. Vom Meeresgrund brachte Wasmund Sediment mit nach oben und untersuchte, ob sich darin Pollen befanden, und falls ja, welche und wie viele. Daraus schloss er, ob diese Fläche während der Eiszeit von Wasser bedeckt oder trockenes, bewachsenes Land war. Wasmund war vom Nutzen des Tauchgerätes für wissenschaftliche Beobachtungen unter Wasser so begeistert, dass er 1938 darüber schrieb: „Zweck dieser Schrift ist zu zeigen, was alles der Taucher, oft nur er, unter Wasser naturwissenschaftlich arbeiten und beobachten kann. … Das Ganze in naturgegebener Einheit sehen, ist besser, als es aus Stücken zu kombinieren und berech nen … Selber sehen unter Wasser, soweit es möglich ist, will der Geologe so gut wie der Minensucher, der Algenforscher so gut wie der Fischer, der Zoologe ebenso wie der Wasserbauer. Selber sehen kann aber direkt nur der Taucher.“ Und an anderer Stelle: „Die Taucherbeobachtung gibt allein die Möglichkeit, von einer mehr oder weniger naiven oder gefühlsmäßigen Benutzung der hydrologischen Gerätschaften zu experimentell gesicherten Methoden überzugehen.“ Ganz so, als habe Wasmund die schon bald folgenden Aktivitäten von Hans Hass vorhergesehen, schrieb er in einem Bericht über sein neues Institut am 26. November 1938: „Die Meeresgeologie -wie die deutsche Meeresforschung überhaupt - kommt nur vorwärts, wenn wir Leute haben, die nicht nur Forscher im Labor und am Schreibtisch sind, sondern die auf der See zuhause sind, die ihre Schiffe selber führen können, die tauchen können, …. [was] von den anderen zuhause gern als Abenteuerei angesehen wird.“ Wasmund beschäftigte sich auch mit der Unterwasserfotografie. Er konstruierte dazu ein zylindrisches, wasserdichtes Gehäuse für die Leica, einer Rollfilmkamera mit Schlitzverschluss und perforiertem Normalfilm für bis zu 36 Aufnahmen. Er erprobte sie in der Kieler Förde bis 25 Meter Tiefe und publizierte 1937 einige der Fotos. Wasmund hatte die Absicht, das Verhältnis zwischen Sichttiefe und Sichtweite experimentell zu untersuchen. In der Geschichte der naturwissenschaftlichen Fotografie unter Wasser gab es bis dahin nur vier Naturforscher, die als Erbauer von Spezialkonstruktionen und Unterwasserfotografen Erfahrungen und nennenswerte Erfolge gesammelt haben: Louis Boutan, Er- nest Longley, John Tee Van und Torsten Gislén. Während der erste im Mittelmeer und die beiden Amerikaner in den Subtropen gearbeitet haben, hatte Gislén bisher als einziger im Norden erfolgreiche Versuche unternommen. Mit dem Antritt seiner Professorenstelle in Kiel Ende 1936 fand Wasmund immer weniger Zeit für eigene Unterwasserbeobachtungen, blieb aber weiterhin sehr an Meeresforschung interessiert. Als am 1. April 1937 an der Kieler Universität das „Institut für Meereskunde“ unter Adolf Remane gegründet wurde, übertrug man Wasmund die Leitung der Abteilung für Hydrogeologie. Leider nicht bewilligt wurden die Mittel für die Anschaffung eines großen universitätseigenen Forschungsschiffes, das Wasmund beantragt hatte. Erst 1946 bekam das Institut mit der SÜDFALL (1954 umbenannt in HERMANN WATTENBERG) einen eigenen Forschungskutter. Ein Helmtaucher der Marine macht sich bereit zum Abstieg. Schon bald kam es bei der Frage, wie die Forschungsgelder zwischen den Instituten verteilt werden sollten, zu heftigen Kompetenzstreitigkeiten zwischen Remane und Wasmund. Sie mündeten Ende 1938 in einem Ehrengerichtsverfahren der Universität. Darin wurde Remane von allen Vorwürfen freigesprochen und Wasmund aus dem Universitätsdienst entlassen. Ihm wurde auch untersagt, an einer anderen deutschen Universität tätig zu werden. Wasmund hatte bereits im April 1938 mit eigenen Mitteln sowie Mitteln vom Reichsamt für Bodenforschung eine private „Meeresgeologische Forschungsstelle“ aufgebaut, die er nun nach seiner Entlassung aus dem Hochschuldienst hauptamtlich weiter führte. Sie lag in unmittelbarer Nähe zum Universitätsinstitut in Kitzeberg an der Kieler Förde. Wasmund übernahm das Personal der Hydrogeologischen Abteilung des Instituts für Meereskunde und wurde fortan vom Reichsamt für Bodenforschung besoldet. Er war schon früh Mitglied verschiedener Parteiorganisationen geworden, was ihm sicher erleichterte, nach seinem Universitätsausschluss wieder Fuß zu fassen. Im gleichen Jahr begründete er die neue Zeitschrift „Geologie der Meere und Binnengewässer. Zeitschrift für marine und limnische Hydrogeologie und ihre praktische Anwendung.“ Durch den Ausbruch des Krieges wurden auch Wasmunds Forschungen in militärische Richtung gelenkt. Es ging nun vorwiegend darum, Küsten und Schelfregionen in Bezug auf An griffs- und Verteidigungsmöglichkeiten zu untersuchen. 1940 trat Wasmund in die Kriegsmarine ein und wurde, dem Vorbild seines Vaters folgend, als Seeoffizier zunächst Kommandant von verschiedenen Vorpostenbooten und Sperrbrechern. 1942 stieg er in einen höheren Marinestab an der Kanalküste auf. In diesen Jahren blieb er weiterhin naturwissenschaftlich und publizistisch aktiv. 1944 untersuchte er beispielsweise an der Atlantikküste die Verteilung des Treibsandes. Für die Kommunikation zwischen Taucher und Deck wurde ein Helmtelephon eingesetzt. Ende 1944 wurde Wasmund Befehlshaber der Po-Flottille in Pavia und mit den Vorbereitungen zum Rückzug der deutschen Truppen über den Po beauftragt. Hier führte er Untersuchungen zu der Veränderung des Po-Flusslaufes in den letzten zwei Jahrzehnten durch, für die er, trotz Treibstoffknappheit, Flugzeuge für Luftbildaufnahmen einsetzte. Am 28. April 1945 flüchtete Wasmund mit einem der letzten Züge vor den Westalliierten aus Pavia und geriet bei Bergamo in einen Luftangriff, bei dem er tödlich verletzt wurde. Erich Wasmund kann als der erste wissenschaftliche Taucher in Deutschland bezeichnet werden. Wissenschaftliche Taucher öffnen einen neuen Erkenntniszugang in der Meeresforschung. Der Meeresboden wurde bis dahin nur mit Loten, Lotröhren, Dredschen und Bodengreifern untersucht, die Proben mit nach oben brachten. Es waren punktuelle Ansätze, die nur durch mehrmalige Wiederholungen und Interpretation eine, wenn gleich unsichere, Aussage ermöglichen. Meerestiere wurden gefangen und in Aquarien studiert. Dass sie hier nicht mehr ihr natürliches Verhalten zeigten, liegt auf der Hand. Auch aus den Berichten von Berufstauchern konnten Forscher nur sehr ein geschränkt wissenschaftlich verwertbare Schlüsse ziehen: Die vielen Berichte von giftigen Muränen und angriffslustigen Haien und Kraken geben ein entsprechendes Bild. Ein besonders deutliches Indiz für die Unzuverlässigkeit von Taucherschilderungen kann man in den Arbeiten einer Forschungsgruppe unter der Leitung von Hellmuth von Müller-Berneck vor Arkona auf Rügen erkennen, die hier zwischen 1934 und 1936 im Auftrag des Reichsbundes für Vorgeschichte arbeitete. Das Forschungsziel war die Aufdeckung vor- und frühgeschichtlicher Siedlungen auf dem dortigen Meeresgrund. Dazu setze Müller- Berneck einen Berufstaucher ein, der bis zu 9 Meter tief tauchte, und nach Rückkehr an die Oberfläche seine Beobachtungen wiedergab. Seinen Schilderungen von angeblich vorgefundenen Fundamentresten zufolge wurde von Müller-Berneck das Vor handensein einer alten dänischen Festung attestiert. Wie wir heute wissen, war dies eine krasse Täuschung. Obwohl die Tauchtechnik in Deutschland durch Dräger in Lübeck sowie F. Flohr und Neufeldt Kuhnke in Kiel, schon Anfang des 20 Jahrhunderts sehr fortschrittlich war, und mit der des Weltmarktführers Siebe, Gorman Co. in England konkurrieren konnte, kam es kaum zu ihrer Nutzung für naturwissenschaftli che Zwecke in Deutschland. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die seit dem Mittalalter tradierte Angst vor Meeresungeheuern oder Standesdünkel der Wissenschaftler sind nur zwei davon. Wenn sich die wissenschaftliche Forschung mit Hilfe von Tauch geräten bis Mitte des 20 Jahrhunderts vorwiegend außerhalb Deutschlands vollzog, so müssen hierfür aber auch noch andere Gründe zu finden sein. Einer dieser Gründe mag zunächst darin liegen, dass Deutschland keine lange Küstenlinie und mit Bremen, Hamburg und Kiel nur drei große Häfen besitzt. Insofern war der Anwendungsbereich vergleichbar gering. Aber auch der deutsche Anteil an der Gewässerforschung im Binnenland war untergeordnet. Einzig von der Deutschen Zoologischen Station in Neapel aus ist im Meer gearbeitet worden - Anton Dohrn hat sogar selbst getaucht - und einige wenige Forscher haben in böhmischen und alpenländischen Höhlen Tauchgeräte eingesetzt. Taucher galten lange als eine elitäre Gemeinschaft wagemutiger Männer. Der hohe Preis der Tauchgeräte sowie die aufwändige Ausbildung, die auch nur in der Marine durchgeführt wurde, haben es sicher ebenfalls verhindert, dass in Deutschland vor Wasmund Beobachtungen in größerem Umfang durch wissenschaftliche Taucher angestellt werden. Dies wurde erst anders, als Anfang der 1950er Jahre die leichten Schwimmtauchgeräte den Markt eroberten und damit eine schnell erlernbare Handhabung möglich wurde. Durch die Medienarbeit der Tauchpioniere wie Hass und Cousteau wandelte sich auch das Image des Tauchens weg von „schwerer und riskanter körperlicher Arbeit“ hin zu einer Betätigung, die auch von Personen, die überwiegend Bürotätigkeiten durchführen, bei entsprechender Ausbildung gefahrlos ausgeübt werden kann. Alle Bilder: Archiv Michael Jung Weitere Infos: t1p.de/wocf Das Unterwasserkameragehäuse von Wasmund konnte an der Seite geöffnet werden. Quellen: Gerlach, Sebastian A. und Gerhard Kortum: Zur Gründung des Instituts für Meereskunde der Universität Kiel 1933 bis 1945, in: Historisch-Meereskundliches Jahrbuch. 2000, S. 7–48 Jung, Michael: Das Handbuch zur Tauchgeschichte, Stuttgart, 1999 Müller-Berneck, Hellmuth von: Taucherforschungen auf Arkonariff nach der versunkenen Wikingerfeste Jomsburg, in: Geologie der Meere und Binnengewässer, 1937, S. 126-127 Thienemann August: Erich Wasmund-Ein deutsches Forscherleben. Plön, Wasmund, Erich: Geologisch-hydrologische Taucherbeobachtungen, in: Geologie der Meere und Binnengewässer, 1937, S. 357-358 -,-: Bedingungen der Unterwasser-Photographie für Taucher, in: Annalen der Hydrographie und maritimen Meteorologie. 1937, S. 537 - 555 und Tafel 65. -,-: Die Entwicklung der Naturforschung unter Wasser im Tauchergerät, in: Geologie der Meere und Binnengewässer, 1938, S. 87-151. Wasmunds Meeresgeologisches Forschungsinstitut in Kiel-Kitzeberg 10 Über die Erprobung eines Taucherschlittens TauchHistorie 12/2019 Über die Erprobung eines Taucherschlittens Von Hermann Winkler Dieser Artikel erschien zuerst im März 1960 in der Zeitschrift „Fischereiforschung“, der wissenschaftlichen Schriftenreihe des Instituts für Hochseefischerei Rostock, 3. Jhg. Heft 3. Bei dem hier beschriebenem Gerätetyp handelt es sich nicht um einen „Taucherschlitten“ im althergebrachtem Sinne, also um ein Gerät, das über den Meeresboden wie ein Schlitten geschleppt wird, sondern eher um einen sogenannten „Scherdrachen“, der im freien Wasser, also pelagisch, gleitet. Wenn hier trotzdem von einem Taucherschlitten die Rede ist, dann aus dem Grunde, um dieses Gerät entsprechend den allgemein in der Tauchertechnik üblichen Bezeichnungen zu benennen. Direkte Taucherbeobachtungen von Fischereigeräten, die mit einer Geschwindigkeit bis zu 4 Sm/h über Grund geschleppt werden, stoßen auf gewisse Schwierigkeiten und sind außerdem vom Standpunkt der Sicherheit in unseren Meeresgebieten auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse unter Wasser kaum zulässig, da das Gefahrenmoment Schematischer Aufbau des Versuchsgerätes des Instituts für Hochseefischerei sehr groß ist. Andere nicht genannte Faktoren erschweren ebenfalls die direkte Beobachtung. Im Institut für Hochseefischerei wurde daher ein Gerät entwickelt, das bei größtmöglicher Sicherheit für die Taucher universell zum Beobachten und Filmen der verschiedenen Schleppnetztypen Verwendung finden kann. Vom Typ des Ein-Mann-Torpedos und der sogenannten „Schlepptorpille“ wurde Abstand genommen, weil diese Geräte von speziellen Energiequellen abhängig sind, die nicht ohne weiteres ständig zur Verfügung stehen. Nach Auswertung der bisher von anderen Forschungsstellen mit Taucherschlitten gemachten Erfahrungen (Tabelle) kam es zur Konstruktion des vorliegenden Versuchsmusters. DER RUMPF: Der Rumpf besteht aus einer in ihrer Grundform zylindrischen, allseitig offenen Stahlkonstruktion. Den Bug bildet ein mit Piacryl (Plexiglas) verkleideter Kegel (Bugkanzel), ebenfalls in Stahlrohrausführung. Das Heck ist zur Montage der Unterwasserfilm- oder SEITENANSICHT VORDERANSICHT TauchHistorie 12/2019 Über die Erprobung eines Taucherschlittens 11 Fernsehkamera offen. Kufen am Unterteil sollen den Schlitten beim evtl. Aufsetzen auf Grund vor Beschädigungen schützen. AUFTRIEBSKÖRPER: Im oberen Teil befinden sich an Steuerbord und Backbord je 26 Auftriebskörper aus Ekazell-H (PVC-hart-Schaumstoff, CKB), die ihm den für seine Funktion notwendigen Auftrieb verleihen. STEUERUNG: Die Tiefenruder befinden sich seitlich am Bug und können auf Grund ihrer Konstruktion vom Taucher ohne besondere Übersetzung durch einen Hebel (Steuerknüppel) betätigt werden. Eine Horizontalsteuerung war beim Versuchsmuster nicht vorgesehen. STABILISIERUNGSFLOSSEN: Starre, durch Streben gehaltene Stabilisierungsflächen liegen seitlich hinter den Tiefenrudern und verbreitern sich etwas zum Heckteil. Da sie aus Holz bestehen, tragen sie zur Erhöhung des Auftriebs bei. Die Gleitkufen unter dem Rumpf sind dagegen mit Stahlbleich ausgefüllt. Die verschiedenen Stabilisierungsflossen sollen dem Schlitten unter Wasser und an der Wasseroberfläche eine sichere Lage verleihen und ihn gegen Verdrehungen schützen. FARBE: Der Anstrich ist gelb. Um das Gerät an der Wasseroberfläche und auch unter Wasser rechtzeitig erkennen zu können, sind verschiedene Bauteile schwarz abgesetzt. Die Erprobungen haben bewiesen, dass ein derartiger Anstrich das Arbeiten mit dem Taucherschlitten wesentlich erleichtert. AUSRÜSTUNG: In der Bugkanzel befindet sich für den Taucher gut sichtbar ein Tiefenmesser (Manometer), der es gestattet, den Taucherschlitten im freien Wasser ohne Sicht des Meeresbodens von +/- 0,5 m in der bestimmten Tiefe zu halten. Ebenfalls im Bug befindet sich eine Slip-Öse, die in Verbindung mit einem Wirbelschäkel bei plötzlich aufkommenden Hindernissen, wie größeren Steinen, Wracks u.ä., die nicht mehr rechtzeitig „überfahren“ werden können, ein Ausklinken (Ausslippen) der Schleppleine ermöglicht. Dadurch lässt der Druck auf die Tiefensteuer nach und der Schlitten steigt auf Grund seines großen Auftriebes zur Wasseroberfläche auf. Eine Unterwasserfilmkamera kann in eine Haltevorrichtung am Heck montiert werden. Das vorliegende Versuchsmodell ist für eine „Aquaflex“ der Fa. Eclair, Paris, eingerichtet. Bei der Montage der Kamera im Heck des Taucherschlittens liegt die Aufnahmerichtung entgegengesetzt zur Fahrtrichtung. MONTAGE DER EINZELNEN BAUELEMENTE: Alle Bauelemente (Stabilisierungsflossen, Auftriebskörper, Teile der Ausrüstung usw.) können mit Bordmitteln montiert werden, wobei bestimmte Teile am Versuchsmuster nach dem System eines Baukastens ausgewechselt werden können, wenn es während einer Erprobung für erforderlich gehalten wird. AUFSICHT 12 Über die Erprobung eines Taucherschlittens TauchHistorie 12/2019 DER SCHLEPPER: Für die Versuche stand ein 12-m-Fischkutter mit einem 51-PS-EKM-Diesel zur Verfügung. Den Taucherschlitten vom Fangschiff selbst zu schleppen, dürfte wegen der damit verbundenen unmittelbaren Gefahr für die Taucher nicht möglich sein. Außerdem sollte der Schlepper mit einer Besatzung, die mit der Problematik derartiger Taucherarbeiten vertraut ist, besetzt sein. TAUCHERGERÄTE: Als Ausrüstung kommen grundsätzlich nur autonome, also frei tragbare leichte Tauchergeräte in Frage. Schwere, schlauchgebundene Helmtauchergeräte sind für derartige Einsätze ungeeignet. DIE ARBEITSWEISE: Vom Taucherschlitten aus sollen geschleppte Fischereigeräte, Grund- und pelagische Schleppnetze beobachtet werden. In erster Linie wird eine Beobachtung der Netzöffnung und der Bauteile des Vornetzes, sowie des Geschirrs angestrebt. Auf diese Anforderungen ist die Arbeitsweise des Rostocker Taucherschlittens aufgebaut. Die Aufgabe des Netzschleppers (Fangschiff) ist es, einen vorher festgelegten Kurs mit konstanter Geschwindigkeit (etwa maximal 4 Sm/h) zu schleppen. Der Schlepper des Schlittens fährt in Kiellinie mit dem Fangschiff und fiert das Gerät soweit, bis es sich über dem Netz befindet. Die Fahrtgeschwindigkeit und der Kurs des Schleppers müssen jetzt ebenfalls konstant bleiben und richten sich nach dem Fangschiff. Der Taucherschlitten wird nun von seiner Besatzung auf die entsprechende Tiefe gesteuert, indem der Taucher im Bug mit Hilfe des Steuerknüppels die Tiefenruder verstellt. Durch vereinbarte Zeichen gibt der Taucher im Heck zu verstehen, dass er das Netz gesichtet hat. Die erreichte Tauchtiefe kann am Tiefenmesser kontrolliert werden. Mittels einer Signalübermittlung zum Schlepper kann nun die Länge der Schleppleine nach Angaben der Taucher verändert werden, bis günstige Film- oder Beobachtungsmöglichkeiten gegeben sind. Wird vom Taucher im Bug der Druck auf den Steuerknüppel verringert, oder lässt dieser durch Ausfall des Tauchers ganz nach, dann steigt das Gerät auf Grund seines großen Auftriebes automatisch an die Wasseroberfläche. Wegen seiner guten Seeeigenschaften wirkt jetzt der Schlitten als Floß und stellt für die Taucher ein sicheres Rettungsmittel dar, denn jetzt ist es möglich, bei Verbrauch der Atemluft des Tauchgerätes atmosphärische Luft zu atmen. Werden bestimmte Sicherheitsanforderungen beachtet, dann dürfte der hier beschriebene Schlitten vom tauchertechnischen Standpunkt aus als ein sicheres Arbeitsgerät betrachtet werden. ERPROBUNG: Auf fünf Seereisen bei etwa 20 Tauchfahrten in der Ostsee und im Roten Meer ergaben sich die folgenden technischen Daten: Schleppgeschwindigkeit des Taucherschlittens:........... ca. 4 Sm/h Schleppleinenlänge (noch ausreichende Leinenlänge, um auf 10 m abzutauchen): ....................... 75 – 100 m Tabelle: Zusammenstellung der bisher bekannten Arbeiten mit Taucherschlitten Schema der Arbeitsweise vor einem Schleppnetz Schlepper (12-m-Fischkutter) mit dem Taucherschlitten an Deck im Hafen von Kloster auf Hiddensee, Foto: Hermann Winkler FAHRTWIDERSTAND: bei Fahrt an der Wasseroberfläche:........................................ 100 kp, beim Auftauchen............................................................................. 200 kp, bei Tauchfahrt durch das Wasser ..............................................150 kp, beim Aufsetzen auf Grund in voller Tauchfahrt als kurzzeitige Belastung...................................... 300 kp. Die Widerstandsmessungen wurden als Zugmessungen mit einem Dynamometer bei voller Fahrt des Schleppers durchgeführt. Die Erprobungen haben ergeben, dass die in das Gerät gesetzten Erwartungen im Allgemeinen erfüllt wurden. Schwierigkeiten gab es durch das Auftreten von Luftblasen im Auf nahmesektor der Filmkamera. Die aus den Tauchgeräten ausströmende Luft wurde durch die Strömung zum Heck getragen und hier durch einen Sog festgehalten und verwirbelt. Durch Veränderungen im Schlittenboden, die einen günstigeren Strömungsverlauf zur Folge hatten, konnte dieser Mangel beseitigt werden. Die Verwendung einer Unterwasser-Filmkamera vom Typ „Aquaflex“ dürfte jedoch für derartige Einsätze sehr ungünstig sein. Ihre Bedienung ist sehr kompliziert und ihre Abmessungen sind so groß, dass sie von sich aus schon einen großen Schlittenkörper erfordert. Mit der Kamera im Heck stellt der Taucherschlitten ein empfindliches Gerät dar. Auch bei vorsichtigem Umgang mit der Kamera und Absicherung durch Fangleinen am Schlittenkörper ist die „Aquaflex“ beim Ab-und Auftauchen, wie überhaupt beim Manövrieren, sehr großen Belastungen ausgesetzt. Eine in ihrer Form einfachere und kleinere Unterwasserfilmkamera würde die Arbeit wesentlich erleichtern und unkomplizierter gestalten. Taucherschlitten beim Schlepp an der Wasseroberfläche bei der Erprobung in der Ostsee mit Forschungstaucher Peter Weiss, Foto: Hermann Winkler Der Schlitten Im Einsatz, Foto: Kurt Rabe Versuche, ein Grundschleppnetz mit einem 26,5-m- Kutter des VEB Fischkombinates Saßnitz im August 1959 in der Binzer Bucht vom Taucherschlitten aus zu beobachten, erwiesen sich auf Grund der schlechten Sichtverhältnisse als unmöglich. Die Sichtweite betrug in den ersten Metern unter der Wasseroberfläche 2 bis 3 m und verringerte sich bis zum Grund noch mehr. Der Schlitten tauchte mehrmals bis zum Grund auf 15 m Wassertiefe ab, ohne jedoch Teile des Fanggerätes zu erkennen. Zur besseren Orientierung wurden am Steert-Ende zwei Bojen angebracht, die an der Was seroberfläche schwammen und von der Besatzung des Schlittens und des Schleppers als Anhaltspunkte für die Schleppleinenführung dienen sollten. Trotzdem gelang es auch nach mehreren Versuchen nicht, an das Netz heranzukommen. Das lag einmal an der schlechten Sicht und dem Fehlen einer Ver ständigungsmöglichkeit zwischen Schlitten und Schlepper (Der vorgesehene Einbau einer Signalübermittlungsanlage war noch nicht erfolgt.). Zum anderen wurden die Arbeiten durch den Seegang erschwert (2° B). Die Versuche vor dem Netz konnten nicht abgeschlossen werden, da das Fangfahrzeug nur kurze Zeit zur Verfügung stand und die hydrographischen und meteorologischen Verhältnisse im Interesse der Sicherheit ein weiteres Ar beiten nicht zuließen. EINSCHÄTZUNG DER ERGEBNISSE: Auch bei kritischer Betrachtung der Versuchsergebnisse ge langt man zu dem Schluss, dass Taucherschlitten – gelenkt durch Taucher mit autonomer Taucherausrüstung – zur direkten Beobachtung von Schleppnetzen verwendbar sein dürften. Im jetzigen Entwicklungsstand lässt sich der Taucherschlitten für hydrographische Untersuchungen, z.B. zur Feststellung der Morphologie des Meeresbodens oder zu Filmaufnahmen allgemeiner Natur durchaus verwenden. Voraussetzungen einer rentablen Arbeit mit diesem Gerät sind: • a) eine Signalübertragungsanlage zwischen Taucherschlit ten und Schlepper, • b) eine gut eingearbeitete Tauchergruppe und Schlepperbe satzung, • c) gute Sichtverhältnisse unter Wasser (Nach den Erfahrun gen sind die Monate Juli und August für derartige Tauche runtersuchungen in der Ostsee ungeeignet.). Mit dem Rostocker Taucherschlitten im Roten Meer Im Herbst 1959 unternahm das Expeditionsschiff MS „Meteor“ vom „Prüfamt für technische Schiffsausrüstungen Stralsund“ eine Testfahrt ins Rote Meer, die von einer Dokumentarfilmgruppe der DEFA begleitet wurde. Zur Tauchergruppe des Film- Teams gehörte Hermann Winkler mit dem Rostocker Taucher- schlitten (Hermann Winkler: „Auf dem Taucherschlitten durch die Korallenriffe.“ In: „OCEANUM – das maritime Magazin.“ Band 3 2018, S. 46-61). Von einer Tauchfahrt berichtete der Regisseur Heinz Reusch, der im Heck die „Aquaflex“ bediente. Beim Start vermerkte Reusch ein kurzes Anrucken: „Das anfängliche Rauschen des Wassers hat aufgehört. Der Horizont hat sich verschoben. Hermann geht auf Tiefe. Ich merke das an dem zunehmenden Wasserdruck, muss tüchtig schlucken und sehe nur die sich immer weiter entfernende, wie Quecksilber schimmernde Was seroberfläche. Als wir nach einiger Zeit in die horizontale Lage gehen, eröffnet sich mir ein Blick von unbeschreiblichem Reiz. Wir haben mindestens 40 Meter Sicht. Ungefähr fünf Meter unter mir gleitet die Landschaft dahin, lautlos schweben wir über Schluchten und Berge. Ziemlich dicht hat Hermann den Schlitten über Grund gedrückt, mit eleganten Sprüngen überwin den wir jedes Hindernis. Es ist ein Fliegen und Gleiten, und im Rhythmus unseres Atems streuen wir silberne Luftblasen über die Korallenstöcke. Erstaunt folgen uns aufgescheuchte Fische, und ich sitze und schaue und bin begeistert! Eine Fahrt mit einem Märchenschiff Der Schlitten wird mit dem Kameramann Horst Orgel im Vor dem Einsatz im Roten Meer mit KameraRoten Meer ausgesetzt. Die Auftriebskörper sind wegen des mann Horst Orgel (l) und Hermann Winkler, hohen Salzgehaltes des Seewassers stark reduziert. Foto: Kurt Rabe Foto: Kurt Rabe durch eine verzauberte Landschaft! Und langsam verschwindet der Grund im unwirklichen Blau. Ich sitze wieder einige Zentimeter unterhalb der Wasseroberfläche, klettere von meinem Sitz hoch – die Fahrt ist zu Ende.“ Erst im Rückblick wurde uns bewusst, dass wir wahrscheinlich die ersten waren, die sich mit einem Taucherschlitten durch die Riffe des Roten Meeres bewegt haben und dadurch eine Fülle von faszinierenden, unver gesslichen Eindrücken erleben durften. Nach Auflösung der Tauchergruppe an der Fischereifahrzeug- und Gerätestation Warnemünde, wurde das Gerät nicht mehr benutzt und verschrottet. Auf Tauchfahrt im Roten Meer, Foto: Kurt Rabe Zusatzinformationen unter: t1p.de/spuk TauchHistorie 12/2019 GeschichtederMEDI-Helmtaucher-AusrüstungenderDDR Geschichte der MEDI-Helmtaucher- Ausrüstungen der DDR Von Ulf Barthel Anfang des Jahres 1953 ergab im Berliner Wirtschaftsministerium der DDR eine Analyse von Führungskadern der Wirtschaft, Offizieren der Streitkräfte und Parteikadern der Regierung folgendes ernüchternde Bild: mittelfristig nicht mehr möglich sein würde. Zusätzliche andere bewaffnete Organe, Behörden und Sicherheitsdienste (MfS, Polizei, Grenzschutz, Feuerwehr), die ebenfalls mit Tauchausrüstun gen versorgt werden mussten, deklarierten darum gleichermaßen ihre Forderungen nach schwerer Tauchtechnik. 1. Auch 8 Jahre nach Kriegsende bestehen immer noch immense Kriegsschäden an Häfen, Schleusen, Brücken, Kanälen und anderen wasserbaulichen Anlagen. Versenkte Schiffe versperren Hafeneinfahrten, Kanäle und Flüsse, und verminte Gewässerbereiche bereiten der Fischerei und Schifffahrt große Probleme. Im Resultat bedeutet es, dass noch ein gewaltiger Umfang von Taucherarbeiten erforderlich ist. 2. Die Sowjetunion stellt hohe Reparationsforderungen, denen man im Rahmen des Friedensvertrages, des sozialistischen Aufbaus und in brüderlicher Verbundenheit nachkommen muss und will. Im Rahmen dieser Kriegsentschädigungen müssen auch sehr viele Schiffe gebaut werden. Vertraglich war unter anderem vereinbart, dass auf diesen Schiffen ab einer bestimmten Brutto-Register-Tonnage eine Helmtaucher-Ausrüstung vorzuhalten ist [01]. 3. Spätestens mit dem Aufbau der Kasernierten Volkspolizei und der Seepolizei war der militärischen Führung klar, dass dringend spezielle Tauchereinheiten in den Land- und 4. Forschungseinrichtungen, Fischerei- und Hydrobiologische Institute, mit einem vergleichsweise geringen Bedarf an Taucherarbeiten, meldeten den dafür notwendigen Technikbedarf jedoch auch konsequent „nach oben“. Alle genannten Bedarfsträger hatten große Probleme, die anfallenden Taucherarbeiten personell und vor allem mit entsprechender Technik abzusichern. Die nach Kriegsende bis zu diesem Zeitpunkt ausgeführten Taucherarbeiten wurden zu 99 % mit Altbeständen an Tauchtechnik ausgeführt. Man verwendete dazu die vorhandene Technik einiger weniger Berufstaucher oder die Helmtauchergeräte aus militärischem Restbestand der deutschen Kriegsmarine bzw. des Heeres. Da es in der Ostzone vor dem Krieg jedoch keine großen Taucherfirmen, wie z.B. in Hamburg (Fa. Beckedorf, Fa. Harms u.a.), gegeben hat, war dementsprechend auch kein nennenswerter Stock an Material vorhanden, auf den man zugreifen konnte. Da die Helmtauchtechnik durch den extremen Einsatz schnell verschliss, wurden Reparaturen, der Austausch ganzer Baugruppen bzw. Neuanschaffungen unabdingbar. Nachweisbar ist hierfür der Verkauf von Helmtauchgeräten der Lübecker Dräger-Werke in die Ostzone/DDR [07]. Wie bereits in meinen Darlegungen zu Entwicklung und zum Bau der DDR Helmtauchermesser [08] gesagt, hatte die junge DDR spätestens durch die Währungsunion und den damit bedingten Wechselkurs Helm des Schlauchtauchge- rätes MEDI 463, 1954 bis 1958 30-40 Stück produziert (Codebezeichnung in den bewaffSee- Streitkräften aufgestellt neten Organen: STG-53) , werden müssen. Durch eska- ©U. Barthel lierendes politisches Auseinanderdriften der beiden deutschen Staaten und mit Blick auf den sich abzeichnendem Aufbau militärisch konträrer Blöcke in Ost und West wurde realistisch eingeschätzt, dass durch eine eventuelle Embargopolitik ein Bezug von Tauchtechnik aus der BRD kurz- und ein fundamentales Problem mit einem Import der teuren Dräger-Tauchtechnik. Diesen Zustand und die daraus resultierenden Folgen erkannte man in Regierungskreisen sehr schnell. Um hohe wirtschaftliche Folgeschäden zu verhindern, aber gerade, um in erster Linie den Aufbau der wichtigen Spezial-Tauchereinheiten der Landesvertei digung zu sichern, galt es zu handeln. Entgegen heutigen Gepflogenheiten in Politik und Wirtschaft bei der Vergabe von Staatsauf trägen fackelte man 1953 nicht lange, sondern es wurde gehandelt. Und wie so oft bei großen, geschichtlich wichtigen Ereignissen stand auch hier das Wort, in diesem Fall das (Macht-)Wort der Staats- und Parteiführung. Mit dem Segen der SED beauftragte das Wirtschaftsministerium 1953 den VEB Medizintechnik Leipzig (im weiteren MEDI) mit der Entwicklung und der Produktion von Ausleuchtungsgeräten. Später wurde übrigens aus dem 1948 gegründeten MEDI-Betrieb das Kombinat MLW (Medizin-, Labor und Wägetechnik). Den Auftrag an dieses Werk zu vergeben, machte Sinn, wenn man weiß, dass MEDI schon seit Gründung am 01.06.1948 generell mit dem Bau von Atemschutztechnik beauftragt worden war und den größten Teil der ostdeutschen Produktion an Gasschutzgeräten, Grubenrettern, Sauerstoff-Inhalations- und Beatmungsgeräten sowie diverser anderer medizintechnischer Geräte produzierte. MEDI 463 - die erste Generation von Schlauchtauchgeräten bei MEDI Die Helmtaucher-Ausrüstung MEDI 463 hat eine interessante Geschichte. Dass es dieses Equipment, das nur in einer sehr, sehr kleinen Serie gebaut wurde, tatsächlich gibt, ist dem illustren Kreis der Tauchtechnik-Interessierten und Tauchhistoriker erst seit we nigen Jahren wirklich bewusst. Zum einen ist es die sehr geringe Stückzahl, in der diese Helmtauchausrüstung gebaut wurde, und zum anderen die hochinteressante Geschichte der Entwicklung, der Produktion, der Besonderheiten und der Verwendung. Es gilt als gesichert, dass 1954 Helmtauchgeräte MEDI 463 erstmalig produziert wurden. Diese Ausrüstung definiert damit den Anfang der eigenständigen Produktion von Taucherausrüstungen für den militärischen und professionellen Tauchdienst in der DDR. Es gibt kein Tauchgerät in der MEDI-Historie, welches eine niedrigere Artikel- Nummer hat. Die interne Code-Bezeichnung STG-53 durch die kasernierte Volkspolizei weist darauf hin, dass in der militärischen Führungsebene der Entschluss und Auftrag zum Bau dieser Ausrüstung bereits 1953 erfolgte. Nach Auftragserteilung durch das Wirtschaftsministerium stand das kleine Entwicklerteam von MEDI von Beginn an unter starkem Zeit- und Erwartungsdruck. Dieses Projekt konnte zu damaliger Zeit nur in Angriff genommen werden, weil die für Entwicklung und Bau notwendigen Fachkräfte und Rohstoffe (im Besonderen Buntmetalle wie Messing und Kupferbleche), Werkzeuge und Spezialmaschinen durch Sonderzuweisung aus Mitteln für ein LVO (Landes-Verteidigungs-Objekt) freigegeben wurden. Trotzdem war es schwierig und herausfordernd, schon allein, weil es bei MEDI keinerlei Kenntnisse und Erfahrungen zum Bau und die Entwicklung von Tauchgeräten gab. Für erste theoretische Grundlagen musste Stelzners „Tauchtechnik“ herhalten. Objektstudien an vorhandenen alten Helmtaucher-Ausrüstungen machten langwierige Tests und Erprobungen im Entwicklungsstadium nahezu überflüssig. Für tauchpraktische Hinweise holte man sich flugs aus den Reihen alter, erfahrener Berufstaucher Kenner der Materie (z.B. die Tauchermeister Otto Lechner und Karl-Heinz Hoffmann). Weil es darum ging, schnell vorzuweisen und abzuliefern, machte man sich jedoch den Prozess der „Entwicklung“ wirklich sehr einfach und baute fromm und frei das vollständige Dräger-SchlauchTauchgerät T-2810 in der Standardausführung nach. Dieser „Diebstahl geistigen Eigentums“ war in der damaligen Zeit nicht ungewöhnlich. Dräger musste in Folge des Kriegsausgangs alle Patente freigeben. In dieser rechtsfreien Zeit durfte also, wer wollte, jegliche Dräger-Teile oder komplette Geräte 1:1 kopieren. Ehemalige Mitarbeiter von MEDI geben unumwunden zu, dass es durchaus gang und gebe war, so „eigene“ Produkte herzustellen [01]. Erst ein paar Jahre später gelang es den Dräger-Werken, seine Patente zurück zu erlangen und damit eventuell auch, seine Patentrechte neuerlich und nachhaltig geltend zu machen. Woran kann man nun eine Helmtaucherausrüstung MEDI 463 von der geläufigen Dräger-Ausrüstung unterscheiden? Bei der Analyse einer Helmtaucher-Ausrüstung fällt der Blick naturgemäß zuerst auf den Taucherhelm. Der MEDI-Helm ist in Abmaßen, Funktion, Anzahl und Anordnung der Fenster, Anschlüssen, Flanschverbindung zum Schulterstück usw. dem Dräger-Helm T-2215 sehr ähnlich. Der Nachbau dieses Helms fällt so gut aus, dass damals kaum ein Taucher im ersten Moment merkte, dass er statt des gewohnten Dräger- einen ME- DI-Helm vor sich hatte. Aber es handelt sich um einen eigenständigen Taucherhelm. Da auch andere Komponenten dieser schweren, schlauchgestützten Helmtaucher-Ausrüstung Än derungen an und in verschiedenen Details aufweist, ist diese Ausrüstung also ein Nachbau in Anlehnung an das Original, es kann nicht von einer Kopie gesprochen werden! Ein wichtiger und auffälliger Unterschied ist beispielweise auch das fehlende Logo auf dem Schulterstück. Es gibt jedoch viele weitere interessante und unterscheidende Details. Betrachten wir darum also die einzelnen Bauteile genauer. Der Helm des MEDI 463, ©U. Barthel TauchHistorie 12/2019 GeschichtederMEDI-Helmtaucher-AusrüstungenderDDR Beginnen wir beim wichtigsten Ausrüstungsteil, dem Helm. Bei gut erhaltenen Helmen erkennt man die Produktionsweise der Helmkugel. Der MEDI-Helmrohling wurde manuell gedrückt. Das funktionierte folgendermaßen: Auf einer Metalldrückbank, ähnlich einer langsam drehenden Drehmaschine, wurde der Rohling auf eine Form gedrückt. Die Form entsprach in ihrer Ausformung und den Außenmaßen exakt dem Helminneren. Beim Drücken selbst wurde eine große kupferne Ronde (Scheibe) mit einem Durchmesser von ca. 800 mm bei geringer Drehzahl der Maschine, mit Hilfe eines Druckstocks, unter sehr starkem Anpressdruck manuell um die Helmform gedrückt. Um den notwendigen Druck kraftvoll ausüben zu können und sich andererseits nicht selbst von der Maschine weg zu schieben, hat sich der Arbeiter dazu mit einem speziellen Stützgeschirr (starker, breiter Leder gurt) direkt an der Drückbank eingeklinkt. Bearbeitungsbedingt hinterlässt beim Drücken der Andruckstock auf dem blankem Kupfer der Außenseite des Helms umlaufende Druckriefen. An diesen unregelmäßig ausgeprägten, schwach sichtbaren Riefen ist erkennbar, dass der Anpressdruck manuell erfolgte. Da MEDI nicht über eine Metalldrückbank in erforderlicher Größe verfügte, wurden diese Arbeiten in einer Werkstatt in der Nähe von Hal le/Saale ausgeführt. Die Dräger-Helme im Gegensatz dazu sind unter hohem Druck in einer Form geblasen (späte Serien) oder von Hand getrieben (frühe Serien) worden. Da die Halsöffnung der Helm-Kugel natürlicherweise einen kleineren Durchmesser als die Kugel hat, musste die Form aus mehreren Teilen bestehen [01]. War der Helm fertig geformt, wurde zuerst der Mittelteil, der Kern, entfernt, dann konnten nach und nach alle weiteren Formteile aus dem Hohlkörper entnommen werden. Ein markanter, gut sichtbarer Unterschied ist der Übergang des Taucherhelm-Halses ab Oberkante Helmflansch in die Rundung der Kugelform. Der Hals des STG-463-Helms geht schon nach ca. 10 mm steil in seine tatsächlich runde Helmform über. Der „Hals“ des Dräger Helm ragt hingegen wesentlich höher (ca. 30 mm) über den Flansch hinaus, bevor er in Kugelform übergeht. Größenvergleich der Telefon-Helmeinheiten Dräger / MEDI 463 / MEDI 721 (von links nach rechts), ©U. Barthel) Ein weiteres auffälliges Merkmal ist der mit 30 mm sehr große Durchmesser der Öffnung für den Telefonstecker. Der mitgelieferte einmauliger Schraubenschlüssel mit einer Schlüs selweite von 50 mm (!) ist nötig, um die Überwurfmutter des Telefonkabels bzw. die Blindkappe zu befestigen. Die Steckverbindung der Telefoneinheit zum Telefonkabel wird im Helmin neren mit drei kleinen Messingschrauben befestigt. Damit ist ein schneller Ein-/Ausbau der Helmtelefon-Einheit allerdings nicht wirklich möglich. Der geringe Abstand zum Flansch beim MEDI-Helm macht sich aber beim Verschrauben der Muttern der drei Flanschbolzen negativ bemerkbar, das Handling ist schlechter. Wichtige Unterschiede zu dem äußerlich sehr ähnlichem Dräger- Helm sind außerdem die Größe der H el m -A n s ch l ü s s e für das Telefonkabel und das Gewinde des Anschlusses für den Schlauch des Pressluft- Brustgewichts. Daran passt weder die Überwurfmutter der Schläuche des Dräger-Pressluft-Brustgewichtes, noch der Anschluss der späteren Brustgewicht-Reserveflasche MEDI 721. Erfreulich, dass wenigstens der Ausgang aus der Brücke des Reservegeräts einen standardisierten 5/8“-Druckluft -Innengewindeanschluss aufweist. Das kupferne Schulterstück dagegen ist in guter alter Manier und 1:1 in den Abmaßen zum Dräger- Schulterstück in Handarbeit getrieben worden. Wie bereits anfangs erwähnt, fehlt das Logo auf dem Schulterstück. Warum diese erste Serie noch kein Logo hatte, ist einfach erklärbar. MEDI prägte Produkte erst viel später. So sind zum Beispiel auch auf den medizinischen MEDI- Reg en er a ti o n sg erä - ten 494 und 495, die als nahezu identische Nachbauten ähnlicher Dräger-Geräte in diesem Zeitraum entstanden, keine äußeren Prägungen oder Symbole zu erkennen. Bei dieser Art von „Plagiat-Produktion“ hätten die Dräger-Werke ein MEDI-Logo als absoluten Affront gewertet. Klugerweise verhielt sich MEDI also hier recht vorsichtig und reizte die tatsächlichen Erfinder und Entwickler nicht, wie es heutzutage in China gang und gebe ist. Bis auf Logo und Höhe des Halses äußerlich fast identisch (links MEDI 463, rechts Drä- ger T2215), ©U. Barthel TauchHistorie 12/2019 Geschichte der MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen derDDR Interessant ist die Nummerierung der Helme. Alle dem Autor bekannten MEDI 468 haben dreistellige Nummern. Diese sind frontal, zentriert auf beiden Flanschteilen, mit 4-mm- Ziffernhöhe manuell eingeschlagen. Es sind keine ein- oder zweistelligen Nummern bekannt. Die dreistellige Nummerierung ist allerdings irreführend. Die fortlaufende Nummerierung begann bei 100. Da keine Helme MEDI 463 mit Nummern unter 110 und über 150 bekannt sind, muss davon ausgegangen werden, dass vermutlich nur zirka 40 dieser Helme angefertigt worden sind. Es ist bekannt, dass diese Nummern auch auf dem Frontfenster, den Blindmuttern der Das PressHelmanschlüsse, dem luft-Brust- Werkzeug und den gewicht des SchlauchverbindungsMEDI 463 stücken zu finden sind. ©U. Barthel Extrem selten zu finden und wirklich nahezu unbekannt war/ist das Pressluft-Brustgewicht des MEDI 463. Wie bei dem großen Dräger-T-2080 Brustgewicht des DM-40-Tauchapparates enthält dieses zwei vertikal hängende 1-Liter-Flaschen. Warum man sich damals für zwei 1-Liter-Flaschen entschieden hat, ist nicht eindeutig geklärt. Bekannterweise wurde im Tauchwesen der DDR von Beginn an Sicherheit und Arbeitsschutz große Bedeutung beigemessen und darum eventuell einem höheren Reserveluft-Volumen der Vorzug gegenüber den üblichen zwei 0,6-Liter-Doppelflaschen anderer schlauchgestützter Helmtauchergeräte gegeben. Dem gegenüber wird jedoch in der Dienstvorschrift für das STG-53 gesagt: „…Im Bedarfsfall können auch zwei Rückengewichte (statt Pressluftbrustgewicht) benutzt werden. …“ [06]. Dieser Widerspruch zeigt, dass es in dieser Entwicklungsphase starke Differenzen zwischen Theorie und Praxis und wohl auch noch Bezug auf Tauchmethoden längst vergangener Zeit gegeben haben muss. Bekannt ist auch, dass der damalige ostdeutsche Druckbehälter-Hersteller arge Probleme mit dem Bau von kleineren Sauerstoff-/Druckluftflaschen hatte und es in dieser Zeit massive Produktionsschwierigkeiten für größere Stückzahlen gab. Bei der Detailanalyse an vier verschiedenen Brustgewichten des MEDI 463 hat der Autor wohl auch deshalb sehr verschiedene Flaschenchargen gefunden. Ein wirklich deutlicher Unterschied gegenüber dem Dräger-Brustgewicht ist gut zu erkennen, das MEDI-Brustgewicht ist beidseitig offen. Die beiden Flaschen ragen also oben und unten heraus. Vorbild für diese Bauform könnte das Pressluft- Brustgewicht des russischen GKS-3M-Helmtauchgerätes gewesen sein. Hier sind eindeutige Parallelen zu erkennen. Nach Aussage von [01] ist die Bauform auch so gemacht worden, um zügiger und problemloser produzieren zu können. Die wenigen Gießereien in Leipzig und Umgebung hatten Personal-, Material- und vor allem Qualitätsprobleme. Die Oberflächen der großen MEDI-Gussteile sind meist von minderer Qualität, grob nachbearbeitet, oft mit offenporigen Oberflächen. der breite Achsabstand Brückenventils der beiden 1-Liter- Bei der Dräger-Brücke (wird und 1476-Brustgewicht verwenMEDI- Brücke wurde ein Maß von der Flaschenbrücke so signifikant, es wohl mit großer Wahrscheinentsprechenden „Dräger-Vorlage“ Karabinern der Brust- und Rü: Dräger-Karabinern haaußenstehenden Ösen-Aufnahmen gut von dem Dräger-T-280-Rückengewicht zu unterscheiden. Die teilweise erheblichen gefundenen Gewichts- unterschiede der Pressluft-Brust- und Rückengewichte sind in einer Tabelle unter Zusatz-Link dargestellt. Auf der Vorderseite des Pressluftgewichts ist eine Messingplatte aufgeschraubt. Darauf sind zwar Füllmedium, Volumen und Fülldruck eingraviert, jedoch kein Verweis auf MEDI als Hersteller. Zum Befestigen des Schrittgurts ist an der Vorderfront eine typische 40-mm- Rollschnalle montiert. Im unteren Bereich des Rückengewicht ist an einem kurzen Riemen eine identische Messing-Rollschnalle befestigt. Dadurch reicht für den Schrittgurt ein einfacher, derber Riemen aus 4-mm-starkem Kernleder, der beidseitig gelocht ist. Ein Sitzgewicht wurde selbstredend auch nach und ist im Lieferumfang der Ausrüstung enthalten. Eine schöne Episode ist die Herstellung des ersten MEDI- Taucheranzugs. Ein Leipziger Herren- Maßschneider wurde beauftragt, einen Musteranzug zu schneidern. Ohne Ahnung von der Materie zu haben, nahm der Meister der Hauschneidert war, dass der Testtaucher auch mit viel Hilfe und bestem Willen nicht hineinkam. Der Schneider hatte schlicht und ergreifend viel zu wenige Maß-Zuschläge eingearbeitet. Kurzerhand wurde daraufhin ein alter Dräger-Anzug zerlegt und als grobe Schnittmustervorlage verwendet [01]. Wie beim Vorbild Dräger wurden drei Konfektionsgrößen offeriert. Nach [06] sind diese jedoch für kleinerer Körpergrößen geschnitten, siehe Tabelle über Zusatz-Link. Für die Manschet ten der Anzüge wurde ein roter Naturgummi verwendet. Genau dasselbe Material wurde, korrekt volkswirtschaftlich handelnd, auch für die große Dichtung des Frontfensters, die Flanschdichtung, die Armmanschetten und viele hunderttausende DDREinweckglas- Gummis verwendet. Dieses Material war jedoch so fest, dass es bei den ersten Anzug-Chargen große Probleme beim Dehnen der Halsmanschette zum Einstieg des Tauchers und an den Armmanschetten gab [05]. Den Tauchern, welche die ersten Anzüge tragen durften, starben fast die Hände ab, so fest drückten die Manschetten auf die Handgelenke. Zeitzeugen berichten, dass danach lieber der alte Dräger-Tauchanzug zigmal geflickt wurde, als wieder in den MEDI-Anzug steigen zu müssen. Die mitgelieferte Garnitur Wollzeug bestand aus einem Rollkragenpullover, zwei langen Unterhosen, zwei Paar langen Strümpfen, zwei Paar Fingerhandschuhen, einem Wollschal, ei ner Wollmütze und drei paar Filzfüßlingen. Die Taucherschuhe entsprechen in Form und Aufbau den bekannten Dräger-Helmtaucher-Schuhen. Auf Anregung Tauchermeister Lechners wurde allerdings ein zusätzlicher dritter Gurt über den Spann des Fußes gelegt. Die Eisengießer waren nicht in der Lage, dafür durch die gesamte Breite der Sohle ei nen entsprechenden Schlitz einzubringen. Kurzerhand wurde also dieser Riemen zerschnitten und die beiden Teile links und rechts unter Zuhilfenahme von Messing-Klemmplatten an den Metallschuh angeschraubt. Dieses charakteristische Merkmal wurde forthin das Erkennungsmerkmal der MEDI-Schuhe. Sogar Dräger-Schuhe, die noch im Bestand waren, wurden so „nachgerüstet“. Ebenfalls typisch für die Taucherschuhe Made- in-GDR ist das grobporige, gelbe oder rote Hackenleder. Interessante Informationen zur Geschichte der Helmtauchermesser MEDI 463 habe ich bereits in der „Tauchhistorie 07/2017“ dargestellt. Dort kann der interessierte Leser mehr und ausführlich zu diesem speziellen Thema lesen. Das MEDI-Tauchertelefon ist keine Entwicklung der Leipziger MEDI-Tauchtechniker. Vielleicht ist es gerade darum in Form, Ausstattung und Aufmachung wirklich anders als die Dräger- Telefonanlage. Es sieht moderner, technischer und werthaltiger als das schlichte Dräger-Telefon aus. Das batterielose MEDI Die Klemmplatte, mit deren Hilfe der 3. Riemen am MEDI Schuh befestigt wurde, ©U. Barthel Die Taucher-Telefonanlage des MEDI 463, Kasernierte Volks- polizei DV 45-9 Tauchertelefon, in der offiziellen Nomenklatur als „Kopffern- sprechgerät Typ SFK/“ bezeichnet, wurde vom „Mechanik Apparate Bau“ (MAB) in Caputh bei Potsdam hergestellt. Dieser Betrieb hatte sich unter anderem auf die Produktion von Schiffsfernsprechern spezialisiert. Die Funktion und der prinzipielle Aufbau einer Wechselsprechanlage zwischen Taucher und Signalmann wurde in diesem Gerät jedoch genau wie bei Dräger umgesetzt. Der batterielose Betrieb des Gerätes (Detektoranlage) wird der Mangelwirtschaft Ostdeutschlands wesentlich entgegengekommen sein. Der hölzerne Telefonkasten enthält ein Headset mit Kopfhörer und ein vor die Brust zu hängendes Mikrofon. Rein zufällig ;-) passt an diese Landstation natürlich auch der landseitige 3-polige Dräger-Telefonkabelstecker. Das MEDI-Telefonkabel ist 60 m lang und entspricht damit der Gesamtlänge der 3x 20-m-Schlauchlängen. Die Spulen für die MEDI-Sprech- und Hörkapseln sind jedoch anders als bei Dräger aufgebaut. Das führte zu einer bedeutend schlechteren Sprach-/Hörqualität im Dialog zwischen Taucher und Signalmann. In der Praxis nützte daher der Komfort und das Design der Landstation wenig – wenn die Verständigung zu schlecht war, stieg man konsequent auf die gute alte Kommu nikation per Signalleine um. Und warum eigentlich Telefon? Ein Rostocker Berufstaucher aus jenen Tagen hat, genervt nach mehrmaligen, unwichtigen telefonischen Fragen seines jungen Signalmann mal im besten Plattdeutsch so nach oben geantwortet: „Jung, ick bin taun arbiten unner Water. Hier ward man förd düken betalt, nich för snacken.“ („Junge, ich bin zum Arbeiten unter Wasser. Hier wird man für´s Tauchen be zahlt, nicht für Gequatsche“). Im Lieferumfang wurde weiter hin eine 30-m-Signalleine ausgeliefert, die im Notfall auch als Rettungsleine verwendet werden konnte. Der Widerspruch der verschiedenen Tragkräfte (200 kp Signal- und 300 kp Telefonleine) kann durch die generelle damalige Festlegung von Tragkräften für Rettungsgeräte erklärt werden. Natürlich wurden auch die Taucher-Handpumpe und der Taucherautomat MEDI 466 bzw. MEDI 467 nach Dräger- Orginalen gut kopiert. Während die ersten Chargen des Taucherautomaten MEDI 466 ohne sichtbaren Verweis auf Dräger nachgebaut wurden, sind in den letzten Produktionsjahren TauchHistorie 12/2019 Geschichte der MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen derDDR Taucherautomaten mit MEDI-Schriftzug auf dem Handrad zur Auslieferung gekommen. Völlig anders im Aussehen als das Dräger-Original aber dafür annähernd gleich in der Funktion, sind auch MEDI-Automatentafeln, die für den Einsatz von zwei oder drei Tauchern geeignet waren, hergestellt worden. Die 20-m-Luftschläuche des MEDI 463 sind durch ihre weiße Farbe und das weiche, elastische Biegeverhalten sehr einfach zu identifizieren. Produktionsbedingt sind jedoch auch Chargen mit variablen Längen zwischen 15 m und 20 m ausgeliefert worden. Warum man diese Schläuche aus hellem Gummimaterial hergestellt hat, kann nicht mehr geklärt wer den. Ich bin jedenfalls sehr froh, für meinen MEDI 463 Der Taucher- noch einen originalen Satz Automat MEDI weiße (jetzt eher schmutzig-466, ©U. Barthel beige) Schläuche zu besitzen. Selbstredend sind auch die zwei Ausrüstungskisten in Größe, Abmaß und innerer Aufteilung wiederum nahezu identisch mit den Dräger-Kisten. Richtig stolz kann sich der Sammler schätzen, der das originale Werkzeug zu seiner MEDI-Taucherausrüstung besitzt. Auch in den Werkzeugen einiger Ausrüstungsätze ist die Nummer des Helms nachgewiesen worden. Da es sich hierbei jedoch um eingeschlagene Zahlen mit größerern Ziffern als auf den Messingteilen des Taucherhelms handelt, besteht die Vermutung, dass dies durch den jeweiligen Besitzer (und sicherlich nur im militärischen Einsatz) zu einem späteren Zeitpunkt gemacht wurde. Die Gussteile, also Schuhe, Pressluft- Brust-/ und Rückengewicht, sowie die Transportkisten wurden in militärisch grüner Farbe gestrichen bzw. gespritzt ausgeliefert. Für diesen Beitrag wurden sechs Helme MEDI 463 begutachtet und analysiert. Dabei ist der meist sehr gute Zustand der Helme auffallend gewesen. Das deutet auf eine sehr kurze Einsatzdauer hin. Die typischen ausgeschliffenen Stellen dort, wo die Messingkarabiner des Brustgewichts auf dem gebördelten Rand des Schulterstücks scheuern, sah man nur minimal. Starke Dellen, Schrammen, Abschläge bzw. ausgebesserte oder geflickte Stellen wurden nicht gefunden. Das macht umso mehr stutzig, wenn man bedenkt, dass Helme der „ersten Stunde“ ja eigentlich einen langen, harten Lebenszyklus hinter sich haben müssten. Der raue Arbeitsalltag, der Einsatz als Arbeitsmittel, Salz- oder Schmutzwasser, Dreck, ein manchmal achtloser Umgang, das schafft eine Patina auf den Taucherhelmen, die der Autor bei diesen Helmen nicht finden konnte. Da die erste und einzig bekannte gedruckte Dokumentation [06] dieser Helmtaucher-Ausrüstungen, sowie die „Fundorte“ einiger noch vorhandener Helme oder ganzer Ausrüstungen in ehemaligem militärischem Umfeld lagen, muss davon ausgegangen werden, dass der MEDI 463 tatsächlich vordergründig militärisch eingesetzt wurde. Die Bedürfnisse der sich erst entwickelnden militärischen Grundstruktu ren der DDR sprechen auch für die geringe Stückzahl dieses Typs. Die Phase des Aufbaus der Streitkräfte, mangelndes Fachpersonal sowie eine ungenügende bzw. fehlende materiell-technische Infrastruktur der Anwender werden sicherlich auch Ursache für diese geringe Nutzung sein. Jeden Sammler freut es jedenfalls, wenn er solch eine Pretiose in nahezu unbenutztem Zustand in seiner Sammlung hat. An dieser Stelle wird es jedoch in der MEDI-Helm-Historie plötzlich wirklich spannend. Völlig konträr zu den wenig genutzten Helmen sowie der Gründe für Entwicklung und Bau der Serie des MEDI 463 steht der Nachweis, dass die DDR im Jahr 1959 vier DM-20-Tauchausrüstungen und zwanzig T-2810-Standard- Helmtaucher-Ausrüstungen von den Dräger-Werken kaufte [07]. Dafür muss es verschiedene, gravierende Grün de gegeben haben. Die Taucherhelm-Produktion erfolgte bei MEDI nicht laufend sondern spora disch, eben wenn die Produktionskapazitäten es zuließen. Noch weniger als die Dräger-Werke konnte es sich aber MEDI erlauben, für 10 oder 20 Tauchausrüstungen die wichtige Produktion der Atem-, Medizin- und Gasschutz-Technik zu vernachlässigen bzw. zu blockieren. Diese war in ihrer Wichtigkeit für die Landesverteidigung sowie im Produktionsvolumen, Umsatz, Gewinn und vor allem für den Export um ein Vielfaches höher zu bewerten als ein paar wenige Taucherhelme. Außerdem mussten ja ab 1954 noch das Sauerstoff-Kreislaufgerät MEDI-Nixe und ab 1957 das Druckluft-Tauchgerät MEDI 713 in der relativ kleinen Abteilung Tauchtechnik gebaut werden. Die sich in diesem Zeitraum zuspitzende prekäre wirtschaftlich Situation der DDR-Volkswirtschaft mit einem akuten Mangel an Rohstoffen, Arbeitskräften, Arbeitsmitteln, Maschinen usw. usw. wird ein weiterer Grund dafür gewesen sein. Ob eventuell tatsächlich Patentrechtsverletzung zu einem Rechtsstreit zwischen Dräger und MEDI in dieser Zeit und damit dem abrupten Ende der Produktion der 463-Helme führte, konnte bisher nicht nachgewiesen werden und ist damit als ungesicherte Information nicht verwertbar. Tendenzielle Hinweise, dass es zu schweren Tauchunfällen durch fehlerhafte MEDI-463-Ausrüstung gekommen sei und diese darum aus dem Verkehr gezogen wurde, können gleichfalls nicht bestätigt werden. Im Moment kann also nicht mit absoluter Sicherheit gesagt werden, was damals der bestimmende Grund für diesen Großeinkauf an Helmtaucher- Technik bei Dräger, den man ja eigentlich umgehen wollte, gewesen ist. Sicherlich wird es eine Summe verschiedener Faktoren gewesen sein, dass bis Ende 1958 so wenige Helme bei MEDI gebaut wurden, so dass 1959 ein Tauchtechnik-Import für harte Devisen unumgänglich wurde. Die Tatsache, dass die Produktion der MEDI 463 abrupt endete und eine erhebliche Erhöhung an Devisenausgaben für den Zukauf von Dräger-Tauchtechnik notwendig wurde, steht jedoch in unmittelbarem Zusammenhang damit, dass nur kurze Zeit später eine neue, ganz anders aussehende MEDI-Helmtaucher- Ausrüstung konzipiert und gebaut wurde. Wesentliche Änderungen in Design und Detail lassen die Vermutung, dass eine zu große Angleichung an die Dräger-Helmtaucher-Ausrüstung nicht mehr gewünscht bzw. gestattet war, durchaus plausibel erscheinen. TauchHistorie 12/2019 GeschichtederMEDI-Helmtaucher-AusrüstungenderDDR MEDI 721 - die neue Generation Schlauch- tauchgeräte Vorab möchte ich darauf verweisen, dass bis heute keine Unterlagen bekannt sind, die nachweisen, dass die STG-Ausrüstung MEDI 721 in zwei verschiedenen Varianten hergestellt wurde. Sachlich richtig ist, dass es zwei Helmtaucher- Ausrüstungen gibt, die sich vordergründig nur durch die Form des Schulterstücks unterscheiden. Zur besseren Definition und Darstellung bezeichne ich diese als: MEDI 721/1 STG frühe Version, flaches, rund auslaufendes Schulterstück MEDI 721/2 STG späte Version, hohes, spitz auslaufendes Schulterstück Das MEDI 721/1-Schlauchtauchgerät Die Entwicklung dieses schweren Helmtauchgerätes begann 1953/54, und es wurde bis 1969 produziert [10]. Ich möchte nun die Veränderungen des STG MEDI 721/1 zum STG 463 herausstellen. Der neue Helm hat äußerlich so gar keine Ähnlichkeit mit seinem Vorgänger mehr. Die Form des Helms ist nun ellipsoid und gleicht so mehr den Siebe-Gorman-Helmen der 40er bis 60er Jahre. Die Helmrohlinge für diese Bauart wurden ebenfalls auf einer Handdrückbank manuell gedrückt. Das Firstfenster ist mit einem Messingdraht-Doppelkreuz vergittert. Bei dieser Version sind Helme mit und ohne Seitenfenster-Vergitterung nachgewiesen. Dieser Typ Helm hat, wie auch sein Vorgänger und der später folgende MEDI 721/2, eine First-Öse. Eine wesentliche Veränderung am Helm, neben der Form, ist die für deutsche Taucherhelme untypische Verwendung metrischer Gewinde der Bauteile. Dass für das Frontfenster ein gröberes metrisches Gewinde als beim Vorgänger gewählt wurde, hat noch einen gewissen Charme. Das Frontfenster lässt sich damit leichter und schneller ein-/ausdrehen. Die neuen metrischen Fein-Gewinde an den helmseitigen Lufteinlässen des Schlauchs des Pressluft-Brustgewichts und des kurzen Helmschlauchs hingegen treiben im Arbeitsalltag zusätzliche Schweißperlen auf die Stirn. Mühseliges, ganz exaktes Ansetzen und ja kein Dreck oder Schmutz in den Gewindegängen – sonst war es aus mit den empfindlichen Messinggewinden. Der Umstieg auf metrische Gewinde ist einfach erklärbar. Dräger verwendete schon immer neben Zollgewinde auch eine werkseigene Gewindenorm, diese wurde und wird bis heute ziemlich geheim gehalten. Der Nachbau von Dräger- Helm des Schlauchtauchgerätes MEDI 721/2 mit spitzem Schulterstück, ©U. Barthel Helm des Schlauchtauch- gerätes MEDI 721/1 mit rundem Schulterstück, ©U. Barthel Der Helm des MEDI 721/1, Bauteilen-/Baugruppen wird eben echt schwer gemacht. Der Umstieg auf die ©U. Barthel TauchHistorie 12/2019 Geschichte der MEDI-Helmtaucher-Ausrüstungen derDDR Das Pressluft-Brustgewicht zum MEDI 721 wurde für 721/1und 721/2 verwendet, ©U. Barthel metrische Gewindenorm war außerdem insoweit sinnvoll, da in den Ostblock-Staaten im Rahmen einer sich entwickelnden Zusammenarbeit generell die metrischen Gewinde als Norm verankert wurden. Sogar die drei Bolzen des Helmflansches bekamen nun ein metrisches Gewinde. Als wirklich positiv anzusehen ist hingegen die veränderte Form der Flansch-Blöcke, an die am Helm das Telefonkabel und der kurze Helmschlauch an geschlossen werden. Schlauch und Kabel konnten nun dichter und direkter am Rücken des Tauchers bis zum Leibgurt (Verbinder Helmschlauch/Schlauch) bzw. durch den Schritt nach vorn geführt werden. Auch das Schulterstück bekam nun (leider) eine absolut andere Form. Während das Schulterstück des 463er noch im Rückenbereich die typische „Arsch-Form“ hatte (man verzeihe die Ausdrucksweise, aber so wurde und wird von Helmtauchern und Sammlern die herzförmige Ausprägung der Rückseite von alten Dräger-, Flohr- und Hagenuk-Helmen nun mal genannt), ist diese jetzt vorn und hinten halbrund. Die breiteste Stelle des Schulterstücks ist auf Höhe der Schulterauflage. Von dort aus läuft die Form, vorder- und rückseitig, in Maß und Radius identisch aus. Betrachtet man den Helm von der Seite, fällt weiterhin auf, dass auch das Seitenprofil des Schulterstücks bis zum Flansch einen nahezu gleichmäßigen Radius aufweist. Dadurch stehen Vorder- und Rückseite ungewöhnlich weit und gleich- mäßig nach außen ab. Die identische Höhe der Schulterstück- Vorder- und Hinterseite fällt beim 721/1 wesentlich flacher als bei seinem Vorgänger aus. Dass dieses neue Maß nahezu exakt der Fronthöhe alter Schulterstücke der Dräger-Bubikopf- Helme entspricht, ist sicherlich ein reiner Zufall gewesen ;-). Das Schulterstück in dieser Form herzustellen, kann sicherlich keinen großen Aufwand gemacht haben. Man braucht dazu nur ein elliptisch geformtes Kupferblech, das einmal unspektakulär radial verformt wird, danach mittig den „Hals“ manuell treiben und den äußeren Rand zubördeln. Wenn es dann noch mit dem Flanschstück verlötet wird, ist es schon fertig. Die Veränderung der Form wird sicherlich den Zeitaufwand der Produktion dieses Schulterstücks erheblich gesenkt haben, führte aber dazu, dass der Helm nicht ordentlich auf der Taucherschulter saß. Der Helm rutscht mit diesem Schulterstück ständig nach vorn oder nach hinten. Der Gebrauchswert beim Arbeiten unter Wasser tendierte damit „gegen Null“. Außerdem führte es im Alltags Das Rückengewicht zum MEDI 721 wurde für 721/1 und 721/2 verwendet, ©U. Barthel gebrauch dazu, dass der Helm beim Abstellen leicht kippt und auf das Fenster der linken oder rechten Seite fällt. Böse Zungen behaupten, dass dies der Grund für die Vergitterung der Seiten fenster war. Neu und unübersehbar hingegen ist die Prägung des MEDI-Logo mittig auf dem Bruststück. Diese neue, damals futuristische (aber eben leider unbrauchbare) Kreation wurde dann auch entsprechend deutlich und eindeutig nach Außen als von MEDI deklariert. Das Gewichtssystem wurde ebenfalls gründlich überarbeitet. Ein großes Alleinstellungsmerkmal beider Schlauchtaucher- Ausrüstungen MEDI 721 ist das Brustgewicht mit seiner horizontal liegenden 1-Liter-Druckluft-Reserveflasche . Tauchapparate ähnlich des Dräger-DM40 waren nicht geplant. Die dafür notwendigen großen Spül-, Tarier- und Reserveluftmengen musste man also auch nicht beachten. Die durchschnittlich flachen Tauchreviere in Ostdeutschland erfordern ebenfalls keinen beson ders hohen Reserveluftvorrat. Diese Erkenntnisse, gepaart mit dem Druck der immer notwendigen Einsparungen von Produktionskapazitäten und Rohstoffen, wird im Ergebnis zur Entwicklung des neuen Pressluft-Brustgewichtes geführt haben. Allein der Verzicht auf eine der zwei 1-Liter-Flaschen erzeugte bei 100 Ausrüstungen ein erhebliches Einsparpotential. Dass nun statt der aufwändig zu fertigenden, breiten Doppelflaschenbrücke das verchromte kleinkonische MEDI-Standard-Druckluftventil ausreichte, brachte nochmal eine ordentliche Ersparnis. Durch eine massive Ausprägung des Gehäuses erreichte man trotzdem das stattliche Gewicht von 15,8 kg und hatte somit immer noch genug Gewicht am Taucher zu hängen. Auch das 13,5-kg-schwere Rückengewicht wurde überarbeitet und angepasst. Sehr sinnvoll und clever ist die Befestigung der Messingkarabiner an den neuen Brust- und Rückengewichten. Die Ringe, welche die Messingkarabiner mit dem Gewicht verbinden, werden mittels einer starken Messing-Schraube fixiert. Muss ein Karabiner, der immer mal defekt gehen kann, ersetzt werden, so wird einfach die Schlitz-Schraube herausgedreht, ein Ersatz karabiner samt des Messingrings eingesetzt, zugeschraubt und weiter geht es. TauchHistorie 12/2019 GeschichtederMEDI-Helmtaucher-AusrüstungenderDDR Schraube zum Befestigen der Ösen/Karabiner an den MEDI- Gewichten, ©U. Barthel Links MEDI 721, rechts MEDI 463, deutlich zu erkennen die Klemmplatten für den 3. Riemen, ©U. Barthel Auch die an der Unterseite von Brust- und Rückengewicht befindlichen Rollschnallen für den Schrittgurt können durch Herausschrauben solcher Schrauben gewechselt werden. Dieses Verbinden von Bauteilen, wie man es sonst vom Schäkel her kennt, funktioniert am MEDI 721 sehr gut. Die Schuhe wurden nur leicht geändert. Die leicht gerundete Hackenform der Schuhe des MEDI 463 erhielt jetzt eine normierte, ordentlich gerade Form. Die Geradlinigkeit einer sozialistischen (UW-) Arbeiterpersönlichkeit, musste wohl bis in die Fußspitzen manifestiert werden ;-). Auch das Telefon des MEDI 721 wurde gründlich aufgewertet. Die klobige, hohe Form des kompakten Telefon-Helmteils der Links Telefon-Helmeinheit MEDI 463, rechts MEDI 721 463er Version ist verschwunden. Die neue Telefon-Helmeinheit sieht nun dem Dräger-Gegenpart plötzlich sehr ähnlich, sie ist aber flacher. Damit die neue Helmeinheit zu Wartungsarbeiten schnell ein bzw. ausgebaut werden kann, erhielt sie einen zylindrischen Messing-Adapterstecker, der (wie bei Dräger) in die Buchse des am Helm angeschlossenen Telefonkabels gesteckt werden kann und dort mit einer Messingschraube gesichert wird. Allein durch dieses Merkmal ist die Helmeinheit äußerlich jetzt relativ einfach zu identifizieren. Zusätzlich zu dem im Telefonkasten enthaltenen bekannten Headset wurde ein Telefonhörer beigelegt. Der Signalmann hatte damit die Möglichkeit, zwischen beiden Varianten zu wählen. Der Durchmesser der helmseitigen Telefonkabelstecker- Durchführung verringerte sich bei diesem Typ beträchtlich im Durchmesser auf nur noch 22,5 mm. Telefonkabel-Anschluss bzw. Blindverschlussmutter können fortan mit einem Maulschlüssel SW41 verschraubt werden. Wissenswertes über die neue Variante des Tauchermessers und den Messergurt kann wiederum in [08] nachgelesen werden. Als Kälteschutz für dieses Tauchgerät wurde ein gestrickter, dunkelbrauner Overall aus dicker Wolle mitgeliefert. Beim einteiligen Wollanzug passierte es nicht mehr, dass beim Anziehen des Tauchanzuges der Pullover aus den langen, wollenen Unterhosen gezogen wurde. Allerdings wurde damit auch die Nierengegend nur noch von einer, statt bisher zwei Lagen dicker Wolle vor Kälte geschützt. Die angesetzten Socken hatten zwar den Vorteil des leichteren und schnelleren An-/ Ausziehen der Ausrüstung, führten jedoch bei nassen Füßen (durch leichte Leckage o.ä.) dazu, dass dann der gesamte Overall gewechselt werden musste. Auch die drei verschiedenen Konfektionsgrößen der dunkelgelben Taucheranzüge aus Köperstoff wurden angepasst (T2 im Zusatzlink). Berichte ehemaliger Militär- und Berufstaucher lassen gerade am Schulterstück des 721/1 kein gutes Haar. Es muss sich, wie beschrieben, sehr unangenehm getragen haben, das Arbeiten damit war beschwerlich und anstrengender als mit den gewohnten Schulterstücken. Da half auch das Tragen des mitgelieferten Schulterpolsters wenig. Nach sehr kurzer Zeit wurde der Stein des Anstoßes, das Schulterstück, nochmals verändert. Es entstand die letzte, endgültige Version des DDR- Taucherhelms. Die Telefonanlage MEDI 721, zwischen Handhörer und Headset kann gewählt werden, ©U. Barthel TauchHistorie 12/2019 Geschichte der MEDI-Helmtaucher- Ausrüstungen der DDR25 Das Schlauchtauchgerät MEDI 721/2 Diese Schlauchtaucher-Ausrüstung in ist die am häufigsten pro- duzierte. Der eiförmige Helm, jetzt mit geändertem Schulter- stück, ist DAS Markenzeichen für MEDI-Helmtaucher-Ausrüs- tungen schlechthin. Prinzipielle gravierende Veränderungen am Taucherhelm wurden nicht vorgenommen. Kleinere Verbesse- rungen erhöhten die Performance und die Sicherheit der Ausrüs- tung. Um beispielsweise das Auslassventil sehr leichtgängig und sicher zu machen, wurde bei den allerletzten Helmen in die dreh- bare Ventilkappe des Helmventils eine auswechselbare Buchse eingelassen, die als exakte Führung für den Ventilschaft fungiert. Beide Helmtypen des MEDI 721 haben ein geändertes helmsei- tiges Pressluft-Brustgewicht-Anschlussgewinde bekommen, na- türlich mit neuen Abmessungen, natürlich metrisch und natürlich mit Feingewinde. Nachweisbare weitere kleine Veränderungen, wie z.B. der Ver- satz der Seitenfenster um wenige Millimeter nach vorn, sind wohl unkomplizierte Anpassungen auf Erfordernisse, Anregungen oder Wünsche der Taucher für den Einsatz. Die wesentliche, tat- sächliche Verbesserung liegt in dem neuen Schulterstück. In der damaligen Zeit war es noch möglich, Fehler schnell und un- kompliziert zu korrigieren. Nachdem der Unmut über das fehler- behaftete, unbequeme 721/1er Schulterstück schnell die Runde gemacht hatte und die Kritik daran in die Ohren der Entschei- dungsträger drang, wurde kurzerhand eine andere Form dafür konstruiert. Die Vorderseite des Schulterstückes MEDI 721/2 hat nun wieder die Höhe des MEDI 463 bzw. des Dräger-T215. Es liegt flacher an der Brust des Tauchers an. Die Vorderseite läuft mar- kant in spitzer Rundung aus. Die Radien von Vor-und Rückseite unterscheiden sich. Da sich die Entwickler bei der Rückseite des Schulterstücks wiederum nicht für die „Arschform“ entscheiden konnten oder wollten, blieb es jedoch dabei, dass auch dieser Typ Helm nicht alleine stehen kann und auf die Seite fällt. Meist verhindern dann tatsächlich der vorstehenden Messingrah- men und die nun serienmäßig eingebauten Messingdraht- Gitter des Fensters, Clips der Fenstergläser, tiefere Dellen oder Schrammen. In der Tauchpraxis, macht sich dafür sehr angenehm bemerkbar, dass die Form der Rückenpar- tie des Schulterstücks, nahe am Helm und dicht am Rücken, nach unten geführt wird. Sind Brust- und Rückengewicht nun ordentlich straff durch den Schrittgurt verzurrt, sitzt der Helm sicher und fest auf den Schultern. Durch den geringeren Durchmesser des eiför- migen Helms gelangt der Taucher zu- dem besser mit dem Kopf an den Teller des Auslassventils und an die Ohrmu- schel der Telefon-Helmeinheit. Dass die Die Taucherschuhe MEDI 721 (20,8kg) wurden für 721/1 und 721/2 verwendet, ©U. Barthel Die Taucher-Automa- tentafel MEDI 731 für die Luftversorgung von 2 Tauchern, ©U. Barthel Der Helm des MEDI 721-2, ©U. Barthel Ösen zum Einhängen der Gewichte auf dem Schulterstück in ei- nem sehr ungünstigen Winkel angebracht sind, macht leider das Ein- und Aushängen von Brust- und Rückengewicht manchmal nicht ganz einfach. Grundsätzlich wurden bei den letzten Chargen der MEDI STG Schuhe und Gewichte in steingrau ausgeliefert. Man verwen- dete dafür dieselbe Farbe wie für die Stahlhelme der NVA. Die STG-463- und STG-721/1-Helme sind innen elfenbeinweiß gestrichen/gespritzt, der STG-721/2 im typischen hellen stein- grau. Die Außenseite der Kupferhelme wurde durch eine Schutzschicht aus Zaponlack geschützt. Eini- ge wenige Helme sind außen mit wei- Geschichte der MEDI-Helmtaucher- Ausrüstungen der DDR25 Das Schlauchtauchgerät MEDI 721/2 Diese Schlauchtaucher-Ausrüstung in ist die am häufigsten pro- duzierte. Der eiförmige Helm, jetzt mit geändertem Schulter- stück, ist DAS Markenzeichen für MEDI-Helmtaucher-Ausrüs- tungen schlechthin. Prinzipielle gravierende Veränderungen am Taucherhelm wurden nicht vorgenommen. Kleinere Verbesse- rungen erhöhten die Performance und die Sicherheit der Ausrüs- tung. Um beispielsweise das Auslassventil sehr leichtgängig und sicher zu machen, wurde bei den allerletzten Helmen in die dreh- bare Ventilkappe des Helmventils eine auswechselbare Buchse eingelassen, die als exakte Führung für den Ventilschaft fungiert. Beide Helmtypen des MEDI 721 haben ein geändertes helmsei- tiges Pressluft-Brustgewicht-Anschlussgewinde bekommen, na- türlich mit neuen Abmessungen, natürlich metrisch und natürlich mit Feingewinde. Nachweisbare weitere kleine Veränderungen, wie z.B. der Ver- satz der Seitenfenster um wenige Millimeter nach vorn, sind wohl unkomplizierte Anpassungen auf Erfordernisse, Anregungen oder Wünsche der Taucher für den Einsatz. Die wesentliche, tat- sächliche Verbesserung liegt in dem neuen Schulterstück. In der damaligen Zeit war es noch möglich, Fehler schnell und un- kompliziert zu korrigieren. Nachdem der Unmut über das fehler- behaftete, unbequeme 721/1er Schulterstück schnell die Runde gemacht hatte und die Kritik daran in die Ohren der Entschei- dungsträger drang, wurde kurzerhand eine andere Form dafür konstruiert. Die Vorderseite des Schulterstückes MEDI 721/2 hat nun wieder die Höhe des MEDI 463 bzw. des Dräger-T215. Es liegt flacher an der Brust des Tauchers an. Die Vorderseite läuft mar- kant in spitzer Rundung aus. Die Radien von Vor-und Rückseite unterscheiden sich. Da sich die Entwickler bei der Rückseite des Schulterstücks wiederum nicht für die „Arschform“ entscheiden konnten oder wollten, blieb es jedoch dabei, dass auch dieser Typ Helm nicht alleine stehen kann und auf die Seite fällt. Meist verhindern dann tatsächlich der vorstehenden Messingrah- men und die nun serienmäßig eingebauten Messingdraht- Gitter des Fensters, Clips der Fenstergläser, tiefere Dellen oder Schrammen. In der Tauchpraxis, macht sich dafür sehr angenehm bemerkbar, dass die Form der Rückenpar- tie des Schulterstücks, nahe am Helm und dicht am Rücken, nach unten geführt wird. Sind Brust- und Rückengewicht nun ordentlich straff durch den Schrittgurt verzurrt, sitzt der Helm sicher und fest auf den Schultern. Durch den geringeren Durchmesser des eiför- migen Helms gelangt der Taucher zu- dem besser mit dem Kopf an den Teller des Auslassventils und an die Ohrmu- schel der Telefon-Helmeinheit. Dass die Die Taucherschuhe MEDI 721 (20,8kg) wurden für 721/1 und 721/2 verwendet, ©U. Barthel Die Taucher-Automa- tentafel MEDI 731 für die Luftversorgung von 2 Tauchern, ©U. Barthel Der Helm des MEDI 721-2, ©U. Barthel Ösen zum Einhängen der Gewichte auf dem Schulterstück in ei- nem sehr ungünstigen Winkel angebracht sind, macht leider das Ein- und Aushängen von Brust- und Rückengewicht manchmal nicht ganz einfach. Grundsätzlich wurden bei den letzten Chargen der MEDI STG Schuhe und Gewichte in steingrau ausgeliefert. Man verwen- dete dafür dieselbe Farbe wie für die Stahlhelme der NVA. Die STG-463- und STG-721/1-Helme sind innen elfenbeinweiß gestrichen/gespritzt, der STG-721/2 im typischen hellen stein- grau. Die Außenseite der Kupferhelme wurde durch eine Schutzschicht aus Zaponlack geschützt. Eini- ge wenige Helme sind außen mit wei- ßem Schutzlack versehen worden. Diese Schutzschicht hatte aber bei weitem nicht die Qualität der Schutzbeschichtung der weißen Dräger-Helme. Das MEDI 721/2-Equipment wurde nur noch mit 15-m-langen, schwarzen Schläuchen ausgeliefert. Da die MEDI 734 (63017)-Taucherhebelpumpe nur bis zu einer Tauchtiefe bis maximal 20 m zu- lässig war und sowieso ab 10-12 m Tauchtiefe parallel geschaltet werden sollte/musste, wurden verschiedene Druckluft-Verteilertafeln konstruiert und gebaut. Typ MEDI 731 [09] war eine gewöhnliche Taucherluft-Versorgungsanlage für zwei Taucher mit einem Umschaltventil. Die Taucher- Versorgungsanlage MEDI 732 konnte drei Taucher versorgen und verfügte über zwei Ventile zum Umschalten von Speicherflaschen auf Taucherpumpe. Die Luftversorgungsanlage MEDI 733 war wiederum für zwei Taucher ausgelegt. Die darin verbauten Taucherautomaten verfügten jedoch über zwei Anschlüsse und ein Absperrventil. Alle genannten Anlagen wurden im Zeitraum von 1953 bis 1969 konstruiert und in minimalen Stückzahlen produziert. Da sie bei Ersatz oder Neuanschaffung gnadenlos der Verschrottung zum Opfer fielen, gelten die wenigen noch existierenden Stücke unter Sammlern als absolute Pretiosen mit sehr hohem Sammlerwert. Weitere Änderungen gegenüber dem MEDI 721/1 gibt es nicht. MEDI hat mit der Version 721/2 den Zenit der ostdeutschen Konstruktion und Produktion von schlauchgestützten Helmtauchgerä ten erreicht. Anerkennend muss man sagen, dass sich die Qualität der Helme von den ersten 463er bis zu den letzten 721/2er Helmen sehr verbessert hatte. Die produktionsbedingte Maßhaltigkeit der einzelnen Bauteile, die Oberflächenverarbeitung und Behandlung, Lötstellen, Nähte der Anzüge usw. sind zuletzt in einer exzellenten Ausführung erfolgt. Wenn man die Geschichte und Entwicklung der MEDI-Helmtaucherausrüstung verfolgt, wird klar, dass es ziemlich schnell gelungen war, einen akzeptablen Taucherhelm und das wei tere notwendige Zubehör zu entwickeln und sich so theoretisch von Importen von den Dräger-Werken unabhängig zu machen. Die jetzt endgültige Form von Helm und Schulterstück fand nun auch größtenteils die Akzeptanz der Taucher. Weitere Veränderungen an dieser Ausrüstung waren nicht mehr möglich. Die Entwickler, Konstrukteure und Arbeiter von MEDI waren schon mit anderen Projekten betraut worden. Wie aber sah die Realität im praktischen Tauchbetrieb jener ersten Jahre aus? Helmanschlüsse für die Pressluft-Brustgewichte, die kurzen Helmschläuche sowie Telefonleitungen waren unterei nander nicht kompatibel. Einzig die langen Luftschläuche bis zum Anschluss an das Winkelstück des kurzen Helmschlauchs konnten untereinander getauscht werden. In den ersten Jahren sorgten nun unterschiedlichste Ausrüstungsteile von Dräger, MEDI 463, MEDI 721/1 und MEDI 721/2 stellenweise für ein Chaos in der Taucherlast. Diverse Helm- und Pressluft-Brustgewichtschläuche, Adapter, unterschiedliche Muttern für die Bolzen der Helmflansche, Telefonkabel mit nicht kompatiblen Anschlüssen und Frontfenster mit verschiedenen Gewinden waren Grund für Ärger, Nichteinsatzfä higkeit, Ausfälle oder zumindest hohe Zeitverzögerungen. In den militärischen Einheiten wurden daraufhin rigoros ganze STG-Sätze ausgetauscht und gegen einheitliche Ausrüstungen ersetzt. Durch Mangelwirtschaft und unzureichenden Nachlieferung kam jedoch ein großer Teil der auszumusternden Ausrüstung, statt konsequenter Weise in die Verschrottung, erst einmal und vorsichtshalber in rückwärtige Materialdepots und Arsenale und wurde dort lang- zeitkonserviert (ein großes Glück für Tauchhistoriker und Sammler von Taucherhelmen). Der Autor hat selbst erlebt, dass in der Truppe die MEDI STG 721/2 benutzt wurden, während in der Staatsreserve noch die MEDI 463 STG auf ihren großen Einsatz warteten. Insgesamt war es den MEDI-Angehörigen tatsächlich gelungen, in relativ kurzer Zeit eine brauchbare Helmtaucherausrüstung zu produzieren. Bis zum Ende der DDR 1989 wurde diese Helmtaucherausrüstung nun von Militär- und Industrietauchern genutzt. Über die Anzahl der ausgelieferten Ausrüstungen gibt es unterschiedli che Meinungen/Aussagen. Die Zahlen variieren zwischen minimal 150 und maximal 250 Stück. Die Verifizierung der Herstellung von maximal 30-40 Stück Helmen MEDI 468 und einer ungefähren Menge von 150 Stück MEDI 721/1 721/2 (in Summe) [01] ist auf Grund der gar nicht bzw. nur fragmentarisch erhaltenen Produkti- onszahlen-Nachweise von MEDI zurzeit nicht möglich. Obwohl bisher kein Helm mit einer Nummer über 250 nachgewiesen werden konnte, ist eine Produktionsmenge von ca. 200 Stück als realistisch zu betrachten. Die Nummerierung auf den Helmen darf jedoch keinesfalls als Anzeiger für die Produktionsstückzahl verwendet wer den. Sie entsprechen in keiner Weise den Produktionszahlen und spiegeln weder die tatsächlichen Einsatzmengen noch die Verfügbarkeitsmenge in den militärischen Verbänden wider. Diese Nummern wurden ausschließlich im militärischen Einsatz verwendet und dienten in erster Linie dem Nachweis der durchgeführten Wartungs-/Inspektionsarbeiten der Einsatzhelme [04]. Die Nummerierungen von Helmen sind unlogisch verge ben worden. Eine komplette Ausrüstung MEDI 721/2, die sich der Autor direkt aus Militärbestand beschaffen konnte, wies im damaligen, unbenutzten Zustand z.B. keine Nummerierung auf. Weitere MEDI 721/2 ohne Nummerierung aus dem Bestand der Volks marine sind bekannt. Im Zuge von Austausch (z.B. Tausch von 721/1er gegen 721/2-Schulterstücke), Ausmusterungen bzw. Teil-Instandsetzungen, wurden im Alltag immer wieder Helme und Schulterstü- NVA-Pioniertaucher-Gruppe mit komplettem MEDI 721/2-Schlauchtauchgerät Mitte der 70er Jahre, Fotoarchiv von Ulf Barthel cke untereinander ausgewechselt. Nach [03] haben MEDI-STG, die im Bestand der VEB Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei Rostock angeschafft wurden, keine Nummerierungen bei Übernahme gehabt. Sammler, die Helme mit den begehrten gleichen Nummern auf Helm und Schulterstück besitzen, wissen daher um die Wertsteigerung solcher Helme, die allein auf dieser Tatsache beruht. Auf Grund der Befürchtung, dass Helmtaucherausrüstungen eventuell zur Republikflucht genutzt werden konnten, mussten ausgemusterte Taucherhelme spätestens ab Anfang der 70er Jahre unbrauchbar gemacht werden. In der Praxis wurden dazu mit der Spitze eines Zimmermann-Hammers alle Scheiben und der Helm mehrfach durchlöchert, natürlich erst, nachdem alle demontierfähigen, brauchbaren Ersatzteile entfernt worden waren [03]. Wie schön, dass einigen Helmen dieses unwürdige Ende erspart blieb und sie stattdessen, wie auch immer, den Besitzer wechselten, um forthin, liebevoll gehegt und gepflegt, ihr Dasein bei einem pensionierten Berufstaucher, Tauchenthusiasten oder Helmsammler zu fristen. Obwohl die MEDI-721-Geräte im Jahr 1965 eine neue Teile-Nummer bekamen (jetzt MEDI-61001), wurde die Produktion im Jahr 1969 eingestellt. Das erklärt sich unter anderem durch die Veränderung im Bereich der Tauchtechnik. Die schweren Helmtauchgeräte wurden auch in der DDR immer mehr von leichten schlauchgestützten Tauchgeräten bzw. autonomen Pressluft-Tauchgeräten, KV-Anzügen und Vollgesichtsmasken abgelöst. Durch die sich schnell verändernde Tauchtechnik wurde der grundsätzliche Be darf an Helmtauchertechnik in der DDR jedoch in keiner Weise sofort bedeutungslos. So wurde beispielsweise in den Produktionsvorschlag für den Zeitraum 1966-1970 immerhin noch ein Produktionsvolumen von 400 (!) MEDI 721/2 bzw. dessen Nachfolgeentwicklung aufgenommen [09]. Auch wenn die sozialistischen Planer hier einen unrealistisch hohen Bedarf angemeldet haben, um dann im Endeffekt wenigstes tatsächlich Material und Arbeitskapazitäten für 25%-30% dieser Menge (also 100-120 STG) zu erhalten [01], spricht das für eine vorhandene Nachfrage. Natürlich wurde, immer mit einem Auge über den Zaun (in diesem Fall wohl eher die Mauer) schauend, wahrgenommen, dass in den USA und auch bei Dräger an der Entwicklung leichter Taucherhelmen aus Kunststoff gearbeitet wurde. Es ist bestätigt, dass bei MEDI Leipzig 1967 mit der Planung und 1968 mit dem Bau von Taucherhelmen aus Kunststoff (GFK/Epoxidharz) begonnen werden sollte. Das war eine logische Entwicklung, denn in der DDR, dem „Land der Plaste und Elaste“, wurde in diesen Jahren sehr viel versucht, um mit Kunststoffen und Produkten daraus am Weltmarkt wettbe werbsfähig zu werden. 1969 hat man bei MEDI tatsächlich mit der Entwicklung von GFK-Taucherhelmen begonnen, diese jedoch kurz darauf abrupt auf Staatsanweisung eingestellt. Vermutlich wird wiederum die Unwirtschaftlichkeit der großen Bindung von Ingenieursleistung, Arbeitskräften, Material und Produktionskapazitäten für eine minimale Stückzahl an Plaste-Taucherhelmen dafür den QUELLEN: Ausschlag gegeben haben. Auf Grund der weltweiten Entwicklung wurde jedoch gerade von Seiten des Militärs und der Sicherheitsorgane, aber auch der Forschung, immer wieder auf die Beschaffung neuer, moderner Helmtauchertechnik gedrängt. Im Rahmen der Militär-Kooperation der Staaten des Warschauer Vertrages wurde Anfang der 80er Jahre die damalige CSSR mit der Entwicklung einer neuen Generation Helmtaucher-Ausrüstungen beauftragt. Die dort entwickelten schlauchgestützten Taucherausrüstungen mit Kunststoff-Taucherhelmen sollten den gesamten Bedarf des SW (sozialistisches Wirtschaftsgebiet) absichern. 1989 erhielt dann die NVA auch die ersten tschechoslowakischen SPP-50-Helmtaucherausrüstungen. Kurze Tests durch Dienststellen der NVA erwiesen aber schnell eine massive Praxisuntauglichkeit. Durch die einsetzenden politischen und militärischen Veränderungen musste sich damit jedoch niemand mehr über oder unter Wasser groß auseinandersetzen. Mit Auflösung der DDR am 30.09.1989 endet die kurze aber interessante Geschichte der ostdeutschen Taucherhelme. Man kann darüber streiten, ob durch MEDI nun im Zeitraum von 1954 bis 1969 drei oder zwei Typen Schlauchtauchgeräte und eine davon in zwei Varianten hergestellt worden ist. Richtig ist, dass es nur zwei verschiedene Artikelnummern, 463 und 721 (61001) gibt. Zu einer tatsächlichen Variantenunterscheidung durch Artikel nummer, wie bei den ersten Drucklufttauchgeräten MEDI 713 und MEDI 713A, ist es nicht gekommen. Die Darstellung der drei Varianten dient vordergründig der sowieso schon vorhandenen prin zipiellen Unterscheidung dieser DDR-Schlauchtauchgeräte durch Tauchtechnik-Experten und Tauchhistoriker. Die äußerlich stark auffallende Änderung der Form des Schulterstücks und die damit einhergehenden Funktionsunterschiede im Gebrauch, sowie eine nicht unerhebliche Anzahl von angefertigten MEDI 721/1, rechtfertigen daher die in diesem Beitrag aufgezeigte Untergliederung in drei Typen. Autor mit kompletter MEDI 721/2 Anfang 1993 im Tauchturm der Marinetau- cher in Stralsund/Dänholm, Foto: Ansgar Kompaß Alle mit ©U. Barthel gekennzeichneten Bilder sind Eigentum des Autors. Sie dürfen nur mit seiner Zustimmung anderweitig, egal in welcher Form, gezeigt werden. [01] Pelz, Hans, Ltr. der Versuchswerkstatt MEDI Leipzig, diverse Interviews [02] Michaelis, Ulrich, Militär- u. Berufstaucher, Interview [03] Reichert, Jürgen, Tauchermeister BBB-Rostock, Interview [04] Schulz, Otto, Oberstleutnant i.R., stv. Leiter Tauchdienst TLE-40, Interview [05] Winkler, Hermann, Forschungstaucher Institut Hochseefischerei Rostock, Interview [06] Kasernierte Volkspolizei der DDR, Dienstvorschrift DV45-9 1954 [07] Dräger Werke Lübeck, handschriftliche Helmnummern-/Lieferliste [08] Barthel, Ulf, Tauchermesser der Organe der DDR 2, Tauchhistorie 7/2017, S.62 [09] Barthel, Ulf, Sächsisches Staatsarchiv / www.altes.tauchen.seveke.de, eigene Recherchen [10] Seveke, Lothar, MEDI - eine (ost)deutsche Geschichte, Tauchgeschichte Spezial 1/2014, S. 23 [11] Wesenigk, H., Schutz-, Rettungs- und Taucherwesen Teil II, 1966 Dräger-auchgeräte für „Meereskämpfer“28 1 Erste Entwurfszeichnung des „LAR IV“ vom März 1966, © Werner Sartor Dräger-auchgeräte für „Meereskämpfer“ Chronologische Entwicklung geschlossener Sauerstoff-Kreislauf Schwimmtauchgeräte der Drägerwerke für den militärischen Einsatz unter Wasser | Teil IV, Geräte in „Hartschalen“-Bauweise Von Helmut Knüfermann Das Sauerstoff-Schwimmtauchgerät Mod. „LAR IV“ Paradoxerweise schrieb ausgerechnet Gerhard Haux im Jahr 20021: „Warum es nie ein LAR IV gab, ist mir auch heute noch schleierhaft“. Die damaligen Ingenieure der Abteilung II und Dokumente aus dem Jahr 1969 halfen, diesen Schleier zu lüften. Ausreichende Erfahrungen mit den (in der vorhergehenden Fol ge dieser Artikelserie beschriebenen) LAR II, LAR II A und LAR III führten zur weiteren Entwicklung dieser Kreislaufgerätese rie. Primäre Ziele der Neugestaltung waren: • längere Gebrauchsdauer, • geringeres Gewicht, • niedrigere Atemwiderstände und • verringerte Größe. Bereits 1966 entstanden die ersten Zeichnungen als Entwurf für ein „LAR IV“ [Bild 01], die unverkennbar auch Elemente des „LAR IIA“ und „LAR III“ enthielten – wie das Gehäuse mit überstehen dem Rand und das Handrad für den regulierbaren Lungenauto- maten-Ansprechdruck. Dies war jedoch nur ein zeichnerischer erster Entwurf, der über die Idee und Planung nicht herauskam. Erst 2 Jahre später verließ ein „LAR IV“ die Dräger-Versuchswerkstatt, um ab April 1969 die Verwendbarkeit für Kampfschwimmer unter Beweis zu stellen [Bild 02]. Die Erprobungsstelle 71 der Bundeswehr in Eckernförde stellte dieses erste von Dräger leihweise überlassene Erprobungsmuster Test- Tauchern der Kampfschwimmerkompanie zur Verfügung. DIE KONSTRUKTION Für eine längere Gebrauchsdauer – auch bei großen Gasdurchsätzen – erhielt dieses Gerät einen zylindrischen Kalkbehälter mit 2,5 l Inhalt, der damit um 0,5 l größer war, als bei den vergleichbaren „LAR II oder III“. Bei mittelschwerer Belastung und einem O2-Verbrauch von 1,1 l/min ermöglichte das „LAR IV“ damit eine Gebrauchszeit von ca. 200 min (3:20 h), eingerechnet Spülung und Restdruck2. Die erstmalige Verwendung des Kalkbehältermaterials GFK3 für Dräger-O2-Kreislauftauchgeräte sorgte für eine Gewichtsersparnis und geringere Kondenswasserbildung. 1 Gerhard Haux, bis August 1977 leitender Ingenieur der Dräger-Abteilung Tauchtechnik, in seinem Buch: „Typisch Haux“, Haux Publishing 2002 2 bezogen auf den damaligen Dräger-Atemkalk mit 80 Liter CO2-Aufnahmefähigkeit pro kg TauchHistorie 12/2019 Dräger-Tauchgeräte für „Meereskämpfer“ Behälter für eine effektivere CO2-Absorption. Obwohl beide Atembeutel atemphysiologisch getrennt arbeiteten, waren sie doch nebeneinander angeordnet und in der Mitte miteinander vernäht [Bild 03]. Dieser Doppelatembeutel wurde über den Kalkbehälter hinweg bis an den unteren Rand des Gerätegehäuses geführt und ließ sich dort mittels Befestigungsknöpfen fixieren. Der aus dem „LAR II“ übernommene Druckminderer erhielt auch hier eine bewegliche Befestigung am Gerätegehäuse. Die Verbindung zwischen O2-Flasche und Druck- minderer war somit ohne die Benutzung von Werkzeugen „verkantungslos“ dicht zu schließen und auch entsprechend leicht zu lösen. Nachdem man zunächst in Erwägung zog, für das „LAR IV“ ein neues Lungenautomatengehäuse aus Kunststoff zu entwickeln, wurde schließlich doch der Lungenautomat mit und -30 cmWS blieb erhalten. Die Atemschläuche, mit Schlauchschellen aus nichtmagnetischem Metall auf den Anschlussstutzen befestigt, glichen in Länge, Durchmesser und Flexibilität denen des „LAR II“. Die mundstück- und geräteseitigen Anschluss- Verschraubungen bestanden aus einem hochwertigen Polymer. Das Drehschieber-Mundstück war infolge eines neuen geeigneteren Kunststoffes erheblich leichtgängiger als das des „LAR II“. Rote und grüne Markierungen (Backbord und Steuerbord) auf dem Ventilgehäuse gewährleisteten den seitenrichtigen Zusammenbau. Das, wie bei vorhergehenden LAR-Konstruktionen, in die seitliche Gehäuse- wand eingebaute Manometer, konnte vom Geräteträger selbst während des Tauchganges nicht kontrolliert werden. Man ging davon aus, dass Kampfschwimmer grundsätzlich zu zweit operieren, so dass die Möglichkeit einer gegenseitigen Kontrolle des O2-Vorrates vorgenommen werden konnte. Auch wenn man schon 2 Das „LAR IV“, Foto: HK Zusatz-Ventil (Bypass) aus dem „LAR Aufnahme aus damals die Eventualität diskutierte, dass Kampfschwim- II“ übernommen. Vorgesehen war dem Herbst 1968, mer im Ernstfall als „Solo-Taucher“ eingesetzt werden und jedoch, ihn mit einer neuen, wider-der Einbau des Manometers in die obere Gehäusewand zwistandsfähigeren Membrane zu ver-© Dräger-Archiv, schen beiden Atemschläuchen zweckmäßiger wäre, behielt Der Sauerstoffvorrat einer 1,5-l-Flasche aus Aluminium bei 200 bar Fülldruck gewährleistete mit 300 Litern Inhalt auch die Versorgung für die genannte Gebrauchszeit. Die max. Tauchtiefe war (wie bei allen geschlossenen LAR-O2-Kreislaufgeräten) auf 10 m Tiefe begrenzt. Das „LAR IV“ enthielt als Besonderheit getrennte Atembeutel. In der Kurzbeschreibung des Gerätes vom Jan. 1969 heißt es: „Der Atembeutel ist getrennt in Ein- und Ausatembeutel ausgeführt. Die Atembeutel sind aus beidseitig mit Neopren- NK-Mischung beschichtetem Stretch-Gewebe gefertigt. Der bewegliche Inhalt beträgt ca. 4,3 Liter“. Die positiven Erfahrungen mit Dräger-Mischgasgeräten (SMS, FGT etc.), deren getrennte Atembeutel einen reduzierten Atemwiderstand bewirkten, sollten für dieses militärtaktische Tauchgerät eben falls von Vorteil sein. Ein weiterer Faktor fand für die Auswahl von zwei statt einem Atembeutel Beachtung: Laborversuchen zufolge verläuft die Strömungsgeschwindigkeit des Exspirationsvolumens durch einen zwischen zwei Atembeuteln befindlichen Kalkbehälter verzögerter4 als eine direkte und forcierte Ausatmung durch den Kalk. Man erzielt eine geringfügig längere Aufenthaltsdauer des Atemgases im Innenansicht des „LAR IV“, © Dräger-Archiv, Foto: HK 3 sehen, da die bisherige Membrane im „LAR II“ zu schnellem Verschleiß neigte. Zu Gunsten einer weitgehend amagnetischen Ausführung verzichtete man bei dem „LAR IV“ auf eine Verchromung des Lungenautomaten. Die Verstellbarkeit des Lungenautomaten-Ansprechdrucks außerhalb des Wassers bei geöffnetem Gerät mittels Inbusschlüssel zwischen -10 3 GFK glasfaserverstärkter Kunststoff 4 der sog. „Dudelsack-Effekt“ Dräger-Ingenieur Werner Sartor im Frühjahr 1969 mit dem „LAR IV“ am Dräger-Schwimmbecken, © mit freundlicher Genehmigung von Werner Sartor man für dieses Gerät die Positionierung in der seitlichen (rechten) Gehäusewand bei. Kleine Veränderungen, wie eine tragegünstige Abwinkelungsrichtung des Ventilhandrades, eine überarbeitete Version der Steckschlösser an den Tragegurten und eine Tauchernotsignal- Halterung, ergänzten den Aufbau des „LAR IV “. Bei der Konstruktion des Gehäuses selbst nahm man von der ursprünglichen Idee des überstehenden Randes (wie bei dem beschriebenen „LAR IIA“ – siehe erster Zeichnungsentwurf [Bild 01]) Abstand und konstruierte das Gehäuse völlig neu, entsprechend des Platzbedarfs für Doppelatembeutel, größeren Kalkbehälter und größere und stabilere Steckschlösser. Letztendlich ergab die Vermessung, dass das Erprobungs muster dieses neuen „LAR IV“ 10 mm länger und 20 mm breiter als das des „LAR II“, aber auch durch den Einbau eines Kunststoff-Kalkbehälters 900 g leichter war. Erprobung in Labor und Freiwasser Dräger-Ingenieure testeten das fertige „LAR IV“ zunächst selbst im Drägerwerk unter Laborbedingungen und im Dräger-eigenen Schwimmbecken [Bild 04]. Ein Kälteaggregat für die 9 m lange und 2 m tiefe Schwimmbecken-Anlage stand damals nicht zur Verfügung. Um auch Kreislaufgeräte bei niedrigen Wassertemperaturen zu testen, sorgte eine Befüllung des Beckens mit einer ent sprechenden Menge Trockeneis über Nacht für eine Abkühlung auf etwa 3 bis 40C. Anschließend, von April bis August 1969, wurde das Gerät im Labor, im Klimaraum der WTD 715 und bei Tauchgängen in der Eckernförder Bucht erprobt. Die Standzeit des Atemkalkes unter verschiedenen Volumen/ Fluß-Bedingungen und CO2-Konzentrationen, sowie bei niedrigen Temperaturen (Luft 10 0C, Wasser 1,5 0C, - 12 Stunden) und die Prüfung der technischen Vorgaben gem. Lastenheft ergaben erste Labor-Resultate. Es folgten Tauchgänge mit „Normtauchern“ (Kampfschwimmern) in der Eckernförder Bucht im Vergleich mit dem „LAR II“ [Bild 05]. Die magnetische Vermessung fand auf dem Messplatz der ErprSt 726 statt. Die akustische Vermessung erfolgte in Aschau, dem speziell dafür eingerichteten See-Messplatz der WTD 71 im militärischen Sperrgebiet, südlich von Eckernförde. 4 5 Wehrtechnische Dienststelle 71 der Bundeswehr, Eckernförde 6 Erprobungsstelle 72 für magnetischen Schiffsschutz der Bundeswehr, Kiel-Friedrichsort Abschlussbericht und Fazit der Erprobung Den atemphysiologischen Test bestand dieses Gerät mustergültig. Der Atemwiderstand war durch die getrennten Atembeutel erfreulich gering. Die Funktionserprobung des Gerätes bei niedrigen Temperaturen durch einen Tau cher im -1,50 C kalten Seewasserbehälter bei -100 C Lufttemperatur und Eisbildung an der Wasseroberfläche, endete ebenfalls mit positiven Ergebnissen7. Nach dem Auftauchen ließ sich trotz der spontanen Luftvereisung des Gerätes einwandfrei daraus atmen. Kalkvolumen und Atembeutelgröße waren zufriedenstellend und entsprachen den Erwartungen. Dennoch forderte der Erprobungsbericht der WTD 71 diverse Modifikationen. Den technischen Verschluss des Kalkbehälterdeckels musste man überarbeiten, da beim Füllvorgang Kalk in das in der Mittelachse befindliche Muttergewinde fallen konnte. Obwohl der aus dem „LAR II“ übernommene Lungenautomat einwandfrei arbeitete, konnte die im Lastenheft gewünschte Verstärkung der Membran nicht festgestellt werden. Die Befestigungsknöpfe des Atembeutels waren schlecht zugänglich. Insbesondere war die Schraubverbindung des Atembeutels mit den Atemschläuchen umständlich, weil hierbei gleichzeitig eine Verbindung mit dem Gerätegehäuse hergestellt werden musste. Der Einbau des Manometers in die obere Gehäusewandung zwischen beiden Atemschläuchen wurde nun doch gefordert. Die Steckschlösser der Tragegurte, die bereits am „LAR II“ zur Ermüdung der Innenfeder neigten und besonders durch das Eindringen von Sand ihre Wirkung verloren, sollten durch einfache Dornenschnallen ersetzt werden. Außerdem konnten sich die Steckschlösser bei ruckartiger Belastung (Springen von der Pier, Laufen mit angelegtem Gerät an Land) öffnen und sich dann das Gerät vom Träger lösen. Die Handrad-Position des abgewinkelten Fla schenventils drückte in die Leistengegend. Der Einbau eines geraden Ventils war erforderlich. Nicht zuletzt sollte eine Halterung für das Notsignal angebaut werden. Letztendlich aber entsprach das Tauchgerät „LAR IV“ nicht den Forderungen der STANAG 11318 zur Einhaltung der amagnetischen Eigenschaften. Man kam abschließend zu der Überzeugung, dass „das Erprobungsmuster, vergli chen mit dem eingeführten Gerät LAR II, keine nennenswerten Verbesserungen aufweist“. Das „LAR IV“ „am Mann“ im Test, © Archiv Helmut Knüfermann, Kampfschwimmer der Bundesmarine im Auftrag der Wehrtechnischen Dienststelle 71 Eckernförde im Frühjahr 1969 5 7 Temperaturangaben aus dem Abschlussbericht der WTD71 8 STANAG, Abkürzung für „Standardization Agreement“, ein Standardisierungsübereinkommen der NATO-Vertragsstaaten über die Anwendung standardisierter Verfahren und Ausrüstung 6 6 TauchHistorie 12/2019 32 Eine Besprechung mit den Ingenieuren der Drägerwerke im Sep- Sauerstoff-Kreislauftauchgerät Dräger-„LAR V“, © Foto: HK, Frontansicht mit amagnetischer O2-Flasche tember 1969 führte zwar zu dem Resultat, dass die Modifikationen durchaus ausführbar waren. Die Summe der geforderten Veränderungen übertraf jedoch schließlich einen sinnvollen Aufwand. Man entschied sich, die gesamte Konstruktion noch einmal neu zu überdenken. Das vom Drägerwerk der WTD 71 leihweise zur Verfügung gestellte Erprobungsmuster wurde umgehend zurückgegeben. Den Erprobungsauftrag schloss das BWB9 noch zum Ende 1969 haushaltsmäßig ab. Ein Sauerstoff-Schwimmtauchgerät Dräger Modell „LAR IV“ existierte also, wenn auch nur ein einziges Exemplar. Das Sauerstoff- Kreislaufgerät Modell „LAR V“ T12700 Obwohl die Ingenieu re der Drägerwerke in das „LAR IV“ viele Ideen und mehrere Jahre Entwicklungsarbeit steckten, war die Verabschiedung von diesem Projekt kein Verlust. Wertvolle Erkenntnisse und Erfahrungen halfen zu einer grundlegenden Neuentwicklung – dem Sauerstoff-Kreislaufgerät „LAR V“ [Bild 06]. Eine kleinere und leichtere Bauweise bei längerer Gebrauchszeit und geringere Atemwiderstände im Vergleich zu dem seit 10 Jahren erfolgreich eingesetzten „LAR II“ waren, wie auch schon für das „LAR IV“ gefordert, das primäre Konstruktionsziel. Besondere Aufmerksamkeit widmete man der Neukonstruktion eines ovalen Kalkbehälters. Die schon früher positive Erfahrung mit ovalen Kalkbehältern für Dräger-Rettungsgeräte10 stand vermutlich Pate zur Erzielung einer möglichst flachen Gerätebauweise [Bild 07]. Um eine gute mechanische Festigkeit zu erreichen, wurde der Behälter aus solidem glasfaserverstärktem Polyester mit 5 mm Wandstärke im „Handauflegeverfahren“ hergestellt. Linearer Kalkbehälter 7 „LAR V (und VI)“, © Foto: HK Ovale Bauform, Fassungs- vermögen von ca. 2,5 l Atemkalk, Bajonettan- schlüsse (Drehung 900) auf der Oberseite für Ausatemschlauch und Atembeutel Ca. 2,5 l Atemkalk (im Gegensatz zum 2-lBehälter des „LAR II“) sorgten für eine ausreichende CO2-Absorption bei einer Einsatzzeit von mehr als 3 Stunden. Eine Wasserfalle auf der rechten Seite des Kalkbehälters diente als Feuchtigkeitsfänger und nahm ca. 200 cm³ Wasser auf [Bild 08]. Ein sensibleres Ansprechverhalten des Lungenautomaten im Vergleich zum „LAR II“ erreichte man durch eine neue (als auch weniger reparaturanfällige) Membran mit größerer Wirkfläche in einer geringfügig veränderten Gehäusebauform. Eine Reihe von Versuchen mit Elastomeren, von gewebeverstärkten Polyamiden über verschiedene Kautschuk-Sorten bis hin zu Silikon- Mischungen, führte schließlich zu einer thermisch, chemisch und technisch hoch belastbaren Regelmembran [Bild 09]. 9 BWB Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung 10„Konstruktionsprinzipien für Kalkpatronen von Atemschutzgeräten“ A. Pasternack, Drägerheft 340 TauchHistorie 12/2019 Dräger-Tauchgeräte für „Meereskämpfer“ Ausatemseite (rot) Gummilippe zur Verhinderung von Wandkanä- len (CO2-Durchbruch) Einatemseite (grün) Wasserfalle Druckdeckel mit Federplatte 8 Linearer Kalkbehälter „LAR“, © Dräger Archiv, Bearbeitung der Original-Zeichnung: HK Die Möglichkeit der stufenlosen Ansprechdruck-Verstellung zwischen -10 und -30 cmWS mittels Inbusschlüssel, als auch die Bypass-Funktion, wurden auch hier wieder beibehalten. Ein absperrbares Walzenschiebermundstück, gänzlich aus einem leichten und robusten Polymer mit großem Innendurchmesser und neu gestalteten Ventilen, sorgten für den erwarte ten geringeren Atemwiderstand [Bild 10]. Umgebungs- und Atemdruckveränderungen stellen hohe Anforderungen an die dynamischen Eigenschaften eines lungenautomatischen Kreislaufgerätes. Das „LAR V“ erhielt daher auch einen neuen Druckminderer (Dräger-Nr.: T 11791). Er war entsprechend des umgebenden Wasserdrucks membran gesteuert „kompensiert“ [Bild 11]. Der Lungenautomat erhielt stets einen im Verhältnis angepassten Mitteldruck (heutige Tauch-Atemregler sind überwiegend druckkompensiert). Ein ausgewogenerer „Atemkomfort“ mit weniger Schwankungen war das Ergebnis11 . Um der Gefahr von Vereisung zu begegnen, bekam auch dieser kaltwassertaugliche Druckminderer ein Überdruckventil [Bild 11, Pos. 11]. Das Ventil stand mit dem Mitteldruck in Verbindung und konnte auf einen Überdruck von ca. 7 – 11 bar eingestellt werden. Dadurch vermied man ein Abströmen von Atemgas in den Atembeutel bei auftretender Vereisung. 10 „LAR V“ Walzenschieber-Ventilmundstück, © Foto: HK | Obere und untere Ansicht, sowie Ventilsitz mit Ventilscheibe (vorne und hinten) 11 der atemphysiologische Unterschied zwischen kompensierten und nicht kompensierten 1. Stufen bei reinen Sauerstofftauch geräten bis max. 10 m Tiefe ist nach eigenen Erfahrungen gering TauchHistorie 12/2019 34 Dräger-Tauchgeräte für „Meereskämpfer“ 9 „LAR V“ Walzenschieber- Ventilmundstück, © Foto: HK Obere und untere Ansicht, sowie Ventilsitz mit Ventilscheibe (vorne und hinten) 1) federbelastete Kipphebelführung mit Ansprechdruckverstellung 2) Kipphebel 3) Mitteldruck-Anschluss 5) Gummimembran 4) Schraubgewinde Atembeutel-Anschluss 6) Bypass-Gummiknopf (Frontseite desGerätes) 7) mit im Bild: Manometer- Rückseite Fotografie und Zeichnung des druckkompen- sierten „LAR V“-Druckminderers, © Dräger Archiv, Bearbeitung der Original-Zeichnung: HK 1) Umgebungsdruck 2) Mitteldruckabgang 3) Hochdruck 4) Membran 5) Einstellfeder der Wasserkammer 6) Ventilkegel, 7) Schließfeder 8) Sinterfilter 9) Handrad 10) HD-Anschluss Manometer 11) Überdruckventil 11 Das „LAR V“ erhielt einen einzigen Atembeutel für Ein- und Ausatmung mit einem Volumen von ca. 6,5 Litern aus beidseitig gummibeschichtetem Textil-Gewebe (Innengummierung stärker, als die äußere) [Bild 12]. Anschlüsse für Lungenautomat und Einatemschlauch aus Kunststoff, sowie ein Bajonett- Anschluss aus Metall für den Kalkbehälter befanden sich im Atembeutel den Anschlusspositionen entsprechend [Bild 13]. Alle Anschlüsse waren mit Baumwollfäden eingebunden – eine typische und sichere „Dräger-Variante“. Die beiden Zugänge für den Einatemschlauch und Lungenautomaten waren im Beutel durch eine Spiralfeder, ca. 2,5 cm Ø, verbunden, die verhindern sollte, dass der Atembeutel zusammenfällt. Schließlich fanden – bis auf Druckminderer und Atemschläuche mit Walzenschieber-Mundstück – alle Bauteile Platz in einem neu gestalteten GFK-Gehäuse [Bild 14]. Im Vergleich zum früheren „LAR II“ kleiner und schlanker, wog das Gerät jedoch einsatzklar mit 11,5 kg nicht weniger [Bild 15]. Bei den bereits anläßlich der Konstruktion des „LAR IV“ angefachten Diskussionen über die richtige Position des Manometers entschied man sich nach Gesprächen mit erfahrenen Waffentauchern für einen Einbau in die obere Gehäuseseite [Bild 16]. So konnte der Geräteträger selbst den Flaschen- druck während des Tauchens prüfen. Besonders im Ernstfall ist nicht immer ein Kamerad zur Seite, um das Manometer von der Gehäuseseite (wie bei den Geräten „LAR II und III“) abzulesen. Der maximal zulässige Flaschendruck von 200 bar und der untere Druckbereich von 0 – 25 bar waren mit Leuchtfarbe markiert. Ein größerer Durchmesser der Öffnungen im Atemkreislauf im Verhältnis zum „LAR II“, vom Walzenschieber-Mundstück über die Faltenschläuche bis zu den Anschlüssen sorgte für einen geringe ren Atemwiderstand. Zu den wichtigsten geforderten Eigenschaften eines Sauerstoff Kreislaufgerätes für Kampfschwimmer gehört eine maximale „Verratsarmut“. So legte man besonders bei dieser neuen Konst ruktion großen Wert auf die akustische und magnetische Latenz. Im Gegensatz zur seitlichen Montage im „LAR II und III“ konnte der Geräteträger hier selbst den Flaschendruck problemlos prüfen, Mittlerweile, Anfang der 1970er Jahre, war die Digitalisierung und Verarbeitung von analog empfangenen Schallsi gnalen (A/D-Wandler) ein wichtiger Fortschritt. Es wurde möglich, die langsam verfügbare Computertechnologie für die Signalverarbeitung von Sonaranlagen zu benutzen. Kombinierte Gruppenhorchanlagen ermöglichten, Richtung und Stärke des digitalisieren Empfangssignals im gewünschten Frequenzbereich zu empfangen. Die unbemerkte Annäherung von Kampfschwimmern unter Wasser an militärische Einheiten und Einrichtungen wurde zunehmend schwieriger. Passive multistatische Ortungsanlagen mit Peilwinkelbe stimmung und Frequenzanalyse konnten inzwischen schon in großer Entfernung eine gegnerische Annäherung aus dem Umgebungsgeräusch-Mantel herausfiltern. Der Lungenautomat des „LAR II“ war primär der Urheber verräterischer Schallwellen. Das zyklische Zischen des nachströmenden Sauerstoffs durch das Kipphebelventil der 2. Stufe in den Atembeutel, als auch die Aktivierung des Bypass- Ventils, verursachten unter Wasser ein weit hörbares und typisches Klangbild [Bild 17]. Die neue Konstruktion des Lungenautomaten des „LAR V“ mit überarbeitetem Ventil Atembeutel des „LAR V“ für Ein- und Ausatmung, © Foto: HK 12 13 14 Anschlüsse des „LAR V“-Atembeutels, © Foto: HK Rückansicht des „LAR V“, © Foto: HK, Bis auf den Druckminderer fanden alle Bauteile Platz im neu gestalteten GFK-Gehäuse. 15 Vergleich der Gerätegrößen- und Formen, links: „LAR II“, rechts: „LAR V“, © Bearbeitung der Original-Zeichnung: HK (Scheibe und Ventilsitz) sorgten für eine Turbulenzminderung und Geräuschreduzierung12. Die schon genannte größere Membran mit sensiblerem Ansprechverhalten trug ebenfalls dazu bei [Bild 09]. Bezüglich der Geräuschentwicklung machten auch die bisherigen Richtungsventile des „LAR II“ im Mundstück Probleme. Ungünstige Atemstrom-Geschwindigkeiten führten zu einem hydroakustisch messbaren „Flattern“. Das sogenannte „Flatterventil“ 16 Manometer des „LAR V“ auf der oberen Gehäuseseite zwischen den Atemschläuchen, © Foto: HK, hatte hier seinen Namen zu Recht. Für das „LAR V“ gestaltete man die Ventilscheiben inklusive des Ventileinsatzes neu mit dem Ergebnis einer kontinuierlich laminaren Strömung über einen weiten Strömungsbereich und verhinderte damit ungewünschte Ventilscheibenschwingungen [Bild 10]. Die Verwendung geschlossener Sauerstoff-Kreislaufgeräte für Kampfschwimmer könnte durchaus zu der Annahme verleiten, dass diese generell einen nichtmagnetischen (AMAG)Aufbau besitzen. Die Praxis zeigt jedoch, dass die mitgeführte taktische Ausrüstung (Waffen, Minen, Aufklärungs- und Verbringungsmittel) durch ihre magnetische Leitfähigkeit den Vorteil eines amagnetischen Tauchgerätes wieder zu nichtemacht. Daher wurde das „LAR V“ gewöhnlich mit einer 1,5-l-O2-Flasche aus ferromagnetischem Stahl (mit Handven til, Druckminderer-Anschluss R ¾“, Betriebsdruck: 200 bar bis 10 bar) ausgeliefert. Spezielle Kampfschwimmereinsätze in minenbelasteten Arealen (oder auch mit Magnetschleifen-Induktion gesicherten militärischen Objekten) erfordern dennoch unmagnetische Kreislaufge räte. Grundminen mit Magnetzündung wurden nicht nur in beiden Weltkriegen gelegt, sondern finden nach wie vor in Anbetracht heutiger Brennpunkte in Krisengebieten als Minensperren auch in Flachwasserbereichen Verwendung. Die Passage dieser Bereiche von Kampfschwimmern zwecks strategischer, operati ver und taktischer Aufklärung birgt immer auch das Risiko der Aktivierung und Ladungszündung einer Magnetmine (bis zu 900 12 heutige Geräte enthalten zur Geräuschminderung Sinterfilter im Kipphebelventil Dräger-auchgeräte für „Meereskämpfer“ 17 Spektrogramm Passivsonar Quelle: Simulation nach Messungen der „Office of Naval Intelligence“ (ONI) ©Archiv: HK „Wasserfalldarstellung“ im Frequenzbereich von 6,9 bis 7,2 kHz, vertikal zeitlich ablaufende Schallquellenaufzeichnung hydroakustischer Signale mit Angabe der Frequenz, Intensität, Richtung und Entfernung kg Ladungssprengkraft). Die Sensibilität dieses Seeminentyps ist außerordentlich hoch. Die Mine misst die Störung des natürlichen umgebenden Magnetfeldes13 . Magnetfeldveränderungen aufgrund von magnetischen Anomalien können bereits im pT (Pikotesla)– Bereich zur Stimulierung der Zündentscheidung führen. Eine amagnetische Version des „LAR V“ stand daher zur Verfügung. Die magnetische Signatur aller Bauteile wurde hier „gegen null“ ausgearbeitet. Im Vergleich mit dem „LAR II“ konnten für das „LAR V“ bereits eine Reihe von Kunststoffen eingesetzt werden, bei denen sich die Frage nach der nichtmagnetischen Eigenschaft nicht stellte. Auf verchromte Elemente wurde verzichtet. Weniger die Chromschicht selbst, als mehr die Zwischenschicht aus Kupfer oder Nickel sind ferromagnetisch. Eine besondere Bedeutung kam der Sauerstoffflasche zu. Nichtmagnetisches Aluminium als Druckbehälter war zunächst eine Überlegung, schied aber wegen der im Verhältnis zum Stahl volu minöseren Baugröße bei gleichem Inhalt aus. Dräger entschied sich, amagnetische Sauerstoffflaschen mit 1,5 Litern Inhalt für die „LAR-Familie“ aus U-Bootstahl zu verwenden -ein spezieller mit Mangan und Molybdän legierter Stahl14. Das (austenitische) Gefüge wird hier stabilisiert und die Bildung von Ferrit vermieden. Eine so hergestellte O2-Druckflasche ist von höchster amagnetischer Güte und nicht mehr durch die Verzerrung eines äußeren Magnetfeldes lokalisierbar. Sie ist zudem hoch rissfest, extrem rostbeständig, militärisch belastbar, aber auch schwer und teuer [Bild 18]. Die „Erprobungsstelle 72 für magnetischen Schiffsschutz“ prüfte nach Fertigstellung des „LAR V“ durch künstliche Aufmagnetisierung die amagnetische Eigenschaft des gesamten Gerätes und ermittelte anschließend die Rest-Suszeptibilität, eine der Grundbedingungen zur Freigabe für die Serienferti gung. Auch folgte ein intensiver Test in der Dräger-Versuchsabteilung und im Dräger-eigenen Schwimmbad. Werner Sartor, Entwicklungsingenieur und zuständig von 1965 bis 1976 in der Abteilung II des Drägerwerkes für die Konstruktion der O2-Kreislauftauchgeräte, berichtete über einen seiner „LAR V“-Test-Tauchgänge. Er bewältigte einen ununterbrochenen 6-Stunden-Tauchgang bei 40C (heruntergekühlter) Wassertemperatur mit einer einzigen Atem kalkfüllung (bei Ruheatmung), eine Spitzenleistung, die vermutlich auch später selbst von Kampfschwimmern kaum erreicht wurde, Das war aber auch ein Beweis für ein technisch hochentwickeltes und zuverlässiges Kreislaufgerät. Nach der anschließenden Erprobung in der WTD71 Eckernförde und Kampfschwimmern der Bundesmarine ging das „LAR V“ 1975 in Serienproduktion. Es wurde eines der meist verwendeten Geräte vieler Marineeinheiten weltweit [Bild 19]. Erst im Jahr 1997, nach 22 Jahren erfolgreicher militärischer Nutzung, stellte Dräger die Produktion des „LAR V“ ein, um nachfolgende Modelle einzuführen. Noch heute (2019) bedauern Kampfschwimmer die Einstellung des kleinen und unkomplizierten „LAR V“15 [Bild 20]. 13 In Mitteleuropa beträgt die Stärke des natürlichen Magnetfeldes (magnetische Flussdichte) etwa 50 µT (Mikrotesla) 14 U-Boot Stahl (X 2 Cr Ni Mn Mo N Nb 23-17-6-3) Zugfestigkeit 800–1050 N/mm² 15 Jens Höner, Kampfschwimmer der Bundesmarine TauchHistorie 12/2019 Dräger-Tauchgeräte für „Meereskämpfer“ Im Laufe der Jahre erhielt auch das „LAR V“ bei Dräger verschiedene kleine Modifikationen. Diese Geräte sind hier jedoch nicht aufgeführt. Unterschieden werden muss selbstverständlich zwischen Dräger-eigenen Ergänzungen und späteren Fremd-Umbauten. Anfang der 1980er Jahre lieferte Dräger seine ersten „LAR V“ an US -Militärkunden in den USA16. Diese erhielten einige Modifikationen einschließlich einer geringen Gehäuseveränderung und be kamen die Typenbezeichnung „LAR V Mod 0 UBA“17 Typ „MK25“. Zu Beginn der 90er Jahre gab das US-Militär ein Gerät mit niedrigmagnetischer Signatur in Auftrag. Gemeinschaftlich mit den Drägerwerken in Lübeck entstand das „LAR V Mod 1 UBA“ mit Aluminiumflaschen von 1,9 Litern Inhalt (390 Liter O2) bei 3000 psi (207 bar) Fülldruck. Überarbeitete Atemventile mit weiter verringertem Atemwiderstand waren ebenfalls Teil der Umgestaltung. Ein „LAR V Mod 2 UBA“, mit einem größeren Kalkvorrat und Neopren-Umhüllung des Kalkbehälters zur Wärmedämmung, folgte als nächste Ergänzung. Es erlaubte eine längere Tauchdauer bei niedrigen Temperaturen. Das von Dräger hergestellte „LAR V“ verkörperte eine preisintensive Spitzentechnologie. Selbst Ersatzeile waren daher nicht gerade kostengünstig. Um Anschaffungs- und 20 Das „LAR V“, klein, leicht, unkompliziert, lange Gebrauchsdauer und wartungsfreundlich, Quelle: Titelbild Bedienungsanleitung Dräger „LAR V“ ten 18 Sauerstoffflaschen für das „LAR V“, © Foto: HK, jeweils mit Ventil, beide 1,5 Liter Inhalt, links: Stahlflasche, Gewicht 2,8 kg; rechts: amagnetische Flasche, Gewicht 5,8 kg, Wartungskosten zu sparen, erhiel die Geräte in den USA einen eigenen Druckminderer. Dieser preiswerte „Oxygenregulatorè basierte auf einer einfachen Kolbenkonstruktion und war nicht umgebungsdruckkompensiert. Das Überdruckventil dieses Druckminderers war fest eingestellt und nicht regelbar. Dem „Sparteufel“ fielen aber auch weitere Teile zum Opfer. Den Atembeutel ersetzte man durch einen geringfügig größeren Polymerbeutel mit Urethan-Beschich tung (8 Liter), und der Kalkbehälter wurde ebenfalls preiswert aus Polyurethan hergestellt („LAR V Mod 2B UBA“). Die Zukunft… gehörte den nachfolgenden Modellen „LAR VI“, LAR VII“ und weiteren Konstruktionen, die jedoch hier nicht mehr aufge führt werden. Sie sind noch in Gebrauch und verdienen den Status eines „historischen Dräger-Kreislaufgerätes“ noch nicht. Heutige Dräger-Sauerstoff-Kreislaufgeräte für Kampfschwimmer haben sich noch einmal deutlich gewandelt. Die Unterwasser- Aufklärungssensorik machte beträchtliche Fortschritte, das Material und die Technik entwickelten sich permanent, und der Aufgabenbereich von Kampfschwimmern wurde um größere Tauchtiefen erweitert. Während des Schwimmens umstellbare Kombinationsgeräte von Sauerstoff auf NITROX erlauben individuell taktische Spezialaufgaben. Es wird eines Tages aufschlußreich sein, auch diese heute aktuellen „LAR-Familienmitglieder“ näher zu beleuchten. Im Laufe vieler Jahre Dräger-Kreislaufgeräteentwicklung entstanden Sonderausführungen und Kleinserien, deren Beschrei bung hier nicht erfolgte. Sie hätten den Rahmen gesprengt. Darüber hinaus schufen die Ingenieure diverse Versuchs- aufbauten und Versuchsgeräte zur Analyse verschiedener physikalischer Einflüsse, die ausschließlich der Erprobung dienten und für den regulären Taucheinsatz nicht vorgesehen waren. Hierzu gehört ein interessantes Dräger-Sauerstoff- Kreislaufgerät, das 1988 als Testgerät speziell für den 16 LAR V Maintenance Training 1995, Draeger Safety, Inc. 101 Technology Drive Pittsburgh, Archiv HK 17 UBA Underwater breathing apparatus Kälteeinsatz konstruiert wurde. Da die Kältetauglichkeit von Kreislaufgeräten immer schon einer besonderen Bedeutung zukam, ist dieses Gerät nachfolgend näher beschrieben. Das Dräger „KATOX“, ein Erprobungs-Kreislaufgerät FAKTOR KÄLTE Dräger-Ingenieure beschäftigten sich schon lange mit der Optimierung chemisch arbeitender CO2-Absorber für Kreislaufgeräte in Labor- und Feldexperimenten, insbesondere mit dem Einfluß der Umgebungstemperatur auf CO2-Absorber-Standzeiten in Abhängigkeit einer Reihe von Geräteparametern. Die Gebrauchszeit von Sauerstoff-Kreislauftauchgeräten ist primär abhängig von der Standzeit des Atemkalks (ein genü gender Atemgasvorrat vorausgesetzt). Atemkalk besteht aus einer Mischung aus Calciumhydroxid (Ca(OH)2) und Hilfsstoffen, die als Stabilisatoren bzw. pH- Indikator zugemischt werden. Die CO2-Absorptionsreaktion wird in der Regel mit der Wärme (etwa 35 °C) und der Feuchtigkeit (etwa 95 %) der Exspirationsluft angefahren. Alle grundlegenden Voraussetzungen für eine einwandfreie Absorption, wie die für den Anwendungszweck abgestimmte Kalksorte, die passende Korngröße, die bestmögliche Strömungsführung und kanalbildungsfreie Füllung im Kalkbehälter, können jedoch eine verminderte Reaktionsgeschwindigkeit bei zunehmender Kälte nicht verhindern. Bei Temperaturen um 4 °C sinkt bei nahezu allen Kalkarten die Absorptionsdauer der frischen Füllung um mehr als die Hälfte der vorgegebenen Standzeit [Bild 21]. Kalkbehälter „im Bauch“ von ausatemwarmen Atembeuteln (z.B. Dräger- „Leutnant Lund II“) haben hier einen typischen Vorteil gegenüber Behältern, die außerhalb des Atembeutels niedrigen Temperaturen des Umgebungswassers ausgesetzt sind (z.B. LAR-Geräte). Um die Abkühlung dieser externen Kalkbehälter zu verringern, sind Umhüllungen aus Neopren hilfreich. Sie wirken bei Einsätzen in vereisten Gewässern jedoch oft nur unzureichend. Zudem trägt bei diesen Temperaturen eine hohe Kondenswasserbildung zur baldigen Füllung der Wasserfalle im Kalkbehälter bei. Einsätze von Kreislauftauchgeräten in kalten Gewässern zeigten immer wieder eine Einschränkung der Tauchdauer aus Gründen reduzierter CO2-Absorberstandzeiten. So sollte ein Test von Kalkbehältern mit unterschiedlichen Wandstärken und Isolierschichten Erkenntnisse zur Kalkstandzeit in kälte ren Medien aufzeigen. Kampfschwimmer der Bundesmarine 1986, © Foto: mit freundlicher Genehmigung von Wolfram Gie bel und Erich Adolf; links: Wolfram Giebel, rechts: Erich Adolf, ausgerüstet mit dem „LAR V“, der Rettungsweste Secumar TSK21, Schwimmflossen „Gigant“, ovalen Masken und Navigati onsbrett (vor den Kreidefelsen von Møns Klint, Dänemark) Temperaturabhängige Standzeit von Atemkalk, © Quelle: Grafik HK, nach Dräger- Labormessungen 1977 21 Dräger-auchgeräte für „Meereskämpfer“ 22 Dräger Labor-Versuchsanordnung, Quelle: © Drägerheft 309, Einfluss von niedrigen Umgebungstemperaturen auf Kalkbehälter-Konstruktionen unterschiedlicher Isolation Mitte der 1970er Jahre ermittelte man in einer Versuchsanordnung18 [Bild 22] im Labortest die Effektivität von Atemkalk von vier Behältern unterschiedlicher Isolation bei einer simulierten Ausatemgastemperatur von 36 0C und gesättigter Feuchtigkeit… • mit künstlicher Lunge, Kältemaschine, • dosierter Zugabe von CO2, • diversen Atemminutenvolumen und – Frequenzen, • simulierter Tauchzeit und • verschiedenen Temperaturen Die Versuchsergebnisse zeigten die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Kalkbehälter bei einer Wassertemperatur von 1,5 °C [Bild 23]. Die geringste Isolationswirkung des 1. Behälters aus Metall (Aluminium) war zu erwarten. Der 2., nicht isolierte GFK-Behälter mit einer 5-mm-starken Wand, zeigte bereits eine verbesserte Isolation gegenüber der Metallausführung. Der 3., mit Isolierschaum innen versehene GFK-Behälter, wies eine weiter verbesserte Wirkung auf, jedoch mit dem Nachteil eines redu zierten Fassungsvermögens. Letztendlich bot ein 15-mm-dicker Schaum auf der Außenseite des 4. GFK-Kalkbehälters die gewünschte Isolationswirkung bei extrem niedrigen Temperaturen ohne Verringerung der Füllmenge. Allerdings beanspruchte dieser Kalkbehälter durch seine größeren Außenabmessungen viel Platz zum Nachteil einer Verringerung des Atembeutelvolumens. Die Ergebnisse der „Feldtests“ mit Tauchern im offenen Meer während der kalten Jahreszeit in Nordnorwegen bestätigten, dass die Feldversuche mit den Laborversuchen vergleichbar waren. Diese Erfahrungen waren u.a. Grundlagen bei der Konstruktion des 1988 hergestellten Dräger-„KATOX“, das speziell für den Kaltwasser- Einsatz Erkenntnisse bringen sollte und Waffentauchern zum Test zur Verfügung gestellt wurde. „KATOX“, ein Hybride, lungenautomatisch und konstantdosiert, war ein geschlossenes Sauerstoff-Kreislauftauchgerät mit einer O2-Konstantdosierung von 0,7 l/min und Zusatzdosierung (By pass) für den Bedarfsfall, sowie Überdruckventil im Atembeutel [Bild 24]. Das Gerät enthielt zusätzlich eine lungenautomatische Vorspülung, die nach Öffnung des Flaschenventils und dem Einatmen eine angemessene Atemgasmenge zur Verfügung stellte. Damit entfiel der „manuelle Start“ mit dem Druck auf das Bypassventil. Der Konstantflow übernahm die weitere Atemgasversorgung. Zwei getrennte Mitteldruckleitungen, eine für Vorspülung und Bypass, die zweite für den Lungenautomaten, waren für diese „Hybrid“-Konstruktion erforderlich und sicherten einen zuverlässigen Atemgaszufluß. Während taktischer Kampfschwimmereinsätze im Winter sind wechselnde Aufenthalte unter und über Wasser mit angelegtem Gerät nicht selten. Zweistellige Minustemperaturen über Wasser können atemfeuchte Zonen der Atembeutelinnenseite während der Gebrauchspausen gefrieren lassen. Technisch kaum denkbar, aber nicht ausgeschlossen, konnte dieses Schicksal auch den Lun genautomaten treffen. Auch diese Überlegungen rechtfertigten eine separate Leitung [Bild 25]. Die gleichen Argumente sprachen für den Absperrhebel der Manometerleitung am Druckminderer, eine externe Gummi-Hochdruckleitung mit Flaschendruckmesser am Ende. Ein Sauerstoffverlust beim Brechen dieser Leitung infolge von Vereisung sollte so vermieden werden. Die mögliche Vereisung des Drehschieber- Mundstückes inkl. der Ventile und Atemschläuche machte jedoch keine Sorgen. Sie ließen sich durch warmes Anatmen wieder auftauen. Die Kalkpatrone mit einer Aufnahmefähigkeit von 2,5 Litern Atemkalk enthielt einen zweiten äußeren Patronenbehälter zur Kälteisolierung [Bild 26]. Er bestand aus zwei Hälften, die die Kalkpatrone wasserdicht umschlossen. Beide Hälften enthielten Kondenswasser-Entwässerungsventile [Bild 27], die insbesondere in sehr kaltem Wasser nach jeweils 30 Minuten Tauchzeit manuell 18 „Untersuchungen an CO2-Absorbern für Kreislauftauchgeräte“ Dr.-Ing. W. Lubitzsch, Ing. grad. L Schomann (Drägerheft 309/1977) 23 Vergleich von CO2-Standzeiten unterschiedlich isolierter Kalkbehälter, Quelle: © Drägerheft 309, nach Lubitzsch / Schomann 24 Kalkpatrone des Dräger-„KATOX“ im Patronenbehälter zur Kälteisolierung, Quelle: © Dräger-Archiv „KATOX“, Schemazeichnung des Dräger-„KATOX“, Quelle: © Dräger-Archiv ein Hybride, lungenautomatisch und konstantdosiert 25 27 Schemazeichnung der Kalkpatrone des Dräger-„KATOX“, Quelle: © Dräger-Archiv 27 Schemazeichnung der Kalkpatrone des Dräger-„KATOX“, Quelle: © Dräger-Archiv nacheinander ausgelöst werden sollten, bis Gasblasen entwichen. Dazu waren der Atembeutel ganz zu füllen und das Gerät in eine senkrechte Schwimmlage zu bringen. Das Gerät enthielt eine 1,5-l-O2-Flasche (200 bar Fülldruck). Das Atembeutelvolumen betrug ca. 5 Liter, das Atemkreislaufvolumen ca. 8 Liter. Mit 420 mm Länge, 350 mm Breite und 150 mm Höhe lagen die äußeren Abmessungen zwischen dem „LAR II“ und „LAR V“. An Land wog das Gerät ca. 10 kg. Das „KATOX“ testeten Kampfschwimmer der Bundesmarine Ende der 1980er Jahre im „Rahmen der Felderprobung“. Die Ergebnisse zeigten schließlich, dass eine wirkungsvolle Kalkbehälterisolierung im Kaltwasser durchaus eine höhere Nutzungsdauer sicherstellt. Der Nachteil des damit verbundenen größeren Platzes für den Kalkbehälter führte letztendlich zu der Entscheidung, nur eine spezielle Neoprenumhüllung temporär bei Kaltwas sereinsätzen zu verwenden. Ein voluminöser Kalkbehälter hätte immer zu einer unvermeidbar größeren Gerätebauform geführt19 . Damit endet auch dieser letzte Teil des Artikels über die chronologische Entwicklung der „Dräger-Tauchgeräte für Meereskämpfer“. Die meisten der zusammengestellten Informationen stammen aus Gesprächen mit früheren Dräger-Ingenieuren, damaligen Verantwortlichen militärischer Erprobungs- und Kommandostellen, so wie ehemaligen Kampfschwimmern, die ich schätzengelernt habe. Ich bin dankbar für den Zugang zu Geräte- und Dokumentenarchiven, ohne den viele Details wohl kaum hätten beschrieben werden können. So manche Angaben musste ich beschneiden und vereinfachen, da auch nach so vielen Jahren einiges immer noch der militärischen und zivilen Vertraulichkeit unterliegt. Kalkpatrone des Dräger-„KATOX“ im Patronenbehälter zur Kälteisolierung, Quelle: © Dräger-Archiv 26 Jedes der beschriebenen Sauerstoff-Kreislauftauchgeräte wäre sicher einen eigenen Artikel Wert, der vielleicht einmal nachgeholt werden könnte. Sämtliche Abbildungen dieses Artikels mit den Bildunter- schriften „© Dräger Archiv“ sind Eigentum des Drägerwerkes AG & Co. KGaA, Lübeck. Alle Rechte vorbehalten. Bildunterschriften HK Helmut Knüfermann Bilder in originaler Größe unter: t1p.de/tupx 19 Gespräche mit Dr.-Ing. W. Lubitzsch (Nachfolger von Gerhard Haux) und Ing. grad. L Schomann 2018 und 2019 Ohne Taucher geht es nicht Die Chiemsee-Ringkanal- Abwasserleitung Von Dieter Harfst Am 24. November 1989 wurde die komplette Ringkanalisation um den Chiemsee eröffnet. Vor dem Bau flossen jährlich 115 Tonnen Phosphat in den See. Man sagt heute, dass die („Steckerl“-) Fische sichtbar kleiner geworden sind. Eines ist klar: sie haben nicht mehr so viel zum Fressen wie damals. Ich war zwischen 1985 und 1997 immer nur kurz beteiligt an dem Bau und an den Reparaturen dieser Anlage. Die Firma Riepl Bau A.G., München, war Generalunternehmer dieses Teils der Leitungen mit verschiedenen Rohrquerschnitten von Bernau über Gstad bis Seebruck. Von Gstad mit Anschlüssen an die Frauen- und Herreninsel (für diese Einbindung war ich kurzzeitig verantwortlich). Das einige Kilometer von Prien entfernte Klärwerk hat durch einen fast 10 km langen Tunnelkanal Verbindung zu den seeverlegten Leitungen mit den verschiedenen Landeinbindungen. Beim eigentlichen Bau 1986 hatte ich für drei Wochen als freier Mitarbeiter das Kommando für den Bauleiter Günter St. über nommen, der natürlich auch einmal seinen verdienten Jahresurlaub antreten musste. Es war nicht das erste Mal, dass ich zur Verfügung stand. Nach einer Woche Einarbeitung übernahm ich die Baustelle. Es war sehr einfach und kostengünstig für die Firma Riepl, da sie kein geeignetes Personal dafür einstellen musste. Bei den Kontrollen von 1989 wurde festgestellt, dass beim Ab senkvorgang vermutlich Ballastgewichte verrutscht waren. Die Firma Taucher-Dienst Nord GmbH korrigierte das so gut es ging, bis in eine Wassertiefe von annähernd 50 Metern. Eine Dräger- Druckkammer war vor Ort vorhanden, und mit dem Bundesgrenzschutz in Rosenheim, u. a. dem Tauchermeister Erwin Sch., wurde ein Notfallplan erarbeitet. Natürlich war es im Winter nicht sehr angenehm, wie das Foto an Deck des Taucherschiffes „Delphin“ zeigt. Nach Ende dieser Arbeiten stiegen die freien, selbstständigen Mitarbeiter Fritz K. und Nico V. bei der GKSS (Gesellschaft für Kernenergie in Schiffbau und Schifffahrt) in Geesthacht in das Taucherteam ein, das für Schweißversuche in der GUSI1, der 1 GUSI Die vom Lübecker Drägerwerk konzipierte und hergestellte Geesthachter Unterwassersimulationsanlage, wurde 1982 von der „Gesellschaft für Kernenergie in Schiffbau und Schiffahrt“ in Betrieb genommen. In der GUSI wurden die technischen Belange und Arbeitsgeräte für Tätigkeiten bis über 600 m Wassertiefe erforscht. Taucher Fritz K. aus Eutin und Nico V. aus Grömitz mit mir in der Mitte Unterwasser-Simulationsanlage bis über 600 m Wassertiefe, zusammengestellt wurde. Fritz, den ich einige Male wegen seiner Unart, Müll zu entsorgen, ermahnt hatte, schrieb mir einige Monate später eine Postkarte: „Lieber Dieter, ich sitze hier in der GUSI in einer Wassertiefe von über 600 Meter und möchte fragen, ob Du Arbeit für mich hast? Ich will auch nie mehr etwas außenbords schmeißen! Gruß Dein Fritz“ Tja, so waren sie, meine Taucher! Eine Episode am Rande: Ich besuchte meinen Freund Günter St. in Seebruck. Er hatte hier an der Mündung der Alz einen Gussdüker verlegt. An einem Sonnabendmorgen fuhr ich von Gstad dorthin, um zu sehen, ob noch jemand meiner alten Arbeitskol legen aufzufinden war. Ich traf den P H-Baggerfahrer Hans O., von uns nur „Bürsten-Sepp“ genannt und in 1973/75 auf einigen meiner Baustellen (Schweiz, Bayern) tätig. Er lehnte an zu verladenden Spundbohlen und wartete auf einen Tieflader – eine Buddel Bier in der Hand. Ich fragte ihn: „Na Sepp, Du kannst es immer noch nicht lassen, während der Arbeit Bier zu trinken?!“ „Du kennst mich doch, das muss sein.“ Am Nachmittag war er tot. Er starb durch einen von ihm verursachten Verkehrsunfall bei Deggendorf kurz vor seinem Zuhause. Er nahm in einer Kurve noch drei junge Leute mit ins Reich der Toten.2 Später wurden 1995 in Bernau an einem Auslaufbauwerk Reparaturarbeiten ausgeführt. Taucher Jörg B. verbesserte den Sohlzustand mit einer Bongossimatte (harte und widerstandsfähige Holzart für hochbeanspruchte Konstruktionen im Wasserbau). Dieses Foto machte Jörg B. von sich selber beim Austauchen auf der Stelling in drei Meter Wassertiefe. Er hatte die Niconos IV- Unterwasserkamera dabei. 1996 führten wir eine Kontrolle mit Sicherung der Leitung am Fähranleger in Gstad durch. Hier entstanden durch Schraubenwasser die Schifffahrt gefährdende Untiefen. Im Sommer 1997 kamen wir mit meinem PKW von einer Baustelle aus Kroatien, wo eine Wasserleitung zwischen der Insel Pag und dem Festland im Absinkverfahren erstellt wurde. Auf dem Nachhauseweg von dort nach Westerrade, ich hatte (selbstständige) Taucher dabei, schaltete ich in Bayern mein Handy aus, um nicht noch am Freitagnachmittag einen Abstecher in die Firma (nun wieder Josef Riepl Bau A.G.) in München machen zu müssen, weil das Zeit und Geld kostete. In Westerrade angekommen, fragte meine Frau Uschi („Die beste Ehefrau von allen“), ob mich mein Chef Albert W. erreicht hätte. Hatte und konnte er nicht. Und so kam es, wie es kommen musste: Am übernächsten Tag, einem Sonntag, fuhr ich mit Besatzung der Firma Taucher-Dienst Nord GmbH in Richtung Chiemsee bei Bernau. Hier wurde bei Rammarbeiten für eine Bootsanlage geschafft, was eigentlich gar nicht geht: Eine PE-Rohrleitung der Ringleitung genau auf dem Scheitel zu treffen. Zumindest muss die Pfahlspitze mehrmals abgerutscht sein. Aber man hat es mit bayrischer Hartnäckigkeit schließlich wohl doch geschafft. Die Taucher Jörg B. und Werner G. legten das Rohr mittels Sauger und Spüllanze frei und bauten eine zwischenzeitlich bestellte Nirosta-Doppelschelle ein und dichteten so die Leitung ab. 2 Ich hatte 1973 auf einer Baustelle zwecks Verlegung von 12 Stahlgasrohren durch die Isar bei Schwabing einmal nach Alkoholverbot meinerseits bei einem Besuch von dem Riepl-Betriebsrat (nach Beschwerde einiger Hilfsarbeiter) zu wissen bekommen, dass ich verpflichtet sei, für die „Kollegen“ auf der Baustelle Bier zu genehmigen und einen geeigneten Lagerplatz dafür beizustellen. Das unterschrieb der mir sogar im Baustellentagebuch. Das verstand ich gar nicht. Aber: In Bayern war vieles anders als bei uns in „Preußen“. Taucher Werner G. aus Oldenburg kontrollierte und filmte die Leitung im Fährbereich in Gstad. Vorbereitetes Gerät, ein Viking HD, das Dräger- PL 70, der Bleigurt, Schwimmflossen und die Filmkamera liegen für das Laden auf ein Arbeitsboot bereit. Übersichtskarte der Ringleitung Chiemsee. Karte: Informationsbroschüre des „Abwasser-Zweckverbandes zur Reinhaltung des Chiemsees“ Renaissance der Zweischlauch-Regler? Der Argonaut Kraken Von Dr. Lothar Seveke Der erste erfolgreich vermarktete Tauchregler, der CG 45 von Air Liquide/ La Spirotechnique, wurde mehr oder weniger zufällig ein Zweischlauch-Regler. Gagnan und Cousteau nahmen einen gerade vorhandenen industriellen Regler und statteten ihn für die ersten Tauchversuche mit einem Gasmaskenschlauch und einem Fernez-Mundstück mit Ausatemventil direkt am Mund aus. Die geniale Idee, die Ausatemluft für ein optimales Atemverhalten unter Wasser mit einem zweiten Faltenschlauch auf die Höhe der Reglermembran zurückzuführen, machte ihn dann zu einem Zweischlauchregler [Sev01]. Es war sogar schon ein zweistufig getrennter Regler, wie im Bild zu erkennen, aber selbst nur die zweite Stufe des Industriereglers war ein fach zu groß und zu schwer, um sie woanders als am Flaschenpaket zu befestigen. So musste die Luft eben von ihr weg und zurück mit zwei Faltenschläuchen transportiert werden. Hochdruck- und große Reglerstufe der CG45-Vorversion am Flaschen-Triple Einen echten getrenntstufigen Einschlauchregler gab es da schon einige Jahre. Der ORCO-Regler von Victor Berge wurde seit 1942 in den USA produziert und im und nach dem Zweiten Weltkrieg in Südostasien in breitem Maße eingesetzt [Wil]. Er bestand aus einem Mundregler, der an einer Vollgesichtsmaske befestigt und ursprünglich auch ein industrieller Regler gewesen war, der aus einer Stahlflasche am Taucher mit Druck minderer oder über einen Schlauch von der Oberfläche versorgt wurde. Hier war die zweite Stufe so klein, dass sie an optimaler Stelle getragen werden konnte. In Europa und etwas später auch in den USA eroberte jedenfalls der Zweischlauchregler, dessen erste Stufe inzwischen in das Gehäuse integriert worden war (Kompaktregler) den entstehenden Markt und befriedigte Sport- und Berufstaucher. Gagnan, dem der zweite Schlauch nie gefallen hatte, versuchte auf verschiedenen Wegen, ihn weg zu entwickeln, was aber nicht befriedigend gelang. Auf die Idee mit dem Mundregler kam erst wieder der Australier Ted Eldred, der die ORCO-Maske wohl nicht kannte, aber das knebelnde Patent von La Spirotechnique für Tauchregler umgehen wollte. Das gelang ihm 1952 mit seinem Porpoise, bei dem Hochdruckstufe und Niederdruckstufe getrennt und nur mit einem dünnen Schlauch verbunden waren, die Reglermembran (im Mundregler) meist nahe der Isobare mit der Lunge lag und so die Lageabhängigkeit des Tauchreglers stark verringert war. Der Regler wurde aber nicht von Australien exportiert und so dauerte es einige Jahre, bis er als Cristal von Bronnec/Gauthier in Frankreich noch einmal erfunden und 1958 endlich in Europa auf den Markt gebracht wurde. Wegen seiner Kleinheit, der besseren Handhabbarkeit, der weit gehenden Lage-Unabhängigkeit und vor allem wegen der starken Promotion durch die Hersteller, die nach den Jahren der nahezu Stagnation in der Entwicklung endlich etwas Neues an den Mann bringen konnten, verdrängte er in den siebziger Jahren den Zweischlauchregler vom Markt und ließ ihm nur noch einige Jahre eine Nische im professionellen und militärischen Tauchen. Einige Taucher blieben aber aus Gewohnheit oder weil ihnen die Vorteile der zwei Faltenschläuche wertvoll waren bei den alten Teilen und überzeugten sogar jüngere Taucher für den Gebrauch [Eym]. Bryan Pennington, der spätere Vater des Kraken, kam aus einem ganz anderen Grunde (ähnlich wie ich) zu den großen Alten zurück [Pen]. Sie ermöglichten durch ihren klaren und großformatigen Aufbau das einfache Verständnis und die Eigenwartung der Regler. TauchHistorie 12/2019 Der Argonaut Kraken Der Hersteller Aqualung machte sogar den etwas halbherzigen Versuch, aus diesen Vorteilen Gewinn zu ziehen und brachte noch 2004 einen „modernen“ Zweischlauchregler auf den Markt, wo er sich aber aus verschiedenen Gründen nicht lange halten konnte. Die alten Regler sind zwar mit den Technologien der sechziger Jahre sehr solide gebaut, einige der Gummiteile und andere Verschleißteile müssen aber trotzdem nach der langen Zeit ersetzt werden und von einigen ihrer Komponenten weiß man inzwischen, wie man sie leistungsfähiger gestalten kann. Einige Privatbastler und Kleinfirmen machten sich mit der Zeit darum verdient, Ersatzteile bereitzustellen und verbesserte Teile zu pro duzieren. Die wohl bekannteste und aktivste Firma in diesem Sektor ist seit 2004 Vintage Double Hose (VDBryan Pennington) aus den USA, deren Entwicklungslinie der letzten Jahre wir hier etwas genauer betrachten wollen. VDH hatte schon moderne Regler repariert und zunehmend auch ältere Ein- und Zweischlauchregler, wofür bald die eigene Produktion von Ersatzteilen notwendig wurde, die man dann auch weltweit über einen WebS hop vertrieb [Pen]. In diesem Bericht über die Entwicklungszeit seit 2004 hat Bryan sehr anschaulich dargelegt, mit welchen Schwierigkeiten sie zu kämpfen hatten, technischen und menschlichen, wie befruchtend die Erfolge waren und wie unabdingbar und wertvoll die Unterstützung von Freunden und Mitstreitern war - sehr zum Lesen zu empfehlen (wenn auch nur vom Automaten übersetzt). Ich möchte mich hier im Weiteren auf die technischen Dinge konzentrieren und für die allgemeine Entwicklungsproblematik auf Bryans au thentischen Bericht verweisen. Vor allem durch die Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Luis Hero kamen Ideen und Möglichkeiten hinzu, einzelne Baugruppen der Regler von U.S. Divers, die den größten Anteil bei den heute noch eingesetzten Reglern in der „Vintage Community“ der USA bilden, entsprechend des heutigen Standes der Technik und auch der Anforderungen aus moderner Tauchtechnikumgebung zu modernisieren und zu ersetzen. Diese Reglerfamilie vom AquaLung bis zum Royal Aquamaster, die weitgehend auf die Entwicklung von Gagnan zurückgeht, ist modular aufgebaut und lässt so den Ersatz einzelner Baugruppen optimal zu. Mir gefällt bei dieser Entwicklung von VDH, dass nicht gleich nach dem großen Wurf gestrebt wurde, der Herstellung eines eigenen Zweischlauchreglers, sondern man das Projekt schrittweise an Einzelteile des Cyclone ging, um Erfahrungen zu gewinnen und mit den finanziellen Ressourcen auszukommen. Diese Solidität hat sicher viele Besitzer alter Regler angeregt, sich wieder mit der alten Technik zu beschäftigen, einzelne Teile zu ersetzen und dann wieder mit der alten Technik zu tauchen [Eym]. Damit werden dann auch das Vertrauen und Interesse geschaf fen, einen komplett neuen Regler einzusetzen, der auf den alten Prinzipien beruht. Weniger gefällt mir, dass einige Zeit nach der erfolgreichen Einführung der Komplettlösung Kraken die Wartung alter Zweischlauchregler von VDH in diesem Jahr 2019 ganz eingestellt wird. Aber auch Vintage-Taucher müssen wohl Marketing-Prinzipien folgen :-(. Mit den drei modernen Komponenten konnte man viele alte Regler aufrüsten und zum Kraken gleichwertig oder besser machen, zumal die alten ORCO-Maske soliden Metallgehäuse den rauen Betrieb auf mit Mundregler Tauchsafari-Booten besser überstehen als die Foto: ©David empfindlichen Plastgehäuse und auch noch Dekker „vintage“ aussehen ;-). Der Cyclone - Update zum balancierten Regler Das beste Pferd im Stall von U. S. Divers, allerdings das letzte mit zwei Schläuchen, war der Royal Aqua Master (RAM). Das Design seiner ersten Stufe war so erfolgreich, dass es weiterhin das primä re Design der ersten Stufe für die meisten US Divers/ AquaLung- Regulatoren war; es wurde auf allen Conshelf, Titan, Mikron, etc. verwendet. Nicht nur das mechanische Design hat sich nicht geändert, auch die Teile blieben gleich. 1973 war das letzte Produktionsjahr für den Royal AquaMaster. Die Einheiten waren noch einige Jahre lang verfügbar bis die Vorräte aufgebraucht waren. Dieser zweistufige balancierte Regler hat eine Achilles-Ferse, der Ventil-Krater der ersten Stufe ist fest in den Reglerblock integriert, was den Austausch der gesamten Stufe bei einem Defekt/Verschleiß dort erfordert. Der DA Aqua Master, der Vorgänger des RAM, unterscheidet sich von diesem nur dadurch, dass die erste Stufe nicht balanciert ist. Beide Probleme kann man lösen, indem man die ersten Stufen des DA Aqua Master oder des RAM durch den Cyclone ersetzt. Das ist also einfach eine balancierte erste Stufe, bei der der Ven TauchHistorie 12/2019 Der Argonaut Kraken48 tilkrater ausgetauscht werden kann. Die sehr viel produzierten Aqua Master und Royal Aqua Master werden damit zu vollwer- tigen RAM bei dem auch noch der Ventilkrater ersetzbar ist. Die erste Stufe unseres modernisierten Zweischlauchreglers ist da- mit in trockenen Tüchern. Im Sinne der Konzentration hat VDHdie Produktion des Cyclone dann zugunsten des leistungsfähi- geren Phoenix eingestellt. Der HPR (High Performance Regulator) – die optimale 2. Stufe Der nächste von VDHentwickelte Modul, der HPR, hat da- gegen die Zielstellung, das Atemverhalten der Regler aus der Aquamaster-Familie noch weiter zu verbessern. Er besteht im Wesentlichen aus dem optimierten Membranhebel, dem ver- besserten Gelenk zwischen diesem Hebel und der Kolbenstan- ge und dem neu konstruierten Zylinder der zweiten Stufe mit den Venturi-Löchern. Der HPR lässt sich sofort gegen die alte zweite Stufe austau- schen. Die Höhe des Membranhebels kann man sehr einfach einstellen. An der Membran sind die beiden Ohren, die auf dem alten Hebel auflagen, nicht mehr erforderlich. Die Membran muss also nicht genau ausgerichtet werden. Die Ohren kön- nen nicht mehr von der Hebel-Auflage abrutschen. Der neue Hebelansatz an der Kolbenstange, die Perlon-Halbkugeln zur Auflage an der Membran und die Erhöhbarkeit der Empfind- lichkeit durch den gleichbleibenden Mitteldruck des balan- cierten Reglers führen zu einem merkbar geringeren Einatem- widerstand. 1. Stufe des RAM im Vergleich mit dem Cyclone Vergleich der zweiten Stufen von AM/RAM und HPR Einzelteile beider zweiter Stufen untereinander Der Argonaut Kraken48 tilkrater ausgetauscht werden kann. Die sehr viel produzierten Aqua Master und Royal Aqua Master werden damit zu vollwer- tigen RAM bei dem auch noch der Ventilkrater ersetzbar ist. Die erste Stufe unseres modernisierten Zweischlauchreglers ist da- mit in trockenen Tüchern. Im Sinne der Konzentration hat VDHdie Produktion des Cyclone dann zugunsten des leistungsfähi- geren Phoenix eingestellt. Der HPR (High Performance Regulator) – die optimale 2. Stufe Der nächste von VDHentwickelte Modul, der HPR, hat da- gegen die Zielstellung, das Atemverhalten der Regler aus der Aquamaster-Familie noch weiter zu verbessern. Er besteht im Wesentlichen aus dem optimierten Membranhebel, dem ver- besserten Gelenk zwischen diesem Hebel und der Kolbenstan- ge und dem neu konstruierten Zylinder der zweiten Stufe mit den Venturi-Löchern. Der HPR lässt sich sofort gegen die alte zweite Stufe austau- schen. Die Höhe des Membranhebels kann man sehr einfach einstellen. An der Membran sind die beiden Ohren, die auf dem alten Hebel auflagen, nicht mehr erforderlich. Die Membran muss also nicht genau ausgerichtet werden. Die Ohren kön- nen nicht mehr von der Hebel-Auflage abrutschen. Der neue Hebelansatz an der Kolbenstange, die Perlon-Halbkugeln zur Auflage an der Membran und die Erhöhbarkeit der Empfind- lichkeit durch den gleichbleibenden Mitteldruck des balan- cierten Reglers führen zu einem merkbar geringeren Einatem- widerstand. 1. Stufe des RAM im Vergleich mit dem Cyclone Vergleich der zweiten Stufen von AM/RAM und HPR Einzelteile beider zweiter Stufen untereinander TauchHistorie 12/2019 Der Argonaut Kraken 49 Phoenix für INT- oder DIN-Anschluss am Flaschenventil Der Phoenix – alte Regler erheben sich aus der Asche Haupthinderungsgrund für die Nutzung alter, eigentlich funktionsfähiger Zweischlauchregler sind die fehlenden Ausgänge für Mittel- und Hochdruck für den Zweitregler, den Inflator oder den Trockentauchanzug und das Finimeter. Das ließe sich zwar durch einen parallel angeschlossenen kompletten modernen Zweitregler realisieren, aber das ist aufwändig und bringt störende Zusätze am Taucher mit sich. Deswegen bietet der Phoenix neben den gleichen Eigenschaften wie der Cyclone drei Ports für Mitteldruck und drei für Hochdruck. Er existiert in INT- und DIN-Ausführung. Die Ports sind abwechselnd um 60° versetzt auf der Reglerachse angeordnet, sodass man immer Schlauchabgänge für ei nen engen Verlauf der Schläuche am Körper finden wird. Diese Anordnung ist sogar besser als später beim Kraken. Leider sind alle Ports mit „nostalgischen“ 3/8-inch-UNF-Gewinden ausgestattet, sodass man für moderne Hochdruckschläuche Adapter (7/16-inch) benötigt. Durch diese zwischengeschaltete Portgruppe wird der Abstand des Reglers vom Flaschenventil zwar größer, aber die Aufwertung von alten Zweischlauchreglern, um sie in moderner Tauchumgebung nutzen zu können, wiegt das wohl auf. Es ist zu hoffen, dass diese wertvolle Baugruppe auch weiter verfügbar bleibt! Der Argonaut Kraken Mit dem Kraken ist VDH dann den naheliegenden Schritt gegangen, aus den schon vorhandenen Teilen etwas neues Kom plettes zu machen. Die Trägerplatte für den Regler mit der HD-Membran und das Gehäuse mussten noch dazu entwickelt werden. Der Querschnitt des Kraken-Reglerblocks im nächsten Bild zeigt prinzipiell die Baugruppen Phoenix und HPR, vereint in einem sehr schlanken Reglerblock. Drei Mitteldruck-Ports liegen um jeweils 90° versetzt auf drei Seiten eines Quaders, ein HP-Port, diesmal auch mit 7/16 inch Anschluss, auf der vierten. Querschnitt durch die Phoenix-Stufe Teile des Phoenix Reglerblock eines RAM oder DAAM mit HPR und Phoenix TauchHistorie 12/2019 50 Der Argonaut Kraken Kraken mit INT- oder DIN-Anschluss im Gehäuse Innenansicht des Kraken Kraken mit verschließbarem Mundstück am Ausatemventil im Gehäusedeckel des Kraken Mögliche Schlauchführung mit dem Kraken 2x-4-l-PTG des Autors Zerstörtes Gehäuse infolge umgefallenem PTG Der Argonaut Kraken im Querschnitt Durch eine Querschnittsdrossel, die von außen über eine Schlitz- schraube verstellbar ist, kann man den Atemwiderstand in Gren zen einstellen. Die Atemeigenschaften des Kraken haben sich in vielen Versuchen als sehr günstig erwiesen. Dazu trägt auch das Ausatemventil mit einer sehr großen Ventilscheibe bei, das in Anlehnung an den schon länger gelieferten separaten „Duckbill Eliminator“ ausgeführt wurde. Damit steht ein praktisch wartungsfreies Ausatemventil zur Verfügung, das auch eine schnelle Auswechselung des Ausatemschlauches (zum Trocknen) unterstützt (kein Ausatemventil über den Stutzen gekrempelt). Die Schlauchanschlüsse des Kraken haben einen Durchmesser von 1 inch (25,4 mm) und die Stutzen der vorgesehenen Mundstücke einen von 1 1/2 inch (38,1 mm), so dass die Richtungsventile des Mundstücks zugunsten eines leicht verringerten Atemwiderstandes groß sind. Genauso kann man hier aber auch ein bewährtes 1-inch-Mundstück wie das vom Royal Mistral einsetzen, da Mundstücke mit großem Durchmesser einfach größeren Auftrieb haben, was die Trageeigenschaften verschlechtert und mit Gewichtsrin gen kompensiert werden sollte. Die Entwickler des Kraken wollten den Regler unbedingt mit einem verschließbaren Mundstück (DSV, Dive/Surface Valve) versehen, um die Akzeptanz bei Zweischlauch-Einsteigern zu erhöhen (kein Abblasen an der Oberfläche). Über die Sinnfälligkeit kann man streiten, es ist nun mal so geworden. Dieses Mundstück verteuert natürlich den Regler etwas, aber ein neues Mundstück musste man ohnehin entwickeln. Das zunächst eingesetzte gebogene EZ- Mundstück, eine USD-Replik, war wegen des zu kleinen integrierten „schwabbeligen“ Bissstücks nicht akzeptabel. Das Mundstück wurde wie das Gehäuse über 3D-CAD entwickelt. Der schnell machbare 3D-Druck von Prototypen machte mit den Erfahrungen der Entwickler eine optimale und kleine, leichte Form möglich. Ein weiteres nettes Detail sind die manuell gut handhabbaren Schrauben an den Schlauchklemmen. Damit lassen sich die Schrauben ohne Werkzeug leicht für die notwendige Trocknung lösen. ZWEI KRITIKPUNKTE AM REGLER SOLLTE MAN ABER NENNEN: 1. Das Gehäuse aus schwarzem Gießharz ist formschön und funktional, erscheint aber für einen rauen, realen Tauchbetrieb zu empfindlich. Beim Transport des PTG sollte man den Regler abgeschrauben und geschützt unterbringen. Die Stöße beim Hin- und Herrutschen des Gerätes (was man ohnehin vermeiden sollte) könnte das Reglergehäuse übel nehmen. Was das Umfallen des Gerätes auf hartem Untergrund erzeugen kann, ist auf dem Bild zu sehen. Der Entwickler hat empfohlen, ggf. einen Edelstahlring mit leichtem Überstand mit dem Gehäusedeckel einzuschrauben, was einen gewissen Schutz geben würde. Der Ring ist aber momentan nicht als Zubehör verfügbar. Man müsste ihn sich also selbst anfertigen. Durch das Plastgehäuse wird auch die Wärmeleitfähigkeit und damit die Vereisungsgefahr des Reglers gegenüber seinen Metallbrüdern verringert. 2. Die Schlauchführung ist aufgrund der Portausrichtung nicht optimal machbar. Die Möglichkeiten am Phoenix, erscheinen, abgesehen von dem ungünstigen Gewinde für den Hochdruck, deutlich besser. Wie das Bild zeigt bildet der nach oben (!) abgehende Mitteldruck-Schlauch zum Inflator eine Schlaufe, mit der man leicht hängen bleiben kann, und der MD-Schlauch zum Mundregler muss erst über einen Winkeladapter gehen, damit er unter dem Arm ver laufen kann. Diese Kritikpunkte schmälern die Bewertung nicht wesentlich, dass der Argonaut Kraken zu den Besten seiner Klasse zählt und in einer Reihe mit Aqualung Mentor und USD Royal Aquamaster steht. Wünschenswert wäre durchaus eine größere Verbreitung in Europa, zumal hier noch prozentual deutlich weniger alte Zwei schlauch-Regler, vielleicht abgesehen vom Royal Mistral, in Umlauf sind als in den USA. Der Vertrieb kann aber nur aus den USA erfolgen, da in Europa Regler ohne CE nicht verkauft werden dürfen. [Eym] Eyme, Stephane, Mein Gott, ich liebe es, mit meinem DAAM zu tauchen! TH11, S.61, 2019 [Her] Hero, Luis, Bewegungsvideo des Kraken-Reglers [Pei] Peirce, Alec, Video Phoenix t1p.de/8nwy [Pen] Pennington, Bryan, Vintage Zweischlauch - Meine Zeitleiste, automatische Übersetzung [Pen1] Pennington, B., Cyclone First Stage for Vintage Double Hose Regulators, t1p.de/89be [Pen1] Pennington, B., Argonaut Dive Surface Valve (DSV) mouthpiece overview, t1p.de/cx2j [Sev01] Seveke, Lothar, CG45 und Mistral - DIE Initiatoren für das Sporttauchen, TH04, S. 40, 2015 [vdh] VDH, Kraken-Vorstellung, Video, t1p.de/a2o1 [Wil] Williams, Des, Die ORCO/Berge-Vollgesichtsmaske, TH09, S.46, 2017 Die o.g. Quellen können Sie direkt lesen unter: t1p.de/wv9¡ Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von www.vintagedoublehose.coP 1958 ... das Venturi-Jahr Von Stéphane Eyme Wie Frank Sinatra über 1958 gesagt hätte: „Es war ein sehr gu tes Jahr“. Die NASA wird gegründet, Texas Instrument erfindet den Mikrochip und US DIVERS stellt den DW MISTRAL und den DA AQUAMASTER vor - zwei neue Venturi-Regler, ein einstufiger und ein zweistufiger, die die Reglertechnik für das Tauchen für immer verändern werden! Nach fast 10 Jahren Forschung, um das beste System zu finden, das Taucher mühelos und in jeder Tiefe mit genug Luft versorgen kann, fand Emile Gagnan 1955 schließlich die Lösung, indem er die Venturidüse in den revolutionären einstufigen MISTRAL von La Spirotechnique einsetzte. Das Patent dazu wurde im Februar 1955 in den USA und im Juli 1957 in Frankreich (fr1.148.786) für La Spirotechnique angemeldet. Das ist ein strömungsmechanische Effekt, der nach seinem Erfinder Giovanni Battista Venturi (1746 - 1822) benannt ist, der 1797 feststellte: „Wenn ein Gas einen Venturi (speziell geformte Düse) durchströmt, bewirkt die Ausdehnung und Kompression des Gases, dass sich der Druck im Inneren des Venturis ändert. Es wird ein Unterdruck erzeugt, der das umgebende Gas in diesem Abschnitt mitreißt.“ Das änderte in der Folge die Herangehensweise Übersetzung aus dem Französischen von Dr. L. Seveke Die einstufigen Regler 1955 gab Spirotechnique in Frankreich die zweistufigen Regler CG45 auf und brachte ein bahnbrechend neues Modell auf den Markt, den einstufigen MISTRAL (benannt nach dem mediterranen Wind aus Südfrankreich). Tatsache ist, dass dieser von Emile Gagnan entworfene Regler die genaue Antwort auf seine Suche nach einem einstufigen Regler war, der einfach zu warten, kostengünstig herzustellen war und mit sehr wenig Aufwand viel Luft lieferte und das dank seines neu eingesetzten Venturi-Effekts in jeder Tiefe! Das Geheimnis seiner Leistungsfähigkeit liegt in der Venturi-Düse, die direkt auf den Einatemstutzen im Reglergehäuse gerichtet ist und an der Seite der Düse 2 kleine Öffnungen zum Ausgleich des Venturi-Effekts aufweist. Auch wenn Spirotechnique seit 1955 über das Konzept und das industrielle Know-how der Venturidüse verfügte, suchte Emile Gag nan bis 1957 weiter nach einer Lösung, um das Problem auch für seinen us-amerikanischen Auftraggeber USD zu lösen, der zwar Regler von Spirotechnique vertreiben aber nicht ihre Patente nutzen durfte. Gagnans Venturi-Patent von 1955 gehörte ja La Spirotechnique, und er bemühte sich für in der Tauchregler-Konstruktion. DA Aquamaster (2-stufig) und DW-Mistral (1-stufig) von USD, die beiden ersten USA-Regler mit Venturi-Düse USD, quasi sein eigenes Patent zu umgehen. US Divers stellte sogar weitere neue Modelle ohne die wirkliche Venturidüse (wie beim französischen Mistral) her, wie z.B. den DX-OverPressure 1955 oder den DW Stream Air 1957, und vertrieb die Regler als „Typ Venturi-Effekt“ auf dem amerikanischen Markt. Der erste Versuch Der erste Versuch, einen einstufigen Regler zu entwickeln, der einfach herzustellen und zu warten war und reichlich Luft lieferte, wurde mit dem DX OverPressure unternommen. Dieser Regler, der zwischen 1955 und 57 hergestellt wurde, funktionierte aber nicht wie er sollte, denn anstatt einen „starken Wind“ (wie den Mistral) zu erzeugen, lieferte er einen scharfen Luftstrahl durch ein kleines Sekundärrohr im Mundstück, das im Inneren des Faltenschlauchs durch einen dünnen Schlauch mit dem Reglerausgang verbunden war. Folglich war es notwendig, das Mundstück mit den Zähnen fest zu halten, um es während des Tauchgangs nicht zu verlieren. Die Taucher wandten sich schnell davon ab, weshalb man den Regler später durch Austausch der Düse und Wegfall des kleinen Sekundärrohres im Mundstück zu einem DW Mistral umrüstete. TauchHistorie 12/2019 1958 ... das Venturi-Jahr 53 Der Mistral von La Spirotechnique Frankreich, Ex-Darstellung unter t1p.de/jjmm Venturi-Düse im Mistral Dann kamen DW Stream Air und Jet Air (1956 - 57) mit besseren Leistungen, die aber noch nicht diese ganz besondere Eigenschaft aufgrund des „echten“ Venturi- Effekts hatten. Dieser Effekt bietet dem Taucher ein System, das, sobald das Ventil mit einer leichten Inhalation „abhebt“, kontinuierlich und ohne weitere Maßnahmen Luft liefert.Darüber hinaus schaltet dieses System die Luftzufuhr automatisch ab, wenn der Taucher das Einatmen stoppt. Der letzte Versuch mit einem einstufigen „Regler vom Typ Venturi-Effekt“ war der DW STREAM AIR. Der Regler auf dem Bild ist eines der letzten Modelle des DW Stream Air DW (1957). Wie man sehen kann, ist die Düse kurz und zeigt leicht zum Rand des Einatemstutzens. Die Idee war, Turbulenzen im Inneren des Gehäuses zu erzeugen, die die inspiratorische Anstrengung verringern sollten. Die Zweistufigen Im Hinblick auf die zweistufige Linie der Regler bei USD versuchte Emile Gagnan immer weiter, das ursprüngliche Design des CG45 -in den USA Aqua- Lung genannt -zu verbessern. Er hat eine Reihe von zweistufigen Reglern entwickelt, um ein besseres Atemverhalten zu erzielen. Nach dem AQUA-LUNG TRADEMARK kam 1955 der NAVY TYPE DA und 1957 dann der DA NAVY APPROVED. Auch wenn diese Modelle etwas effizienter waren als ihr Vorgänger, der CG45 (siehe meinen Artikel [ey10] über den Vergleich zwischen CG45 und Aqualung), hatte keiner von ihnen einen Venturi-Effekt. Werfen wir einen Blick auf das, was US Divers 1957 für die Reihe der zweistufigen Regler mit dem DA NAVY APPROVED zu bieten hatte. DX-Overpressure mit dem Injektor im Mundstück, Ex-Darstellung unter t1p.de/24u2 DW StreamAir mit kurzem Injektor DW StreamAir mit kurzem Injektor DA-Navy Approved Der Mechanismus der zweiten Stufe ist genau derselbe wie der des ursprünglichen CG45 / AQUA-LUNG. Wie man sehen kann, befindet sich das Luftauslassventil direkt gegenüber dem Einatemstutzen, und die 2. Stufe verwendete immer noch das so genannte „Hufeisen“-Hebelsystem, das bereits zehn Jahre alt und nicht so einfach fein einzustellen war. Die Leistung dieses Reglers ist einigermaßen schlecht und zu sagen, dass er eine gewisse Saugleistung erfordert, wäre eine milde Umschreibung.... und natürlich immer noch kein Venturi- Effekt... Merkwürdigerweise konnte USD trotz des Spirotechnique- MISTRAL-Patents von 1955 us2878807, 1957 diesen bemerkenswerten Venturi-Regler weder ein- noch zweistufig anbieten, der dem Taucher einen kontinuierlichen Luftstrom ohne Anstrengung in jeder Tiefe liefern konnte. Der Grund für diese Verzögerung von fast drei Jahren liegt wahrscheinlich darin -und das ist nur meine persönliche Meinung - dass Spirotechnique die kommerziellen Rechte für Nordamerika von René Bussoz (seine Lizenz lief bis 1956) zurück haben wollte, um von seinem riesigen Markt zu profitieren. Darum hat Spirotechnique das Patent für die Venturidüse nicht mit USD geteilt, um die Entschädigung zu begrenzen, die man Bussoz bei der Rückgabe der kommerziellen Rechte zahlen musste. Es ist nur meine Theorie, aber die Daten und Fakten scheinen es zu bestätigen. 1956 erlangt Spirotechnique die kommerziellen Rechte für Nordamerika von USD zurück - nach einem schwierigen und teuren Verhandlungsprozess mit René Bussoz- und gibt USD schließlich die vollen Nutzungsrechte an ihrem Mistral-Patent. 1957 war für USD noch ein Jahr des chaotischen Übergangs zur Einarbeitung des neuen Management-Teams, erst 1958 beschloss USD schließlich, den Happen zu übernehmen und dieses bereits seit 1955 in Europa verwendete „Wunder“ für den amerikanischen Markt anzupassen, .... man nannte es DW Mistral.... und los geht‘s! Mechanismus des DA Navy Approved Der Venturi-Effekt angepasst an einstufige Regler – der DW MISTRAL Das Innere des Reglers ist seinem französischen Bruder sehr ähnlich. So funktioniert es: In rot strömt die direkte Luft (primär und sekundär), in blau der Venturi-Effekt. Von da an strömt die Luft direkt in den Einatemstutzen und erzeugt durch den Venturi-Effekt im Inneren der Gehäuseschale einen Sog, der die Membran in einer tiefen Position hält, bis der Taucher aufhört zu inhalieren. Im Vergleich zu seinem Vorgänger, dem DW Stream Air, gibt es den großen Unterschied! Hier bleibt die Membran ohne zusätzlichen Aufwand in der unteren Position! Damit haben wir‘s! Die Luft weht wie ein starker Wind ohne weiteren Aufwand für das Herunterziehen der Membran.... hier zeigt die Wirkung der Venturidüse ihr ganzes Potenzial. Der Venturi-Effekt angepasst an die zweistufige Linie – der DA AQUAMASTER Es folgte natürlich die Anpassung dieser äußerst effizienten Funktionalität an die gesamte zweistufige Reglerlinie ausgehend vom DA Navy Approved. Hier hat Emile Gagnan einmal mehr sein Genie bewiesen, indem er die zweite Stufe des DA NAVY APPROVED umgebaut und einen leistungsstarken Venturi-Effekt darauf abgestimmt hat, aus dem dann die DAAM-Reihe (Demand Apparatus Aqua Master) von Reglern hervorging. DW Mistral von USD DA Aqua Master, Ex-Darstellung unter t1p.de/r397 Diese neue Reihe von Reglern war viel effizienter als ihre Vorgänger, so dass das Management von USD Mitte 1958 beschloss, das Modell DA Navy Approved trotz des kommerziellen Erfolgs und der Anerkennung bei Tauchern endgültig aufzu geben, und im April 1958 veröffentlichte François Villarem, Executive Vice President von US Divers, eine Pressemitteilung: „Dieser hervorragende neue zweistufige Regler hat die gleiche Robustheit und Zuverlässigkeit wie der DA, die Venturiaktion hält den Atemwiderstand auf einem extrem niedrigen Niveau. Der Aqua-Master wurde speziell für Taucher entwickelt, die unter Wasser sehr hart arbeiten müssen. Er ist so leistungsstark, dass wir auf die Herstellung des alten, von der Navy zugelassenen Gerätes verzichten, das der meistverkaufte Regler der Welt ist. Als weltweit führender Anbieter in der Tauchindustrie liegt es in unserer Verantwortung, nur das Beste herzustellen und zu verkaufen.“ Es war eine schwere Entscheidung, den „DA NAVY APPROVED“ aufzugeben, nach all den Bemühungen, dafür die Anerkennung durch die amerikanische Marine zu erhalten, insbesondere in einer Branche, in der die militärische Zertifizierung ein Gütesiegel ist. Ich habe das Glück, einen der ersten DAAMs zu besitzen, bei dem das Gehäuse selbst eindeutig ein DA-NAVY-Gehäuse ist, das bei laufender Produktion auf DAAM umgestellt wurde (noch kein Anschluss für einen externen Luftschlauch (hoo kah port) und immer noch die Gewindelöcher für den Hufeisenhebel des DA NAVY). Schon bei diesem allerersten Modell ist der Unterschied zum DA absolut groß! DA Aqua Master des Übergangs links oben und Standard Aqua Master Der Hauptunterschied ist die neu gestaltete zweite Stufe (siehe Bilder), das Hebelsystem ist komplett verändert, und die Luftauslassöffnung zeigt nun direkt auf den Einatemstutzen. Das Ergebnis ist erstaunlich, auch hier hält der Venturieffekt die Membran in der unteren Position, bis der Taucher aufhört zu inhalieren! Wirklich ein großer Unterschied. Der Venturi-Effekt ändert den Einsatz! Insgesamt ist 1958 ein wichtiger Meilenstein für USD mit der Einführung dieser beiden neuen Regler auf dem Markt, dem einstufigen DW Mistral und dem zweistufigen DA Aquamaster. Sie entwickelten sich bis 1973 und wurden zu Bestsellern in den Vereinigten Staaten. Sie werden auch heute noch von einigen Tauchern benutzt und werden von vielen als sehr zu verlässig, sehr komfortabel und äußerst effizient angesehen. Die Einführung des Venturi-Effekts war definitiv der Wendepunkt in der Herstellung von Reglern für den amerikanischen Zweig der Spirotechnique, was zu einer der bedeutendsten Entwicklungen in der Geschichte des Tauchens führte und es US DIVERS ermöglichte, zu einem der wichtigsten - wenn nicht sogar dem wichtigsten -Unternehmen für Freizeittauchausrüstung der Welt zu werden. [ey10] Eyme, St., CG45 und Aqua-Lung (Trademark) – Zwillingsbrüder? , TH10 S. 56 [us2878807] OPEN CIRCUIT BREATHING APPARATUS, Patent Gagnan_Spirotechnique, 1955 [fr1148786] Perfectionnements aux appareils respiratoires à circuit ouvert, Patent La Spirotechnique, 1956 Die oben genannten Quellen und der Artikel in Englisch, Französisch und Spanisch sind zu lesen unter: t1p.de/oc50 Hebel mit Venturi-Düse Schnitt durch den DA Aqua Master Flaschenbrücke für Zweischlauchregler Brücke mit angeschlossenen Reglern, der Zweitregler liegt dicht zwischen den Flaschenschultern nach unten versetzt. In dieser Anordnung kann das Anschlussteil auf nur 30 mm Regler mit INT-Anschluss an der Brücke Dicke reduziert werden. TauchHistorie 12/2019 Flaschenbrücke für Zweischlauchregler Flaschenbrücke für Zweischlauchregler Von Franz Rothbrust Wer mit einem Zweischlauchregler tauchen will, muss in der Regel zusätzlich einen Einschlauch-Automaten anschließen, um ein Finimeter, einen Reserveautomaten sowie Mitteldruckanschlüsse zur Verfügung zu haben. Übliche Verbindungsbrücken für Druckluftflaschen mit zwei Abgängen für Regler haben mittig ein Anschlussteil, das gut und gerne 60 mm tief sein kann. So drückt der Hauptautomat am Rücken, der Reserveregler ragt hinten in Gegenrichtung hervor, verbunden mit ungünstiger Schlauchführung. Das muss nicht stören, kann aber verbessert werden. Die Lösung war schnell gefunden. Eine Brücke wird nur halb so tief, wenn man die Automaten nicht auf einer Linie ge genüberliegend, sondern versetzt montiert. In der heimischen Werkstatt entstand der erste Prototyp. DIE VORTEILE LIEGEN AUF DER HAND, DIE GANZE KOMBINATION WIRD KOMPAKTER: • Der Hauptautomat trägt sich angenehmer, da er sich besser in die Kontur des Gesamtgerätes einpasst. Der Regler sitzt so etwas tiefer, näher an der Lunge. • Der Zweitregler sitzt hinten dichter an den Flaschen als zuvor, was die Kontur und die Schlauchführung verbessert. Hat einer der beiden Automaten einen internationalen An schluss, muss die Konstruktion eine andere sein. Miroslav Lukas (HDS CZ) stellt in seiner Firma „LOLA“ eine solche Variante her. Seine Brücke ist ebenfalls nur 30 mm tief. Wegen der nach hinten herausragenden Befestigungsschraube des INT-Anschlus ses ist das Mittelteil aus Platzgründen jedoch etwas höher. Die optimale Gestaltung der Verbindungsbrücke für Zweischlauch- und Zweitregler hängt immer auch stark von den verwendeten Flaschen und Ventilen ab, was hier nicht weiter betrachtet wurde. Alle Fotos vom Autor Prototyp Vorderseite, der erste DIN- Anschluss sitzt zwischen den Flaschenanschlüssen. Prototyp Rückseite mit dem zweiten DIN-Anschluss (300 bar) Aus dem INT- wird ein DIN- terschraube herausgedreht Anschluss, wenn die Adapwird. Die Brücke hat einen eigenen HD-Anschluss (UNF 7/16“) für das Finimeter. TauchHistorie 12/2019 60 Erfindung des Nullrings Eine Erfindung, die die Tauchtechnik revolutionierte – Der Nullring Von Philippe Rousseau Sein Name war Nils Christensen, kein Taucher kennt ihn heute und doch verdanken wir ihm alle unsere Sicherheit.... Warum? Vor langer Zeit, im Jahre 1937, hatte dieser Mann die Idee, den.... O-Ring zu erfinden (Nullring, Rundring,…), der jetzt für unsere Tauchausrüstung so wertvoll ist! Ich bin mir nicht sicher, ob Sie wussten, wer das unscheinbare Teil erfunden hat, das wir jetzt überall in unserer Tauchausrüstung verwenden. Erst Anfang der 1960er Jahre wurden unsere Tauchgeräte geschickt mit O-Ringen ausgestattet, um selbst komplizierte Dichtungsprobleme durch O-Ringe statt mit harten Flachdichtungen oder Metall-auf-Metall-Dichtungen zu lösen. Der vergessene Vorläufer – Thomas Alva Edison Es ist dem unglaublichen Erfindergeist der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu verdanken, dass wir die allererste Erwähnung einer Rundschnur-Dichtung als sekundäres Zubehör in einem Patent haben. Übersetzung aus dem Französischen Dr. L. Seveke Dieser außergewöhnliche Visionär war der bekannte Tho- mas A. Edison (1847 - 1931), ein amerikanischer Industrieller, der sein ganzes Leben lang mehr als 1.000 Patente auf Erfindungen angemeldet hat und in dessen Fabriken bis zu 35.000 Menschen beschäftigen waren. Ihm verdanken wir unter anderem den Telegrafen, die Glüh birne, vor allem aber den Phonographen, der bereits 1877 Stimmen aufnehmen konnte. In einem seiner 1882 eingereichten Patente, die seiner Erfindung der Glühlampe gewidmet waren, erwähnte er die Notwendigkeit einer runden Gummidichtung zwischen dem Glas der Lampe und dem Metallteil des Sockels, um das notwendige Vakuum im Kolben aufrechtzuerhalten. Diese runde Gummidichtung war jedoch nicht Gegenstand einer separaten Patentanmeldung, sie war eben nur ein Zubehörteil. Seine Idee wurde auch in eine weitere schwedische Patentanmeldung vom 12. Mai 1896 aufgenommen. Das volle Potenzial dieser Runddichtung war aber noch nicht erkannt. 3-Flaschen-Paket (Aluminium) „Tri-Madame“ von LA SPIROTECHNIQUE, Flaschen-Ventile mit Flachdichtungen und konischem Gewinde (Blei oder Hanf als Dichtmaterial), CG45- Regler mit Bronzeschlüsseln zur Erzielung des notwendigen Andrucks an den Dichtstellen TauchHistorie 12/2019 61 Erfindung des NullringsNiels Christensen Niels Anton Christensen wurde 1865 auf einem Bau- ernhof in Torring-Uldum (Dänemark) geboren. Er studierte am Technischen Institut von Kopenhagen (heute die Fakultät für Na- turwissenschaften). Dann ging er 1891 im Alter von 26 Jahren für eine Anstel- lung als Industriedesigner bei der Firma „FRASER & CHALMERS“ nach Chicago (Illinois), die Bergwerksma- schinen, Kessel, Pumpen usw. herstellte. Er blieb nur wenige Jahre dort, weil er sich mit seinem eigenen Un- ternehmen selbständig machte, der eindrucksvollen „CHRIS- TENSEN Engineering Company“ mit Sitz in MILWAUKEE (Wisconsin), mit der er zum Experten für Druckluftbremssys- teme, insbesondere für Straßenbahnen, wurde. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte er dort auch Elektromotoren und dann vor dem I. Weltkrieg Benzinmoto- ren her. Er wurde auf diesem Weg ein renommierter Indust- rieller. Im Laufe der Jahre verlor Niels Christensen nicht seinen Sinn für die Suche nach innovativen technischen Lösungen. 1933 arbeitete er im Keller seines Hauses am Prinzip einer Dich- tung, die sich leicht verformt, um sich an die Form des Dich- tungssitzes anzupassen. Er führte unzählige Tests durch, in denen er die zu prüfenden Dichtungen selbst zuschnitt. Diese Arbeit dauerte 4 Jahre. Die „Christensen Engineering Company“, MILWAUKEE, Wisconsin (USA), Anfang des 20. Jahrhunderts Maschinenhalle der Christensen-Fabrik Innenansicht der Fabrik Niels Christensen (1865-1952) Zeichnung aus dem Patent 61 Erfindung des NullringsNiels Christensen Niels Anton Christensen wurde 1865 auf einem Bau- ernhof in Torring-Uldum (Dänemark) geboren. Er studierte am Technischen Institut von Kopenhagen (heute die Fakultät für Na- turwissenschaften). Dann ging er 1891 im Alter von 26 Jahren für eine Anstel- lung als Industriedesigner bei der Firma „FRASER & CHALMERS“ nach Chicago (Illinois), die Bergwerksma- schinen, Kessel, Pumpen usw. herstellte. Er blieb nur wenige Jahre dort, weil er sich mit seinem eigenen Un- ternehmen selbständig machte, der eindrucksvollen „CHRIS- TENSEN Engineering Company“ mit Sitz in MILWAUKEE (Wisconsin), mit der er zum Experten für Druckluftbremssys- teme, insbesondere für Straßenbahnen, wurde. Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts stellte er dort auch Elektromotoren und dann vor dem I. Weltkrieg Benzinmoto- ren her. Er wurde auf diesem Weg ein renommierter Indust- rieller. Im Laufe der Jahre verlor Niels Christensen nicht seinen Sinn für die Suche nach innovativen technischen Lösungen. 1933 arbeitete er im Keller seines Hauses am Prinzip einer Dich- tung, die sich leicht verformt, um sich an die Form des Dich- tungssitzes anzupassen. Er führte unzählige Tests durch, in denen er die zu prüfenden Dichtungen selbst zuschnitt. Diese Arbeit dauerte 4 Jahre. Die „Christensen Engineering Company“, MILWAUKEE, Wisconsin (USA), Anfang des 20. Jahrhunderts Maschinenhalle der Christensen-Fabrik Innenansicht der Fabrik Niels Christensen (1865-1952) Zeichnung aus dem Patent Erfindung des Nullrings Tauchen im Fluss Lot in Espalion (Aveyron) mit dem originalen „ROUQUAYROL-DE- NAYROUZE-Regler“ aus Kupfer des Musée du Scaphandre (seit 2006 als „historisches Denkmal eingestuft“) Aktie der „The Christensen Engineering Company“ von 1921 Am 2. Oktober 1937 reichte er im Alter von 72 Jahren die Patentanmeldung ein, die am 21. November 1939 unter der Nummer us2.180.795 erteilt wurde. Dieses allgemeine Patent betrifft insbesondere die Vermeidung möglicher Undichtigkeiten von Hydraulikflüssigkeiten durch Rundschnur-Dichtungen. Der II. Weltkrieg brach aus und die amerikanische Regierung beschloss, eine Reihe jüngster technischer Erfindungen zum Nutzen der Rüstungs- und Luftfahrtindustrie zu nutzen. Ohne Niels Christensen um seine Zustimmung zu bitten, wurden die ersten O-Ringe an Teilen zur Ausrüstung amerikanischer Militärflugzeuge montiert. Dort erwiesen sich die Ringe als sehr zweckdienlich und außerdem als preiswert in Massen herstellbar. 1942 erhielt Christensen eine symbolische Entschädigung von 75.000 Dollar. Nach dem Krieg reichte er eine Klage ein und leitete rechtliche Schritte gegen die amerikanische Regierung wegen der rechtswidrigen Verwendung der von ihm erfundenen O-Ringe ohne seine Zustimmung ein. Die Prozesse zogen sich hin, und Niels Christensen starb am 5. Oktober 1952 im Alter von 87 Jahren. Erst 1971, 19 Jahre nach seinem Tod, erhielten seine Erben durch Gerichtsbeschluss eine zweite Entschädigung von 100.000 Dollar. Wie haben wir das vor dieser bahnbrechenden Kleinigkeit ge macht? Erst Anfang der 1960er Jahre tauchten O-Ringe in der Tauchausrüstung auf. Vor dieser Zeit erfolgte die Abdichtung zwischen den Flaschenventilen und den Reglern mit Flachdichtungen, die mit Hilfe eines Schraubenschlüssels sehr fest angepresst werden mussten. Damals waren die wenigen Tauchlehrer leicht zu erkennen: Sie trugen eine Schlinge um den Hals, an der ein Sechskantschlüs sel aus Bronze aufgehängt war. Diese Schraubenschlüssel waren Bestandteil des Zubehörs, das von den Herstellern der Regler mitgeliefert wurde. Die Ventile der Pressluftflaschen wurden dann meist mit konischem Gewinde versehen, so dass eine relative Dichtheit von Metall zu Metall (Messing auf Stahl oder Aluminium) über nur 1 oder 2 Windungen erreicht werden konnte. Die Dichtheit wurde durch Hanf oder dünne Streifen aus Blei (auch Bleihüt chen) und später Teflon auf den Außengewinden verbessert. Bevor es Teflonstreifen gab, wurde also auch schon die Abdichtung zwischen Außen- und Innengewinde erreicht. Auch hier war es notwendig, mit sehr hohen Anzugsdrehmomenten zu arbeiten. Noch älter ist, dass bei den 150-bar-Druckluft-Flaschen „MI- CHELIN“, die für die Rückengeräte „FERNEZ - LE PRIEUR“ von 1926 und für die Brustgeräte „LE PRIEUR“ von 1934 verwendet wurden, die Dichtheit zwischen Zylinder und Ventil mit „Dijon-Kitt“ (spezielles Harz) sichergestellt wurde, wodurch eine Art Kaltverschweißung zwischen Außen- und Innengewinde entstand. TauchHistorie 12/2019 63 Bei dem gezeigten originalen Regler „ROUQUAYROL-DE- NAYROUZE“ wurde das am Eingang des horizontalen Zylin- ders befindliche Rückschlagventil zu der Zeit „Metall-auf- Metall“ dichtend ausgeführt. In der Vergangenheit war ich etwa fünfzehn Jahre lang an der Wartung und Überholung dieses außergewöhnlichen Stückes beteiligt, um es in einem Zustand der Tauchbarkeit zu halten. Mehr als ein Jahrhun- dert nach seiner Herstellung war die Dichtheit dieses Metall- auf-Metall-Rückschlagventils noch immer absolut perfekt! Das machte die akribische Sorgfalt deutlich, die bei der Bear- beitung des Ventilsitzes und der Einpassung von Hand, wahr- scheinlich durch einen geduldigen und erfahrenen Arbeiter, angewendet wurde… Der O-Ring hat viele Dichtungsprobleme in unserer Tauch- ausrüstung gelöst, ein Element, das nur wenige Cent in der Herstellung kostet, aber seinen Zweck so gut erfüllt! Nochmals vielen Dank an Niels Christensen für diese bemer- kenswerte Innovation, von der selbst er sich damals offen- sichtlich noch nicht alle praktischen Anwendungsmöglichkei- ten vorstellen konnte. Kommentar von Gérard Loridon nach der Ersterscheinung des Artikels im Octopus 2006: Sehr interessant wie alle Artikel von Ph. Rousseau! Tatsächlich hat sich der O-Ring stark auf die Tauchtechnik ausge- wirkt, denn mit Flachdichtungen erlebte ich sehr unangenehme Momente, wenn sie auf Baustellen der SOGETRAM brachen und wir keinen Ersatz hatten. In den Anfängen der SOGETRAM wurde das Problem mit einem Locheisen gelöst, das Galerne hergestellt hatte. So konnten wir aus einer Hartgummiplatte mit einem großen Hammer eine aus- reichende Menge produzieren. Es erstaunte allerdings die Ingenieure einer Firma sehr, für die wir als Froschmänner arbeiteten, als sie sahen, dass wir Ringe aus einer alten Schuhsohle schlugen und dann damit auf 40 m abtauchten. Erfindung des NullringsQuellen: Patent us2180795 Packing, Christensen, Niels A., 1937 t1p.de/d9n9 Auf der Brust zu tragende autonome Tauchgeräte „LE PRIEUR“ (1934) mit großkonischen Ventilgewinden und Manometern 63 Bei dem gezeigten originalen Regler „ROUQUAYROL-DE- NAYROUZE“ wurde das am Eingang des horizontalen Zylin- ders befindliche Rückschlagventil zu der Zeit „Metall-auf- Metall“ dichtend ausgeführt. In der Vergangenheit war ich etwa fünfzehn Jahre lang an der Wartung und Überholung dieses außergewöhnlichen Stückes beteiligt, um es in einem Zustand der Tauchbarkeit zu halten. Mehr als ein Jahrhun- dert nach seiner Herstellung war die Dichtheit dieses Metall- auf-Metall-Rückschlagventils noch immer absolut perfekt! Das machte die akribische Sorgfalt deutlich, die bei der Bear- beitung des Ventilsitzes und der Einpassung von Hand, wahr- scheinlich durch einen geduldigen und erfahrenen Arbeiter, angewendet wurde… Der O-Ring hat viele Dichtungsprobleme in unserer Tauch- ausrüstung gelöst, ein Element, das nur wenige Cent in der Herstellung kostet, aber seinen Zweck so gut erfüllt! Nochmals vielen Dank an Niels Christensen für diese bemer- kenswerte Innovation, von der selbst er sich damals offen- sichtlich noch nicht alle praktischen Anwendungsmöglichkei- ten vorstellen konnte. Kommentar von Gérard Loridon nach der Ersterscheinung des Artikels im Octopus 2006: Sehr interessant wie alle Artikel von Ph. Rousseau! Tatsächlich hat sich der O-Ring stark auf die Tauchtechnik ausge- wirkt, denn mit Flachdichtungen erlebte ich sehr unangenehme Momente, wenn sie auf Baustellen der SOGETRAM brachen und wir keinen Ersatz hatten. In den Anfängen der SOGETRAM wurde das Problem mit einem Locheisen gelöst, das Galerne hergestellt hatte. So konnten wir aus einer Hartgummiplatte mit einem großen Hammer eine aus- reichende Menge produzieren. Es erstaunte allerdings die Ingenieure einer Firma sehr, für die wir als Froschmänner arbeiteten, als sie sahen, dass wir Ringe aus einer alten Schuhsohle schlugen und dann damit auf 40 m abtauchten. Erfindung des NullringsQuellen: Patent us2180795 Packing, Christensen, Niels A., 1937 t1p.de/d9n9 Auf der Brust zu tragende autonome Tauchgeräte „LE PRIEUR“ (1934) mit großkonischen Ventilgewinden und Manometern TauchHistorie 12/2019 Spezimatic RP TS 200 – 64 Spezimatic RP TS 200 – Vor 50 Jahren kam diese echte Glashütter Taucheruhr auf den Markt Von Dr.-Ing. Lothar Seveke TauchHistorie 12/2019 Spezimatic RP TS 200 – 64 Spezimatic RP TS 200 – Vor 50 Jahren kam diese echte Glashütter Taucheruhr auf den Markt Von Dr.-Ing. Lothar Seveke Zubehör zur eigentlichen Tauchertechnik war in der DDR genauso schwer zu beschaffen wie Tauchgeräte. Taucheruhren waren nun allerdings für den Sporttaucher auch nicht soo not wendig, da wegen der geringen Möglichkeiten zum Kälteschutz und der wenig interessanten größeren Tiefen kaum Dekotauchgänge erfolgten. Aber ein wasserdichter Zeitmesser hatte schon Vorzüge, wenn manchmal auch nur, um die Freundin zu beeindrucken ;-). Im militärischen Bereich war eine wasserdichte Uhr natürlich unabdingbares Beiwerk. Bis zum Ende der 1960er Jahre war man als Tauchsportler komplett auf Eigenbau, Mitbringsel aus anderen sozialistischen Ländern oder die Westomi angewiesen. In der Sowjetunion oder der CSSR konnte man Taucheruhren mit mechanischem Aufzug zu erträglichen Preisen kaufen. Die sowjetischen Uhren waren sehr robust und genügend ganggenau, hatten aber das Stigma des „russischen Designs“. Niemand lief (damals) außerhalb des Wassers damit rum. Von denen gibt es heute noch Nachfolger mit Titangehäuse und Automatik-Werk (Poljot, Slatoust). Meine PRIM Sport aus der CSSR habe ich 20 Jahre getragen. Sie war dann undicht, lief aber immer noch. Selbst gebaut wurde mit mehr oder minder großen gedrehten Messing-Gehäusen, in denen eine billige Armbanduhr tickte. Auch eine Uhr im Einmachglas habe ich gesehen, das vor dem Tauchgang immer mit dem Abbrennen eines Stücks Hartspiritus verschlossen wurde. 1967 erfolgte der Zusammenschluss der drei größten Uhren- Produzenten der DDR, des VEB Uhren und Maschinenfabrik Ruhla, des VEB Glashütter Uhrenbetriebe (GUB) und des VEB Feinmechanik Weimar zum VEB Uhrenkombinat Ruhla (UKR). 1978 wurden die drei Betriebe dann in das neu gegründete Kombinat Mikroelektronik Erfurt integriert. Sowjetische Taucheruhr mit verschraubter Krone Meine PRIM Sport, etwa 1970 in Prag gekauft, stark gebraucht Eigenbau digitale Taucheruhr aus der DDR Dem internationalen Trend, den Forderungen des DDR-Außenhandels, der möglichst viel gegen harte Währung exportieren wollte, und der militärischen Organe folgend, nahm man schon ab den 1960-er Jahren auch wasserdichte Uhren in Angriff, die es vorher in der DDR nicht gegeben hatte. Ruhla brachte schon 1964 eine wasserdichte Uhr mit Handaufzug auf den Markt (mit dem soliden Stiftankerwerk Kal. 24, von dem bis 1990 116 Mio. Stück produziert wurden, werbemäßig als Taucheruhr bezeichnet), dann 1970 einen mechanischen wasserdichten Chronografen (Kal. 24-35, Stoppuhr- Funktion) und schließlich ab 1986 als Landes-Verteidigungsobjekt (LVO) eine wasserdichte Quarzuhr (Kal. 1332, gehärtetes Panzerglas, Spezial panzergehäuse, verschraubte Krone). Alle hatten ein verchromtes MessingGehäuse mit Edelstahlboden, das nur als „waterproof“ o.ä. gekennzeichnet und zwischen 3 und 6 atü druckgeprüft war, was man bei 6 atü teilweise sogar werbewirksam und optimistisch auf dem Zifferblatt einer Tauchtiefe von 60 m gleich setzte. Die Quarz-Taucheruhr wurde nur an die Landesverteidigung abgegeben (Schriftzug „Eigentum der NVA“ auf dem Boden) und kam auch innerhalb der KSK zum Einsatz, in der man ja nicht so tief tauchte. Interessanterweise baute man 2004 bei Gardé, einem der Nachfolgebetriebe der Ruhla-Uhrenwerke, eine limitierte Replik-Auflage, die dem damaligen Vorbild sehr genau entsprach. Wie man feststellte, war sie bis 20 bar druckdicht, was man 1986 in Ruhla nicht ausgereizt hat. Es gab noch mehr wasserdichte Ruhla-Modelle im Tauchdesign, aber diese drei sind mir über den Weg gelaufen. Ich bin ja kein Uhrensammler, und die Modellvielfalt bei Uhren ist erdrückend, wobei hier noch die West-Export-Modelle hinzukommen, die nicht als „Ruhla“ sondern „Anker“, „Meister-Anker“, „KAREX“,… gelabelt waren. Von den drei o.g. Modellen ist nur der Chronograf als „Angeberuhr“ in größerer Stückzahl für Otto Normalverbraucher in der DDR sichtbar geworden, die 6-atm-Quarz hat man mal am Arm eines „Ehemaligen“ oder eines GST-Funktionärs gesehen. In den Uhren-Katalogen von Ruhla (www.uhrentradition-ruhla.de) tauchen erstmals 1975 wasserdichte Uhren im Tauchdesign auf. Automatik-Werke gab es bei Ruhla für diese Uhren bis 1990 nicht. Für das Verständnis der damaligen Probleme ist vielleicht interessant zu wissen, dass das Hauptaugenmerk auf der möglichst effektiven Massenproduktion von Uhren für den Export lag, zumal viele Komponenten immer noch importiert werden mussten, Federn, Zeiger, Gläser,… „Störfreimachung“ war gefragt. Für seitliche Arabesken wie kleine spezielle Serien blieb da keine Kapazität, es sei denn, Kunden, die in harten Devisen zahlten, kamen mit Wünschen oder ein LVO-Projekt erzwang die Entwicklung. Die dauerhafte hohe Druckfestigkeit, heute nach DIN 8310 ger egelt, war offensichtlich schwierig zu erzielen, obwohl es sogar Modelle mit verschraubter Krone und armiertem Silkatglas gab. Ein Armbanduhrgehäuse hat drei Schwachstellen, wo Wasser eindringen kann, den aufgedrückten- oder aufge schraubten Deckel, die Kontaktstelle zwischen Uhrglas und Gehäuse sowie die Aufzugswelle mit der Krone. Auf den Böden der genannten Uhren war jeweils nur „waterproof“ angegeben, exakte Druckangaben fehlen, außer bei einigen 6-atü-Uhren. Die Begriffe „wassergeschützt“, „wasserdicht“ und „Taucheruhr“ sind in [15] ausführlich erläutert. Ich fand noch folgende Definitionen: Bodenprägung der wasser- dichten „Taucheruhren“ von Ruhla, Kaliber 24-44 Ruhlaer Taucheruhr mit mechanischem Aufzug, Kaliber 24-32, etwa von 1964 Wasserdichter Chronograph aus Ruhla, mechanischer Aufzug, Kaliber 24, von 1970 Wasserdichte Quarzuhr, bis 6 atü, Kaliber 13-32, ab 1986, auch bei der KSK im Einsatz TauchHistorie 12/2019 Spezimatic RP TS 200 – aus [17] In [19] sind die Aspekte zur Wasserdichtigkeit bei Nutzung und Wartung einer Armbanduhr gut zusammen gefasst. Auch das System „Adorex“, was endlich einen deutlichen Fortschritt brachte, wird beschrieben. Die Anforderungen an Taucheruhren werden jetzt über die DIN 8310 hinausgehend in der DIN 8306 geregelt. Entsprechende TGL wurden in der DDR zwar bearbeitet aber bis ihrem Ende nicht fertiggestellt. ISO-Normen boten eine gewisse Orientierung. Durch die Ansprüche der westlichen Exportpartnern der DDR-Uhrenindustrie und natürlich auch von den militärischen Anwendern entstand die Forderung nach einer Taucheruhr mit Automatikantrieb (kein Wechsel der Batterie erforderlich, also kein Öffnen des Gehäuses) und mit höherer Druckfestigkeit, was meist aus dem Wunsch nach mehr mechanischer Robustheit und Stoßfestigkeit resultierte, gar nicht so sehr aus dem Wunsch, tiefer zu tauchen. Diese Forderungen konnten die bisherigen Entwicklungen der Taucheruhren aus Ruhla nicht befriedigen. Auch die von der GUB in den 1970er und Anfang der 1980er Jahre gefertigten gewöhnlichen, serienmäßigen Herrenarmbanduhren im „Tauchdesign“ in Messing-Gehäusen spielten nur in dieser Liga. Sie waren nicht als Taucheruhren konzipiert und nur spritzwassergeschützt. Spezimatic RP TS 200, Etwa 1968 erhielten Kal.75, Ausführung deshalb die Glashütter 1 (Bild aus „Uhren & Uhren-Betriebe den Schmuck“, Heft 8, Auftrag, eine Automatik1968, S. 226) Taucheruhr mit Edelstahlgehäuse zu ent wickeln, die dann 1969, also vor genau 50 Jahren, als Spezimatic RP TS 200 auf den Markt kam, im Folgenden hier nur Spezimatic genannt, obwohl dieser Name für die Kaliber 74, 75 und 76 auch für gänzlich andere Uhren von GUB verwendet wird. Diese Automatik-Kaliber wurden von 1964 bis 1979 insgesamt 3,6 Millionen mal her gestellt (nur wenige für die Taucheruhr). Der VEB Feinmechanik Weimar war der zentrale Gehäusehersteller der DDR-Uhrenindustrie. Da dieser aber nicht in der Lage war, Edelstahlgehäuse herzustellen, wurden sie aus der Bundesrepublik im portiert (Reister Nickel, Kelten), hauptsächlich in der Hoffnung, die Uhren wieder in den Westen exportieren zu können. Als Werk wurde das bewährte Spezimatic-Automatik-Kaliber 75 (06-26) gewählt. Fast zeitgleich kam noch eine zweite Ausführung heraus, nur mit etwas verändertem Gehäuse und ohne Minutenpunkte. Warum das sinnvoll sein könnte, erschließt sich mir nicht. Die Spezimatic etwas später ohne Minutenpunkte, Ausführung 2 Das Innere des Spezimatic-Werkes Bodengravur der Spezimatic RP TS 200 mit der Druckangabe 20 atü Bodengravur der nur „wasserdichten“ Spezi chron ohne Druckangabe (5 atü zugelassen) Die „41“ zeigt an, dass dieses Exemplar für Dieser Uhrentyp war mit der Druckfestigkeit von 20 atü die erste den Export vorgesehen war. (und einzige) „wahre Taucheruhr“ aus DDR-Produktion. Dadurch war sie natürlich sehr begehrt, konnte aber wegen des Westimports der Gehäuse nur in relativ geringen Stückzahlen hergestellt werden. Der „kleine“ Sporttaucher bekam sie normalerweise nicht ans Handgelenk. Um die vorerst noch große Nachfrage bei Export und im Inland zu befriedigen, ging man notgedrungen den Weg, eine sehr ähnliche Automatikuhr herzustellen, mit Messinggehäuse und nur für 5 atü zugelassen, die Spezichron (Kaliber 11). Sie unterschied sich auf den ersten Blick kaum von der Spezimatic, nur die Bodengravur machte den Unterschied deutlich -20 bar gegen „wasserdicht“. Sie wurde trotzdem als Taucheruhr bezeichnet. Die Entwicklung litt auch schon etwas unter der „Quarzkrise“. Im Uhrenkombinat der DDR sollten vorrangig und zukunftsträchtig Quarzuhren hergestellt werden. So war Kaliber 11 „Spezichron“ das letzte mechanische Automatikkaliber des Uhrenwerks Glashütte. Bei allen Tauchfreunden, die sich auf eine kleine Umfrage von mir nach dem Besitz DER Taucheruhr der DDR gemeldet hatten, darunter auch ehemalige KSK-Angehörige, mussten wir (bis auf einen) konstatieren, dass es sich um die Spezichron handelte. Auch ohne statistische Absicherung kann man wohl sagen, dass diese in wesentlich höheren Stückzahlen in Umlauf gekommen ist als das Edelmodell Spezimatic. Von der Spezichron habe ich zwei Modelle gesehen, Kaliber 11-17 mit Wochentag und Kaliber 11-26 mit einfachem Datum. Spezichron Kaliber 11-17 mit Wochentag Die VEB-Glashütte-Uhren inspirierten dem Vintage-Trend folgend auch heutige Konstrukteure. Die Uhren-Manufaktur Glashütte Original ließ die gute alte Taucher-Spezimatic als SeaQ 1969 in einer Sammler-Kleinstserie von nur 69 Stück wiedererstehen, allerdings für mehr als 8.000 Euro Verkaufspreis. Handarbeit dominiert jetzt dabei, Ende der 1960-er Jahre wurden die meisten Einzelteile automatisch gestanzt und teilweise automa tisch montiert. Um die Zeitspanne von 50 Jahren, vor der die Spezimatic entwickelt wurde, und die Veränderungen in der Sporttauchtechnik seither deutlich zu machen, haben wir mal eine Spezichron-Tau cheruhr in ihre damals „natürliche“ Umgebung gegeben. Eine Spezimatic RP TS 200 hatten wir leider auf die Schnelle nicht. Zweischlauchregler, steifes Neopren aus Tschechien (wenn überhaupt), selbst gebaute oder aus anderen sozialistischen Ländern mitgebrachte Teile dominierten die Ausrüstung der (DDR)-Sporttaucher damals. Sie tauchten nicht so tief und so lange und nicht in so schöner Umgebung, an Freude und Enthusiasmus fehlte es ihnen (uns) aber bestimmt auch nicht. Spezichron Kaliber 11-26 mit einfachem Datum stellt, Modell: Uwe Gläser) stellt, Modell: Uwe Gläser) TauchHistorie 12/2019 68 Spezimatic RP TS 200 – Glücklicher DDR-Sport taucher mit Spezichron der 1970er Jahre (2019 nachge Bis die Quarzuhren die Automatik-Werke verdrängten, ging die Spezichron in den Export zu Quelle und Woolworth unter den Markenbezeichnungen Anker oder Meisteranker und wurde wie hier in dem Quelle-Katalog von 1980 für 65 DM verkauft. Quellen: [01] GUB-Kaliber75 t1p.de/sski [03] GUB-Taucheruhren t1p.de/ivg5 [05] GUB-Taucheruhr Modell2 Papiere t1p.de/eqlf [07] Glashütter Militär- und Dienstuhren t1p.de/aq59 [08] Historie des GUB-Kaliber 11 t1p.de/xddv [09] Artur Kamp, Klaus Mleinek, Rainer Paust, Die Geschichte der Technik der Ruhlaer Uhren und Maschinen, ISBN 978-3-00-037522-4 [10] Interview am 4.11.2019 mit Artur Kamp, Direktor F/E 1977-1990 im Ruhlaer Uhrenwerk, aktuell Vorsitzender des Museumsbeirates des Uhrenmuseums und Vorsitzen- der des Fördervereins Uhrentradition Ruhla e.V. [11] Werner Heinrich, Mechanische Armbanduhren aus Glas- hütte 1950 - 1980, Callwey Verlag, ISBN 3766717197 [13] Sonderdruck Spezimatic von 1966 t1p.de/sf44 [14] Spezimatic Kaliber 74 und 75 mit Reparaturanleitung t1p.de/tth0 [15] Wasserdichte Uhren, Krug, Mleineck, Uhren&Schmuck, 1973-03 t1p.de/iv38 [17] Wasserdichtheit bei Gehäusen der GUB Uhren t1p.de/ tjfh [19] Wasserdichtigkeit von Armbanduhren, Karl Strock, Neue Uhrmacherzeitung 1953 t1p.de/1724 [21] Werke der Glashütter Armbanduhren 1927 bis 1990, Paul Meißner, Eigenverlag TauchHistorie 12/2019 Hans-Hass-Expeditionen im Spiegel der Presse TeiL 4 69 Hans-Hass-Expeditionen im Spiegel der Presse TeiL 4 1 Von Michael Kranzler Aus Platzgründen können hier nur Ausschnitte aus den Zeitungsseiten gezeigt werden. Die vollständigen Seiten können Sie unter t1p.de/drjy ansehen. Der Film „Abenteuer im Roten Meer“, den Hass während seiner zweiten Expedition ans Rote Meer dreht, hat Anfang der 50er Jahre einen sensationellen Erfolg. Rund um den Erdball strömen die Zuschauer ins Kino, um das damals noch unbekannte Reich der Korallenriffe zu bestaunen. Dieses überwältigende Interesse legt den Grundstein für den Kauf der „Xarifa“ und beschert dem Tauchpionier globalen Ruhm. Vor allem aber machen die faszinierenden Aufnahmen das Tauchen nahezu überall bekannt und wecken in so manchem Bewunderer den Wunsch, den Zauber jener Welt unter Wasser selbst erleben zu können. Blättern wir ein wenig in den Zeitschriften und Zeitungen jener „Gründerjahre“ des Tauchsports. Ein Wiener Mädel erobert eine Männerdomäne Hans Hass hat stets behauptet, er sei grundsätzlich dagegen gewesen, Frauen auf eine Expedition mitzunehmen. „Lieber vom Ruderboot aus tauchen, als eine Frau auf einer Expedition.“ 2 Nicht, dass er etwas gegen Frauen habe. Nein, aber ihre Anwesenheit führe zwangsläufig zu Konflikten und Rivalitäten unter den männlichen Teilnehmern. Deshalb habe er es anfangs strikt abgelehnt, Lotte im April 1950 nach Port Sudan mitfahren zu lassen. Nur weil der Filmverleih hartnäckig darauf bestand, habe er sich schließlich breitschlagen lassen. Gezwungenermaßen durfte sie ihn dann doch begleiten – angeblich zunächst nur als Sekretärin, nicht als Taucherin. Am Roten Meer jedoch habe sie sich als mindestens ebenso tapfer und geschickt erwiesen wie die Männer3. In ihrem lang danach erschienenen Buch bestätigt Lotte diese Version4. Ohne Zweifel ein großartiger Plot! „Abenteuer im Roten Meer“ läuft auch in Ländern, die Filme aus dem Westen eher selten zeigen: Filmprogramm aus dem ehemaligen Jugoslawien. 1 1Auch für diese Folge bin ich Michael Jung vom Hans-Hass-Institut zu großem Dank verpflichtet für seine bereitwillige Unterstützung und hilfreichen Anregungen 2Hass, Hans: Manta – Teufel im Roten Meer. Berlin 1952, S. 97. Als Hass diese Zeilen schrieb, war allerdings die 2. Expedition ins Rote Meer längst erfolgreich abgeschlossen 3Beispielsweise in: Hans Hass: Erinnerungen und Abenteuer. Wien 2004, S. 213 f. Diese Darstellung bleibt fast gleichlautend bis zu seinem letzten Buch Hans Hass/M. Jung: Aufbruch in eine neue Welt. Königswinter 2016, S.16 4Hass, Lotte: Ein Mädchen auf dem Meeresgrund. Wien-Heidelberg 1970, S. 12 ff. Dieses Buch ist in mehreren Ausgaben und Übersetzungen erschienen (siehe Werkverzeichnis von M. Jung) und wurde 2011 sogar erfolgreich verfilmt „Familienidyll am Wolfgangsee. Hier kündet Hass eine große Tauchexpedition mit Gattin Hannelore an. 2 Doch war es wirklich so? Dass Lotte sich während der Expedition glänzend bewährt hat, steht außer Frage. Aber war der dynamische Meeresforscher wahrhaftig der Mann, sich etwas aufs Auge drücken zu lassen gegen seinen ausdrücklichen Willen? Gerade jetzt, nach dem durchschlagenden Erfolg seines Films „Menschen unter Haien“ und der so erfolgreichen Vorexpedition ins Rote Meer?5 Für seine frühen Fahrten trifft es sicher zu, dass Hass keine Frauen dabei haben wollte. Aber hegt er diesen „weiberfeindlichen“ Vorbehalt tatsächlich auch noch in der Zeit seines Neubeginns? Im Herbst 1949, kurz bevor der Meeresforscher allein nach Port Sudan aufbricht, schreibt ein Blatt noch über das junge Glück der Familie Hass-Schroth am Wolfgangsee6. Die Reportage wird durch den Hinweis ergänzt, dass Hannelore mit ihrem Gatten für ein Jahr auf Weltreise gehen werde. „Hass plant, die Ergebnisse dieser Fahrt um den Erdball in mehreren Büchern zu veröffentlichen.“ Fast zur gleichen Zeit kündigt eine andere Filmzeitschrift an, Hass plane noch im Herbst 49 eine Expedition, für die sich „bereits größere wissenschaftliche Institute interessieren“ 7. Überdies wolle er nicht mehr in 16-mm-Schmalfilm drehen, sondern gleich auf Normalfilm (35 mm) aufnehmen und wenigstens teilweise in Farbe. Auf einem der drei Fotos „doziert Dr. Hass auch vor einem Aquarium über das Liebesleben der Fische“ für seine aufmerksam zuhörende Frau. Die beabsichtigte Fahrt solle ins Korallenmeer vor Australien führen. Weitere Teilnehmer seien Gattin Hannelore und Sohn Hansi. Statt Expedition wohl eher Familienurlaub, wenn auch ein außergewöhnlicher. Aber so wären wenigstens Konflikte unter männlichen Teilnehmern ausgeschlossen. Allerdings folgt dann der geheimnisvoll orakelnde Satz: „Doch scheinen die Schwierigkeiten noch unüberwindbar.“ Welche „Schwierigkeiten“ denn und für wen „unüberwindbar“? Bezieht sich das wirklich nur auf die Kosten für Schiff und Mannschaft? Könnte es nicht sein, dass Hass‘ Erfahrungen in der Welt des Films seine anfängliche Einstellung gegenüber weiblichen Expeditionsteilnehmern grundlegend verändert haben? Dass ihm inzwischen bewusst geworden ist, welche Wirkung eine hübsche Frau als Taucherin auf der Leinwand entfalten muss und dass er deshalb von sich aus eine attraktive Teilnehmerin fest einplant? Hatte er doch seine reizende Frau Hannelore schon als weibliche Hauptdarstellerin im geplanten Unterwasser-Spielfilm „Mbongo“ vorgesehen. Mögen neben einer charmanten Taucherin die männlichen Teilnehmer auch etwas von ihrem Heldennimbus einbüßen, denn wenn eine Frau das schafft, kann’s so gefährlich nicht sein. Doch genau darauf kommt es dem Tauchpionier an: Dass Schwimmtauchen als Forschungsmethode jedem gesunden Wissenschaftler möglich ist (nach eingehender Unterweisung und bei entsprechender 3 Unter wohlbekanntem Titel posiert das Ehepaar noch gemeinsam, kurz bevor er zum ersten Mal ans Rote Meer fährt. 5Vgl. dazu: „Hans-Hass-Expeditionen im Spiegel der Presse, Teil 3“ in: TH 08/2017, S.24-29 6„Er ist Fotojäger auf dem Meeresgrund, sie ist Filmschauspielerin“ in: Film, die große Filmzeitschrift Nr. 19, 1. Septemberheft 1949 7„Menschen filmen unter Haien“. In: Film Illustrierte Nr. 37 v. 13.9.1949, S.10 „Lotte hantiert offenbar lieber mit der UW- Kamera als mit dem Stenoblock. 4 Umsicht), beweist wohl am überzeugendsten eine Frau8. Gattin Hannelore, gutaussehender und populärer Profi vor der Kamera, scheint dafür wie geschaffen. Wären da eben nicht gewisse „unüberwindbare Schwierigkeiten“. Wie hatte >Film< geschrieben? „Dr. Hans Hass sucht sich merkwürdige ‚Spielgefährten‘ aus, wie diesen Rochen, während Hannelore den zärtlichen Umgang mit ihrer Lieblingskatze offensichtlich vorzieht.“9 Fühlt sich die zarte Schauspielerin den Gefahren und Entbehrungen einer Expedition nicht gewachsen? Ist ihr der Part als Nixe künstlerisch nicht anspruchsvoll genug? Wo doch ihre eigene Filmkarriere eben wieder Fahrt aufnimmt!10 Ganz anders die noch völlig unbekannte Lotte; begeistert springt sie ein, übernimmt die freigewordene Rolle der hübschen Taucherin und erweist sich als Spitzenbesetzung (später auch in der Rolle als Ehefrau). An den Gedanken einer frühen Rivalität der beiden Frauen wird noch einmal anzuknüpfen sein. Ein solcher Ablauf des Geschehens würde einiges erklären. Zum Beispiel, wenn Lotte Tauchen nicht bloß heimlich übt, sondern spätestens ab Januar ganz offiziell vor Rundfunk und Presse am Tauchtraining der „kleinen Equipe des Tiefseeforschers“ im Wiener Dianabad teilnimmt, sieht das nicht so aus, als sei sie nur als Sekretärin eingeplant11. Ebenso, wenn sie für ein Pressefoto kurz vor ihrer Abreise lieber mit dem neuen (wenn auch leeren) UW-Gehäuse posiert, statt als eifriges Tippfräulein zu Stift und Stenoblock zu greifen12. Aus diesem Blickwinkel erscheint dann auch die „Großreportage“ über Lottes herbstlichen Ausflug ins „Wiener Eismeer“ als frühe Werbekampagne für das geplante Unternehmen und dessen neue Hauptperson13. Falls also Hass selbst die Idee hatte, eine hübsche Frau mitzunehmen, musste Schuchmann von der Sascha-Film überhaupt keine Überzeu gungsarbeit mehr leisten. Oder sollte im Gegenteil Hannelores Weigerung Hass‘ ablehnende Haltung gegenüber Frauen auf Expeditionen vielleicht sogar noch verstärkt haben? Wie auch immer: Fakt ist, Lotte fährt 1950 mit ans Rote Meer und taucht dort erfolgreich, und so werden beide im Tauchsport wie von selbst zu Vorreitern einer Entwicklung, die heute gern „gender mainstreaming“ genannt wird. Abenteuer am laufenden Band Auch in der Region selbst wird Hass‘ Vorhaben von Anfang an aufmerksam verfolgt. Ein Bericht der wichtigsten ägyptischen Tageszeitung in arabischer Sprache untermauert die These, dass Lotte von Anfang an als Taucher vorgesehen war. 14 Das Blatt schreibt, Dr. Hass werde einige Tage in Kairo bleiben und dann nach Port Sudan weiterreisen, um dort unter Wasser einen Film zu drehen über die Lebewesen des Roten Meeres. Begleitet werde er von seiner netten Sekretärin Lotte Baierl, einer jungen, hübschen Wiener Frau. Erst 21 Jahre alt, werde sie die Heldin in dem Film über das marine Leben sein. In einem zweiten Artikel liefert dieselbe Zeitung einen ausführlicheren Artikel.15 Das Interview im altehrwürdigen Kairoer Sheppards Hotel unterstreicht erneut, dass Lotte für die Studien unter Wasser selbst tauchen werde, und beschreibt den Zweck der Expedition. Wichtig für deren Erfolg sei es, neue Fischarten zu bestimmen und aufzunehmen, vor allem große, wie z.B. Haie. Deren empfindliche Sinne für die Schwingungen von Flossen sollen besonders untersucht werden. Dann plaudert der „österreichische Wissenschaftler“ überraschend über seine finanzielle Lage. Weil die Einnahmen aus hunderten Vorträgen und zahlreichen Büchern nicht ausreichten, um sein Unternehmen zu 8Zum Thema „Taucherinnen“ vgl. auch Hans Hass: „Frauen unerwünscht?“ in: Submarin Nr. 1 v. 1982, S.17 9 Wie FN 6 10„Derby“ war ihr neuester Film. Sie strahlte von der Titelseite z.B. der Hörzu Nr. 30/1949, der Neuen Frankfurter Illustrierten Nr. 15 v. Juli 1949 und der Radiowelt Nr. 34/1949. Zeitschriftenartikel in dieser Zeit lassen ihren Gatten oft unerwähnt, z.B. bringt die Zeitschrift Mein Film im Zeitraum 1947-48 mindestens 5 Artikel über Hannelore allein, darunter 4 Titelstories über die Filme „Das singende Haus“ und „Lambert fühlt sich bedroht“ 11„Haie im Dianabad?“ In: Große Österreich Illustrierte Nr. 3 v. 21.1.1950, S. 3 12„Lottchen mit der Unterwasser-Kamera“. In: Quick Nr. 15 v. 9.4.1950, S. 482. Dieses Foto erscheint am selben Tag auch in Rheinfunk, die Sürag Nr. 15 v. 9.4.1950. S. 6 und kurz darauf in ’al-’ahm, s. FN 15 13„Expedition ins Wiener Eismeer, schaurig kalt, aber interessant!“ In: Große Österreich Illustrierte Nr. 36 v. 19.11.1949, Titel seite und S. 10-12 14„Filmaufnahmen der Lebewesen unter Wasser“ in: al-. ahram, Kairo, April 1950. HH-Archiv. Genaue Daten sind nicht bekannt. Zusammenfassende Übersetzung vom Verfasser 15„Bericht über das Leben in den Gewässern des Roten Meeres“ in:al-. ahram, Kairo, April 1950, HH-Archiv. Auch hiervon sind keine genauen Daten bekannt. Übersetzung vom Verfasser 16Zu den Einzelheiten dieser Förderung siehe Jung, Michael: Schritte ins Niemandsland, Neue Einblicke in Leben und Werk des Naturforschers Hans Hass. Hamburg 2019, S.143; sowie TH 08/2017, S. 25 Als „Big Shark“ von einem kleinen Hai in den Arm gebissen wird, erscheinen darüber statt ausführlicher Berichte nur knappe Meldungen. Die Aufnahme der Barrakudas stammt noch von seiner vorhergehenden Fahrt; die Ziele der neuen Expedition aber kann Hass bereits zu Beginn klar umreißen. Foto HH-Archiv finanzieren, habe er von der österreichischen Regierung 40 000 Schilling als Zuschuss erhalten.16 Die englischsprachige >Egyptian Gazette< stellt in ihrem Beitrag dagegen die Bedeutung der Expedition für die wirtschaftliche Nutzung der Meere heraus: „Falls dieses Unternehmen erfolgreich ist, sieht Dr. Hass keinen Grund, warum das gleiche Prinzip [Anlocken durch ausgestrahlte Schwingungen] nicht weltweit für Speisefisch angewandt werden kann.“17 Während der Expedition geschieht dann ein dramatischer Zwischenfall: „Big Shark“ wird von einem kleinen Braunen Hai gebissen und muss in Port Sudan ins Spital. 18 „Ein Unfall, von dem die ganze Welt sprach“ schreibt später >Quick< zu einem Foto, das Hass mit abgebundenem Oberarm zeigt. 19 Seltsam genug, dass über dieses folgenreiche Missgeschick kaum direkte Berichte erscheinen, zumindest nicht im deutschsprachigen Raum. Auch im Hans-Hass-Archiv liegen darüber keine weiteren Bei träge vor.20 Nach der Rückkehr der Expedition beginnen dann im Spätherbst 1950 die ausführlichen Bildberichte über ihre außergewöhnlichen Erlebnisse. „Hans Hass zurück und wieder bringt er Bilder, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat…“ verkündet >Quick< und behauptet stolz, sie werde die neuen Berichte von Hass „als erste Zeitschrift der Welt“ veröffentlichen, denn sie hatte die Exklusivrechte. 21 Und doch beschreibt der gefragte Autor nur sechs 6 Tage später in der >Großen Österreich Illustrierten< Tauchgänge zu den Wracks vor der Sudanesischen Küste22. Zu den Portraits von Hans und Lotte lautet der Bildtext: „Vom Roten Meer zurück“. Die Einleitung klingt verheißungsvoll und aufschiebend zugleich: „Der am, über und im Roten Meer gedrehte Film ‚Drei goldene Segel‘ mit der Sekretärin des Forschers, Lotte Baierl, als Unterwasserstar, wird bald die Ergebnisse der Expedition der Öffentlichkeit vorführen.“ Die gespannten Leser werden also auf später vertröstet. Denn Hass berichtet hier in Wort und Bild lediglich über seine früheren Abstiege zur ‚Umbria‘ und dem russischen Wrack. Auch der schon im September im australischen Magazin >Pix< erschienene Beitrag über Suakin stammt von seiner ersten Fahrt zum Roten Meer.23 Damit bleiben die Rechte von >Quick< unberührt, und die legt nun los. Um die Abenteuer der Expedition zu veranschaulichen, bemüht die Redaktion buchstäblich Himmel und Hölle. 17„Explorer risks Red Sea sharks in ‚fish farm‘ venture“ in: The Egyptian Gazette, Kairo, v. 7.4.1950. HH-Archiv. Übersetzung und Einfügung vom Verfasser 18„Dr. Hans Haß wurde beim Tauchen…“ in: Der Spiegel, Nr. 21 v. 25.5.1950, S. 21. Ausführlich ist der Vorfall beschrieben in: Hass, Hans: Wir kommen aus dem Meer, Berlin 1957, S.25 ff. 19 Quick Nr. 49 v. 3.12.1950, S. 1710 20 Email von M. Jung v. 23.4.2019 an den Verfasser 21 Quick Nr. 47 v. 19.11.1950, S. 1627. Den Exklusivvertrag mit Quick hatte Hass schon vor seiner ersten Fahrt ans Rote Meer abgeschlossen, vgl. TH 08/2017, S. 25 22 „Korallen auf Dynamit“ in: Große Österreich Illustrierte Nr. 47 v. 25.11.1950, S. 4. Die dabei verwendeten Fotos stammen aber augenscheinlich von seiner ersten Fahrt ans Rote Meer 23„Coral kills a town“ in: PIX Magazine, Sidney, Nr. 13 v. 23.9.1950, S. 29-31. Der Artikel ähnelt dem in der Quick v. 5.2.1950 erschienenen „Stadt, von Korallen erstickt“ 7 Die Illustrierte >Quick< bringt die meisten Berichte über die Bald danach erzählt Hass auch in anderen Zeitschriften über seine Eine belgische Illustrierte retuschiert den Walhai tatsächlich zu Filmexpedition. außergewöhnlichen Erlebnisse vor Port Sudan. einem Ungeheuer um, dass einer Seeschlange ähnelt. 8 9 Sie führt ihre Leser in die „Rote Hölle“, in deren „Hexenreigen“ sich ein Mädchen gegen „Teufelsfische“ behaupten muss, bis schließlich der „Liebe Gott“ höchstpersönlich eingreift und eine Art Schutzbrief für die Taucher an die Haie schreibt.24 Ebenfalls vor Weihnachten hatte auch die >Wiener Illustrierte< mit einer Serie über die Expedition begonnen, die sich allerdings in Inhalt und Fotos von der Quick-Serie unterscheidet. 25 Der Titel klingt altbekannt: „Unter Korallen und Haien“. Erst der Untertitel „Mit Hans Hass im Roten Meer“ stellt klar, dass hier nicht die frühere Fahrt in die Karibik gemeint ist. Doch das Beste kommt zum Schluss, und so teilt >Quick< ihren Lesern Anfang Januar mit, Hass werde demnächst berichten über die Begegnung mit dem „ungeheuerlichsten Ungeheuer der Tiefe“, bei der „auch dem ‚Pin-up-Girl der Haie‘ der Atem“ stockte.26 Ehe dann sechs Ausgaben später das Zusammentreffen mit dem „größten Hai der Welt“ erscheint, 27 haben die Leser im Vereinigten Königreich das „Monster“ schon bestaunen können.28 Nie zuvor war dieser größte Fisch unter Wasser beobachtet und gefilmt worden. Obwohl diese allererste Begegnung mit dem Walhai an sich schon Sensation genug ist, reicht das der belgischen Illustrierten >Point de Vue< noch nicht. Durch Fotomontage verändert sie in ihrer siebenseitigen „Reportage ohne Beispiel“ den Hai so, dass er eher einer Seeschlange gleicht. 29 An diesem Heft ist auch das Titelbild bemerkenswert. Die auf- fällige Mimik des „Weltmeisters der Unterwasser-Abenteuer“ wird frei übersetzt erklärt mit: „Das Geheul dieses Mannes schlägt Haie in die Flucht“. Als im September die >Wiener Illustrierte< dasselbe Foto auf der Titelseite bringt, betont auch sie die damals noch unglaubliche Wirkung der Schreie.30 Vielleicht hatte die australische Zeitung ein solches Bild vor Augen, als sie ihren Artikel über Hass betitelte: „Lächeln, um einen wütenden Hai zu erschrecken“. 31 Hass sei gerade dabei, Tarzan zu spielen in einem UW-Film, der in einem italienischen Wrack vor Port Sudan gedreht werde. Weniger marktschreierisch, aber dennoch packend berichtet Hass über sein „größtes, wagemutigstes Abenteuer“ für die Leser in der Schweiz. 32 Im Artikel eines französischen Magazins dagegen bildet der Walhai nur eines unter vielen aufregenden Erlebnissen des gesamten Teams.33 Gespannt verfolgt die Presse Downunder das spektakuläre Stelldichein mit dem Knorpelfisch; mindestens 24 Zeitungen berichten von Ende Juli bis Anfang Oktober 1950 darüber. 34 Oft wird dabei das Paradoxon herausgestellt, dass große Haie sich reiten lassen und kleine beißen. Bereits im April hatte der >West Australian< darauf hingewiesen, die Expedition sei ans Rote Meer gekommen, um den ersten UW- Tonfilm zu drehen.35 24„Wir jagen die Stimme des Hai“ in: Quick Nr. 49 v. 3.12.1950, Titelseite und S. 1708-1710; „Ein Mädchen im Hexenreigen der Tiefe“ in: Nr.50, S.1757-1760; „Der liebe Gott schrieb an die Haie“ in: Nr. 52 v. 24.12.1950, S.1849-51 25Wiener Illustrierte Nr.50 v. 16.12.1950, Titelseite und S. 4-5; Nr.51 v. 23.12., S.4-5; Nr.52 v. 30.12.1950, S.4-5 26Quick Nr. 1 v. 7.1.1951, S.7 27„Ritt auf dem Hai“ in: Quick Nr. 7 v. 18.2.1951, Titelseite und S. 199-202 28„A Date With A Monster“ in: Illustrated, London, v. 27.1.1951, S.24-26 29„Les Champions Du Monde De L’Aventure Sous-Marine“ in Point de Vue, Images du Monde, Bruxelles, Nr.145 v. 15.März 1951, Titelseite und S. 3-9. 30„Schreie gegen Haie“ in: Wiener Illustrierte, Nr.37 v. 15.9.1951, Titelseite und S.8-9 31„Smile to ‚frighten‘ an angry shark“ in: Mail, Adelaide v. 22.4.1950, S.48 32„Der Ritt auf dem Riesenhai“ in: Sie und Er, Zofingen, Nr.17 v. 27.4.1951, S.14-15 u. 42 33„Deux hommes et une femme dans la jungle sous-marine“ in: Regards, Paris, Nr.301 v. 25.5.1951, S. 7-9 34Siehe trove.nla.gov.au/newspaper unter dem Stichwort „Hans Hass“ 35„First Sound Film To Be Made“ in: West Australian, Perth, v. 4.4.1950, S.10 So schlägt Hass angeblich selbst den grimmigsten Hai in die Flucht. Bleibt die Frage, was von dieser ausdruck- starken Mimik noch zu erkennen ist, wenn er Maske und Mundstück trägt. Ein Londoner Magazin stellt die „Rotmeer-Nixe“ sogar in Farbe vor. 36 Ihre persönliche Sicht auf die Reise ans Rote Meer schildert Lotte ausführlich in einer fünfteiligen Fortsetzung für >Quick<37. Dabei weicht sie gleich zu Beginn der Serie von ihrer späteren Schilderung auffallend ab. Schon bei der Anreise in Kairo sei bekannt, dass sie tauchen werde: „Ich stehe in allen Zeitungen. In allen Sprachen steht es gedruckt, ägyptisch, griechisch, englisch, französisch: Eine Frau will in die Tiefen des Meeres tauchen!“38 Das weitere Geschehen beschreibt sie trotz der Aufforderung von Hass, während der Expedition ein Mann zu sein, vom durchaus weiblichen Standpunkt aus, und bei dem Titel „Zwischen Männern und Haien“ kann der Leser selbst entscheiden, welche Gattung wohl die gefährlichere war. Auftretende Spannungen unter den männlichen Teilnehmern spart sie nicht aus, bleibt da bei aber sehr zurückhaltend. Diese Artikelserie gilt als Vorläufer ihres später so erfolgreichen Buchs über diese Reise. 11 Dieser Arbeitstitel taucht noch Jahre später in Werbe anzeigen für den Film auf. Der Preis des Ruhms Inzwischen arbeitet Hass fieberhaft daran, den Film rechtzeitig zur Biennale in Venedig fertigzustellen, nimmt sich kaum Zeit für die Hochzeit mit Lotte. Neben dem von der >Großen Österreich Illustrierten< genannten ominösen Arbeitstitel „Drei goldene Segel“ existiert zeitweise mindestens noch ein weiterer: „Der rote Teufel“, der noch zwei Jahre später in einer Werbe- anzeige fürs Kino genannt wird.39 Ursprünglich hatte Hass nach eigener Aussage den Titel „Das Ungeheuer von Suakin“ im Sinn gehabt 40 und auch „Dem Teufel nach“41. „Nun sogar einen Preis“ stellt >Der Spiegel< mehr verwundert als bewundernd fest, als die Auszeichnung in Venedig den Film und damit die spektakuläre Expedition ans Rote Meer erneut in die Schlagzeilen katapultiert. 42 Selbst kleine Episoden der Dreharbeiten sind nun wieder interessant, wie zum Beispiel der Zwischenfall mit Mahmoud, der für eine Szene folgsam ein Vogelei vor laufender Kamera genüsslich verzehrt, obwohl es bereits halb ausgebrütet war. 43 Aber besonders Lotte beeindruckt Publikum und Presse (Bild 12). In ‚Menschen unter Haien‘ hieß „die Hauptdarstellerin dieses Films, der weibliche Star also, […] mit Vor- und Zunamen Gefahr“. 44 Diesmal ist ein hübsches Wiener Mädel der Star und das sehr überzeugend. Die „Unterwasser-Amazone“45 macht im Badeanzug eine so gute Figur, dass sie manchen Kritiker zu beinahe lyrischen Lobeshymnen hinreißt: „Lotte Baierl wurde wahrlich nicht umsonst mitgenommen. Die ‚tauchende Venus‘ ist echter, menschlicher und eben deshalb geheimnisvoller als 36„Red Sea Mermaid“ in: Illustrated, London, v. 3.2.1951, S. 16-19 37„Zwischen Männern und Haien“ in Quick Nr. 20-24 v. 20.5. bis 17.6.1951 38In: Quick Nr. 20 v. 20.5.1951, S. 651 39Lichtspieltheater Fürstenzell für den 20. und 21.1.1953 „Der rote Teufel, mit Tiefseeforscher Hans Hass“ in: Passauer Neue Presse Nr. 8a v. 16.1.1953, S. 8 40„Meine Filmarbeit im Roten Meer. Ein kritischer Rückblick“ Expeditionsreflexion, 1950, siehe: www.hist-net.de/Filmgalerie 41Jung, Michael: wie FN 16, S. 148 42In: Der Spiegel, Nr. 21 v. 25.5.1950, S. 21 43„Hans Hass, der ‚Bezwinger‘ des Roten Meeres…“. In: Große Österreich Illustrierte v. 20.10.51, HH-Archiv 44Illustrierte Filmbühne Nr. 566. Auslassung vom Verfasser 45 „Abenteuer im Roten Meer“. In: Wiener Zeitung v. 23.9.51, HH-Archiv TauchHistorie 12/2019 Die Nummer 4 des Münchner >Film Extrablatt< behandelt ausschließlich „Aben- teuer im Roten Meer“. Das vom Verleih herausgegebene Presseheft bietet zahlreiche Text- und Bildvorschläge für den ersten Unterwasser - Tonfilm. 12 die ‚Badende Venus‘ Hollywoods.“46 Die Zeitschrift >Kleines Frauenblatt< bringt es auf den Punkt; auf ihrer Titelseite schreibt sie zu Lottes Konterfei: „Über Nacht – weltberühmt“. 47 Die Kinobranche ihrerseits ist hochzufrieden henden Farben zauberhafter unterseeischer mit dem „sensationellen Erfolg“ des Films.48 Gärten sprechen werden“.51 Fast alle Lichtspielhäuser melden außergewöhnlich hohe Besucherzahlen und verlän-Der große Anklang beim Publikum drängt gern die Laufzeit, in manchen großen Städten dann im Laufe der Zeit die gefahrvollen Dreh 13 um Wochen. In der Tagespresse reichen die Berichte von kurzen Meldungen bis zu ausführlichen Kritiken. Wo auch immer der Streifen in Österreich gezeigt wird, vermerken die Zeitungen voller Stolz, dass dieses in Venedig prämierte „Werk der inländischen Produktion“ zu verdanken sei.49 Länderübergreifend hingegen wird unisono der Wunsch laut, diese „Märchenwelt wie aus Tausendundeiner Nacht“ in ihrer vollen Farbenpracht kennenzulernen.50 Darüber denkt natürlich auch Hass selbst nach und lässt schon im Herbst 1951 durchblicken, „dass in seinen nächsten Filmen auch die glü arbeiten und die Probleme während der Her stellung mehr und mehr in den Hintergrund. Ins Zentrum der Beiträge rücken zunehmend Hans und Lotte selbst. Von Hannelore Schroth hatte sich Hans am 3. April 1950 scheiden lassen, also unmittelbar vor seiner zweiten Expedition zum Roten Meer, von der Öffentlichkeit kaum bemerkt. Die Hochzeit mit Lotte im Januar 1951 wird dann schon aufmerksamer verfolgt; selbst der >Spiegel< bringt eine kurze Nachricht.52 Dabei schreibt das Magazin, Lotte heiratet ihren Chef, nicht etwa umgekehrt. Ähnlich drückt es die >Neue Zeit< aus. 46„Der Film mit dem Biennale-Preis“. In: Die Presse, Wien, v. 23.9.51, HH-Archiv. Mit der „badenden Venus Hollywoods“ ist ver mutlich Dawn Adams gemeint 47 Kleines Frauenblatt v. 22.9.1951, HH-Archiv 48So z.B.: Österreichische Kinozeitung v. 13.10.51 und v. 26.1.52, HH-Archiv; Die Filmwoche Nr. 35 v. 1.9.51, S. 450; Filmblätter Nr.42 v. 19.10.1951, S.853-854 49Der Abend, Wien, v. 22.9.51; Die Presse, Wien, v. 23.9.51; Die Wahrheit, Graz, v. 16.1.52; Neue Zeit, Graz, v. 17.1.52; alle HH- Archiv 50Tagesanzeiger, Zürich, v. 1.9.51; Die Presse, Wien, v. 23.9.51; Sport Tagblatt, Wien, v. 24.9.51; Die Wahrheit, Graz, v. 16.1.52; Neue Zeit, Graz, v. 17.1.52; Steirerblatt, Graz, v. 17.1.52; alle HH-Archiv. Deutsche? 51„Als Nomaden auf den Ozeanen“. In: Telegraf, Berlin, v. 28.10.51 52„Lotte Bayerl, Tiefseeassistentin, heiratete…“ In: Der Spiegel, Nr. v. 10.1.1951, S. 34 Lotte „wußte, was sie wollte – zuerst mit ihm Tauchversuche machen, dann selbst tauchen, selbst filmen und gefilmt werden und schließlich ihn heiraten, nachdem seine Ehe mit Hannelore Schroth geschieden war.“53 Allgemein gilt von da an in den Medien: Jetzt ist nicht mehr er „Ehemann der Schauspielerin“, sondern sie „Gattin des Tiefseeforschers“. Über das jungvermählte Paar bricht eine Art Starrummel herein. Besucht der Meeresforscher den Filmball in München, ist das eine Notiz wert.54 Baden Hans und Lotte in Venedig am Strand, natürlich mit Maske und Flossen, wird das zum Ereignis hochstilisiert, denn für >Quick< sind sie die beliebtesten Fotomodelle des Lidos“.55 Ein ähnliches Foto zeigt die beiden am Strand, wie sie einem Reporter „Unterwasserausflüge mit Mikrofon und Kamera“ schildert. Auch hierbei trägt Hans die Tauchmaske auf der Stirn und Flossen in der Hand. 56 Eine Filmzeitschrift meldet: „… die Gattin des Dr. Hans Hass, der um ihretwillen seine erste Frau Hannelore Schroth verließ“, habe sich den ganzen Tag gesonnt.57 Ruhm fordert eben seinen Tribut, und so notwendig diese Popularität für weitere Aktionen von Hass auch ist, sein Ruf als ernsthafter Wissenschaftler nimmt dabei Schaden. Doch nicht nur Klatschspalten in der Regenbogenpresse stochern jetzt genüsslich im Privatleben des tauchenden Paares herum. Als Beispiel kann eine bayerische Tageszeitung dienen, die den zurückliegenden „Zickenkrieg“ zwischen Hannelore und Lotte vor ihren Lesern detailreich ausbreitet.58 Zunächst stellt das Blatt die weltbewegende Frage, warum Lotte mit ans Rote Meer fuhr und nicht Gattin Hannelore, um dann gleich selbst die Antwort zu liefern. Hass habe sich bemüht, seine damalige Frau für diese neue Art der Unterwasserforschung zu begeistern – vergeblich. „Hannelore Schroth hatte aber für so gefährliche Unternehmen und Reisen an das Rote Meer nichts übrig. Sie bezeichnete es als blödsinnig, für einige Unterwasserauf- nahmen und langes Luftanhalten sein Leben aufs Spiel zu set zen.“ Dagegen verteidigte Lotte ihren Chef „leidenschaftlich“, woraufhin Frau Hass ihre Koffer packte und nach Deutschland zurückkehrte, wo sie vom Film „mit offenen Armen aufgenom men“ wurde. Sie ließ verlautbaren, in der Ehe brauche sie Ruhe und ihr „seelisches Gleichgewicht“. Die ständige Angst um ihren tauchenden Mann halte sie nicht länger aus. Süffisant fährt das Blatt fort, Lotte hingegen berichte heutzutage lachend von einer früheren Auseinandersetzung, in deren Verlauf sie die Schauspielerin „Kosmetikpuppe“ und „Zierfräulein“ genannt habe. Diese habe darauf kühl erwidert: „Sie sind ja nicht mit Hass verheiratet. Dann würden Sie nämlich auch mehr Furcht um ihn haben.“ Worauf Lotte schnippisch gekontert haben will: „Noch nicht mit ihm verheiratet, meine Dame!“59 Für die bislang unbekannte Lotte hat sich mit der Teilnahme an der Expedition ein Traum erfüllt. Die etablierte Schauspielerin Hannelore betrachtete die Fahrt ans Rote Meer für sich wohl eher als einen Irrweg, ihrer Karriere nur abträglich. Der überwältigende Erfolg bei Kritik und vor allem Publikum ruft aber nicht nur hämische Klatschmäuler auf den Plan, sondern alsbald auch besserwissende Nörgler. Der einstige Gefährte in griechischen Gewässern, Dr. Albrecht Beckh, war in „Menschen und Haie“ nicht besonders gut weggekommen. War ihm das sauer aufgestoßen oder missfiel ihm, dass die Expedition ins Rote Meer ohne ihn abgelaufen war? Jedenfalls revanchiert er sich jetzt boshaft. Bei einem Vortrag in Kassel schmückt sich „der Ozeanograph und Teilnehmer der Hans-Hass-Expedition von 1942 in die Aegäis“ wie so oft ungeniert mit dem berühmten Namen.60 Einige Zeilen weiter lobt der Text „die Art des Vortragenden, die Natur selbst sprechen zu lassen und auf alle sensationelle Aufmachung zu verzichten“. Um dann gehässig fortzufahren, das habe „besonders wohltuend“ gewirkt, vor allem „im Hinblick auf die neueste Pin-up-Expedition von Hans Haß.“ Leider lässt sich nicht eindeutig erkennen, ob dieser „sexistische“ Begriff von Beckh selbst stammt oder die persönliche Sicht des Berichterstatters wiedergibt. In seinem Buch dann stichelt der „Tauchkünstler“ Beckh, Xenophon habe den Walhai vor den Filmaufnahmen durch eine Dynamitexplosion „betäubt“.61 Nur deshalb sei der narkotisierte Riesenfisch „als Filmstar ‚walfromm‘ geworden“. Dabei scheut sich dieser Beck(h)messer nicht, jene angebliche Schandtat so zu schildern als sei er selbst tatsächlich mit im Boot gesessen. Hass verwahrt sich später gegen diesen abwegigen Vorwurf. 62 Der Kassenschlager „Abenteuer im Roten Meer“ weckt aber auch Begehrlichkeiten vermeintlich Zukurzgekommener. Die Expeditionsteilnehmer Rohrer und Weidler verklagen Hass, ihnen nachträglich Spielfilmgagen zu zahlen. Kaum vom Barriere- Riff zurück, muss das Ehepaar im >Stern< ätzende „HassGesänge“ lesen.63 Der Prozess wird im Juli vor dem Wiener Arbeitsgericht ausgetragen, zu einer Zeit also, als der Ausbau der Xarifa fast abgeschlossen ist. Über diesen Rechtsstreit berichtet auch die Schweizer Zeitung >Die Tat< in einem Beitrag, der sich vor allem durch die witzigen Bezeichnungen auszeich net für „den smartesten Unterwasser-Old Shatterhand, der je von einem Haifisch im Roten Meer beäugt wurde“.64 Lotte sei „bekanntlich die zweite Gattin des knebelbärtigen “ und „vorwiegend unter Wasser jagenden Filmstars Ha.Ha.“, der „bekanntlich sehr geschäftstüchtig“ sei. Zwei Wochen später erscheint eine ernsthafte Gegendarstellung von Hass, die beachtliche menschliche Probleme während der Expe- 53„Die Frau unter Haien“. In: Neue Zeit, Graz, v. 18.1.1952, HH-Archiv 54Die Filmwoche Nr. 6 v. 10.2.1951, S.80 55Quick Nr. 36 v. 9.9.1951, S. 1177 56Funk-Illustrierte Nr. 39 v. 23.9.1951, S. 3 57Film und Mode Revue Nr. 20, 2. Sep.-heft 1951, S.8 58„‘Haifischtochter‘ contra Hannelore Schroth.“ In: Passauer Neue Presse, Nr. 96 v. 18.8.1951, S. 4 59Wie FN 58; Hervorhebung vom Verfasser 60Kasseler Vorträge: “Die Wunderwelt der Adria” in: Hessische Nachrichten Nr. 294 v. 20.12.1950, S. 4. Später lässt er sich zusätzlich auch noch als Mitarbeiter von Prof. Piccard bezeichnen, z.B. in: Passauer Neuen Presse v. 12.6.1954, S.3 61Alfred Beckh: Die Tauchkunst, der moderne Sport. München 1952, S. 181 ff. 62Hass, Hans: Wir kommen aus dem Meer. Berlin 1957, S. 20f. Zuvor hatte Hass die Unterstellung Beckhs als „unverschämte Lüge“ bezeichnet. In: Der Stern, Nr.12 v. 22.3.1953, S.6 63„Hass-Gesänge“ in: Der Stern wie FN 62, S. 6-7 64„Schwarzer Tag für Dr. Haß“ in: Die Tat, Zürich, Nr. 202 v. 26.7.1953, S.3. Die Bezeichnungen zitiert auch der Spiegel genüsslich: „Der Rausch der Tiefe“ in: Der Spiegel, Nr. 46 v. 11.11.1953, S. 37 Hans-Hass-Expeditionen im piegel der Presse eiL 4 77 Kolorierte lobby card aus den USA 14a 14b Aushangfoto aus Mexiko dition erwähnt.65 Die bereits genannte bayerische Tageszeitung hingegen bezeichnet die gesamte Expedition gar als „Schwindel“. 66 Lotte habe im Prozess angeblich ausgesagt, die Szene, „in der sie von Haien verfolgt wurde, sei gestellt und sehr sorgfältig eingeübt worden. Es waren Gummihaie.“67 Ach, wäre die Welt gerecht …! Eine junge Frau lebt unter Haien Nach der Prämierung in Venedig kauft die RKO Sol – Lesser Productions aus den USA die Rechte für den weltweiten Vertrieb von „Abenteuer im Roten Meer“. Reißerisch tönt das RKO - campaign book: “Schrecken lauert in Korallenhöhlen in 27 m Tiefe“. Jetzt interessieren sich auch die internationalen Printmedien verstärkt für den Film und das tauchende Ehepaar. Zum Beispiel bringt das kleinformatige Heftchen >Quick< aus New York zwei Seiten über „Under the Red Sea“.68 Obwohl ein Bischof das Titelblatt ziert, gibt sich das Magazin doch nicht übertrieben prüde. Denn der Artikel hebt Lottes „Sex-Appeal“ hervor und läuft bezeichnenderweise unter der Rubrik „Unterhaltung“, nicht etwa Forschung oder Abenteuer. Umso abenteuerlicher erscheint dann die Behauptung im Text, die Sauerstoffgeräte erlaubten Tauchtiefen bis zu 50 m. Für großen Unterhaltungswert wiederum sorgt die überschäumende Fantasie, mit der eines der vier Fotos erklärt wird: „Lotte späht das Wrack eines türkischen Sklavenschiffs aus, das 1850 gesunken ist.“ In Wahrheit zeigt das Foto jedoch einen erkennbar männlichen Taucher auf der italienischen „Umbria“, die 1939 vor Port Sudan versenkt worden ist.69 Die >New York Times< stellt fest, dass Hass‘ Kamera der Blondine ebenso viel Aufmerksamkeit widme wie den Fischen, was aber dem Publikumsgeschmack entgegenkomme. Die Bilder von dem ungeheuren Walhai allerdings müssten mit Hilfe versenkter Kameras entstanden sein.70 Das britische Magazin >The Sphere< kündigt den Start von „Under the Red Sea“ im United Kingdom an.71 Ungewöhnlich, dass dieser Beitrag Lotte total übergeht. Leo Rohrer hingegen wird im Text namentlich genannt zu einem Foto, auf dem er neben einem Manta schwimmt. Das exakt gleiche Foto erscheint auch im >Sunday Graphic<, hier allerdings lautet die Beschreibung: „Lottie in einem Speerduell mit einem gigantischen Teufelsrochen“.72 Dieser Artikel rückt die „kleine, blonde Lottie“ wieder in den Mittelpunkt, die „einige der erstaunlichsten Unterwasserbilder aller Zeiten“ aus dem Roten Meer zurückgebracht habe. Der Text lässt Lotte sagen: „Wir sahen Haie im Roten Meer über 6 Meter lang und wilder als alle, die ich je irgendwo getroffen habe.“ Diese Einschätzung sollte sich mit der Fahrt ans Große Barriereriff gründlich ändern. In Australien läuft „Under the Red Sea“ erst im Februar 1953 an. Unmittelbar davor hat das Ehepaar Hass das Große Barierreriff besucht. Vor allem ihre kühne These, Haie durch Schreie vertreiben zu können, erregte Aufsehen und verbreitete sich in der dortigen Presse wie ein Lauffeuer. Entsprechend intensiv ist auch jetzt die Berichterstattung über den Film, der nicht nur überall in den Kinos gezeigt wird, sondern auch auf dem Melbourne Film Festival.73 In einer Mailänder Zeitschrift berichtet Hans Haas [sic!] mit kolorierten Bildern über den „Wal- zerball der Fische auf dem Meeresgrund“.74 65„Stellungnahme von Dr. Hans Haß zu seinem Wiener Prozeß“ in: Die Tat, Zürich, Nr. 215 v. 9.8.1953, S. 3. Zu den zwischenmenschlichen Beziehungen vgl. auch: „Meine Filmarbeit im Roten Meer“ wie FN 40 66„Expedition war Schwindel“. In: Passauer Neue Presse Nr. 96 v. 22.6.1953, S. 2 67Wie FN 66; Hervorhebung vom Verfasser 68„Under the Red Sea“. In: Quick, New York, v. 20.10.1952, S. 30-31. Das Heft misst nur circa 15x10 cm 69Dieses Foto erschien unter anderem großformatig auch in Hans Hass: Ich fotografierte in den 7 Meeren. Seebruck 1954, S. 82 70„‘Under the Red Sea‘ Reveals Wonders of the Piscatorial World at Beekman“ in: New York Times v. 19.11.1952, siehe www.nytimes.com/movie/review. Beekman war das Kino Ecke Second Avenue und Sixty-sixth Street 71„Under the Red Sea“. In: The Sphere, London, v. 13.12.1952, S. 436. Der gleichnamige Artikel in den Illustrated London News hingegen stellt den Lesern nicht den Film vor, sondern die englische Ausgabe von Hass’ Buch “Manta”: “Under the Red Sea” in: The Illustrated London News v. 3.1.1953, S.28-29 72„Girl fights 2-ton killer“. In: Sunday Graphic, unbekanntes Datum, HH-Archiv. Übersetzung vom Verfasser. Graphic und Sphere waren in einer Kooperation verbunden 73„Winning documentary at film festival“ in: Weekly Times, Melbourne v. 4.3.1953, S. 56. Berichte über den Film erscheinen bis ins Jahr 1954 74„Sul fondo del mare i pesci ballano il valzer“ in: Settimo Giorno, Milano, Nr. v. 17.1.1952, S.36-38. Auch im Libanon würdigt eine Zeitschrift Lottes Leistung in einem ausführlichen | Bildbericht. Fotos HH-Archiv Welch weite Kreise die Berichterstattung über die zweite Expedition ans Rote Meer in der internationalen Presse damals zieht, belegt besonders eindrucksvoll der Beitrag in der Zeit schrift >>al 'alam< (Die Welt) aus Beirut. Titel: „Mutiges Mädchen lebt unter den Hunden des Meeres (=den Haien)“.75 Kurz zusammengefasst erzählt der Text: Die hübsche, junge Frau Charlotte Baierl ist noch keine 21 Jahre alt und verfügt doch über ein großes Maß an Kühnheit, Ehrgeiz und Abenteuerlust. Als sie erfährt, dass ein österreichischer Biologe eine Reise ans Rote Meer durchführt und dafür eine Sekretärin benötigt wird, erlangt sie diese Stelle. Obendrein lernt sie heimlich Tauchen. Als dann die Expedition aufbricht, muss der Wissenschaftler sie mitnehmen und gibt letztlich ihrem Drängen nach, dass auch sie an den Forschungen unter Wasser teilnimmt. Die Expedition studiert nicht nur Fische und Korallen, sondern untersucht darüber hinaus, wie Musik auf Fische wirkt. Zu den Walzermelodien scharen sich die Fische zu sammen wie um zu tanzen. Bei diesen Arbeiten begegnet Charlotte häufig bösartigen, wilden Haien. Sie muss ihre Angst überwinden vor diesen kraftvollen „Hunden des Meeres“, die eine Geschwindigkeit von bis zu 40 oder 50 Meilen pro Stunde erreichen können. Doch Charlotte schwimmt ihnen unerschrocken entgegen und beweist, dass eine Frau durchaus vermag, es an Mut mit Männern aufzunehmen, wie das obere Foto belegt (siehe Bild von Lotte mit dem Na senhai). Die übrigen Bilder zeigen Lotte beim Untersuchen und Bestaunen der vielgestaltigen Korallen im Riff und in einem Wrack sowie mit dem angelegten Goldschmuck, den ihr ein stiller Bewunderer für ihre Leistung während der Ex pedition verehrt hat. Für uns heute bietet der Artikel somit nichts Neues; die damalige Wirkung jedoch lässt sich kaum überschätzen. War seinerzeit selbst in der westlichen Welt eine derart couragierte und selbstbewusste Frau doch etwas Außergewöhnliches. Um wie viel mehr muss diese Geschichte Aufsehen erregen in der arabischen Welt, die in jener Zeit aufbricht in die Moderne und solche Vorbilder braucht. Der Begriff „arabische Welt“ ist hier sicher nicht zu weit gefasst, denn diese libanesische Zeitschrift hatte ihre Niederlassungen nicht nur in den angrenzenden Ländern Syrien, Jordanien und Pa- lästina, sondern auch in Saudi-Arabien, Libyen, Bahrain, Kuwait, Aden und im Irak.76 Leider sind im Hans-Hass-Archiv nur diese beiden Seiten erhalten, ohne den geringsten Hin 15 75„fatatun gari'atun ta'ai. baina kilabi l-ba.r“. In: al 'alam, Bayrut, Datum unbekannt, S. 4-5; HH-Archiv. Übersetzung vom Verfasser 76Ersichtlich aus dem Impressum auf Seite 3. 77Siehe FN 36 78Quick Nr. 50 v. 10.12.1950, S. 1757. Kurz darauf druckt die Wiener Illustrierte den „Nasenhai“ allein in: Wiener Illustrierte Nr. 51 v. 23.12.1950, S.5 weis auf ein Datum. Deshalb lässt sich nur vermuten: Dieser Bericht erschien wahrscheinlich nach dem Artikel in der Londoner >Illustrated<, denn sämtliche Fotos aus >al 'alam< finden sich dort ebenso.77 Auch der Umstand, dass die Aufnahmen von Lotte und dem Hai so nebeneinander angeordnet sind, dass sie wie eine einzige wirken, stützt diese Annahme. Schon die Münchner >Quick< hatte eben diese beiden Fotos gegenüber gestellt, zwar noch deutlich getrennt, aber durch einen gemeinsamen Bildtext inhaltlich verbunden.78 In der Reportage des >Point de Vue< über die „Weltmeister der Unterwasserabenteuer“ schwimmt Lotte ebenfalls hinter dem „Nasenhai“, nur durch den Falz der beiden gegenüberliegenden Seiten von ihm getrennt. Zwar ähnelt der arabische Text dem englischen nur entfernt, aber eins haben sie gemeinsam: Beide betonen die au ßergewöhnliche Leistung der jungen Frau aus Wien. Doch stärker noch als der englische Artikel hebt der Text aus dem Libanon die großen Verdienste Charlottes hervor. Denn hier erscheint der Name Hans Hass überhaupt nicht, lediglich die anonymen Bezeichnungen „österreichischer Wissenschaftler“, „Forscher“ oder „Biologe“. Der arabische Text folgt also keineswegs dem vielleicht zu erwartenden Schema: Im Mittelpunkt ein alles überstrahlender, charismatischer Expeditionsleiter, begleitet von anderen Tauchern, darunter seine junge As sistentin. Nein, ausschließlich Lottes Großtat wird gewürdigt. Ein durchaus bemerkenswertes Detail, nicht nur für den Orient. Auch im Libanon würdigt eine Zeitschrift Lottes Leistung in einem ausführlichen | Bildbericht. Fotos HH-Archiv 16 Schon im englischen Magazin >Illustrated< scheint Lotte unmittelbar hinter dem Nasenhai zu schwimmen. 17 TauchHistorie 12/2019 Der unermüdliche Erfinder Ernest Bazin80 Der unermüdliche ErfinderErnest BazinVon Yves Clercin Übersetzung aus dem Französischen Dr. L. Seveke Ernest-Joseph-Louis Bazin wurde 1826 in der westfranzösischen Stadt Angers geboren (er starb 1898), am Ufer des Flusses Maine (mündet in die Loire), Ernest war langfristig als Erfinder, Bauingeni- eur und Kapitän tätig (Erhalt des Patentes nach 60 Monaten als Steu- ermann), studierte Statistik, Hydrologie und Schifffahrt. Um 1865 schlug er das Bazin-Lochometer vor, ein Präzisionsinstru- ment zur Bestimmung der Geschwindigkeit eines Schiffes. Anschlie- ßend stellte er den Eisenbahngesellschaften seinen Hochdruckin- jektor zur Sulfatierung von Bahnschwellen vor. Er befasste sich mit den Menschen, die in Bergwerken arbeiteten, und schlug eine ma- gnetoelektrische Lampe vor, die auf dem Gramme-Prinzip basiert (Ringankermotor nach Zénobe Gramme) und für die Beleuchtung von unterirdischen Grubenbauten entwickelt wurde. Er hat 24 Erfindungen gemacht, darunter 6, die die Unterwasserwelt berühren, so einen Schlammsauger, um Wracks frei zu legen, einen Rettungsring, um Wracks zu heben, einen Lastenaufzug, um Kano- nen zu heben, Silberbarren und Schiffsanker, die auf dem Grund der Vigo Bay verstreut lagen, und alle Erfindungen wurden zu seinen Lebzeiten benutzt. Bazin wurde angesprochen, um einen versunkenen Schatz in der Vigo Bay vor der Küste Galiciens, Spanien, zu bergen. Die Galeonen von Vigo waren von 1702 bis heute im Jahr 2018 Gegenstand von viel Tinte. Einige von Ihnen haben vielleicht Schriften über diesen Schatz gelesen, der auf dem Grund des Meeres liegt. Fassen wir zusammen: Die damalige spanische Flotte bestand aus zwanzig Schiffen, in denen sich die gesamte Produktion der amerika- nischen Kolonien des Vorjahres befand. Sie brachte auch Stoffballen aus Indien, Gewürze und einen Schatz aus Silber und Gold zurück. Der Konvoi verließ Havanna und schloss sich etwa vierzig französi- schen Schiffen vor der Küste an, die ihn schützen sollten. Man teilte ihnen mit, dass die anglo-niederländische Flotte unter dem Komman- do von Sir Georges Rooke sie angreifen würde. Nachdem alle Segel gesetzt waren, wich die französisch-spanische Flotte von ihrer ur- sprünglichen Route nach Cadiz in Richtung auf Vigo ab. Schon dicht gefolgt von den Engländern kamen ein paar Schiffe in der Vigo Bay an und entluden einen Teil des Reichtums an Land. Kano- nenschüsse kamen von allen Seiten, stundenlang rötete der Tod die Bucht, bevor der letzte Angriff die Galeonen versenkt und verbrannt hat. Die Mannschaften der französischen und spanischen Armada starben und fanden am Grunde der Bucht ihre letzte Ruhe auf einem riesigen Friedhof mit Ebenen, Unterwassergruben und steilem Ge- lände, und eine Legende war geboren. Mehr als hundert Jahre später Es wurden alle Anstrengungen unternommen, um den Schatz zu bergen, der mit dem Durchforsten der Archive wuchs. 1728 durch- suchte ein Franzose namens Alexandre Goubert die Bucht, hob ein Wrack und durchsuchte es, fand aber nichts darin. Im Jahre 1825 erhielt ein Schotte das Recht, 20 Prozent von allem, was er fand, zu behalten. Eines Abends nahmen er und seine Mannschaft die Un- terwasserausgrabungen wieder auf, warteten bis in die Nacht, um einen Anker zu heben und verschwanden in der stillen Nacht mit ihrer Beute. Am 18. Februar 1868 kam das U-Boot Nautilus in die Bucht von Vigo und Captain Némo hob etwas aus dem fabelhaften Schatz, der während der Schlacht versenkt worden war. So hat sich Jules Ver- nes Fantasie das vorgestellt. Es passt auch deshalb zusammen, weil Jules Verne zum Zeitpunkt des Schreibens seines Romans „20.000 Meilen unter dem Meer“ eine Expedition des französischen Banki- ers Hippolyte Magen organisierte, um den angeblichen versunke- nen Schatz zu finden, wobei er die technologischen Innovationen in der Unterwasserforschung nutzte, die auf der Weltausstellung 1867 vorgestellt worden waren. Die ersten Ergebnisse waren er- mutigend, aber der deutsch-französische Krieg hinderte ihn daran, seine Untersuchungen weiterzuführen. Spanien unternahm eige- nen Ausgrabungen, am 5. April 1870 barg ein Bergungsteam einen Bleibarren, der sich nach der Reinigung als Silberbarren von zwei Kilo herausstellte, der mit tausend Lichtern glänzte. Am 6. April hol- te ein Taucher namens Chapalin einen 30 kg schweren Silberbarren herauf. Ernest-Joseph-Louis Bazin 1826-1898 Beispielhaft für den Erfindungsgeist von Bazin: Das rollende Schiff Der unermüdliche Erfinder Ernest Bazin80 Der unermüdliche ErfinderErnest BazinVon Yves Clercin Übersetzung aus dem Französischen Dr. L. Seveke Ernest-Joseph-Louis Bazin wurde 1826 in der westfranzösischen Stadt Angers geboren (er starb 1898), am Ufer des Flusses Maine (mündet in die Loire), Ernest war langfristig als Erfinder, Bauingeni- eur und Kapitän tätig (Erhalt des Patentes nach 60 Monaten als Steu- ermann), studierte Statistik, Hydrologie und Schifffahrt. Um 1865 schlug er das Bazin-Lochometer vor, ein Präzisionsinstru- ment zur Bestimmung der Geschwindigkeit eines Schiffes. Anschlie- ßend stellte er den Eisenbahngesellschaften seinen Hochdruckin- jektor zur Sulfatierung von Bahnschwellen vor. Er befasste sich mit den Menschen, die in Bergwerken arbeiteten, und schlug eine ma- gnetoelektrische Lampe vor, die auf dem Gramme-Prinzip basiert (Ringankermotor nach Zénobe Gramme) und für die Beleuchtung von unterirdischen Grubenbauten entwickelt wurde. Er hat 24 Erfindungen gemacht, darunter 6, die die Unterwasserwelt berühren, so einen Schlammsauger, um Wracks frei zu legen, einen Rettungsring, um Wracks zu heben, einen Lastenaufzug, um Kano- nen zu heben, Silberbarren und Schiffsanker, die auf dem Grund der Vigo Bay verstreut lagen, und alle Erfindungen wurden zu seinen Lebzeiten benutzt. Bazin wurde angesprochen, um einen versunkenen Schatz in der Vigo Bay vor der Küste Galiciens, Spanien, zu bergen. Die Galeonen von Vigo waren von 1702 bis heute im Jahr 2018 Gegenstand von viel Tinte. Einige von Ihnen haben vielleicht Schriften über diesen Schatz gelesen, der auf dem Grund des Meeres liegt. Fassen wir zusammen: Die damalige spanische Flotte bestand aus zwanzig Schiffen, in denen sich die gesamte Produktion der amerika- nischen Kolonien des Vorjahres befand. Sie brachte auch Stoffballen aus Indien, Gewürze und einen Schatz aus Silber und Gold zurück. Der Konvoi verließ Havanna und schloss sich etwa vierzig französi- schen Schiffen vor der Küste an, die ihn schützen sollten. Man teilte ihnen mit, dass die anglo-niederländische Flotte unter dem Komman- do von Sir Georges Rooke sie angreifen würde. Nachdem alle Segel gesetzt waren, wich die französisch-spanische Flotte von ihrer ur- sprünglichen Route nach Cadiz in Richtung auf Vigo ab. Schon dicht gefolgt von den Engländern kamen ein paar Schiffe in der Vigo Bay an und entluden einen Teil des Reichtums an Land. Kano- nenschüsse kamen von allen Seiten, stundenlang rötete der Tod die Bucht, bevor der letzte Angriff die Galeonen versenkt und verbrannt hat. Die Mannschaften der französischen und spanischen Armada starben und fanden am Grunde der Bucht ihre letzte Ruhe auf einem riesigen Friedhof mit Ebenen, Unterwassergruben und steilem Ge- lände, und eine Legende war geboren. Mehr als hundert Jahre später Es wurden alle Anstrengungen unternommen, um den Schatz zu bergen, der mit dem Durchforsten der Archive wuchs. 1728 durch- suchte ein Franzose namens Alexandre Goubert die Bucht, hob ein Wrack und durchsuchte es, fand aber nichts darin. Im Jahre 1825 erhielt ein Schotte das Recht, 20 Prozent von allem, was er fand, zu behalten. Eines Abends nahmen er und seine Mannschaft die Un- terwasserausgrabungen wieder auf, warteten bis in die Nacht, um einen Anker zu heben und verschwanden in der stillen Nacht mit ihrer Beute. Am 18. Februar 1868 kam das U-Boot Nautilus in die Bucht von Vigo und Captain Némo hob etwas aus dem fabelhaften Schatz, der während der Schlacht versenkt worden war. So hat sich Jules Ver- nes Fantasie das vorgestellt. Es passt auch deshalb zusammen, weil Jules Verne zum Zeitpunkt des Schreibens seines Romans „20.000 Meilen unter dem Meer“ eine Expedition des französischen Banki- ers Hippolyte Magen organisierte, um den angeblichen versunke- nen Schatz zu finden, wobei er die technologischen Innovationen in der Unterwasserforschung nutzte, die auf der Weltausstellung 1867 vorgestellt worden waren. Die ersten Ergebnisse waren er- mutigend, aber der deutsch-französische Krieg hinderte ihn daran, seine Untersuchungen weiterzuführen. Spanien unternahm eige- nen Ausgrabungen, am 5. April 1870 barg ein Bergungsteam einen Bleibarren, der sich nach der Reinigung als Silberbarren von zwei Kilo herausstellte, der mit tausend Lichtern glänzte. Am 6. April hol- te ein Taucher namens Chapalin einen 30 kg schweren Silberbarren herauf. Ernest-Joseph-Louis Bazin 1826-1898 Beispielhaft für den Erfindungsgeist von Bazin: Das rollende Schiff TauchHistorie 12/2019 81 Der Krieg war sehr schnell vorbei, Bazin wurde vom Regierungs- beauftragten Magen ausgewählt, um die Suche nach Vigos Schatz fortzusetzen. Eine Vertrag wurde geschlossen, es wurde verein- bart, dass es notwendig war, zuerst die Wracks dieser Unterwas- ser-Nekropole aufzufinden und bevor irgendwelche Arbeiten durchgeführt werden konnten, die genaue Position der Wracks, ih- ren Verschlammungsgrad und die Möglichkeit der Rückgewinnung der in diesem alten Schutt vergrabenen Edelmetalle zu ermitteln. Während Bazin den Schoner „Julien-Gabrielle“ in Nantes ausrüs- tete, der sein Team von Tauchern und verschiedene Spezialgeräte nach Vigo bringen sollte, begab sich Magen nach Vigo. Die Arbeiten sollten mit Hilfe einer Taucherbrigade ausgeführt werden, die mit Rouquayrol-Denayrouze-Geräten ausgestattet war, die mit der Oberfläche durch einen Schlauch verbunden wa- ren, der an einer Luftpumpe hing, die als Zweikörper-Kompensa- tionskompressor bezeichnet wurde. Der Anzug bestand aus zwei Schichten Leinwand mit einer 5-mm-dicken Gummischicht dazwi- schen, die in einem elastischen Kragen am Hals endete und mit ei- nem Klemmring befestigt war. Dazu trugen sie 8-kg-schwere Blei- schuhe. Auf der Halsmanschette saß ein halber Helm in Form einer Schweineschnauze. Die maximale Tauchtiefe betrug 20 Meter. Herr Magen rekrutierte die alten Lotsen der Bucht und mit den Doku- menten, die traditionell erhalten geblieben waren und die die Positio- nen der Wracks angaben, machte er sich daran, sie zu markieren. Der Schoner von Herrn Bazin kam an und die Tiefenerkundung begann. Nach drei Monaten waren mit Hilfe von Herrn Ravel, einem Hydrogra- fiker, die genauen Positionen der Wracks in der Bucht ermittelt. Die Tage waren gezählt und am Tag vor der Abreise brachten die Taucher unerwartet die ersten Barren hoch. Die Männer arbeite- ten je drei Stunden am Grunde des Wassers, sie wurden von einer Taucherglocke mit Bullauge von Bazin begleitet. Die Glocke be- stand aus einem schweren Blechzylinder mit einer kreisförmigen Öffnung am Boden, die den Zugang ermöglichte und bei Bedarf mit einem starken Schott verschlossen werden konnte. Im oberen Teil erlaubte eine sehr dicke Scheibe zu sehen, was draußen passierte. Ein Kabel verband die Taucherglocke und den Schoner. Anmerkung der Redaktion: Nach einer anderen Quelle fotogra- fierte Bazin 1866 auch von diesem „Unterwasser-Observato- rium“ aus. Allerdings wurde noch keines seiner Fotos gefunden, auch nicht der konkrete Beweis, dass sie tatsächlich aufgenom- men wurden. Der Maler Jean-Baptiste Henri Durand-Brager (1814-1879) hat mehrere Gemälde aus dem Observatorium aus dem Observatorium angefertigt. Es könnte sein, dass die fotogra- fischen Reproduktionen dieser sehr realistischen Unterwasser- bilder mit realen Fotos verwechselt wurden. Abstieg zu einem der Wracks Es wird auch berichtet, dass Bazin eines Tages, weil er mit dem Ob- servatorium nicht rechtzeitig wieder nach oben geholt wurde, fast zu Tode erstickt sei..... Vier Erfindungen von Bazin für den Unterwasserbereich ermöglich- ten die Ausgrabungen der Vigo-Galeonen: die Taucherglocke, eine elektrische Lampe zur Beleuchtung des Meeresbodens von oben, ein Absauger zur Räumung der Schiffe von Schlamm und ein Lasten- aufzug zur Hebung aller Objekte während der archäologischen Un- terwassergrabung. In der Zeit von Bazin wurden schöne Holzstücke, Kanonenkugeln, Kanonen und ein kleiner chinesischer Becher von großem Wert und einigen Silberbarren an Land gebracht. Ernest Bazin setzte Erfolgsmarken beim Vordringen in das Wasser, er war ein Innovator in der archäologischen Unterwasserforschung. Quellen: • Patentkatalog 1876: Nr. 108976 Bazin, Perfectionnements à l’extracteur | Nr. 112245 Bazin, Machine magnéto-élec- trique d’induction • Revue de l‘Anjou 1897, Seite 157 bis 160 • Großes Universalwörterbuch des 19. Jahrhunderts, Seite 317 • UN PROFESSEUR TOURNESOL ANGEVIN: ERNEST BAZIN, GÉNIE DE L‘INVENTION, • Archives Ville d‘Angers, t1p.de/2bdb • Comment on aurait pu tenter le sauvetage des galions de Vigo, Jean-Batiste Toselli (1807-1883), Originalausgabe 1875, Paris. • Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer, Jules Verne, Teil 2, Kapitel 8 • La Cloche à Plongeur et le Scaphandre, WikiSource, t1p.de/1iqi • Le monde de la mer, Nr. 46, • Ich tauchte mit Rouquayrol und Denayrouze, Robert Sténuit, 1989 • Les épaves de l‘or, Robert Sténuit, Édition Gallimard 1976 • FI 2949 M Bazins Ausstellungsraum, 24. März 1864, Archives Ville d‘Angers • Einige Patente von Bazin: US349380A, US 108233A, US507099A, US60671A • Portefeuille économique des machines, Octobre 1875, Journal Le Petit Parisien, 21.10.1877 81 Der Krieg war sehr schnell vorbei, Bazin wurde vom Regierungs- beauftragten Magen ausgewählt, um die Suche nach Vigos Schatz fortzusetzen. Eine Vertrag wurde geschlossen, es wurde verein- bart, dass es notwendig war, zuerst die Wracks dieser Unterwas- ser-Nekropole aufzufinden und bevor irgendwelche Arbeiten durchgeführt werden konnten, die genaue Position der Wracks, ih- ren Verschlammungsgrad und die Möglichkeit der Rückgewinnung der in diesem alten Schutt vergrabenen Edelmetalle zu ermitteln. Während Bazin den Schoner „Julien-Gabrielle“ in Nantes ausrüs- tete, der sein Team von Tauchern und verschiedene Spezialgeräte nach Vigo bringen sollte, begab sich Magen nach Vigo. Die Arbeiten sollten mit Hilfe einer Taucherbrigade ausgeführt werden, die mit Rouquayrol-Denayrouze-Geräten ausgestattet war, die mit der Oberfläche durch einen Schlauch verbunden wa- ren, der an einer Luftpumpe hing, die als Zweikörper-Kompensa- tionskompressor bezeichnet wurde. Der Anzug bestand aus zwei Schichten Leinwand mit einer 5-mm-dicken Gummischicht dazwi- schen, die in einem elastischen Kragen am Hals endete und mit ei- nem Klemmring befestigt war. Dazu trugen sie 8-kg-schwere Blei- schuhe. Auf der Halsmanschette saß ein halber Helm in Form einer Schweineschnauze. Die maximale Tauchtiefe betrug 20 Meter. Herr Magen rekrutierte die alten Lotsen der Bucht und mit den Doku- menten, die traditionell erhalten geblieben waren und die die Positio- nen der Wracks angaben, machte er sich daran, sie zu markieren. Der Schoner von Herrn Bazin kam an und die Tiefenerkundung begann. Nach drei Monaten waren mit Hilfe von Herrn Ravel, einem Hydrogra- fiker, die genauen Positionen der Wracks in der Bucht ermittelt. Die Tage waren gezählt und am Tag vor der Abreise brachten die Taucher unerwartet die ersten Barren hoch. Die Männer arbeite- ten je drei Stunden am Grunde des Wassers, sie wurden von einer Taucherglocke mit Bullauge von Bazin begleitet. Die Glocke be- stand aus einem schweren Blechzylinder mit einer kreisförmigen Öffnung am Boden, die den Zugang ermöglichte und bei Bedarf mit einem starken Schott verschlossen werden konnte. Im oberen Teil erlaubte eine sehr dicke Scheibe zu sehen, was draußen passierte. Ein Kabel verband die Taucherglocke und den Schoner. Anmerkung der Redaktion: Nach einer anderen Quelle fotogra- fierte Bazin 1866 auch von diesem „Unterwasser-Observato- rium“ aus. Allerdings wurde noch keines seiner Fotos gefunden, auch nicht der konkrete Beweis, dass sie tatsächlich aufgenom- men wurden. Der Maler Jean-Baptiste Henri Durand-Brager (1814-1879) hat mehrere Gemälde aus dem Observatorium aus dem Observatorium angefertigt. Es könnte sein, dass die fotogra- fischen Reproduktionen dieser sehr realistischen Unterwasser- bilder mit realen Fotos verwechselt wurden. Abstieg zu einem der Wracks Es wird auch berichtet, dass Bazin eines Tages, weil er mit dem Ob- servatorium nicht rechtzeitig wieder nach oben geholt wurde, fast zu Tode erstickt sei..... Vier Erfindungen von Bazin für den Unterwasserbereich ermöglich- ten die Ausgrabungen der Vigo-Galeonen: die Taucherglocke, eine elektrische Lampe zur Beleuchtung des Meeresbodens von oben, ein Absauger zur Räumung der Schiffe von Schlamm und ein Lasten- aufzug zur Hebung aller Objekte während der archäologischen Un- terwassergrabung. In der Zeit von Bazin wurden schöne Holzstücke, Kanonenkugeln, Kanonen und ein kleiner chinesischer Becher von großem Wert und einigen Silberbarren an Land gebracht. Ernest Bazin setzte Erfolgsmarken beim Vordringen in das Wasser, er war ein Innovator in der archäologischen Unterwasserforschung. Quellen: • Patentkatalog 1876: Nr. 108976 Bazin, Perfectionnements à l’extracteur | Nr. 112245 Bazin, Machine magnéto-élec- trique d’induction • Revue de l‘Anjou 1897, Seite 157 bis 160 • Großes Universalwörterbuch des 19. Jahrhunderts, Seite 317 • UN PROFESSEUR TOURNESOL ANGEVIN: ERNEST BAZIN, GÉNIE DE L‘INVENTION, • Archives Ville d‘Angers, t1p.de/2bdb • Comment on aurait pu tenter le sauvetage des galions de Vigo, Jean-Batiste Toselli (1807-1883), Originalausgabe 1875, Paris. • Zwanzigtausend Meilen unter dem Meer, Jules Verne, Teil 2, Kapitel 8 • La Cloche à Plongeur et le Scaphandre, WikiSource, t1p.de/1iqi • Le monde de la mer, Nr. 46, • Ich tauchte mit Rouquayrol und Denayrouze, Robert Sténuit, 1989 • Les épaves de l‘or, Robert Sténuit, Édition Gallimard 1976 • FI 2949 M Bazins Ausstellungsraum, 24. März 1864, Archives Ville d‘Angers • Einige Patente von Bazin: US349380A, US 108233A, US507099A, US60671A • Portefeuille économique des machines, Octobre 1875, Journal Le Petit Parisien, 21.10.1877 „Welcome to the wedish HD “ „Welcome to the wedish Historical Diving ociety” Von Thilo Fackelmeier Schweden, Nordwegen, Finnland und Dänemark halten die Treffen ihrer historischen Tauchergesellschaften jeweils im Wechsel ab. Das diesjährige Treffen fand in Schweden in Stockholm statt und fiel fast auf den Tag genau auf das 40-jährige Jubiläum der „Svensk Dykerihistorisk Förening“, die am 23.05.1979 gegründet wurde. Die Gesellschaft wurde damals von 17 Tauchenthusiasten gegründet, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, das „Dyktankhuset“ vor dem Abriss zu bewahren. In diesem Gebäude, das 1934 von der schwedischen Marine erbaut wurde, befindet sich ein Tauchtank, in dem das Entkommen aus gesunkenen U- Booten trainiert werden konn te. Der Tank hat eine Tiefe von 6 Metern und eine Breite von 3 Metern. Rund 45 Jahre war das „Dyktankhuset“ das Tauchlabor der schwedischen Marine in dem viele einzigartige Experimente durchgeführt wurden. Nachdem die Marine ihre Aktivitäten auf dem Gebiet des Tauchens nach Hårsfjärden, südlich von Stock holm, verlegte, sollte das Haus abgerissen werden, was damals von den 17 Gründungsmitgliedern der „Svensk DykeriHistorisk Förening“ erfolgreich verhindert werden konnte. Diese hatten zur Rettung des „Dyktankhuset“ bei weitem kein von Anfang an fertiges Konzept, sondern entwickelten über die Jahre hinweg Ideen und Strategien, die letztendlich zur Rettung geführt haben. Von den 17 Männern der ersten Stunde konnten fünf an dem Treffen teilnehmen. Das Haus selbst beherbergt neben dem imposanten Tauchturm und einer Druckkammer, die nicht mehr in Betrieb sind, eine umfangreiche Sammlung von Tauchgerätschaften, vorwiegend aus dem Bereich des militärischen und nicht militä rischen Berufstauchens. Die Objekte stammen sowohl aus dem Haus selbst, verschiedenen Museen, aber auch von vielen Privatleuten, die diese der Gesellschaft zur Verfügung gestellt haben. Das Haus selbst liegt in unmittelbarer Nähe des Vasa- Museums auf der Insel Djurgardån in Stockholm. „Welcome to the wedish HD “ Das Treffen begann am 24.05. mit einem gemeinsamen Abendessen unmittelbar neben dem „Dyktankhuset“. Obwohl wir von den anwesenden über 70 Teilnehmern, die vorwiegend aus den nordischen Ländern stammten, eigentlich niemand kannten, wurden wir freundlichst aufgenommen. Von verschiedenen Teilnehmern und Gründungsmitgliedern wurde uns noch vor dem Essen eine ausgiebige Führung durch das Haus und die Sammlung „verpasst“. Am Samstag, den 25.05.2019, erfolgten die offizielle Eröffnung der Veranstaltung und die Feier des 40. Geburtstags der Gesellschaft, bei der auch entsprechend dem förmlichen Anlass eine ganze Reihe von Champagnerflaschen geköpft wurde. Anschließend tauchte man dann im Yachthafen, an dem das Haus direkt liegt, mit einer historischen Siebe-Gorman-Helmtauschausrüstung, wobei es sich die Schweden nicht nehmen ließen, die Luftversorgung ausschließlich mit einer Siebe-Gorman- Pumpe sicherzustellen. Als „Sicherungstaucher“ fungierte ein Strick. Mutig sind sie ja, die „Wikinger“. Getaucht wurde auch mit nostalgischen Schwimmtaucherausrüstungen, z. B. einer frühen AGA-Ausrüstung und einem Taucherhelm aus Holz, der mit einer Fahrradluftpumpe mit Luft versorgt wurde. Dem Ganzen war auch nicht abträglich, dass sich während des Tauchens der Luftschlauch von der Fahrradpumpe löste und dem sich entfernenden Ende erst wieder nachgerannt werden musste, um die Luftzufuhr wieder sicherzustellen. Der Taucher unter Wasser hat von all dem nichts bemerkt. Am Abend gab es dann ein gemeinsames, liebevoll zusammenge stelltes Bankett und viele nette Gespräche. Am Sonntag wurden im benachbarten „Spritmuseum“, das sich mit dem Thema Alkohol und dessen Bedeutung im Alltag und in Schweden beschäftigt, drei Vorträge gehalten. . “Early Swedish diving about Anton Ludwig Fahnehjelm and more” von Hans Bohlin . “Arne Zetterström and the first hydrox dives” von Lars Gustafsson . “Life as a frogman in a midget submarine” von Douglas Samuelsson Douglas Samuelsson hatte noch zwei weitere Vorträge vorbereitet, aber aufgrund der fortgeschrittenen Zeit kam er bedauerli cherweise nicht mehr dazu. Vorgestellt wurde noch die Zukunftsvision der Gesellschaft, dem „Dyktankhuset“ ein identisches Gebäude spiegelbildlich gegen-Bedauerlicherweise ist das diesjährige Treffen der Schweüber zu stellen und durch einen Zwischentrakt zu verbinden mit den mit dem Treffen der historischen Tauchergesellschaft dem Ziel, dass in dem neuen Gebäude ausschließlich die Samm-in Deutschland terminlich kollidiert, nachdem es offensichtlungsgegenstände präsentiert werden und im alten Gebäude lich keine rechtzeitigen Absprachen gegeben hat. Von dem wieder die Geschichte des „Dyktankhuset“ erlebbar wird. Treffen in Schweden haben wir auch nur zufällig erfahren, wie auch umgekehrt die Teilnehmer, mit denen wir sprachen, Bei der anschließenden Verabschiedung wurden Adressen aus-von unserem eigenen Treffen. Es wäre wünschenswert, wenn getauscht, Einladungen ausgesprochen und die Hoffnung, sich zwischen den einzelnen Gesellschaften ein Informationsausauf einem der nächsten Treffen, sei es in den nordischen Län-tausch über die Termine solcher Treffen und eine Termindern oder auch bei uns, wiederzusehen. abstimmung stattfänden, um Interessierten die Möglichkeit zu eröffnen, auch einmal an einem Treffen in einem anderen Verständigungsprobleme gab es keine, nachdem das gesamte Land teilzunehmen, Neues zu erleben und neue interessante Treffen ausschließlich auf Englisch abgehalten wurde und alle Menschen kennenzulernen. Das nächste Treffen findet üb- Teilnehmer Englisch sprachen, sodass niemand sich vor einer rigens vom 22.05.2020 bis 24.05.2020 in Turku in Finnland Sprachbarriere zu fürchten brauchte. statt. 13. Internationales Klassik-auchertreffen in Neustadt/Wstr. Von Franz Rothbrust Reges Treiben an den Pavillons. Foto Andrés Clarós Tauchtechnik aus vielen Jahrzehnten Von wegen „13“ als Unglückszahl, schön und interessant ist sie wieder gewesen, unsere internationale Veranstaltung mit Gäs ten aus 12 Ländern. Einige Besucher reisten bereits am Freitag an und so trafen wir uns wieder in der „Eselsburg“ zu Pfälzer Spezialitäten und Wein, zum ersten Mal dabei, Gäste aus Russland, Anastasia Merkulova und Vladimir Shatrov. Mit in der Runde waren auch drei Besucher aus Australien, Lester Smith sowie Julie und Des Williams. Wir kennen die Artikel in dieser Zeitschrift von Des über australische Tauchtechnik. In dem kleinen gemütlichen Raum der Gaststätte versammelten sich Besucher aus sechs Ländern. Am Samstag tagten wir bei „Tafel und Wein“ in Königsbach. Wir kannten den historischen Saal bereits von einem früheren Tref fen. Die neuen Eigentümer haben vieles zum Vorteil verändert und so wurde aus der etwas angestaubten Winzergaststätte ein wunderbar schönes Lokal, das sich sehr gut für unser Treffen eignete. Die Vorträge wurden über den ganzen Mittag verteilt, in halbstündigem Abstand gehalten. . Des Williams, HDS Australien – Pazifik: Außergewöhnliche Australische Atemgeräte der 1950er Jahre. Die „Lawson Lung“ und die Regler von Ted Eldred. . Franz Rothbrust: Nachbau der Tauchausrüstung von Peter Kreeft, aktueller Stand. . Anastasiia Merkulova, Vladimir Schatrov: Das Kronstadt Marine Museum und die Ergebnisse der Expeditionen in die Arktis von 2014-2018. . Eric Sormani, HDS Frankreich: Französische Militär-Kreislaufgeräte, Geschichte alte Versionen, aktuelle Modelle und deren Entwicklung. Froschmann Uwe Gläser bereitet sich vor Der Tag endete beim gemeinsamen Abendessen. Das schön gelegene Lokal mit Blick in die Weinberge lud zum Verweilen bis spät in die Nacht. Am Sonntag waren wir wieder am Lingenfel der See. Die Biertische bogen sich unter der Last der ausgestellten Tauchgeräte, Bücher und sonstigen Raritäten. Es freut mich jedes Mal zu erleben, mit welcher Begeisterung die Teilnehmer die ausgestellten Schätze begutachten, untereinander tauschen oder verkaufen. Helm-, Kreislauf- und Presslufttaucher drehten im See ihre Runden. Darüber schwebte surrend eine Drohne, dokumentierte die Aktivitäten aus der Luft. Eine Gänsefamilie mit ihren Gösseln bewegte sich in aller Ruhe dicht am Trubel vorbei, ließ sich nicht stören, sie kennen uns bereits. Das Wetter spielte mit und so hatten wir alle ei nen schönen Tag. The same procedure as every year James? Das hatte ich so eingespielt, sich bewährt, ist liebgewordene Tradition. „Neustadt“ war nicht das erste Treffen dieser Art, jedoch schnell in Europa das größte. In den letzten Jahren haben sich in den Nachbarländern weitere Treffen etabliert. Die Ansprüche an solche Veranstaltungen werden wachsen, sich ändern. Wir arbeiten daran. Vorschläge zur Verbesserung sind wichtig, werden gerne angenommen. Alle nicht gekennzeichneten Fotos vom Autor Udo Lehmann wird angezogen TauchHistorie 12/2019 5 Jahre Sporttaucher- Museum Adlershof 86 5 Jahreporttaucher- Museum AdlershofVon Heinz-Dieter Seiffert Die Einladung zum Jubiläum: Wir freuen uns auf alle Besucher, auf unsere „Al- ten Karpfen“, auf alle Mitglieder unserer Sport- gruppe Wendenschloss, die Ruderer, die Segler und die Taucher, und auf die vielen Spender, die uns mit ihren Geschenken ermöglicht haben, dieses kleine Museum über die Jahre zu erhalten und immer weiter auszubauen. Uwe, Otmar, Roger, Marco Es war am 18. Mai 2014, als im Rahmen der Inter- nationalen Museumstage das Sporttaucher-Mu- seum in Berlin-Adlershof zum ersten Mal offiziell seine Türen öffnete. Das liebevoll von Otmar Richter und seinen vie- len fleißigen Helfern ausgebaute und ausgestat- tete Sporttaucher-Museum zeigte schon damals in einigen Vitrinen interessante Objekte aus den Anfangsjahren und den Selbstbauzeiten zahlrei- cher DDR-Tauchsportler aus zurückliegenden Tauchsport-Aktivitäten. Inzwischen sind schon wieder 5 Jahre vergangen und diverse Zugänge und Spenden haben neue Objekte aus Kellern oder Dachböden ans Tageslicht zurückgebracht. Derart bereichert wurde am 19. Mai 2019, im Kreis fachkundiger Tauchveteranen und auch vie- ler Gäste, auf das Ereignis „5 Jahre Sporttaucher- Museum Adlershof“ gebührend angestoßen und so konnten erneut im Rahmen der Internationalen Museumstage die bisherigen Arbeiten im Taucher- museum gewürdigt werden. Als kleiner Wermutstropfen wurde an diesem Tag aber die Mitteilung von Otmar Richter aufgenom- men, dass er heute, als langjähriger Kurator und treibende Kraft des Museums, das Zepter aus der Hand zurück in jüngere Hände übergeben wird. Voll Vertrauen auf seinen Nachfolger ist er aber auch sicher, dass sich das Sporttaucher-Museum voll in seinem Sinn weiterentwickelt und betreut wird. Die anwesenden Vereinsmitglieder, Besucher und Gäste bedankten sich abschließend herzlich bei Otmar für seinen bisherigen Einsatz und die Be- wahrung einer ausgefüllten Sammlung von zum Teil schon historischer Tauchtechnik. Foto: Ingrid Seiffert Broschüre „Tauchergeschichten“, Herausgeber Roger Blum, mit Beiträgen verschiedener Mitglieder des Tauchsportklubs Adlershof 5 Jahre Sporttaucher- Museum Adlershof 86 5 Jahreporttaucher- Museum AdlershofVon Heinz-Dieter Seiffert Die Einladung zum Jubiläum: Wir freuen uns auf alle Besucher, auf unsere „Al- ten Karpfen“, auf alle Mitglieder unserer Sport- gruppe Wendenschloss, die Ruderer, die Segler und die Taucher, und auf die vielen Spender, die uns mit ihren Geschenken ermöglicht haben, dieses kleine Museum über die Jahre zu erhalten und immer weiter auszubauen. Uwe, Otmar, Roger, Marco Es war am 18. Mai 2014, als im Rahmen der Inter- nationalen Museumstage das Sporttaucher-Mu- seum in Berlin-Adlershof zum ersten Mal offiziell seine Türen öffnete. Das liebevoll von Otmar Richter und seinen vie- len fleißigen Helfern ausgebaute und ausgestat- tete Sporttaucher-Museum zeigte schon damals in einigen Vitrinen interessante Objekte aus den Anfangsjahren und den Selbstbauzeiten zahlrei- cher DDR-Tauchsportler aus zurückliegenden Tauchsport-Aktivitäten. Inzwischen sind schon wieder 5 Jahre vergangen und diverse Zugänge und Spenden haben neue Objekte aus Kellern oder Dachböden ans Tageslicht zurückgebracht. Derart bereichert wurde am 19. Mai 2019, im Kreis fachkundiger Tauchveteranen und auch vie- ler Gäste, auf das Ereignis „5 Jahre Sporttaucher- Museum Adlershof“ gebührend angestoßen und so konnten erneut im Rahmen der Internationalen Museumstage die bisherigen Arbeiten im Taucher- museum gewürdigt werden. Als kleiner Wermutstropfen wurde an diesem Tag aber die Mitteilung von Otmar Richter aufgenom- men, dass er heute, als langjähriger Kurator und treibende Kraft des Museums, das Zepter aus der Hand zurück in jüngere Hände übergeben wird. Voll Vertrauen auf seinen Nachfolger ist er aber auch sicher, dass sich das Sporttaucher-Museum voll in seinem Sinn weiterentwickelt und betreut wird. Die anwesenden Vereinsmitglieder, Besucher und Gäste bedankten sich abschließend herzlich bei Otmar für seinen bisherigen Einsatz und die Be- wahrung einer ausgefüllten Sammlung von zum Teil schon historischer Tauchtechnik. Foto: Ingrid Seiffert Broschüre „Tauchergeschichten“, Herausgeber Roger Blum, mit Beiträgen verschiedener Mitglieder des Tauchsportklubs Adlershof